« Vorwort Vom Reichsfürstenstande Einleitung »
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Uebersicht.

Einleitung. Das deutsche Kaiserreich in seinen universalen und nationalen Beziehungen. Erschwerung der Forschungen über die Geschichte der Reichsverfassung durch das stätige Fortschreiten und die örtliche Mannichfaltigkeit der Entwicklung. Unzulänglichkeit der bisherigen Forschungen über den Reichsfürstenstand. Zeitliche Begränzung und Ausgangspunkt der Untersuchung. Anordnung des Stoffes. Gründe für das Ungenügende mancher Ergebnisse

I.

1. Als Kennzeichen des Fürstenstandes wird zunächst das Wort Fürst, oder vielmehr das gleichbedeutende Princeps zu dienen haben. 2. Es ist zu unterscheiden zwischen Princeps und Principes. 3. Princeps schlechtweg ist strenggenommen nur der Kaiser; 4. es wird aber auch gebraucht für jeden unabhängigen Herrscher, 5. weiter für jeden Ersten selbst in untergeordnetsten Kreisen; so insbesondere im Königreiche Burgund 6. und den lothringischen Reichstheilen. 7. Es wird auch mehrfach zum stehenden Titel, insbesondere in Unteritalien, 8. und darauf ist es zu beziehen, wenn in Kaiserurkunden Principes als besondere Klasse weltlicher Grossen erscheinen. 9. Aehnlichen Gebrauch finden wir bei slavischen Grossen; 10. so in Pommern und Rügen, 11. Mecklenburg, 12. Böhmen und Mähren, 13. Schlesien.

II.

14. Principes können die Ersten in jedem, auch noch so untergeordneten Kreise des Staatslebens mit Beziehung auf diesen genannt werden, 15. und in Burgund und den lothringischen Reichslanden werden früher wirklich die Grossen einzelner Grafschaften so genannt; 16. doch sind daneben die gleichbedeutenden Ausdrücke Optimates, Primates, Proceres, Magnates, Barones in Gebrauch. 17. Letzterer ist in den übrigen Reichstheilen später der gebräuchlichste, doch auch mit andern gleichbedeutenden wechselnd. 18. Dagegen wird Principes hier nur selten mit Beziehung auf einen einzelnen Reichstheil gebraucht, am häufigsten in Baiern, nie in Sachsen; Ende des zwölften Jahrhunderts hört dieser Gebrauch überhaupt auf, 19. mit Ausnahme Böhmens, wo später die böhmischen Fürsten als höherstehende Klasse von den Baronen unterschieden werden; 20. nur vereinzelt erscheinen auch österreichische Fürsten.

III.

21. Der Ausdruck Principes regni oder imperii ist in früherer Zeit der Reichskanzlei nicht geläufig; 22. noch im neunten Jahrhundert erscheint er fast nur in unechten Kaiserurkunden; 23. erst im zehnten wird er etwas häufiger gebraucht. 24. Dagegen finden sich als gleichbedeutende Ausdrücke: Proceres, welcher nur in Italien untergeordnet erscheint, 25. Primates, 26. Primores, 27. Optimates.

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IV.

28. Der Ausdruck Princeps und weiter Princeps imperii für den einzelnen Reichsfürsten bezieht sich nicht darauf, dass er der Erste in dem ihm untergeordneten Kreise war, sondern dass er zu den Ersten im Reiche gehörte; 29. aus dem genaueren: Unus ex regni principibus, wurde erst im zwölften Jahrh. das ungenaue Princeps und Princeps noster, 30. und weiter Princeps imperii.

V.

31. Der Ausdruck Principatus schliesst sich zunächst an den Princeps in ursprünglicher Bedeutung; 32. seit dem Aufkommen des Ausdrucks Princeps regni bezeichnet Principatus auch die fürstliche Amtsgewalt und weiter anschliessend an den Begriff des Princeps terrae das fürstliche Gebiet; früh und häufig in Oesterreich und Steier, selten in der Reichskanzlei.

VI.

33. Beschränken wir die Untersuchung zunächst auf die Zeit vor dem J. 1180, so kann es zweifelhaft erscheinen, ob wir einen älteren Reichsfürstenstand als fest begränzten Stand annehmen dürfen. 34. Dagegen spricht, dass oft alle Zeugen schlechtweg als Principes bezeichnet werden. 35. Es werden aber auch die Ministerialen, 36. die Judices, 37. und bei schärferer Scheidung der Klassen auch die Edeln von den Fürsten geschieden, insbesondere in Sachsen, während sie in Baiern ihnen zugezählt werden. 38. Insbesondere spricht für eine feste Abgrenzung des Standes die Rücksicht, welche bei Strafbestimmmungen auf ihn genommen wird.

VII.

39. Die Mitglieder des ältern Reichsfürstenstandes genauer zu bezeichnen, unterliegt Schwierigkeiten. 40. Zu ihnen gehören der römische König, Könige überhaupt, 41. die Mitglieder der königlichen Familie. 42. Von geistlichen Grossen der Patriarch, die Erzbischöfe und Bischöfe, 43. die reichsunmittelbaren Aebte 44. und Aebtissinnen, 45. aber ausser etwa dem Probste von Aachen keine Pröbste, 46. während der Reichskanzler Reichsfürst ist. 47. Bezüglich der weltlichen Grossen haben wir uns an die Amtstitel zu halten; 48. den Vorrang behaupten die Herzoge; 49. auf sie folgen Markgrafen, Pfalzgrafen, Landgrafen, endlich einfache Grafen; 50. doch wird diese Rangordnung wenig beachtet 51. Auch die Grafen werden häufig im allgemeinen als Fürsten bezeichnet und einzelne unter denselben aufgeführt; 52. dass sie auch vielfach zu den Liberi oder Nobiles gezählt werden, spricht an und für sich nicht gegen ihren Fürstenstand, 53. für welchen insbesondere beweisend ist, dass sie bei scharfer Scheidung der Klassen immer zu den Fürsten zählen und häufig nur Grafen als Fürsten bezeichnet sind. 54. Nicht zu den Fürsten zählen die Ministerialgrafen; 55. aber es finden sich auch Stellen, an welchen von den edeln Grafen einige zu den Fürsten gezählt werden, andere nicht. 56. Die Vermuthung, dass die Burggrafen nicht Fürsten waren, erprobt sich nicht; 57. eben so wenig die, dass nur die vom Reiche mit der Grafschaft belehnten Fürsten waren. 58. Einen Haltpunkt scheint hier ein Auseinanderhalten der einzelnen Reichslande zu geben, insofern man in Lothringen alle Grafen, aber keine Edle, in Baiern und Schwaben alle Grafen und Edle zu den Fürsten rechnete, in Sachsen aber nur die vom Reiche belehnten Grafen und die den Grafentitel führenden Nebenlinien der markgräflichen Häuser; als Regel der Reichskanzlei aber ist anzunehmen, dass sie alle Grafen zu den Fürsten zählte. 59. Dagegen gehörten blosse Edle dem Fürstenstande nicht an. 60. Ist der Amtstitel Kennzeichen des weltlichen Fürstenstandes, so ergeben sich Schwierigkeiten aus dem Schwanken der Titel und dem Umstande, dass dieselben Personen bald mit, bald ohne Amtstitel erscheinen, 61. insbesondere auch der Grafentitel sehr willkürlich und schwankend gebraucht wird. 62. Der ältere Reichsfürstenstand war ein Amtsadel, welcher aber im zwölften Jahrh. seine Bedeutung schon wesentlich eingebüsst hatte.

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VIII.

63. Zu Ende des zwölften Jahrh. hat sich ein anders abgegrenzter neuerer Reichsfürstenstand gebildet[WS 1]. 64. Nähere Haltpunkte geben uns die Erhebungen in den Reichsfürstenstand, welche in früherer Zeit nicht betont wurden. Für die Bischöfe, welche von jeher Reichsfürsten waren, finden wir auch in der Zeit des neuern Fürstenstandes keine eigentliche Erhebung bis auf die spätern Zeiten des Reichs; 65. ebensowenig für Aebte und Aebtissinnen, 66. und andere geistliche Würdenträger. 67. Auch bezüglich der weltlichen Fürsten ist in früherer Zeit von Erhebung kaum die Rede; 68. die Erhebung von Thüringen, 69. Oesterreich und Steier, 70. Mecklenburg und Pommern sind keine Erhebungen in den Fürstenstand. 71. Eine solche scheint in Mähren stattgefunden zu haben; 72. das erste genau bekannte Beispiel gibt die Erhebung des Grafen von Hennegau zum Markgrafen von Namur, woraus sich ergibt, dass Grafen jetzt an und für sich dem Fürstenstande nicht mehr angehören; 73. eine Bestätigung gibt die beabsichtigte Erhebung des Grafen von Holland. 74. Bei den Erhebungen des Herzogs von Braunschweig, 75. der Habsburger zu Herzogen von Oesterreich, Meinhards von Görz zum Herzoge von Kärnthen, 76. des Landgrafen von Hessen wird auf den dadurch erlangten Fürstenstand besonderes Gewicht gelegt 77. Savoien und Geldern zeigen, dass der Grafentitel mit dem Fürstenstande vereinbar war. 78. Die angeblichen Erhebungen von Henneberg und Nürnberg sind nur Verleihungen von Fürstenrechten, 70. die von Nassau beruht auf einer unechten Urkunde. 80. Bei spätern Erhebungen wird der Fürst zugleich zum Markgrafen, 81. häufiger zum Herzoge erhoben. 82. Doch wurden noch die Grafen von Cilly und Aremberg zu gefürsteten Grafen erhoben; bei andern sogenannten gefürsteten Grafschaften ist eine Erhebung nicht anzunehmen. 83. Die später Erhobenen erhalten nach einem von den Niederlanden ausgehenden Brauch keinen Amtstitel, sondern den Fürstentitel in engerer Bedeutung. 84. Castruccio wird durch die Erhebung zum Herzoge von Lucca nicht zugleich Reichsfürst; 85. später erfolgen auch in Italien Erhebungen zu Reichsfürsten. 86. Nur der Kaiser oder König konnte zum Fürsten erheben, da den Reichsfürsten, ausser Oesterreich u. Savoien, nicht einmal die niedern Standeserhöhungen zustanden; 87. doch erhob auch der König von Böhmen zu böhmischen Fürsten. 88. Bei den Erhebungen im Königreiche Sizilien handelt es sich um Aenderung des Grafentitels in den Fürstentitel; 89. in Frankreich ist das Entsprechende die Erhebung zum Pair; erst später wird zum Fürsten in engerer Bedeutung erhoben; 90. auch in England dürfte die Erhebung zum Pair entsprechen, wofür der Markgraf von Jülich ein Beispiel bietet.

IX.

91. Ein weiteres Hülfsmittel zur Feststellung der eingetretenen Aenderungen bietet der Sprachgebrauch der Reichskanzlei bei Bezeichnung der Grossen, welche jetzt weder alle anwesenden Grossen, 92. noch auch die Grafen als Fürsten bezeichnet, 93. und zur Bezeichnung der Gesammtheit dem Worte Principes andere zur Bezeichnung der Grossen niedern Ranges zufügt, 94. so Fideles, Nobiles, 95. Curia, Prudentes, Sapientes, 96. Magnates, 97. Barones, 98. Proceres. 99. Wo eine Mehrzahl derselben zugefügt wird, ergibt sich wohl eine Rangordnung, welche aber zu schwankend ist, als dass es sich um schärfere Unterschiede handeln kann; 100. dagegen geht der Ausdruck Comites, welcher nie allein zugefügt wird, immer den andern voran; 101. dennoch bilden die Grafen keinen besondern Stand zwischen Fürsten und Edelherren, sondern gehören zu den letztern. 102. Das bestätigen die Strafbestimmungen; 103. aus den für Italien erlassenen scheint sich zu ergeben, dass es dort keinen weltlichen Fürstenstand gab. 104. Den auf die Fürsten folgenden Stand weltlicher Grossen bezeichnen wir am geeignetsten als den der Magnaten, 105. welchem unter den Geistlichen der Stand der Prälaten entspricht.

[XXII]
X.

106. Genügende Kennzeichen des Fürstenstandes haben wir aus den bisherigen Untersuchungen noch nicht gewonnen, zumal sich ergab, dass die Amtstitel solche nicht mehr bilden. 107. Wir fassen als Kennzeichen zunächst den Titel Princeps, 108. welcher besonders beweisend wird, wenn von den als Principes bezeichneten andere als Fideles oder Nobiles geschieden werden.

XI.

109. Ein weiteres Kennzeichen sind die fürstlichen Prädikate. 110. Venerabilis gebührt den geistlichen Fürsten, Honorabilis u. Religiosus den Prälaten, 111. Illustris den Laienfürsten, 112. aber auch den Königssöhnen, 113. und Fürstengenossen; 114. Strenuus und Fidelis den Ministerialen, Nobilis den Magnaten im allgemeinen, Spectabilis den Grafen insbesondere.

XII.

115. Ein wichtiges Kennzeichen bietet uns die Rangordnung der Zeugen, auf welche man augenscheinlich Werth legte. 116. Bei dem Versuche, sie festzustellen, stossen wir freilich auf Schwierigkeiten und Widersprüche; doch zeigt die Vergleichung der Zeugenreihen zahlreich besuchter Hoftage, dass es Regeln gab, wonach der Rang nicht allein der Klassen, sondern auch der einzelnen Grossen, sei es allein, sei es alternirend mit einem andern, sich genau bestimmen liess, wenn auch diese Regeln nicht immer beachtet wurden. 117. Doch waren die Regeln schwankend wegen des Durchkreuzens verschiedener Gesichtspunkte für die Anordnung. 118. Die Geistlichen haben in der Regel den Vorrang vor den Laien, mit Ausnahme der Könige, 119. und der Kurfürsten; 120. doch findet sich auch ein Vorrang höherer Klassen der Laien vor niederen Klassen der Geistlichen, wonach sich die Gränze zwischen geistlichen Fürsten und Prälaten, 121. und zwischen Laienfürsten und Magnaten bestimmen lässt 122. Bei Anordnung der Klassen der Geistlichen begründen die Würden des Kardinal und des apostolischen Legaten einen Vorrang; der des Patriarchen ist nicht durchgreifend; Erzbischöfe stehen nur zuweilen dem Sprengelbischofe nach; Aebte, welche Pröbsten nachstehen, sind nicht Reichsfürsten. 123. Bezüglich der Stellung der einzelnen Geistlichen erprobt sich ein Vorrang von Mainz und der rheinischen Erzbischöfe überhaupt 124. Für die Ordnung der Bischöfe sind verschiedene Gesichtspunkte massgebend; so die Kirchenprovinz, die Zeit der Konsekration, das Alter oder der kirchliche Vorrang des Bisthums, der Vorzug des Konsekrirten vor dem Erwählten, die weltliche Stellung, das Amt des Reichskanzlers und Reichslegaten, der Ort der Ausstellung; für eine Scheidung in fürstliche und nichtfürstliche Bischöfe findet sich kein genügender Haltpunkt; 125. dagegen ergibt sich ein Vorrang der fürstlichen Aebte vor den nichtfürstlichen, welche überhaupt nur selten Zeuge sind. 126. Die weltlichen Fürsten stehen den Magnaten ohne Rücksicht auf die Amtstitel vor; 127. der Fürstenstand ergibt sich aus der Stellung vor Königssöhnen, 128. vor Fürstengenossen, 129. vor erwiesenen Fürsten; innerhalb beider Klassen ist die Stellung sehr schwankend. 130. Die deutschen Grossen haben den Vorrang vor den Italienern, 131. die Grossen der Königreiche Sizilien und Jerusalem stehen allen Grossen des Kaiserreichs nach, 132. die burgundischen Grossen stehen den Deutschen nach, den Italienern vor; 133. doch werden bezüglich der weltlichen Grossen diese Regeln weniger beachtet.

XIII.

134. Die aufgestellten Kennzeichen genügen, die einzelnen weltlichen Fürsten und Magnaten nachzuweisen. 135. Von den deutschen Grossen sind die meisten Herzoge Fürsten; 136. insbesondere auch die von Steier, 137. und Meran; 138. die Herzoge von Braunschweig kann man vor ihrer Erhebung weder als Fürsten, noch als Magnaten bezeichnen; 139. die Herzoge von Limburg, 140. Teck, 141. und [XXIII] Urslingen sind Magnaten. 142. Die Markgrafen von Brandenburg, Meissen und Lausitz sind Fürsten, insbesondere auch der von Landsberg; 143. der von Namur nur in der ersten Zeit nach der Erhebung; 144. die von Istrien, 145. Vohburg und Hohenburg, 146. Ronsberg und Burgau, 147. Baden, Hachberg und Sausenberg sind Magnaten; doch nehmen die von Baden ohne Erhebung später den Fürstentitel an. 148. Die Markgrafentitel in den westlichen Gränzlanden begründen den Fürstenstand nicht; 149. auch die bei jüngern Mitgliedern der Fürstenhäuser vereinzelt vorkommenden herzoglichen und markgräflichen Titel berühren die Standesverhältnisse nicht 150. Der Pfalzgraf bei Rhein, 151. und der von Sachsen sind Fürsten; 152. die Übrigen Magnaten. 153. Der Landgraf von Thüringen ist Fürst und der von Hessen wird schon vor seiner Erhebung vielfach als solcher betrachtet; 154. die von Stevening und Leuchtenberg sind Magnaten; später erscheinen diese ohne Erhebung als Fürsten; 155. auch die Landgrafen von Elsass sind Magnaten. 156. Von den Grafen sind die von Anhalt Fürsten; 157. die von Orlamünde, Brene, Groitsch, Wettin Fürstengenossen, aber nicht Fürsten; 158. die von Flandern sind wenigstens wegen ihrer Reichslehen nicht Fürsten und die von Hennegau sind Magnaten; 159. Tirol wird erst später ungenau als Fürstenthum bezeichnet 160. Die Grafen von Geldern sind erst nach ihrer zweiten Erhebung Fürsten. 161. Die Grafen von Henneberg, 162. und die Burggrafen von Nürnberg sind auch nach ihrer angeblichen Erhebung nur Magnaten, werden erst später als Fürsten betrachtet; 163. auch die Grafen von Nassau bleiben Magnaten trotz angeblicher Erhebung. 164. Die Anerkennung der Burggrafen von Meissen als Fürsten erfolgte auf Grundlage gefälschter Urkunden; 165. den Ansprüchen auf eine Fürstenstimme für die Burggrafschaft Stromberg fehlte jede geschichtliche Grundlage.

166. Von den slavischen Grossen ist der König von Böhmen Reichsfürst; 167. die Stellung des Markgrafen von Mähren ist unsicher, das Land jedenfalls Reichsfürstenthum. 168. Der Herzog von Breslau erscheint als Reichsfürst; später sind alle schlesischen Herzoge böhmische Fürsten. 169. Die Herzoge von Pommern sind Magnaten bis zur Lösung der brandenburgischen Lehnshoheit; 170. die Fürsten von Rügen waren nie Reichsfürsten, 171. die Herren von Mecklenburg erst seit der Erhebung.

172. Im burgundischen Königreiche, zunächst in Hochburgund, sind die Rektoren schon Fürsten als Herzoge von Zähringen; 173. die Herzoge von Dijon wurden als Reichsvasallen wohl den Fürsten gleichgehalten; 174. die staufischen und meranischen Pfalzgrafen waren Fürsten, die spätern Magnaten, 175. ebenso die Landgrafen und andere Grafen des Landes; die Fürstenstimme von Mömpelgard ist eine spätere Unregelmässigkeit 176. Im Königreiche Arelat hatten die Plane der Erhebung eines Königs keinen Erfolg; 177. die Grossen waren Magnaten, so die Grafen von Provence, 178. von Vienne, welche sich später den Fürstentitel beilegen, 179. von Savoien bis zur Erhebung. 180. Die Fürsten von Oranien sind untergeordnete Magnaten, wurden aber später als Reichsfürsten behandelt.

181. In Italien ist die Stellung der Herrscher von Sardinien zum Reiche unbestimmt, der Doge von Venedig gehörte ihm nicht an; 182. Herzog Philipp von Tuszien dürfte als Fürst betrachtet sein; 183. nur Magnaten sind die Herzoge von Spoleto, 184. Markgrafen von Ancona, 185. von Montferrat, welche später als Fürsten erscheinen. 186. von Este und die übrigen Grossen. 187. Uebersichtliche Zusammenstellung der älteren, jüngeren und neuen Fürstentümer und Fürstenhäuser.

XIV.

188. Da es schon im dreizehnten Jahrh. zu Gesammtbesitz und Theilung der Fürstenthümer kommt, so ist zu untersuchen, ob es mehrere Fürsten von einem Fürstenthume geben konnte. Söhne, welche den Titel des Vaters bei dessen Lebzeiten führen, gelten wenigstens später als Fürsten. 189. Ungetheilt mit nur einem Fürsten blieb das Fürstenthum in Brabant und Lothringen; da sich eine entsprechende Erbfolge bei den lothringischen Magnatenfamilien findet, so haben wir darin lothringisches [XXIV] Landesherkommen zu sehen, welches sich den Verhältnissen in Flandern und Burgund anschliesst. 190. Bei den Magnaten Italiens geht der Titel auf alle Familienglieder, dagegen bei den spätern Fürstenthümern nur auf den ältesten Sohn. 191. Bei den slavischen Grossen wird vielfach getheilt; in Böhmen und Mähren aber bleibt Einheit des Fürstenthums und Titels. 192. Für die übrigen Fürstenthümer ergab sich bis zur Mitte des dreizehnten Jahrh. auffallenderweise nur achtmal der Fall, dass jüngere Söhne zu bedenken waren, und von einem abgesehen führte keiner dieser Fälle zur Gründung von Nebenlinien, welche die Mitte des Jahrhunderts überdauert hätten; daher in dieser Zeit häufige Vereinigung von Fürstenthümern, Aufhören von Fürstentiteln. Aussterben von Fürstenhäusern; 193. nur in Brandenburg kam es schon zu Gesammtbesitz und einer Mehrheit von Fürsten. 194. Nach der Mitte des Jahrhunderts häufen sich die Fälle, dass mehrere Söhne zu bedenken waren; nur in Kärnthen führte das nicht zu einer Mehrheit von Fürsten; 195. in der Mehrzahl der Fürstenthümer aber sogar zur Theilung, 196. während wir bei den neuerhobenen Fürstenhäusern in Oesterreich und Kärnthen eine Mehrheit von Fürsten in ungetheiltem Besitze finden. 197. Alle Theilfürsten und Gesammtfürsten wurden als Reichsfürsten betrachtet 198. Danach sank die Zahl der älteren Reichsfürsten bis zur Mitte, stieg bis zum Ende des Jahrhunderts und nahm von da an ab, zum Theil desshalb, weil man die appanagirten Fürsten nicht mehr als gleichberechtigte Reichsfürsten betrachtete. 199. Die Zahl der weltlichen Fürstenstimmen wurde später festgestellt nach der Stimmabgabe im J. 1582, und mehrte sich, während die Ansprüche der alten Fürsten auf Vermehrung ihrer Stimmen keinen Erfolg hatten, nur noch durch das Fortführen der Stimmen geistlicher Fürstenthümer und die Errichtung neufürstlicher Stimmen.

XV.

200. Zur Bestimmung der einzelnen geistlichen Fürsten und Prälaten reichen die äussern Kennzeichen nicht aus. Die Bischöfe werden wohl durchweg als Reichsfürsten bezeichnet; doch ergibt sich aus einzelnen Stellen bestimmt, dass nicht alle Reichsfürsten waren. 201. Wird die Investitur durch das Reich in einzelnen Fällen als Erforderniss des Fürstenstandes betont, so kann diese als vorläufiger Haltpunkt neben anderen Kennzeichen dienen. 202. Die deutschen Bischöfe sind grossentheils Reichsfürsten; 203. insbesondere auch die Suffragane von Bremen, abgesehen von ihrer zeitweisen Investitur durch den Herzog von Sachsen, 204. und die Suffragane von Magdeburg. 205. Kamin ist, wie Bamberg, ein dem römischen Stuhle gehöriges Bisthum, der Bischof wird erst später als Reichsfürst betrachtet; 206. der ursprünglich polnische Bischof von Lebus gelangte auch später nicht zu dauernder Anerkennung seines Fürstenstandes. 207. Die liefländischen Bischöfe, so weit sie mit dem Reiche in Verbindung stehen, sind Fürsten; nicht die preussischen und der von Schleswig. 208. Die Bischöfe von Prag und Olmütz sind ursprünglich Reichsfürsten; später, wie die von Leutomischl und Breslau, böhmische Fürsten. 209. Die jüngern Salzburger Suffragane werden vom Erzbischofe investirt und sind nicht Reichsfürsten.

210. Von den burgundischen Bischöfen sind die von Bisanz und Basel Reichsfürsten, ebenso die von Lausanne und Genf, welche nur zeitweise nicht vom Reiche investirt wurden; auch der von Belley ist Reichsbischof. 211. Die savoischen Bischöfe stehen unter Hoheit des Grafen; der von Sitten ist später Reichsfürst 212. Der Erzbischof von Lyon ist Fürst, 213. ebenso der von Vienne; auch seine Suffragane sind reichsunmittelbar, und es scheint nur Zufall zu sein, wenn einigen der Fürstentitel ertheilt wird, andern nicht 214. Der Erzbischof von Embrun und die Bischöfe der Grafschaft Forcalquier, 215. der von Arles und die Bischöfe von S. Paul, Orange, Avignon und Marseille sind reichsunmittelbar und beziehungsweise Fürsten; nicht die der Grafschaft Venaissin; der von Toulon, 216. der Erzbischof von Aix und die übrigen Bischöfe südlich der Durance sind Vasallen des Grafen von Provence. [XXV] 217. Von italienischen Bischöfen ist der Patriarch von Aglei Fürst; von seinen Suffraganen stehen insbesondere die istrischen unter seiner Hoheit, 218. während die der Veronesermark unmittelbar, beziehungsweise Fürsten waren und der von Trient ganz in der Stellung deutscher Fürstbischöfe erscheint. 219. Von den lombardischen Bischöfen unterstehen einige in ihren Temporalien dem Papste, manche scheinen mit ihren Regalien die Reichsstandschaft verloren zu haben, während andere Reichsfürsten sind. 220. Die ligurischen Bischöfe stehen fast ausser Verbindung mit dem Reiche. 221. In der Provinz Ravenna sind mehrere Bischöfe Fürsten, die meisten stehen unter Hoheit des Erzbischofs oder des römischen Stuhls. 222. In der Mark Ancona wird nur der von Ascoli als Fürst erwähnt; 223. auch von den tuszischen Bischöfen waren nur einige reichsunmittelbar.

224. Die äussern Kennzeichen reichen noch weniger aus zu bestimmen, welche Aebte u. Aebtissinnen Fürsten waren; es scheinen auch hier Fürstenstand u. Verleihung der Regalien durch das Reich zusammenzufallen; doch ist zwischen Reichsabteien und reichsunmittelbaren Abteien zu unterscheiden. Jedes Stift hatte bezüglich seiner Temporalien einen Herren, welcher insbesondere auch die Investitur ertheilt: bei den dem Reiche gehörigen Abteien stand diese dem Könige zu. Die Reichsabteien werden auch als freie Abteien bezeichnet; 225. gewöhnlicher bezeichnet man so die Abteien, welche insbesondere seit Beginn des Investiturstreites ohne anderes Herrschaftsverhältniss der römischen Kirche übergeben waren, römische Abteien. 226. Den Prämonstratenserklöstern fehlen gemeinsame Bestimmungen über das Herrschaftsverhaltniss; 227. dagegen ist ein solches bei den Cisterziensern gänzlich ausgeschlossen, wie diese auch nur den Kaiser als Vogt anerkennen, wodurch bei ihnen der Begriff der Reichsunmittelbarkeit besonders nahe gelegt wird. 228. Nur bei den Reichsabteien, nicht bei allen reichsunmittelbaren, vermuthen wir auf den Fürstenstand; wir haben sie vorzüglich zu suchen unter den Abteien älterer Gründung, da auch die von Königen später gegründeten nicht Reichsabteien wurden, und weiter unter den Benediktinerklöstern. 229. Untersuchung der Stellung der einzelnen Aebte und Aebtissinnen des Sprengels von Konstanz, 230. Augsburg, 231. Chur, 232. Basel, 233. Strassburg, 234. Speier und Worms, 235. Mainz, 236. Würzburg, Bamberg, Eichstädt, 237. der Salzburger Provinz, 238. der Magdeburger und Bremer Provinz, 239. der Sprengel Verden, Halberstadt, Hildesheim, 240. Paderborn, Minden, Osnabrück, Münster, 241. Köln, 242. Utrecht, 243. Lüttich, 244. Kammerich, 245. Trier. 246. Metz, Verdun, Toul, 247. in Hochburgund, 248. im Arelat. 249. In Italien gibt es Reichsäbte, aber keiner ist als Fürst nachzuweisen.

250. Die Pröbste der Reichsprobsteien werden vom Könige investirt, sind aber nicht Fürsten. 251. Gefürstete Pröbste; der von Berchtesgaden erscheint erst spät als Fürst; 252. der von Wissehrad ist böhmischer, von S. Stefan österreichischer Fürst. 253. Der Reichskanzler als solcher ist nicht Reichsfürst, 254. der Hochmeister des deutschen Ordens erst in späterer Zeit, ebenso der Herrmeister von Liefland und der Johannitermeister in deutschen Landen. 255. Uebersicht der geistlichen Fürsten; anfängliche Ueberzahl derselben. 256. Feststellung und Verminderung der geistlichen Stimmen des Fürstenraths; Gesammtzahl der Fürstenstimmen. [XXVI]

Anmerkungen (Wikisource) Bearbeiten

  1. gebildes Vorlage
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