Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 20 (1869), ab Seite: 120. (Quelle)
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Neefe, Hermann (Maler, geb. zu Bonn 3. September 1790, gest. zu Wien 24. Februar 1854). Sein Vater Christian Gottlob Neefe[WS 1] war Capellmeister und in den Jahren 1780 bis 1784 Musikdirector der Seyler’schen und Großmann’schen Theatergesellschaft, mit welcher er in Bonn seinen bleibenden Aufenthalt aufschlug. In Bonn wuchs der Sohn Hermann unter den Augen des Vaters auf, der ihm Unterricht in der Musik ertheilte, worin der Knabe gute Fortschritte machte. Er spielte fertig Violine und die Absicht des Vaters ging dahin, ihn für die musikalische Laufbahn zu erziehen. Daneben sei bemerkt, daß der Vater der Lehrer keines geringeren als des großen Ludwig van Beethoven war. Im Jahre 1804 begab sich der junge Neefe nach Wien, um daselbst seine musikalische Ausbildung zu vollenden. Im Hause des Hof-Opernsängers Rösner, dessen Gattin die ältere Schwester des Vaters Neefe war, fand Hermann gastliche Unterkunft. Dort lernte ihn auch der tüchtige Kupferstecher Schlotterbeck, ein Freund der [121] Rösner’schen Familie, kennen und entdeckte Neefe’s ungewöhnliches Talent für die bildende Kunst. Auf Schlotterbeck’s Rath begann er nun dieses Talent auszubilden, besuchte die k. k. Akademie der bildenden Künste und machte so vielversprechende Fortschritte, daß er die Musik mit der Malerei vertauschte und bei letzterer blieb. Bei seiner besonderen Neigung für die Decorationsmalerei entschied er sich für die letztere und fand bei dem Decorateur Janitsch die erste praktische Beschäftigung. Dort bildete sich N. in diesem Zweige ganz’ tüchtig aus, nahm dann ein Engagement bei dem Theaterdirector Hensler [Bd. VIII, S. 312], wo er den geschickten Decorationsmaler Pian kennen lernte. Mit den Decorationen zu den Horschelt’schen Kinderballeten und zu den damals beliebten biblischen Dramen begründete Neefe zuerst seinen Ruf. Die Katastrophen, die nach der Reihe über das Wiedener Theater hereinbrachen, veranlaßten Neefe, Wien zu verlassen, und er begab sich nach Mannheim, dann nach München, wo er längere Zeit für das königliche Hoftheater malte, bis ihn der Herzog Karl von Braunschweig an sein Theater berief. Dort arbeitete er bis zum Jahre 1830, in welchem ihn die tumultuarischen Ereignisse, die mit der Flucht des Herzogs endeten, selbst in Lebensgefahr brachten. Dieser Umstand verleidete dem Künstler seinen ferneren Aufenthalt in Braunschweig. Nachdem er von dem Schrecken, dem ein längeres Siechthum gefolgt, sich erholt hatte, kehrte er nach Wien zurück, um dort fortan seine Kunst auszuüben. Director Stöger hatte die Leitung des Josephstädter Theaters übernommen und N. trat 1832 als Decorationsmaler in Stöger’s Dienste. N. bewährte alsbald sein nicht gewöhnliches Talent. Die herrlichen Decorationen zu den Opern: „Robert, der Teufel“, in Wien zum ersten Male gegeben; – zu der „Stummen von Portici“; – zu Raimund’s „Verschwender“; – zu den Volksstücken von Weidmann: „Das Dauernde im Wechsel“; – „Der Ring des Glückes“, steigerten seinen schon vorher begründeten Künstlerruf. Dabei arbeitete N. auch mehrere Landschaftsstücke in Oel, worin sich sein ausgeprägtes Talent für landschaftliche Auffassung auch im Staffeleibilde entschieden aussprach. Der Umstand, daß Stöger die Direction des Josephstädter Theaters niederlegte, um jene des Theaters in Prag zu übernehmen, brachte auch in Neefe’s Stellung eine Veränderung hervor. Er ging vorerst nach Pesth und malte für das dortige, unter Schmidt’s Direction stehende Theater, als aber auch Schmidt seine Direction aufgab, kehrte N. nach Wien zurück und arbeitete nun da, von Zeit zu Zeit Aufträgen aus der Provinz folgend. Die letzten Lebensjahre war N. schon sehr leidend. Seine wechselnden Geschicke und ein chronisches Herzleiden waren nicht ohne Einfluß auf sein Gemüth geblieben, ja, wenn man Seyfried’s Mittheilungen in seiner „Rückschau in das Theaterleben Wiens seit den letzten fünfzig Jahren“ (Wien 1864), S. 5, glauben soll, so hätte Neefe schon während seines Aufenthaltes in Mannheim, wohin er sich nach dem Aufhören der Horschelt’schen Kinderballete begeben hatte, jene Geistesstörung erfahren, welche die Farben der Decorationen bei Malern so häufig erzeugen, von der er zwar wieder geheilt wurde, deren Rückfälle jedoch zeitweise sich einstellten. Neefe’s Decorationen, so sehr sie seinen Künstlerruf begründen halfen, sind doch ihrem [122] vergänglichen Charakter zu Folge nach und nach vergessen und altershalber beseitigt worden. Aber erst im Jahre 1864 erinnerte man wieder an manche Arbeiten dieses Künstlers, u. a. an seine Decorationen zur Oper „Lucia“ und an manche andere, welche das Gratzer ständische Theater von seiner Hand besitzt, bei welcher Gelegenheit seiner Tüchtigkeit im landschaftlichen Genre gedacht wird. Da er auch Mehreres in Oel gemalt, so ist seines Namens Andenken in dieser Richtung gesichert. Er hat seit dem Jahre 1832 mehrere Oelbilder und später auch einige Decorationsskizzen ausgestellt, und zwar in den Jahres-Ausstellungen der kais. Akademie der bildenden Künste in Wien, im Jahre 1826: „Landschaft mit Eisenhammer in Steiermark“; – „Landschaft mit Sonnenuntergang“; – „Gegend am Schneeberge“; – „Landschaft mit geschlossenem Laubwalde“, Staffage aus Wieland’s „Oberon“; – 1832: „Der Fall der Ilse“; – „Eine Sagemühle nächst dem Schlosse Ilsenburg am Fusse des Brockens“; – „Der Ilsenstein am Fusse des Brockens“, mit dem Gedächtnißkreuze für die in den Befreiungskriegen 1813 und 1814 gebliebenen Unterthanen des Grafen Stollberg-Wernigerode; – 1834: „Das Hospital St. Johann in der Währingergasse in Wien“; – „Baja bei Puzzuoli“; – „Gothische Architectur mit der Staffage: Conradin von Schwaben, der letzte Hohenstaufe, nimmt vor seinem Zuge nach Italien (1258) Abschied von seiner Mutter“; – „Die grosse Kastaniengruppe am Fusse des Aetna, Cento Cavalli genannt“; – „Der Gipfel des Brockens in der Walpurgisnacht“, die bisher angeführten sämmtlich Oelbilder; – 1835: „Mykon’s Grab“, nach Geßner’s Idylle; – „Ein gothisches Gemach“; – „Ein Eisenhammer“; – „Schiller’s Grabmal“; – „Ein römischer Triumphbogen“; – „Ansicht eines Ritterschlosses“; – „Zaubercabinet“; – „Egyptische Halle“; – „Egyptischer Platz“; – „Ruine bei Mondbeleuchtung“; – „Gebirgslandschaft mit Schloss“; – „Bauernzimmer“, alles colorirte Decorationsskizzen für das damalige neue kön. Hoftheater in München und das Theater an der Wien entworfen und von Neefe später im Großen ausgeführt; – „Ein Mausoleum“, in Gouachemanier; – „Landschaft bei Abendbeleuchtung“, Oelbild; – 1844: „Wald mit einem Wildbache“, Oelbild; – 1845: Sechs Aquarell-Landschaften. Unter seinem Nachlasse befand sich auch ein reiches Decorations-Album, bestehend aus 180 meisterhaft ausgeführten Blättern; es bildete dasselbe die Frucht seines vielbewegten fünfzigjährigen Künstlerlebens; ferner fünfzig decorative Handzeichnungen auf Cartons, eine Sammlung von Handzeichnungen berühmter verstorbener Künstler, auf Carton gezogen, mehrere Oelgemälde eigener und fremder Hand. Alles dieß bot im Jahre 1854 seine Witwe zum Verkaufe aus, wer der Erwerber des ganzen Nachlasses oder der einzelnen Stücke desselben geworden, ist nicht bekannt. Sein Nekrologist, Weidmann, gedenkt auch noch der poetischen Gabe Neefe’s, welche er in patriotischen Gelegenheitsgedichten, in „Namenstags- und Festgesängen“ kundgegeben, und will auch in diesen bedeutungslosen Leistungen ein Verdienst des Künstlers erblicken, jedoch sind die Anschauungen über diesen Punct zu verschieden, um durch deren Ausdruck die letzte Ruhe des Künstlers und seines Biographen zu stören.

Theater-Zeitung von Adolph Bäuerle (Wien, kl. Fol.) Jahrg. 1854, Nr. 49: Nekrolog; Nr. 66: Aus der Kunstwelt. – Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1864, Nr. 20. – Pietznigg, Mittheilungen aus Wien (8°.) Jahrg. 1833, Bd. I, S. 136; Jahrg. 1834, Bd. III, S. 203; Jahrg. 1835, Bd. II, S. 129. [123]Kataloge der Jahres-Ausstellungen in der Akademie der bildenden Künste bei St. Anna, 1826, S. 12, Nr. 14; S. 13, Nr. 36; S. 14, Nr. 49, 61; 1832, S. 19, Nr. 125, 126, 131; 1834, S. 15, Nr. 59; S. 16, Nr. 60, 71, 75; 1835, S. 3, Nr. 1, 2, 8, 9; S. 4, Nr. 14, 15, 23; S. 5, Nr. 32, 33; S. 7, Nr. 75; S. 8, Nr. 99, 100; S. 9, Nr. 110; S. 12, Nr. 55; 1844, S. 20, Nr. 262; 1845, S. 4, Nr. 28, 29; S. 5, Nr. 33, 34, 39, 40.

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