Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie wegen Beglaubigung von Urkunden

Gesetzestext
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Titel: Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie wegen Beglaubigung der von öffentlichen Behörden und Beamten ausgestellten oder beglaubigten Urkunden.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1881, Nr. 2, Seite 4 - 7
Fassung vom: 25. Februar 1880
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 9. Februar 1881
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
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(Nr. 1402.) Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie wegen Beglaubigung der von öffentlichen Behörden und Beamten ausgestellten oder beglaubigten Urkunden.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, im Namen des Deutschen Reichs einerseits, und Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen u. s. w. und Apostolischer König von Ungarn andererseits, von dem Wunsche geleitet, zur Förderung der Rechtspflege und des wechselseitigen Verkehrs Erleichterungen bezüglich der Beglaubigung der von öffentlichen Behörden und Beamten ausgestellten oder beglaubigten Urkunden in den beiderseitigen Gebieten einzuführen und darüber eine Vereinbarung zu treffen, haben zu diesem Zweck Bevollmächtigte ernannt, und zwar:

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen:
Allerhöchstihren Wirklichen Geheimen Rath, Direktor im Auswärtigen Amt, Max von Philipsborn,

und

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen u. s. w. und Apostolischer König von Ungarn:
Allerhöchstihren Geheimen Rath, Kämmerer und außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter bei Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, König von Preußen, Emerich Grafen Széchényi,

welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer Vollmachten, über nachstehende Bestimmungen übereingekommen sind:

Artikel 1. Bearbeiten

Urkunden, welche von Civil- oder Militärgerichten in streitigen oder nicht streitigen bürgerlichen Angelegenheiten und in Strafsachen ausgestellt werden, bedürfen, wenn sie mit dem Amtssiegel versehen sind, keiner Beglaubigung.
Ausfertigungen deutscher kriegs-, stand- oder spruchgerichtllcher Erkenntnisse müssen durch das zuständige Militärgericht beglaubigt werden.
Den gerichtlichen Urkunden stehen diejenigen gleich, welche von einer der folgenden Behörden ausgestellt sind:

Im Deutschen Reich: Bearbeiten

a) vom Disziplinarhofe und den Disziplinarkammern des Deutschen Reichs;
b) vom Bundesamte für das Heimathwesen;
c) vom Patentamte;
d) vom Oberseeamte und den Seeämtern;
e) von den Seemannsämtern;
f) von den mit der Regulirung gutsherrlicher und bäuerlicher Verhältnisse, dem Verfahren in Auseinandersetzungen und Zusammenlegungen[5] beauftragten General- und Spezialkommissionen, Ablösungsbehörden und Regierungsabtheilungen, mit Inbegriff des Revisionskollegiums für Landeskultursachen in Berlin;
g) von den Universitätsgerichten, Gewerbegerichten und Verwaltungsgerichten;
h) vom Königlich preußischen Disziplinarhofe für nicht richterliche Beamten und
i) von der Vormundschaftsbehörde in Hamburg.

In Oesterreich: Bearbeiten

a) vom Reichsgerichte;
b) vom Verwaltungsgerichtshofe;
c) vom Staatsgerichtshofe;
d) von den bei den politischen Landesbehörden und bei dem Ministerium des Innern zur Durchführung der Grundentlastung, der Grundlasten-Ablösung und Regulirung; dann zur Aufhebung des Propinations-und des Lehenverhältnisses bestellten Kommissionen;
e) von den Gefällsgerichten;
f) von den Gewerbegerichten;
g) von den Landtafel- und Grundbuchsämtern, den Depositenämtern, den als Depositenämter verwendeten Steuerämtern und anderen gerichtlichen Hülfsämtern;
h) von den selbständigen Hypothekenämtern in Dalmatien.

In Ungarn: Bearbeiten

a) von den geistlichen Ehegerichten;
b) von den Waisenbehörden (Waisenstühlen);
c) von den Grundbuchämtern und den als Depositenämter verwendeten Steuerämtern.

Artikel 2. Bearbeiten

Die von Notaren, Gerichtsvollziehern und anderen gerichtlichen Hülfsbeamten, ferner die im Deutschen Reich von Standesbeamten, sowie von den Hypothekenbewahrern – soweit diese nicht zu den im Artikel 1 genannten Behörden gehören – ausgefertigten Urkunden bedürfen der gerichtlichen Beglaubigung.
Diese ist als erfolgt anzusehen, wenn sie die Unterschrift und das Amtssiegel eines Gerichts des Staates trägt, in welchem der Aussteller seinen amtlichen Wohnsitz hat.
Wechselproteste, welche von Notaren, Gerichtsvollziehern oder Gerichtsschreibern ausgestellt und mit deren Amtssiegel versehen sind, bedürfen keiner weiteren Beglaubigung. Das Gleiche gilt von den mit einem Amtssiegel versehenen Ausfertigungen der in Ungarn mit der Aufbewahrung von Privaturkunden gesetzlich betrauten Kapitel und Ordenskonvente. [6]

Artikel 3. Bearbeiten

Auszüge aus den Kirchenbüchern über Taufen, Trauungen oder Todesfälle, welche in Deutschland unter dem Kirchensiegel ertheilt werden, bedürfen der Beglaubigung durch das für den betreffenden Sprengel zuständige Civilgericht und außerdem einer von diesem Gerichte darüber auszustellenden Bescheinigung, daß der Aussteller des Auszuges zur Ertheilung desselben befugt sei.
Werden dergleichen Auszüge von einem deutschen Militärgeistlichen ausgestellt, so ist die Beglaubigung sowie die Bescheinigung von dem Militärgerichte zu ertheilen.
In Oesterreich und Ungarn bedürfen die Auszüge aus den amtlichen Geburts-, Trauungs- und Sterbmatriken, soweit diese nicht durch eine politische Verwaltungsbehörde geführt werden, der Beglaubigung durch die zur Beaufsichtigung des Matrikenführers berufene politische Verwaltungsbehörde erster Instanz.
Wenn der Matrikenführer aber einer Militärbehörde untersteht, so ist die Beglaubigung durch das vorgesetzte Landesvertheidigungs-Ministerium beziehungsweise Kriegs-Ministerium zu ertheilen.
Die den vorstehenden Bestimmungen gemäß beglaubigten Auszüge bedürfen keiner weiteren Beglaubigung.

Artikel 4. Bearbeiten

Urkunden, welche von einer der obersten Verwaltungsbehörden des Deutschen Reichs, oder eines deutschen Bundesstaates, oder den gemeinsamen obersten Verwaltungsbehörden der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie, oder der obersten Verwaltungsbehörden Oesterreichs oder Ungarns, oder von einer sonstigen staatlichen oder kirchlichen höheren Verwaltungsbehörde ausgestellt oder beglaubigt sind, bedürfen keiner weiteren Beglaubigung.
Die beiden vertragenden Theile werden sich die hier in Betracht kommenden Behörden, sowie die sich hierauf beziehenden Aenderungen der Behörden bekannt geben.
Die von einer anderen, als den eben aufgezählten Behörden ausgestellten oder beglaubigten Urkunden bedürfen der Beglaubigung von Seiten derjenigen unter den genannten Behörden, welcher die ausstellende Behörde untergeordnet ist.
Jedoch behält es in Betreff der Reiselegitimationen bei den bisherigen Vorschriften sein Bewenden, auch werden die Erleichterungen nicht berührt, welche durch besondere Vereinbarungen namentlich für den Handelsverkehr und für das Zollverfahren gewährt sind.
Endlich ist für Urkunden, welche von den Finanzbehörden, einschließlich der Forstämter, in den Grenzbezirken ausgestellt werden, keine weitere Beglaubigung erforderlich.

Artikel 5. Bearbeiten

Die einer Privaturkunde von einer nach dieser Uebereinkunft zuständigen Behörde beigefügte Beglaubigung bedarf keiner weiteren Beglaubigung. [7]

Artikel 6. Bearbeiten

Gegenwärtiger Vertrag soll zehn Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft treten. Derselbe kann von jedem der beiden Hohen vertragenden Theile jederzeit gekündigt werden; er bleibt jedoch nach erfolgter Kündigung noch drei Monate m Kraft.
Von dem Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Vertrages an verlieren alle früher zwischen einzelnen deutschen Bundesstaaten und Oesterreich-Ungarn abgeschlossenen Vereinbarungen, insoweit solche die Beglaubigung der von öffentlichen Behörden ausgestellten oder beglaubigten Urkunden zum Gegenstande haben, ihre Gültigkeit.
Vorstehender Vertrag wird ratifizirt und es werden die Ratifikationen so bald als möglich ausgewechselt werden.
Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und ihre Siegel beigedrückt.
So geschehen zu Berlin, den 25. Februar 1880.
 (L. S.)      von Philipsborn.
 (L. S.)      Széchényi.


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Der vorstehende Vertrag ist ratifizirt und die Auswechselung der Ratifikations-Urkunden hat stattgefunden.