BLKÖ:Gänsbacher, Johann Baptist

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Gärtner, Corbinian
Band: 5 (1859), ab Seite: 48. (Quelle)
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Gänsbacher, Johann Baptist (Domcapellmeister u. Kirchencomponist, geb. zu Sterzing in Tyrol 18. Mai 1778, gest. in Wien 13. Juli 1844). Sein Vater war Schulmeister und Chorregens zu Sterzing in Tyrol, mit 5 Jahren erhielt Johann Unterricht im Gesange, und 8 Jahre alt, wurde er Sängerknabe in der Pfarrkirche St. Jakob in Innsbruck. Daselbst besuchte er das Gymnasium, bildete sich unter dem Organisten Jos. Holzmann und unter P. Rainer im Orgelspiele und Generalbasse aus, und setzte später den musikalischen Unterricht in der Violine und im Cello unter Neubauer u. Fendt fort. 1795 begann er den Besuch der Universität in Innsbruck, dabei ertheilte er Unterricht, fand Beschäftigung im Theaterorchester und fing auch schon zu componiren an. Die Arbeiten aus dieser Zeit, Sonaten, Menuetten, Adventlieder, selbst eine Messe, sind verloren gegangen. Da brach das ereignißreiche J. 1796 herein, die Tyroler Landesvertheidigung organisirte sich, und G. trat in die Compagnie der Exemten, welche, 200 Mann stark, aus Cavalieren, Studenten, Beamten bestand. Aber erst im folgenden Jahre – in welchem G. seine Stainer Geige verkaufte, um einen Stutzen zu kaufen – gab er als Lieutenant einer Schützen-Compagnie solche Beweise seines Muthes, daß er die goldene Medaille erhielt. Nach rückgekehrter Ruhe nahm G. seine vorige Beschäftigung wieder auf, bis neue Wirren ihn zur Vertheidigung des Vaterlandes riefen. 1799 focht er tapfer bei Taufers. Ununterbrochen setzte er aber seine Studien fort und vollendete sie 1801. Endlich drängte es ihn Wien und namentlich den berühmten Abbé Vogler zu sehen und durch Unterstützung einiger Freunde konnte er seinen Wunsch erfüllen. Am 27. Oct. 1801 traf er in Wien ein. Daselbst ertheilte er Unterricht in der Musik und fand im Hause des Grafen Firmian eine bleibende Stätte. Zugleich trat er in Verkehr mit den Koryphäen der Kunst in der Residenz und fand – als Vogler 1803 nach Wien kam – an ihm einen theilnahmsvollen Freund. Im Frühling 1804 begleitete er die gräfliche Familie Firmian nach Böhmen, machte von dort einen Ausflug nach Weimar, Jena, Gotha. Unterdessen [49] setzte er emsig seine musikalischen Studien fort, u. a. unter Albrechtsberger den Generalbaß. Durch seine geschwächte Gesundheit gehindert, an den Tyroler Ereignissen 1809 Theil zu nehmen, unternahm er eine Reise und besuchte Dresden, Leipzig, Baiern, von wo ihn die Sehnsucht in seine Heimat lockte, die er jedoch, als er sie unter franz. Zwangsherrschaft leiden sah, bald wieder verließ. Mitte April 1800 langte er in Darmstadt an, wo er bis Ende Juli bei Vogler blieb und dessen Werke studirte. Im J. 1811, als C. M. von Weber die Direction des Orchesters und der Oper in Prag übernahm, begab sich auch G. dahin. Die Kriegsereignisse des J. 1813 riefen aber den körperlich wieder völlig erstarkten G. neuerdings in’s Feld, und bei der ersten Schützen-Compagnie in Klagenfurt, wo die ausgewanderten Tyroler-Schützen sich zusammengefunden, trat G. als Unterlieutenant ein. Bald wurde er Hauptmann der 3. Jäger-Compagnie und zeichnete sich bei Ried, Allang, Brecha, der Mühlbacher Klause aus. Als später der Oberstlieutenant P. de Gall das unter dem Namen „Fenner-Jäger“ bekannte Corps organisirte, wurde G. von Fenner selbst zum Oberstlieutenant ernannt und trat als solcher am 1. März 1814 in’s Corps. Nun wurde er zu Courierdiensten verwendet, ging mit Depeschen nach München, erhielt am 13. Jänner 1815 das Kanonenkreuz und 1816 in Anerkennung seines 1813 und 15 erprobten Patriotismus und Muthes die große goldene Civil-Ehrenmedaille mit Oehr und Band. Nun kehrte er nach Innsbruck zurück, lebte daselbst und erhielt mittlerweile einen Antrag nach Dresden als Capellmeister, den er ablehnte, als durch den Tod des Wiener Domcapellmeisters J. Vreindl diese Stelle erledigt wurde, um welche zu bewerben G. von seinen Wiener Freunden aufgefordert ward. Er erhielt sie auch am 26. Sept. 1822, quittirte seine Oberstlieutenantsstelle, vermälte sich alsbald und wirkte auf diesem Posten bis an seinen Tod, der ihn im Alter von 66 Jahren der Kunst und seinen Freunden entriß. G. hat sich als Musikus um den blühenden Zustand des Innsbrucker Musikvereins Verdienste erworben, und nimmt als Compositeur, namentlich von Kirchenmusik, eine ehrenvolle Stelle ein. Die Wiener Musikzeitung und die Mittheilungen aus Wien von Pietznigg (siehe unten in den Quellen) geben ein ausführliches Verzeichniß seiner zahlreichen Compositionen für Clavier allein, mit Begleitung, für verschiedene Instrumente, Gesang mit Clavier oder Guitarre mit Orchester-Begleitung und seine Kirchenmusiken. Es sind im Ganzen 216 Werke, wovon 131 Werke Kirchensachen, darunter Messen, Gradualen, Offertorien, Motetten, Hymnen, Psalmen, Requiems, Adventlieder u. d., Tantum ergo, Litaneien und 85 andere Compositionen, als Variationen, Märsche, Partien für Harmoniemusik, Ouverture und andere Musikstücke zu Kotzebues „Kreuzfahrer“, Lieder, Vocal-Quartetten, das Liederspiel: „Des Dichters Geburtsfest“. Groß Athanasius, sein Biograph, urtheilt über den Werth von G.’s Compositionen, „daß die Kirchensachen der Würde des Stylus ecclesiasticus gemäß, sich gehörig an den Text anschmiegen; daß seine Melodien fließend, einfach und herzgewinnend, seine Harmonien, wenn auch nicht überreich und lärmend, doch voll und zweckdienlich und seine contrapunctischen Schönheiten der Schule eines Abbé Vogler ganz würdig seien.“ Die Ursache seiner geringen Popularität mag darin liegen, „daß er dem Zeitgenie nicht gefröhnt, sich an die ältere Schule angeschlossen, nicht wie seine Mitschüler C. v. Weber und Meyerbeer vorwärts geschritten und [50] überhaupt mehr für die Musica sacra, als für weltliches Vergnügen gearbeitet habe“.

Allg. Wiener Musik-Zeitung. Herausg. von Aug. Schmidt. I. Jahrg. 1841, Nr. 25: „Gallerie jetzt lebender, um die Tonkunst verdienter Schulmänner und Chorregenten“ – und Nr. 37 Verzeichniß seiner bis 1841 componirten Werke. – Dieselbe IV. Jahrg. 1844, Nr. 108–110, 112 u. 113, 116, 119–122, 124. Von Groß Athanasius. – Dieselbe Nr. 85: „Todesanzeige.“ – Dieselbe S. 348 [Aufforderung zu einem Grabdenkstein für G.]. – Schmidt (Aug.), Denksteine. Biographien von Ignaz Ritter von Seyfried, Jos. Edl. von Eybler[WS 1], Ign Frz. Edl. v. Mosel, Wolfg. Am. Mozart (Sohn), Hieron. Payerr, J. Gänsbacher etc. (Wien 1848, 8°.). – Pietznigg (Franz), Mittheilungen aus Wien. Jahrg. 1834, I. Bd. S. 96 seine Biographie von Frh. v. Lannoy und S. 151 Verzeichniß seiner sämmtl. Werke. – Staffler (Joh. Jakob), Das deutsche Tirol u. Vorarlberg, topogr.... (Innsbruck 1847, Fel. Rauch, 8°.) II. Bd. S. 30. – Gerber (Ernst Ludwig), Neues histor.-biogr Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1812, Kühnel, gr. 8°.) II. Thl. Sp. 233 [dürftige Notiz]. – Universal-Lexikon der Tonkunst (begonnen von Dr. Jul. Schladebach, fortgesetzt) von Ed. Bernsdorf (Dresden 1857, Schäfer, gr. 8°.) II. Bd. S. 84 [nach diesem geb. 7. Mai 1778]. – Schilling (Gustav Dr. ), Das musikalische Europa (Speyer 1842, Neidhard, gr. 8°.) S. 110. – Oestr. Militär-Konvers.-Lexikon. Herausg. von Hirtenfeld und Dr. Meynert (Wien 1851 u. f.) II. Bd. S. 617 [nach diesem geb. 9. Mai 1778, gest. 13. Juli 1844]. – Realis, Curiositäten- u. Memorabilien-Lexikon von Wien (Wien 1846, Lex. 8°.) I. Bd. S. 475. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer und Czikann), (Wien 1835) II. Bd. S. 260 [nach dieser, nach Realis, Staffler, Schilling u. Aug. Schmidt geb. 8. Mai 1778]. – Allg. Theaterzeitung von Ad. Bäuerle. XXXVII. Jahrg. (Wien 1844) Nr. 175: „Nekrolog“ von Fr(ühwald). – Frankl (L. A.) Dr. ), Sonntagsblätter 1844, S. 696 [daselbst wird in einer Notiz berichtigt, daß G. nicht der Schüler Salieri’s, wie der „Humorist“ schreibt, sondern Albrechtsbergers; ferner, daß er Domcapellmeister und nicht Hoftheatercapellmeister gewesen sei].[BN 1]Porträt. Facsimile der Unterschrift: Gänsbacher. Stadler 1846 (lith.) Gedr. bei J. Höfelich, gr. 8°. [als Büste.] – Gänsbachers Kirchen-Compositionen. Die Domkirche zu St. Stephan besitzt in Handschrift: 24 Messen, 14 Graduate, 14 Offertorien, 7 Requiem, 6 Vespern, 3 Vesperhymnen, 9 Antiphonen de Beata, vierstimmig mit Orgel, 3 Te Deum, 9 Leichen-Motetten.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Gänsbacher, Johann Baptist [Bd. V, S. 48].
    Handschriftliche biogr. Notizen und Verzeichniß seiner Compositionen im Archiv u. s. w., wie bei Campi. [Band 26, S. 383]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Joh. Edl. von Eybler.