Verordnung über das Sonderstrafrecht im Kriege und bei besonderem Einsatz

Gesetzestext
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Titel: Verordnung über das Sonderstrafrecht im Kriege und bei besonderem Einsatz
Abkürzung: Kriegssonderstrafrechtsverordnung
Art: Verordnung
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie: Militärstrafrecht
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1939 Teil I, Nr. 147, Seite 1455–1457
Fassung vom: 17. August 1938
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 26. August 1939
Inkrafttreten: 26. August 1939
Anmerkungen: Datum des Inkrafttretens siehe: Verordnung über das Inkrafttreten der Verordnung über das Sonderstrafrecht im Kriege und bei besonderem Einsatz und der Verordnung über das militärische Strafverfahren im Kriege und bei besonderem Einsatz, Commons.
Siehe auch Nationalsozialistisches Recht
aus: Vorlage:none
Quelle: Commons
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[1455]

Verordnung über das Sonderstrafrecht im Kriege und bei besonderem Einsatz
(Kriegssonderstrafrechtsverordnung).
Vom 17. August 1938.

Kriegssonderstrafrecht

§ 1 Das sachliche Strafrecht

(1) Für alle Personen, die dem Militärstrafgesetzbuch unterworfen sind, gilt auch das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich.
(2) Auf diese Personen ist das für sie geltende Strafrecht auch dann anzuwenden, wenn sie die Tat im Ausland begehen.

Sondertatbestände

§ 2 Spionage

(1) Wegen Spionage wird mit dem Tode bestraft, wer heimlich oder unter falschem Vorwand in dem Kriegsgebiet der deutschen oder einer verbündeten Wehrmacht Nachrichten einzieht oder einzuziehen sucht in der Absicht, sie dem Feinde oder zu dessen Nutzen einem anderen mitzuteilen. Daneben kann auf Einziehung des Vermögens erkannt werden.
(2) Keine Spione sind:
1. Militärpersonen in Uniform, die in das Kriegsgebiet der deutschen oder einer verbündeten Wehrmacht eingedrungen sind, um sich Nachrichten zu verschaffen.
2. Personen, die den ihnen erteilten Auftrag, Mitteilungen an ihre eigene oder die feindliche Wehrmacht zu überbringen, offen ausführen.
3. Personen, die in Luftfahrzeugen befördert werden, um offen:
a) Mitteilungen zu überbringen oder
b) überhaupt Verbindungen zwischen den verschiedenen Teilen der feindlichen Wehrmacht oder eines Gebietes aufrechtzuerhalten.
(3) Ein Spion, der zur feindlichen Wehrmacht zurückgekehrt ist und später gefangengenommen wird, ist als Kriegsgefangener zu behandeln und kann für frühere Spionage nicht verantwortlich gemacht werden.
(4) Abs. 2 und 3 gelten nicht für Deutsche und die Angehörigen eines verbündeten Volkes oder einer verbündeten Wehrmacht.

§ 3 Freischärlerei

(1) Wegen Freischärlerei wird mit dem Tode bestraft, wer, ohne als Angehöriger der bewaffneten feindlichen Macht durch die völkerrechtlich vorgeschriebenen äußeren Abzeichen der Zugehörigkeit erkennbar zu sein, Waffen oder andere Kampfmittel [1456] führt oder in seinem Besitz hat in der Absicht, sie zum Nachteil der deutschen oder einer verbündeten Wehrmacht zu gebrauchen oder einen ihrer Angehörigen zu töten, oder sonst Handlungen vornimmt, die nach Kriegsgebrauch nur von Angehörigen einer bewaffneten Macht in Uniform vorgenommen werden dürfen. Daneben kann auf Einziehung des Vermögens erkannt werden.
(2) Keine Freischärler sind:
1. Angehörige der bewaffneten feindlichen Macht in Uniform, die sich lediglich einer üblichen Tarnung bedienen,
2. Angehörige der Milizen und Freiwilligen-Korps, wenn sie folgende Bedingungen erfüllen:
a) jemand an ihrer Spitze steht, der für seine Untergebenen verantwortlich ist;
b) sie ein bestimmtes aus der Ferne erkennbares Abzeichen tragen;
c) sie die Waffen offen führen und
d) bei ihren Unternehmungen die Gesetze und Gebräuche des Krieges beachten,
3. die Bevölkerung eines nicht besetzten Gebietes, die beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antrieb zu den Waffen greift, um die eindringenden Truppen zu bekämpfen, ohne Zeit gehabt zu haben, sich nach Nr. 2a und b zusammenzuschließen, wenn sie die Waffen offen führt und die Gesetze und Gebräuche des Krieges beachtet.

§ 4 Zuwiderhandlungen gegen die von den Befehlshabern im besetzten ausländischen Gebiet erlassenen Verordnungen

(1) Zuwiderhandlungen gegen die von den Befehlshabern im besetzten ausländischen Gebiet zur Sicherung der Wehrmacht oder des Kriegszwecks erlassenen Verordnungen werden mit Zuchthaus oder Gefängnis bis zu fünfzehn Jahren bestraft, soweit in diesen Verordnungen keine anderen Strafen angedroht sind.
(2) In besonders leichten Fällen kann auf Haft bis zu sechs Wochen oder Geldstrafe erkannt werden.

§ 5 Zersetzung der Wehrkraft

(1) Wegen Zersetzung der Wehrkraft wird mit dem Tode bestraft:
1. wer öffentlich dazu auffordert oder anreizt, die Erfüllung der Dienstpflicht in der deutschen oder einer verbündeten Wehrmacht zu verweigern, oder sonst öffentlich den Willen des deutschen oder verbündeten Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung zu lähmen oder zu zersetzen sucht;
2. wer es unternimmt, einen Soldaten oder Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstandes zum Ungehorsam, zur Widersetzung oder Tätlichkeit gegen einen Vorgesetzten oder zur Fahnenflucht oder unerlaubten Entfernung zu verleiten oder sonst die Manneszucht in der deutschen oder einer verbündeten Wehrmacht zu untergraben;
3. wer es unternimmt, sich oder einen anderen durch Selbstverstümmelung, durch ein auf Täuschung berechnetes Mittel oder auf andere Weise der Erfüllung des Wehrdienstes ganz, teilweise oder zeitweise zu entziehen.
(2) In minder schweren Fällen kann auf Zuchthaus oder Gefängnis erkannt werden.
(3) Neben der Todes- und der Zuchthausstrafe ist die Einziehung des Vermögens zulässig.

§ 6 Unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht

I. Die §§ 64, 67, 70 des Militärstrafgesetzbuches sind in folgender Fassung anzuwenden:

㤠64

Wer unbefugt seine Truppe oder Dienststelle verläßt oder ihr fernbleibt und vorsätzlich oder fahrlässig länger als einen Tag abwesend ist, wird wegen unerlaubter Entfernung mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen kann die Strafe bis auf vierzehn Tage verschärften Arrestes ermäßigt werden.

§ 67

Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren tritt ein, wenn die unbefugte Abwesenheit länger als drei Tage dauert.

§ 70

Bei Fahnenflucht ist auf Todesstrafe oder auf lebenslanges oder zeitiges Zuchthaus zu erkennen.“
II. Die §§ 71, 78, 81, 82, 83, 99 und 100 des Militärstrafgesetzbuchs und die §§ 112, 140, 141, 142 und 143 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich sind nicht anzuwenden (vgl. § 5).

§ 7 Einschränkung der Dienstentlassung

(1) Die Ehrenstrafe der Dienstentlassung gegen Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften im wehrpflichtigen Alter fällt weg. Statt dessen wird erkannt:
1. gegen Offiziere und Unteroffiziere auf Rücktritt in den niedrigsten Stand der Mannschaften (Rangverlust);
2. gegen Mannschaften auf Verlust eines höheren Dienstgrades.
(2) § 23 Abs. 1 b und c des Wehrgesetzes tritt außer Kraft.
(3) Gegen ausländische Offiziere und Kriegsgefangene kann nicht auf Rangverlust oder Verlust eines höheren Dienstgrades erkannt werden. [1457]

§ 8 Disziplinarübertretungen

Als Disziplinarübertretungen sind zu beurteilen:
1. vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die militärische Zucht und Ordnung, die keinem Strafgesetz unterfallen;
2. Zuwiderhandlungen gegen Strafgesetze, die gerichtlich nicht bestraft oder strafvollzugsfrei gelassen werden.

Schlußbestimmungen

§ 9 Überleitungsvorschriften

Hat eine unerlaubte Entfernung oder eine Fahnenflucht (§ 6) vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung begonnen, so gelten für die Dauer der Abwesenheit die bisherigen Vorschriften.

§ 10 Änderungsbefugnis

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht ist zur Erläuterung dieser Verordnung, zu ihrer Anpassung an das jeweils geltende Recht und, soweit ein Bedürfnis der Kriegsführung es gebietet, auch zu Änderungen und Ergänzungen befugt.

§ 11 Inkrafttreten der Verordnung

(1) Diese Verordnung tritt mit der Mobilmachung für die gesamte Wehrmacht in Kraft, wenn der Führer und Reichskanzler nicht etwas anderes befiehlt.
(2) In anderen Fällen befiehlt der Führer, wann diese Verordnung in Kraft tritt und für welche Teile der Wehrmacht sie anwendbar ist.
Berlin, den 17. August 1938.
Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht
Keitel