Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 15 (1866), ab Seite: 41. (Quelle)
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Lewinsky, Joseph (k. k. Hofschauspieler, geb. zu Wien 20. September 1835). Der Vater, der ein Pelzwaarengeschäft betrieb, ließ den Sohn, der früh Freude am Lernen zeigte, die Schule besuchen. In derselben zählte L. zu den besten Schülern. Die Belohnung für seinen Fleiß bestand in der Erlaubniß des Theaterbesuches an festlichen Tagen, drei- oder viermal im Jahre. Diese Abende waren für den empfänglichen, leicht erregbaren Knaben kleine Feste und aus jener Knabenzeit noch datirt seine Vorliebe für den Stand, zu dessen Zierden er gegenwärtig zählt. Im Alter von zehn Jahren besuchte er das Schottengymnasium, wo er sich mit einem Knaben befreundete, dem ein Hofbillet in’s Parterre des Burgtheaters zur Verfügung stand, da sein Vater ein Amt bei der kais. Familienbibliothek bekleidete. Nun waren es Dichtungen wie „Julius Cäsar“, „Heinrich IV.“, „König Lear“, „Faust“ und wie sie alle heißen, diese Evangelien der studirenden Jugend, welche den werdenden Jüngling mit ihrem ganzen Zauber erfüllten. „Mit steigender Leidenschaft gab ich mich“, so schreibt Lewinsky in seiner Selbstbiographie, „den durch die großen Schauspieler hervorgebrachten Eindrücken hin und die Schwärmerei für dieselben kannte keine Grenzen. Stundenlang konnte ich sie auf der Straße verfolgen, und wenn mir so einer meiner Götter unversehens begegnete, so stockte mein Athem vor Ehrfurcht. Es war eine schöne Zeit, die ich nie vergessen werde. Das Theater schien mir der Himmel, ein erster Schauspieler unbedingt ein Gott“. Unter solchen Umständen steigerte sich in L. die Sehnsucht nach dem Theater. Als ihm bald darauf das Freibillet nicht mehr zur Verfügung stand, suchte er auf Schleichwegen auf die Bühne zu kommen und versuchte es immer wieder, wenn er auch von dem wachehabenden Nachseher, nachdem dieser [42] ihn in seinem Schlupfwinkel entdeckt, unbarmherzig davongejagt wurde. So ging es bis zum Jahre 1851, in welchem die Verhältnisse seines Vaters eine so mißliche Wendung nahmen, daß eine Fortsetzung der begonnenen Studien unmöglich wurde. L. mußte also den Gedanken an die frühere Laufbahn, die ihn zur Jurisprudenz führen sollte, mit einem Male aufgeben und eine neue einschlagen, auf der er schneller, wie der Vater hoffte, zu einem Broterwerb kommen würde. Er entschied sich also für die kaufmännische Laufbahn, beendete das Vorbereitungsjahr und trat 1852 in die eigentliche commercielle Abtheilung. Aber in diesem Geschäfte wollte es ihm gar nicht gefallen, er vernachlässigte es und war bald fest entschlossen, Schauspieler zu werden, aus welchem Grunde er so viel wie möglich den Theaterbesuch fortsetzte. Wohl verschwieg er dem Vater – der übrigens seines Sohnes Vorhaben ahnte – diese Absicht aus Besorgniß, nie dessen Einwilligung zu erlangen, als er derselben bald nicht mehr bedurfte, denn um diese Zeit verlor er seinen Vater durch den Tod. In einem wohlwollenden Vormunde bestand nun L.’s ganze Stütze. Dessen Unterstützung ermöglichte ihm, in seiner theatralischen Vorliebe weiterzuleben. Aber nun that L. auch ernstliche Schritte, sein Vorhaben zu verwirklichen. Er wendete sich an den Comparserie-Director und Inspicienten des Burgtheaters, Wilhelm Just [Bd. X, S. 327 im Texte], ihn unter seine Schüler aufzunehmen. Aber auch hier stieß er auf Widerstand. „Was wollen sie mit einer solchen Figur spielen?“ fragte ihn Just. „Zum Liebhaber sind Sie weder groß noch schön genug und für Charakterrollen zu unbedeutend. Da Sie ein etwas verständiger und gebildeter Mensch zu sein scheinen, so ist es möglich, daß Sie es zu Etwas bringen, aber ich rathe durchaus ab.“ Dieser Bescheid klang wenig ermuthigend, L. jedoch ward dadurch nicht irre, bat vielmehr dringender, und Just gab endlich nach. So wurde er im Mai 1853 Just’s Schüler. Um während des Unterrichtes leben und das Honorar für den Unterricht selbst bestreiten zu können, engagirte sich L. zeitweilig in den Vorstadttheatern Wiens als Statist. Auch gelang es ihm durchzusetzen, daß ihn sein Lehrer als Aushilfsstatist im Burgtheater verwendete. Nachdem er einige Zeit Just’s Unterricht genossen, suchte L. ein Engagement. Einen Antrag nach Ungarn lehnte er aus leicht begreiflichen Gründen ab, hingegen nahm er ein Engagement im Theater an der Wien an. Da gab es aber für ihn – der schon damals nur Charakterrollen spielen wollte – gar keine Rollen. Endlich am 15. Jänner 1855 betrat er in einem kleinen Lustspiel: „Der Fechter von Ravenna“, zu welchem das Halm’sche gleichnamige Stück den Anstoß gegeben, zum ersten Male die Bühne. Das Ergebniß dieser unbedeutenden Rolle war, daß der Regisseur über L.’s Talentlosigkeit ganz ergrimmt war und Lärm schlug, daß man solche Schüler überhaupt engagire. Noch spielte er ein paar Bedientenrollen, da wurde ihm nach sieben Monaten solcher glänzenden Thätigkeit gekündigt und das nächste Engagement, welches L. abschloß, war nach Troppau. Dort fand er in dem Director einen einsichtsvollen wohlwollenden Mann. Obwohl für das untergeordnete Fach der zweiten Liebhaber engagirt, hatte er doch schon damals sein Augenmerk auf kleinere rhetorische Aufgaben gelenkt, ohne jedoch vom Glücke begünstigt zu werden. Selbst der Director hatte ihn als untaugliches Mitglied im Stillen schon aufgegeben, als sich bei der [43] Besetzung von Müllner’s „Schuld“ Niemand für die Rolle des Reitknechtes Holm fand. Der Verwendung eines Unbekannten gelang es, den Director zu bewegen, daß er Lewinsky diese Rolle gab. Und in der That, mit derselben hatte L. seinen ersten Erfolg errungen. Dieser Vorfall war für L. auch noch ferner nützlich, denn nun theilte ihm der Director den Raoul in der „Jungfrau von Orleans“, den ersten Schauspieler im „Hamlet“, den Ottocar von Hornek in „Ottocar’s Glück und Ende“ und ähnliche Rollen zu, in welchen L. vielfach durch Beifall ermuntert wurde. Aber dieses Glück währte nicht lange, denn am 15. März 1856 löste sich die ganze Gesellschaft auf und L. hatte kein Engagement. Er blieb indessen noch in Troppau, wo er mit Abschreiben und dergleichen sich mühselig forthalf. Endlich erhielt er ein neues Engagement. Ein Director hatte ihn nämlich als Bösewicht gesehen, dieser wollte ihm nun das ganze Fach an seiner neu erbauten Arena in Bielitz übertragen. „Ein erstes Rollenfach und 36 fl. Gage“, schreibt L. selbst, „mir war als hätte ich den großen Treffer gemacht“. L. ging nun nach Bielitz. Als er dort zwei Monate gespielt und seine erste Stellung so glücklich behauptet hatte, daß ihm von Seite des Publicums Anerkennung gezollt wurde, mußte er, um der Militärpflicht zu genügen, nach Troppau zurückkehren. Er wurde für untauglich gefunden. Nun begab er sich, um ein neues Unterkommen zu finden, nach Wien, wo ihn der Director von Brünn für seine Bühne engagirte. Auf derselben war er so glücklich, mit Marr zusammen und zwar als Schüler im „Faust“ aufzutreten. Die Hoffnung. welche L. auf Marr gesetzt, der die Direction des Brünner Theaters übernehmen sollte, scheiterte, weil Marr’s Verhandlungen wegen Uebernahme der dortigen Bühne zu keinem Resultate führten. L. blieb jedoch in Engagement des bisherigen Directors. Schon gegen Ende seines Engagements, im Februar 1858, stellte eines Tages der Director an L. die Frage, ob er wohl für den nächsten Abend die Rolle des Franz Moor spielen könne. L., der mit dieser Rolle, sowie mit dem Studium anderer ähnlicher, in seinen Mußestunden, und bei seinem Bildungsdrange mit allem Eifer sich beschäftigt hatte, nahm den Antrag mit Freuden an und löste seine Aufgabe mit glänzendem Erfolge. Es geschah für seine damals ganz untergeordnete Stellung das Außerordentliche: er wurde fünfmal gerufen. Das gab ihm neuen Muth und der Entschluß, den er seit Monaten herumgetragen, war gefaßt: die Brünner Bühne zu verlassen und auf gut Glück in die Welt zu gehen, um einen tüchtigen Regisseur und Kunstkenner zu finden, unter dessen Leitung er sich weiter bilden könnte. Alle günstigen Anerbietungen von Seite der Direction schlug er aus und ging – nachdem er nach verschiedenen Seiten sich brieflich gewendet und keine Antwort erhalten hatte – direct nach Wien. Er stellte sich sofort dem Director des Hofburg-Theaters. Dr. Laube , vor. „Laube’s strenge Physiognomie“, wie L. in seiner Selbstbiographie schreibt, „war mir stets ein Gegenstand des Schreckens gewesen; die Noth aber machte mich stark und ich blieb ruhig, als mir die eherne Festigkeit seines Blickes und Wortes entgegentrat und er mich kurz abfragte, was ich wünsche“. L. trug die Bitte, ihn Probe spielen zu lassen, vor. „Was spielen Sie?“ fragte Laube. – „Charakter- und intriguante Rollen“. – Laube stutzte und faßte mich schärfer in’s Auge. „Wie alt sind Sie [44] denn?“ – „Zwei und zwanzig Jahre“. – „Und spielen Charakterrollen?“ – „Ja, weil ich zu sonst nichts tauge, weil weder Figur noch Organ etwas Anderes zulassen und weil meine ganze Neigung mich dazu drängt“. – „Haben Sie Humor?“ – „Leider nein, ich werde dadurch in meinem Streben manche Schranke finden, die mir unübersteiglich sein wird.“ Laube begann sich nach dieser und der weiteren Unterredung für L. zu interessiren, gestattete ein Probespiel und wählte dazu: den fünften Act des Franz Moor, den ersten des Perin in „Donna Diana“, den vierten des Carlos in „Clavigo“. Am Abend des 10. April 1858 fand das Probespiel in Gegenwart aller vier Regisseure, Anschütz, Löwe, Fichtner, La Roche, Statt. Die Sache war ungemein gut gegangen, die Matadore des Burgtheaters erkannten in ihm ein bedeutendes Talent. Als L. nach einigen Tagen, indem er sich auf eine Bestellung Laube’s bei diesem einfand, die Bitte stellte, ihn am Hofburg-Theater für kleine Rollen zu engagiren, weil er dadurch sein Repertoire vergrößern und an den großen Vorbildern lernen würde, ging Laube darauf ein und am 4. Mai d. J. spielte L. als Franz Moor seine erste Antrittsrolle. Vor übervollem Hause wurde er an diesem Abende neunmal gerufen. Am 18. Mai folgte der Carlos in „Clavigo“ als zweite Antrittsrolle und der Erfolg war ein vielleicht noch glänzenderer; mit Wurm in „Kabale und Liebe“ schloß er am 25. Mai den Cyklus seiner Antrittsrollen und statt für ein untergeordnetes Fach, wurde der junge Künstler sofort für das erste Fach der Charakterdarsteller, das seit Dawison’s Abgang verwaist war, engagirt. Seit dieser Zeit zählt L. zu den Zierden der Wiener Hofbühne und da Dawison die Kunst auf Reisen geschickt, La Roche mehr die heiteren Charakterrollen spielt, Dessoir bereits alt, Marr aber schon sehr alt ist, so ruht im Augenblick das Fach der ernsten Charakterrollen aus seinen Schultern. Weiter unten folgt das Repertoir seiner auf dem Burgtheater und auf einigen Gastspielen bisher gegebenen Rollen, welche der Mehrzahl nach den sogenannten classischen Stücken von Lessing, Schiller, Goethe, Shakespeare, Grillparzer angehören. Seit 22. Jänner 1865 ist L. wirkliches (d. i. mit Decret angestelltes) Mitglied der Hofbühne. Noch ist einer anderen, sowohl künstlerisch als humanistisch bedeutsamen Thätigkeit dieses Künstlers zu erwähnen, nämlich seiner Vorlesungen, vornehmlich neuerer Dichterwerke. deren er bereits einige zur Unterstützung leidender und hilfebedürftiger Poeten, darunter eine für den mittlerweile verewigten Dichter Otto Ludwig gehalten hat. L. bewährte sich als ein genialer Vorleser, und nach Holtei, der leider nicht mehr liest, als der Einzige, der die Schönheiten der Dichtung mit dem ihr innewohnenden Zauber wiederzugeben versteht.

I. Lewinsky’s Repertoir. Verzeichniß aller von ihm im Burgtheater gespielten Rollen. 1858. 4. Mai: Franz Moor in „Die Räuber“ von Schiller. – 18. Mai: Carlos in „Clavigo“ von Goethe. – 25. Mai: Wurm in „Kabale und Liebe“ von Schiller. – 4. Juni: Raoul in „Jungfrau von Orleans“ von Schiller. – 20. Juni: Zanga in „Traum ein Leben“ von Grillparzer . – 1. Juli: Mathias in „Sonnwendhof“ von Mosenthal. – 27. September: Medon in „Iphigenie auf Delphi“ von Halm. – 3. October: Chevalier von Ilo in „Die silberne Kapsel“. – 16. October: Cassius in „Julius Cäsar“ von Shakespeare. – 21. November Soldat in „Ahnfrau“ von Grillparzer. – 30. November: Don Juan in „Viel [45] Lärmen um Nichts“ von Shakespeare. – 5. December: Amtmann von Zeck in „Die Jäger“ von Iffland. – 14. December: Marquis de Chalisack in „Die Anna-Liese“.
1859. 6. Jänner: Kanzler Flessel in „Die Mündel“ von Iffland. – 9. Jänner: Bruder Martin in „Götz von Berlichingen“ von Goethe. – 3. Februar: Sir Thomas Asthon in „Montrose“ von Laube. – 18. Februar: Eckard (Koch) in „Welt und Theater“ von Bauernfeld. – 28. März: Jago in „Othello“ von Shakespeare. – 4. Mai: Alain in „Ein verarmter Edelmann“. – 25. Mai: Valentin in „Mit den Wölfen muß man heulen“. – 27. Mai: Mephistopheles in „Faust“ von Goethe. – 11. Juni: Rosner in „Der Spielwaarenhändler“. – 5. Juli: Oliver Cromwell in „Montrose“ von Laube. – 10. Juli: Marquis von Rocheferrier in „Eine Parthie Piquet“. – 27. Aug.: Antonio Montecatino in „Torquato Tasso“ von Goethe. – 19. Sept.: Donegall in „Tristan“ von Weilen. – 15. October: Jojakim in „Die Makkabäer“ von Otto Ludwig. – 4. November: Menenius Agrippa in „Coriolanus“ von Shakespeare. – 10. November: Hiob in „Demetrius“ von Schiller. – 12. Dec.: Hanns Faborg in „Düweke“ von Mosenthal. – 20. Dec.: Jean Gauthier in „Memoiren des Teufels“.
1860. 17. Jänner: Craigengelt in „Der letzte Ravenswood“ von Hermannsthal. – 1. Februar: Marinelli in „Emilia Galotti“ von Lessing. – 7. März: Steele in „Unsere Freunde“ von Max Ring. – 19. April: Baron Bingen in „Ein Autograph“. – 6. Mai: Erster Schauspieler in „Hamlet“ von Shakespeare. – 15. Mai: Ligneraye in „Vater und Sohn“. – 18. Juni: Präsident Laroquette in „Das Urbild des Tartüffe“ von Gutzkow. – 8. Juli: Herzog Karl in „Die Karlsschüler“ von Laube. – 18. August: Georg in „Götz von Berlichingen“ von Goethe. – 5. Oct.: Graf Sparren in „Prinz Friedrich von Homburg“ von Kleist. – 26. Nov.: Hadmar v. d. Aue in „Heinrich v. d. Aue“ von Weilen. –
1861. 4. Jänner: Guattinara in „Die Königin von Navarra“ von Scribe und Legouvé. – 11. Jänner: Graf Reinhard in „Die Grafen v. d. Esche“ von Paul Heyse. – 20. Jänner: Helfreich in „Der Winkelschreiber“. – 8. März: Bischof Gardiner in „Johanna Gray“ von Roderich Anschütz. – 23. März: Burleigh in „Maria Stuart“ von Schiller. – 1. April: Bramante in „Michel Angelo“ von Hebbel. – 3. April: Ruppert in „Der Goldbauer“ von Birch-Pfeiffer. – 5. Mai: Verwundeter Krieger in „Makbeth“ von Shakespeare. – 27. Mai: Massias in „Cäsar’s Testament“. – 23. Sept.: Don Sancho Davila in „Don Juan de Austria“ von Putlitz. – 18. October: Gnäus Sicanius in „Die Fabier“ von Freitag. – 27. Oct.: Muley Hassan in „Fiesko“ von Schiller. – 10. Nov.: Questenberg in „Die Piccolomini“ von Schiller. – 1. December: Shylock in „Kaufmann von Venedig“ von Shakespeare. – 3. December: Eversmann in „Zopf und Schwert“ von Gutzkow. – 19. Dec.: Richard III. im gleichnamigen Stücke von Shakespeare.
1862. 22. Februar: Lord Danby in „Wilhelm von Oranien“. – 18. October: Pastor Ludovici in „Die deutschen Komödianten“ von Mosenthal. – 29. Nov.: Manetho in „Perseus von Macedonien“ von Nissel. – 8. Dec.: Assessor Wolf in „Werner“ von Gutzkow.
1863. 19. Februar: Kaplan in „Nibelungen“ von Hebbel. – 2. März: Philipp II. in „Don Carlos“ von Schiller. – 19. März: Hanns Schwalbe in „Kunz von Kaufung“ von Roderich Anschütz. – 14. April: Theramen in „Phädra“ von Racine. – 30. Juni: Herzog von Verona in „Romeo und Julie“ von Shakespeare. – 5. Sept.: Rabbi ben Akiba in „Uriel Akosta“ von Gutzkow. – 24. Sept.: Johann von Gaunt in „Richard II.“ von Shakespeare. – 18. Oct.: Joseph Donay in „Andreas Hofer“ von Immermann. – 20. November: Baron von Raynvall in „Der verlorne Sohn“ von Hackländer. – 22. Nov.: Lorenzo in „Romeo und Julie“ von Shakespeare. – 6. Dec.: Wilhelm von Oranien in „Egmont“ von Goethe. – 9. Dec: Stolzius in „Soldatenliebchen“ von Bauernfeld. – 14 Dec.: Ottocar von Hornek in „Ottocar’s Glück und Ende“ von Grillparzer.
1864. 11. Jänner: Vicomte von Chazeuil in „Adrienne Lecouvreur“. – 15. Jänner: Tempelhüter in „Des Meeres und der Liebe Wellen“ von Grillparzer. – [46] 29. Jänner: William Pitt in „Pitt und Fox“ von Gottschall. – 2. Februar: Walter Raleigh in „Graf Essex“ von Laube. – 9. Februar: Maxence in „Der Copist“. – 14. März: Herzog von Bourbon in „Die Kinder des Königs“ von Prechtler. – 10. April: Oberpriester in „Des Meeres und der Liebe Wellen“ von Grillparzer. – 23. April: Francis Bacon in „Ein Abend zu Titschfield“ von Halm. – 29. Mai: Streichberger in „Ein geadelter Kaufmann“ von Görner. – 4. Juli: Just in „Minna von Barnhelm“ von Lessing. – 11. Juli: Hiller in „Graf Waldemar“ von Freitag. – 10. Sept: Schulmeister in „Deborah“ von Mosenthal. – 3. Oct.: Bertram in „Das Forsthaus“ von Lorm. – 18. Oct.: Henning in „Hans Lange“ von Paul Heyse. – 2. Nov.: Todtengräber in „Müller und sein Kind“ von Raupach. – 16. Nov.: Harpagon in „Der Geizige“ von Molière. – 19. Nov.: Adelsreiter in „Herzog Albrecht“ von Melchior Meyr. – 10. Dec.: Henning Wulf in „Edda“ von Weilen. – 23. Dec. Hamlet im gleichnamigen Stücke von Shakespeare.
1865. 5. Februar: Attinghausen in „Wilhelm Tell“ von Schiller. – 15. Februar: William Sommers in „Katharina Howard“. – 2. März: Marquis Seiglière in „Fräulein von Seiglière“ von Jules Sandeau. – 17. März: Colbert in „Prinzessin von Montpensier“ von Brachvogel. – 31. März: Wendelin Hipler in „Die Bauern von Weinsberg“ von Bauernfeld. – 11. April: Adam in „Der Winkelschreiber“. – 18. April: Glockenmeister in „Das Lied von der Glocke“ von Schiller – 15. April: Michel Perrin im gleichnam. Stücke von Louis Schneider. – 21. April: Marquis von Auberive in „Ein Pelikan“ von Emil Augier. – 14. Juli: Martin in „Die Ueberraschung“ von Bauernfeld. – 12. Oct.: Marquis La Fresnaie in „Der arme Marquis“. – 18. Oct.: Prinz Eugen in „Am Tage von Oudenarde“ von Weilen.
II. Zur Biographie Lewinsky’s. Lewinsky’s Selbstbiographie in Feodor Wehl’s „Deutscher Schaubühne“ im Jahrgange 1861. – Europa (schöngeistiges, in Leipzig erscheinendes Blatt, schm. 4°.) Jahrg. 1862, Nr. 1, Sp. 14 [Auszug aus Lewinsky’s Selbstbiographie]. – Berliner Montagspost. Von E. Kossak, 1864, Nr. 29.[BN 1]
III. Porträte. Lithogr. von Kriehuber (Wien, bei Neumann); – Photographien in Visitkarten-Format und Costümbilder: von Jagemann 1861; Kniestück, 4°. 1862; – in Costümen 50 verschiedene Blätter von Mahlknecht aus den Jahren 1861 und 1862; – von Angerer in Visitkarten-Format aus dem Jahre 1861; – von demselben in gr. 4°. aus dem Jahre 1863; – als Richard III,. von Adele Perlmutter, ganze Figur, gr. 4°. aus dem Jahre 1863; – von derselben auch in Visitkarten-Format mehrere Male, darunter auch im Costüme, aus dem Jahre 1863.
IV. Zur künstlerischen Charakteristik Lewinsky’s. Nach der ersten Darstellung des Franz Moor schreibt Rudolph Valdeck: „L. stellte alle Elemente von Franzens Natur, den fressenden Neid, die grimmige Herrschsucht, die ätzende Sophistik, die schlaue Ueberredungsgabe, den tückischen Hohn, die eifersüchtige Lüsternheit in ihrer gährenden Mischung dar, ohne eines derselben auf Kosten der anderen hervorzuheben. In richtiger und maßvoller Steigerung entwickelte er den Charakter von der frechen Zuversicht bis zu der Verzweiflung an sich selbst. Seine Darstellung vermeidet alles Sprunghafte, alle Ungleichheit der Behandlung. sondern sie schreitet in einer stetigen Reihe lebensvoller Details gleichmäßig vor. Und so fein, reich und sorgfältig alle Details waren, so machten sie doch nie den Eindruck der Berechnung, sondern gingen ganz unmittelbar aus der Situation hervor, ein sicheres Zeichen, daß sie der Fantasie, nicht der Reflexion entspringen. [Ostdeutsche Post 1858, Nr. 103.] – Ein anderer Kritiker schreibt nach den drei Antrittsrollen Lewinsky’s: „Wir gestehen, daß uns an Lewinsky nebst seinem Talente nichts so sehr aufgefallen ist, als daß er ein echter Zögling des Burgtheaters ist, geistig verwandt mit den Traditionen, die ihn hier umgeben, heimisch mit diesen Brettern, wie es ein Dawison, eine Seebach, bei aller ihrer unbestrittenen Begabung, hier nicht werden konnten. Die charakteristischen Merkmale der süddeutschen oder im engeren Sinne der Wiener Schule – jener Fluß, jener Schwung, jene innere Wärme und farbenreiche Modulation der Rede, die fest abgeschlossene formell abgerundete Geberde, die lebensvolle Wiedergabe des Charakters in seinem Grundtone wie in der kleinsten Kleinigkeit und dabei jene instinctartige Scheu von dem Zuviel – diese Merkmale ... sind [47] es, welche aus jeder Leistung unseres Kunstjüngers klar hervortreten.“ [Monatschrift für Theater und Musik (Wien, Klemm, 4°.) IV. Jahrg. (1858), S. 322–328.] – Betti Paoli schreibt über L.: „In der Fähigkeit, den Gestalten, welche er darstellt, nebst ihrem poetischen zugleich einen individuellen Ausdruck zu verleihen, liegt Hrn. L.’s künstlerischer Adelsbrief. Man hätte Unrecht, an ihm nur die große schauspielerische Begabung zu rühmen, hier ist mehr: eine ernste tiefe Seele, der sich die Dinge in ihrer Urgestalt zeigen, ein Geist, dem die Wahrheit Lebensbedingung ist, ein Sinn, den der lebendige Glaube an die Würde der Kunst vor Selbstsucht und allem kleinlichen Streben bewahrt. Die Eigenschaften, mit denen die Natur ihn ausstattete, machen L. zu einer staunenswerthen Erscheinung; um einer der größten Künstler seiner Zeit zu werden, braucht er nur die Zeit zu ruhiger Entwickelung. [Oesterreichische Zeitung 1858, Nr. 114.] – Ueber seinen Carlos in Goethe’s „Clavigo“ schreibt Theodor Mannheimer (gest.): „Alles was der Jugend sonst zu mangeln pflegt: die Kälte des welterfahrenen Mannes, die Selbstbeherrschung und Ruhe des trockenen Verstandesmenschen, der Mangel an allen Illusionen, an jeder poetischen Regung, charakterisirt diesen Carlos. Und einen solchen Charakter zeichnete uns L. mit ein paar einfachen, sicheren Strichen hin, daß er lebendig und greifbar vor uns stand. Wir haben den Carlos glänzender, blendender spielen gesehen, nie wahrer und wirksamer. Er ruhte nicht mit selbstgefälligem Behagen auf einzelnen dankbaren Momenten seiner Rolle; er gefiel sich nicht im geistreichen Spiel mit scharfen Pointirungen, derben Lichtern und Farben. Lewinsky hat sich völlig in seine Rolle versenkt, er war mit ihr eins geworden; er spielte nicht den Carlos, er war Carlos.“ [Presse (Wiener polit. Blatt) 1858, Nr. 114.] – E. Kossak zeichnet anläßlich des Gastspiels Lewinsky’s in Berlin im Jahre 1864 folgende Künstler-Silhouette: „Suchen wir uns sein Bild auf dem Papier festzuhalten, so fällt uns zunächst – die Wahrheit darf nicht verschwiegen werden, selbst wenn sie verletzen könnte – die dürftige Mitgift der Natur auf. Herr L. reicht eben an das preußische Militärmaß, seine Gesichtsbildung zeigt nichts Auffallendes, wenn ihr auch Intelligenz und eine deutliche Spannung des spähenden Geistes nicht abzusprechen sein möchte, das Organ ist unmusikalisch und trocken; für die Schauspielkunst gibt es keine dürftigere Ausstattung und doch hatte die Natur ihn zu einem Mimen bestimmt. Die geistige Zubuße sollte ihm den nothwendigen Ersatz gewähren. Klugheit, Feinheit der Empfindung und eiserner Fleiß verrathen sich gleich in der ersten unbedeutenden Scene. Lewinsky mag nun dem Beispiele des Demosthenes gefolgt sein und durch gleich gewaltsame Mittel den Widerstand seines Organs gebrochen haben oder nicht, so viel ist gewiß: die Stimme gehorcht allen Intentionen, sie ist zum Ausdruck wilder Leidenschaften und sanfter Gefühle gleich sehr befähigt, sie schmiegt sich jeder Nuance, jeder Schattirung der Empfindung getreulich an. Der Künstler hat auf seinem Instrumente eine temperirte Stimmung hergestellt. Die im Affect angewandten Stärkegrade würde so mancher robuste Stümper leicht überbieten, aber nie die gleich nachdrückliche, aus der seelischen Intensität entspringende Wirkung hervorbringen. Der Meister offenbart sich in der Abtönung seiner Farbenskala. L. erinnert uns in dieser Hinsicht oft an den unvergeßlichen Seydelmann. Auch das Organ des großen Mimen legte seinem Wollen unsägliche Schwierigkeiten in den Weg, aber es war ihm gelungen, sie bei Seite zu räumen. Die Abneigung gegen grelle äußere Hilfsmittel theilt er mit Seydelmann. Er modellirt eine Gestalt nicht schärfer und derber, als die Wirklichkeit zulassen würde; um saubere Conturen ist es ihm zunächst zu thun, und müßte selbst das Colorit zuweilen der Correctheit der Zeichnung nicht ebenbürtig sein.“ – Schließlich bemerkt Hermann Marggraff anläßlich des Lewinsky’schen Leipziger Gastspiels im Jahre 1863 treffend: „Der Künstler strebt ersichtlich und mit Erfolg nach Natur und Wahrheit im Sinne der alten großen Meister, weßhalb er auch meist jene Virtuosenkunststückchen vermeidet, die auf augenblicklichen Effect berechnet, die Totalwirkung mehr beeinträchtigen als verstärken.“ Und an anderer Stelle: „Es sind vor allem drei Tugenden, welche diesen Künstler jedem Beurtheiler sehr warm an’s Herz treten lassen. Erstens eine heilige Verehrung vor dem Worte des Dichters und seinem Geiste, dem sich der Schauspieler in priesterlicher Scheu unterordnet; zweitens das fleißige Bestreben, so viel als möglich den Menschen, so wenig als möglich den Komödianten zu spielen; drittens eine in unseren so vielfach dilettirenden Zeiten sehr anerkennenswerthe Mühewaltung, reines [48] Hochdeutsch zu sprechen.“ Diese Urtheile gewiegter heimischer und fremder Kritiker helfen wenigstens im Umrisse das Bild eines Künstlers vollenden, der in der Gegenwart einer der wenigen Pilaster ist im Tempel der schon stark heruntergekommenen und meist auf Commisvoyageursfüßen lendenlahm trabenden dramatischen Kunst.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Lewinsky, Joseph [Bd. XV, S. 41].
    Die Gartenlaube (Leipzig, Ernst Keil, 4°.) 1869, S. 149: „Kaiserlich-königlicher Aushilfestatist“ [mit ziemlich ähnlichem Holzschnittbildniß Lewinski’s]. [Band 28, S. 363]