Vom Reichsfürstenstande/Aelterer Reichsfürstenstand

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VI.

33 Schon die bisherigen Untersuchungen boten einige Anhaltspunkte dar, woraus man schliessen könnte, dass gegen Ende des zwölften Jahrhunderts Aenderungen in den Verhältnissen des Reichsfürstenstandes eintraten. Der Ausdruck Principes regni hat die früher gleichbedeutenden Ausdrücke völlig verdrängt, hat eine so bestimmte Bedeutung gewonnen, dass sich daraus das ungenaue Princeps regni bilden konnte; dagegen verschwindet vielfach der Gebrauch, sich der Ausdrücke Princeps und insbesondere Principes ohne Beziehung auf das Reich, nur von untergeordneten Kreisen ausgehend, zu bedienen. Sind das auch sehr äusserliche Momente, so mögen sie es vorläufig rechtfertigen, wenn wir [59] bei den folgenden Untersuchungen uns zunächst auf die Zeit vor dem J. 1180 beschränken und in diesem Sinne von einem ältern Reichsfürstenstande sprechen; Zweckmässigkeit und Berechtigung dieser Abgränzung werden dann später näher nachzuweisen sein.

Vor allen wird nun die bisher nicht berücksichtigte Frage zu beantworten sein, ob wir uns denn überhaupt unter den ältern Reichsfürsten einen fest begränzten Stand zu denken haben, oder ob man das Wort in willkürlicher Ausdehnung gebrauchte. Denn der Wortsinn an und für sich lässt hier der Willkür den freiesten Spielraum. Nach oben hin freilich ist die Gränze durch denselben unmittelbar gegeben; ausser dem Princeps selbst kann niemand im Reiche eine so hohe Stellung einnehmen, dass desshalb der Begriff der Principes nicht mehr auf ihn anwendbar wäre. Nach unten hin fehlt die bestimmte Gränze; wollte man etwa nur Bischöfe und Herzoge so bezeichnen, so war das Wort ganz dazu geeignet; aber eben so geeignet auch, wenn man noch Aebte und Grafen hinzuzog; und wollte man weiter gehen, auch die Edeln, selbst die Reichsdienstmannen zu den Principes rechnen, so liess sich dem Sinne des Wortes nach nichts dagegen einwenden; denn immer blieb noch die Masse der Bewohner des Reiches übrig, denen gegenüber jene füglich als zu den Ersten gehörend bezeichnet werden konnten.

Leidet es nun auch keinen Zweifel, dass die Fürsten später einen fest begränzten Stand mit bestimmten Vorrechten bildeten, so kann das für die älteren Zeiten sehr fraglich erscheinen. Als man anfing, im urkundlichen Sprachgebrauche von den Fideles überhaupt die Angesehensten als Proceres oder Principes zu unterscheiden, mag man dabei zunächst an eine scharfe Begränzung gar nicht gedacht haben. Dass man zunächst nur den einfachen Wortsinn im Auge hatte, nicht eine bereits durch das Herkommen festgestellte staatsrechtliche Bedeutung, scheint sich schon aus dem wechselnden Gebrauch der verschiedenen Ausdrücke, welche wir anführten, zu ergeben. Im wesentlichen gleichbedeutend möchte man doch bald wieder dem einen eine engere, dem anderen eine weitere Bedeutung unterlegen; bald sind alle, bald nur die weltlichen Grossen damit bezeichnet; finden wir die Ausdrücke in manchen der angeführten Beispiele augenscheinlich auf bestimmte Klassen von geistlichen und weltlichen Grossen beschränkt, so treten sie uns in andern wieder in ganz unbestimmter, schwankender Bedeutung entgegen.

Die Kaiserurkunden des zehnten und elften Jahrhunderts geben uns nur wenig Anhaltspunkte zur Entscheidung dieser Frage, da wir selten ersehen können, wer die Fürsten sind, in deren Anwesenheit, oder auf deren Bitte oder Rath der König verfügt; es ist entweder von den Principes schlechtweg die Rede, oder doch nur ein oder anderer der angesehensten genannt. Findet sich auch zuweilen der etwas genauere Ausdruck: principes et fideles'[1], so können wir doch auch daraus [60] nichts beweisen, als dass nicht eben jeder beim Kaiser anwesende zu den Fürsten gerechnet wurde, während der umfassende Sinn des Wortes Fidelis keinerlei genauere Begrenzung gestattet.

Festere Anhaltspunkte gewinnen wir erst, seit es mit dem Beginne34 des zwölften Jahrhunderts Gebrauch wird, in den Kaiserurkunden eine grössere Anzahl von Zeugen namentlich aufzuführen.

Es finden sich nun manche Urkunden, aus welchen sich schliessen liesse, die Fürsten hätten keinen schärfer begränzten Stand gebildet, indem alle Zeugen als Fürsten aufgeführt werden und damit die Reihe der als Fürsten bezeichneten Personen sich so weit in niedere geistliche und weltliche Rangklassen heraberstreckt, dass es scheinen muss, man habe darunter jeden begriffen, der sich in der Umgebung des Kaisers befand und noch etwa angesehen genug war, um als Zeuge aufgeführt zu werden; und dafür muss die Gränze sehr weit gesteckt gewesen sein, wenn 1189 sogar: Rupertus ioculator regis[2] als Zeuge erscheint.

So heisst es in Kaiserurkunde um 1107: praesentibus principibus regni, nämlich dreier Bischöfe, T. comiti de Catelenburg, H. com. de Reinehuson, G. de Biun, V. de Malesburg, H. de Hukilheim et aliis quam multis coram astantibus[3]; um 1115: per interventum – principum nostrorum, scilicet A. episcopus Feltrensis, A. capellanus, A. de Busco marchio, Guido Strata, Malusperone, C. mariscalcus, Malustalliatus, nec non Maleguarnitus, nec non Anselmus ceterorumque fidelium nostrorum[4]; 1119 erscheinen als Zeugen drei Bischöfe und: alii quoque principes: A. de Los. T. comes. G. com. P. com. O. de Mores. W. comes. H. Piscis. Stephanus[5]; 1122: Hec sunt nomina principum, quorum consilio et iudicio hec sunt discussa et terminata, que subnotari fecimus: drei Bischöfe, A. Aquensis praepositus, H. decanus, H. notarius imperatoris, weiter der Herzog von Löwen und sechs Grafen, W. advocatus, A. de Esslo, V. dapifer imperatoris, E. de Haga, Th. Aquensis iudex[6]; 1123: petentibus principibus fidelibus nostris – quorum ista sunt nomina: nämlich der Bischof von Basel, der Herzog von Zähringen, Grafen und Edle bis zum S. burcravius, G. thelonarius hinab[7]; 1130: Ex laicis: principes: H. prefectus prefate urbis, F. palatinus comes u.s.w. bis B. vicedominus de Hildensem, W. de Schwalenberch, Hademarus, Conradus[8]; 1158: subscriptorum testium principum tam clericorum, quam laicorum, quorum nomina haec sunt: darunter ausser vielen Pröbsten und Grafen auch der Notar Heinrich und Marquard von Grumbach.[9] Noch 1177 heisst es: sub testimonio principum, quorum nomina subscripta cernuntur; sunt autem hii: eine Reihe von Zeugen, darunter Wortvinus prothonotarius, schliessend mit den Grafen [61] von Blandrate, Montferrat, P. Traversarius de Ravenna, Taurellus Ferrariensis.[10]

Wollten wir diese Stellen als Massstab für die Ausdehnung des 35 Fürstentitels betrachten, so würden wir diesen nach den Urkunden von 1115 und 1122 sogar den Reichsministerialen zuzusprechen haben. Dabei ist aber zu beachten, dass in den genannten Urkunden überhaupt niemand als nicht zu den Fürsten gehörig bezeichnet wird; lässt sich danach auch nicht läugnen, dass die Reichskanzlei zuweilen alle Zeugen schlechtweg als Principes aufführte, wie sie es dem blossen Wortsinne nach allerdings wohl konnte, so finden wir doch bald bei Beachtung solcher Stellen, in welchen neben den Fürsten andere als Nichtfürsten bezeichnet werden, dass jenes nicht der regelmässige Gebrauch war, sondern nur ein ausnahmsweiser, dass man in der Regel engere Schranken steckte.

Zunächst wird sich schwerlich eine Stelle finden, in welcher Ministerialen zu den Fürsten gerechnet wären, wenn überhaupt ein Unterschied zwischen Fürsten und Nichtfürsten gemacht wird. In bairischen Urkunden tritt die Ausscheidung der Ministerialen von den Fürsten oft sehr bestimmt hervor. So 1161: Acta in generali curia ducis H. Ratisbone, presentibus his principibus et annitentibus: C. Eistettensis episc., B. marchione de Vohburch, E. comite Hallensi, G. filio eius, S. com. de Liubenow, G. com. de Valei, Ch. de Megeling, H. de Schowenburch; de ministerialibus u. s. w.[11]; oder 1179 in Urk. des Bischofs von Passau: testes sunt ex principibus: P. marchio et cognatus suus comes U., frater meus comes de Suevia, E. de Blanchelberch, Ch. et Ch. frater suus de Amzinesbach; ex ministerialibus u. s. w.[12] Und doch ist Baiern das Land, wo der Ausdruck Principes vorzugsweise in ausgedehnter Bedeutung gebraucht wird; unter den Anführungen: aderant subscripti principes oder testes sunt hi principes werden zuweilen nur einzelne Grafen, dann ganze Reihen von Edeln zusammengefasst[13]; noch im J. 1198 heisst es in einer Chiemseeer Tradition: ubi principes aderant videlicet comes D. de Wazzerburc, et comes H. de Mittersele, S. comes de Niunburch, H. lantgravius de Rittenburch, comes Ch. de Mosburch, A. de Chambe, Ch. de Rote et plures civium Hallensium.[14]

Auch die Reichskanzlei bietet die bestimmtesten Belege. Fürsten und Ministerialen werden oft geschieden; so 1152 consilio principum et ministerialium[15]; besonders scharf, wenn K. Konrad 1150 sagt, nach frühern kaiserlichen Privilegien ergebe sich, ut nullus dux, nullus comes, nulla alia saecularis potestas zu Korvei Gerichtsbarkeit üben dürfe, und hinzusetzt, et si principibus contra Privilegium imperiale [62] non licet, multo minus ministerialibus licere constat.[16] Wo wir überhaupt eine schärfere Trennung der Zeugen in Klassen finden, erscheinen, wie wir sehen werden, die Ministerialen immer getrennt; und selbst in Fällen, wo alle andern Anwesenden in den Kaiserurkunden als Fürsten aufgeführt werden, hielt man es doch für angemessen, wenigstens die Ministerialen auszuscheiden. So 1125: Approbantibus multis summisque regni mei primoribus, quorum nomina ad ipsa corroboranda infra subscripta sunt: nämlich Bischöfe, Pröbste, Archidiakone, Domherrn, Grafen und Edle bis A. de Erseloch, L. frater Wenrici. De familia imperatoris u. s. w.[17]; 1132: De principibus: dux W., dux S., comes A. de Los, G. de Falcomonte, G. Hostade; de fratribus ecclesiae: –; de ministris: Godefridus, Christianus, Walterus, wo freilich Ministerialen der Kirche gemeint sein dürften[18]; 1134: Fecimus autem hoc coram subscriptis testibus: B. praeposito de S. Blasio, E. praep. de Embeck, B., L., B. capellanis, S. comite et H. comite, L. de Woltingerode aliisque multis regni principibus, L. advocato, A. cubiculario, B. de Beines aliisque multis ministerialibus.[19]

36 In ähnlicher Weise finden wir in den in Italien ausgestellten Urkunden auch die Judices von den Fürsten unterschieden. So heisst es 1054: consilio nostrorum principum, archiepiscoporum, episcoporum, marchionum, comitum ac iudicio iudicum seu consensu omnium iudicantium[20]; 1163: consilio universorum principum nostrorum tam Lombardorum quam Theutonicorum et etiam iudicum.[21]

37 Beweisen uns nun die obenangeführten Stellen einerseits, dass die Ministerialen nicht zu den Principes gerechnet wurden, so scheinen sie aber auch andererseits dafür zu zeugen, dass alle bis zu den Ministerialen herab den Fürsten zugezählt wurden. Beachtenswerth ist dafür auch die Stelle in gleichlautenden Kaiserurkunden von 1076 und 1147: Decretum est igitur a me – a ducibus etiam, et palatinis, marchionibus, comitibus et omnibus inferioris dignitatis principibus collaudatum[22], welche auf eine ähnliche Ausdehnung schliessen lässt. Danach würden die Fürsten etwa zusammenfallen mit dem Stande der Edeln oder der freien Herren, überhaupt nur die dem ersten Geburtsstande angehörigen bezeichnen; eine Forschung nach besondern Standesrechten der Fürsten würde wenigstens für die früheren Zeiten überflüssig; wir hätten nur etwa noch zu erörtern, ob sich für die geistlichen Fürsten eine schärfere Gränze ziehen lasse.

Aber trotz der bisher angeführten Stellen wird sich nachweisen lassen, dass man die blossen Nobiles oder Liberi da, wo überhaupt ein schärferes Auseinanderhalten der verschiedenen Stände hervortritt, von den Principes sehr bestimmt unterschied.

[63] Zunächst begegnen wir in den Kaiserurkunden des zwölften Jahrhunderts statt des allgemeineren Ausdruckes principes et fideles zuweilen den bestimmteren principes et liberi[23], oder häufiger principes et nobiles[24]; 1145 spricht der König von einem beneficium, quod primum de manu cuiusdam principis vel cuiusdam nobilis vacaverit[25]; solche Ausdrücke werden doch schwerlich als gleichbedeutende nebeneinandergestellt sein.

Wichtiger sind die Kaiserurkunden, in welchen die Zeugen genauer nach bestimmten Klassen geordnet sind. Werden 1158 als: laici principes et liberi der Pfalzgraf bei Rhein, Marquard von Grumbach, und die Grafen von Molbach, Sain und Kessel von den ministeriales getrennt[26], so tritt freilich der Unterschied nicht scharf hervor.

Andere Urkunden lassen dagegen keinen Zweifel. So 1128: Huic traditioni interfuerunt archiepiscopi: – et episcopi: – G. abbas – et alii quam plures abbates, prepositi, religiosi, clerici. Ex principibus laicis et reliquis nobilibus ac liberis: W. comes de Luzzelenburch u. s. w. im ganzen zwölf Grafen bis: F. comes de Sarebrugge. Ex nobilibus: B. vicedominus de Hildenesheim. C. Sporelin. W. de Steinesberch. G. de Broche. Tiemmo et multi nobiles ac liberi. Ex ministerialibus regni: V. dapifer u. s. w.[27] Fürsten können hier offenbar nur die Grafen im Gegensatze zu den Edeln und Reichsministerialen sein; und fanden wir die hier unter den Ministerialen erscheinenden Truchsess Volkmar und Dietrich von Aachen oben in Urkunde von 1122 am Ende einer als Fürsten bezeichneten Personenreihe, so wird gewiss unbedenklich dieser Ordnung als der schärfern überlegene Beweiskraft zuzusprechen sein. Aehnlich 1131: Principes quoque isti laici ibi erant: zwei Herzoge, drei Pfalzgrafen, zwei Markgrafen, der Landgraf, dann eine lange Reihe von Grafen schliessend: Comes H. de Salme et filius eius et filius ducis Simonis, filius ducis Pagani, W. comes de Gliczberg; preterea multi nobiles, quos longum est enumerare; und 1132 nach Aufzählung der geistlichen Zeugen: De optimatibus regni: W. dux, A. comes de Thoneburg, A. de Berge, A. de Saphimberg. Liberi: G. de Hostade u. s. w.[28] – 1134: Hi autem sunt principes qui interfuerunt: O. comes de Rinegge, bis G. comes de Honstrath cum ceteris nobilibus W. et filio suo B. u. s. w.[29] – 1151: Clerici: B. praepositus u. s. w. Principes: C. marchio de Saxonia et A. marchio, H. de Winzenburg. Liberi: M. de Grunbach u. s. w. Ministeriales: B. vicedominus u. s. w.[30] – 1152: Principes: Marchio A., A. comes de [64] Norvenich, H. comes de Arnesberg. Liberi: Th. de Hachene u. s. w. Ministeriales u. s. w.[31]

Weniger bestimmt sind Aufzählungen, wie 1136: Archiepiscopi: – Episcopi: – C. marchio. L. langrave. B. comes. E. comes. Nobiles: Berehardus u. s. w. oder 1154, wo die Aufzählung der angesehensten weltlichen Grossen mit einer Reihe von Grafen schliesst und dann noch folgen: Nobiles et liberi: M. de Grunbach u. s. w. Ministeriales: W. de Schipphe u. s. w.[32]; die vor den Edeln stehenden Grossen sind hier zwar nicht bestimmt als Fürsten bezeichnet; eine Vergleichung mit den früher angeführten Stellen lässt aber doch keinen Zweifel, dass hier eine Unterscheidung beider Klassen in der Absicht lag.

Diese Eintheilung der Zeugen in drei Klassen, Fürsten, Edle oder Freie, und Dienstmannen, finden wir im zwölften Jahrhunderte auch in einigen Urkunden, welche nicht aus der Reichskanzlei hervorgegangen sind. In Urkunde des Erzbischofs von Magdeburg von 1135: Principes: H. marchio, C. marchio, A. marchio, R. comes, R. comes, F. com. palatinus. Nobiles: Luthewicus, Burchardus, Lambertus. Ministeriales u. s. w.[33]; der Aebtissin von Gandersheim von 1148: Principibus: F. palatino, A. marchione, H. duce, nobilibusque: Folcwino, Widekindo de Swalenberg u. s. w., ministerialibus vero u. s. w.[34]; des Bischof von Osnabrück von 1160: Principes: Comes Otto, comes Heinricus et eorum ministeriales B. B. H. Nobiles: H. de Lippe, W. de Holte, C. de Thefholte, R. de Thuthe. Ministeriales ecclesiae: – praeter hos liberi de parrochiis ad sinodum congregati[35]; der Aebtissin von Quedlinburg von 1174: Facta autem sunt hec in presentia Romanorum imperatoris augusti F. approbante eius auctoritate. Presentibus principibus regni: venerabili archiepiscopo Maideburgensis ecclesie, H. duce Bauuarorum et Saxoniae, Dedone comite; presentibus et magnatibus terre Burchardo burchravio, B. de Valkensten, G. de Zuerin, O. de Amersleve; presentibus etiam ministerialibus ecclesie nostre u. s. w.[36] Ebenso bestimmt werden in mehreren um 1170 ausgestellten Urkunden des Bischofs von Naumburg die drei Klassen der Principes, Nobiles und Ministeriales unterschieden.[37]

Es dürfte nun sehr beachtenswerth sein, dass alle diese Beispiele dem Lande Sachsen angehören, während mir keine sächsische Urkunde bekannt geworden ist, in welcher auch die Edeln als Fürsten bezeichnet wären, wie wir solche Beispiele aus Baiern anführten[38], wo sich dieselben leicht vermehren liessen. Dagegen wüsste ich aus Baiern erst gegen das Ende, der Periode ein vereinzeltes Beispiel für schärfere Scheidung jener drei Klassen beizubringen; in Passauer Urkunde von [65] 1172 heisst es: Ex principibus testis est U. comes de Berge; ex nobilibus vero E. de Hagenowe u. s. w.; ex ministerialibus vero u. s. w.[39] Es scheint nach allem, dass man in Sachsen im zwölften Jahrhunderte grösseres Gewicht auf die Scheidung von Fürsten und Edeln legte, als in Baiern, ja, als in der Reichskanzlei selbst.

Kann es nach den angegebenen Stellen auch keinem Zweifel unterliegen,38 dass die Reichskanzlei im zwölften Jahrhunderte den Fürsten von dem einfachen Edeln unterschied, so möchte sich doch, so manchen Stellen gegenüber, in welchen man den Unterschied ausser Acht liess, vermuthen lassen, es habe sich dabei in dieser Zeit nur um bedeutungslose Titulaturen gehandelt, ohne weitere staatsrechtliche Wirkungen.

Manche Beweise für das Gegentheil wird uns die Erörterung der Vorrechte der Fürsten geben können; um von vornherein festeren Boden zu gewinnen halten wir uns zunächst an die gesetzlichen Strafbestimmungen, welche in ihrer Abstufung nach Ständen überall das sicherste Mittel sein dürften, rechtlich feststehende Standesunterschiede zu erweisen.

Im Kölner Gottesfrieden von 1083 und in dem wörtlich gleichlautenden von K. Heinrich 1085 verkündeten heisst es in Bezug auf das Gerüste: Qui vero absque inevitabili necessitate se subtraxerit, si principum terrae aliquis est decem libras, si nobilis quinque, si liber aut ministerialis duas, ei servus aut lito quinque solidos persolvat aut cutem et capillos perdat.[40] Danach kann es wohl nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass mindestens zu Ende des eilften Jahrhunderts das Wort Principes nicht lediglich die Grossen in beliebiger Ausdehnung nach dem ursprünglichen Wortsinne bezeichnete, sondern in bestimmt begränzter staatsrechtlicher Bedeutung gebraucht wurde; soll sich die Strafe danach bestimmen, ob jemand zu den Fürsten oder nur zu den Edeln gehört, so muss die Abgränzung beider gesetzlich feststehen.

Dasselbe Verhältniss der Strafe, wonach der Fürst den doppelten Satz des Edeln zahlt, zeigt sich noch in Urkunde K. Friedrichs I. von 1182 über die Freiheit der Brücke zu Regensburg, in welcher es heisst: Si vero contra sanctionem nostram aliquis sordido munere vel nova exactione pontem et eius spacium predictum vexare voluerit, placuit nostrae spectabilitati, ut illius usurpationis contumelia hoc ordine depellatur, ut si princeps fuerit et ammonitus resipiscere noluerit, ad decem librarum auri quantitatem puniatur, si vero principatum non habuerit, ad estimationem quinque librarum auri mulcta ei imponatur.[41]

Bedeutender noch, mit zehnfachem Satze, tritt der Fürst allen anderen vor in der Angabe des Otto von Freising: Est enim lex curiae, [66] quod quisquis de ordine principum principis sui iram incurrens compositionem persolvere cogatur, centum librarum debitor existat; caeteri minoris ordinis viri, sive ingenui, sive liberi, vel ministri decem.[42] Die Zuverlässigkeit dieser Angabe ist nicht zu bezweifeln, da wir sie ganz entsprechend in den sächsischen Rechtsbüchern wiederfinden: Decem talenta domino vadiabit homo, sed princeps de beneficio principali centum talenta vadiabit regi.[43]

Was Italien betrifft, so zeigen uns die auf dem Reichstage zu Roncalia auf den Friedbruch gestellten Strafen ein anderes Verhältniss: Si quis vero temerario ausu predictam pacem violare presumpserit, si civitas est pena 100 librarum auri camere nostre inferenda puniatur, oppidum vero 20 librarum auri multetur, duces vero et marchiones et comites 50 auri libras prestent, capitanei quoque et maiores varvassores 20 libris auri puniantur, minores vero varvassores et omnes alii predicte pacis violatores 3 libras auri inferre compellantur.[44] Die Stadt nimmt hier, wie wir in Italien mehrfach finden, die Stelle ein, welche in Deutschland dem Fürsten zukommen würde; der Fürst ist nicht genannt, aber es sind wenigstens diejenigen zusammengefasst und vor andern Grossen hervorgehoben, welche wir als zu den Fürsten gehörig erweisen werden, nämlich Herzoge, Markgrafen und Grafen. Ebenso hat uns die Ursperger Chronik zum J. 1168 diese Sätze erhalten, nur mit dem Unterschiede, dass der Herzog nicht erwähnt wird, während es heisst: marchio vero quinquaginta, comes quadraginta. Ganz abweichend ist die Bestimmung in einem kaiserlichen Privilege für Ravenna von 1177, welche 1186 und 1209 wiederholt wird: Si quis vero hec tam pia nostra statuta violare temptaverit, si marchio est vel civitas vel magnum Castrum in decem libras auri feriatur – si vero comes fuerit in tres libras auri similiter puniatur, capitaneus autem et parvum castrum vel communitas in duas, valvasor vero in unam, civis autem castellanus vel rusticus quarta parte suorum mobilium similiter feriatur.[45] Nächstliegende örtliche Verhältnisse mochten auf solche Einzelbestimmungen einwirken; auch werden wir die Standesverhältnisse der italienischen weltlichen Grossen nicht in zu nahe Verbindung mit denen der deutschen bringen dürfen.

Allerdings finden sich auch kaiserliche Strafbestimmungen, in welchen Klassen unterschieden werden, ohne dass sich ein besonderer Ansatz für den Fürsten zeigt. So heisst es in Urkunde K. Friedrichs 1157 für das Kapitel von Bisanz vom Uebertreter: si liber est, septuaginta libris imperialem bannum componat, si vero servus tot ictus accipiat.[46] Oder 1177 in Italien: Si quis nuntiorum nostrorum contra hoc legum statutum venire praesumpserit – 20 librarum argenti poenae subiaceat, [67] – quodsic volumus intelligi, si sit civitas, dux, marchio seu comes vel vicecomes vel aliqua persona magna vel castrum magnum. Si vero parva persona est, poena unius marchae subiaceat aut corporalem castigationem sustineat.[47] Durch solche Stellen wird aber die frühere Beweisführung schwerlich geschwächt werden können.

Anmerkungen der Vorlage Bearbeiten

  1. z. B. 1071: Miraeus 3, 15. 1078: C. d. Westf. 1, 122. 1103: M. B. 29, 219.
  2. Or. Guelf. 2, 624.
  3. Schaten 2, 445.
  4. Huillard 2, 567.
  5. Miraeus 1, 83.
  6. Günther 1, 195.
  7. Wirtemb. UB. 1, 355.
  8. Or. Guelf. 2, 504.
  9. Lindenbrog 1, 163.
  10. Fantuzzi 6, 275.
  11. M. B. 7, 108.
  12. M. B. 28b, 122.
  13. Um 1160: M. B. 3, 57. Oefele 2, 48.
  14. M. B. 2. 357.
  15. C. Wibald. 615.
  16. C. d. Westf. 2, 56.
  17. Ungedr.
  18. Miraeus 1, 95.
  19. Lünig 18b, 32.
  20. M. G. 4, 42.
  21. Ughelli 5, 294.
  22. Schöpflin Bad. 5, 25. Zeerleder 1, 42.
  23. 1122: Mieris 1, 85.
  24. 1147-1156: Beckmann 1, 435. Or. Guelf. 3, 439. Notizenbl. 2, 5. Ughelli 4, 934. M. B. 29, 323. 1170-1179: M. G. 4, 141. Hontheim 1, 604. Lacombl. 1, n. 468. Hormayr Archiv f. 1828. 664.
  25. Lindenbrog 1, 177.
  26. Günther 1, 363.
  27. Böhmer c. d. 13.
  28. Notizenbl. 1, 99. Lacombl. 1. n. 313.
  29. Jung 361.
  30. M. B. 29, 304.
  31. Kindl. Volmest. 2, 17.
  32. M. B. 29, 268. 313.
  33. Hugo 1, 595.
  34. Or. Guelf. 3, 443.
  35. Möser 4, 86.
  36. Erath. 97.
  37. Schöttgen et Kr. 2. 430 431. 434.
  38. Vgl. § 35.
  39. M. B. 28b, 251.
  40. M. G. 4, 59.
  41. M. B. 29, 447.
  42. Gesta Fr. 1. 2. c. 28.
  43. Vetus auctor 2 § 53. Vgl. Ss. Ldr. 3, 64 § 2. Lhr. 68 § 8.
  44. M. G. 4, 112.
  45. Fantuzzi 4, 276. 5, 308. Mittarelli 4, 125.
  46. Notizenbl. 1, 87.
  47. M. C. 4,. 162.