Verordnung, betreffend das Bergwesen im südwestafrikanischen Schutzgebiet

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Titel: Verordnung, betreffend das Bergwesen im südwestafrikanischen Schutzgebiet.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1889, Nr. 20, Seite 179–190
Fassung vom: 15. August 1889
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Bekanntmachung: 24. August 1889
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(Nr. 1869.) Verordnung, betreffend das Bergwesen im südwestafrikanischen Schutzgebiet. Vom 15. August 1889.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen für das südwestafrikanische Schutzgebiet auf Grund des §. 1 und des §. 3 Ziffer 2 und 3 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (Reichs-Gesetzbl. 1888 S. 75), im Namen des Reichs, was folgt:

I. Einleitende Bestimmungen.

§. 1. Gegenstände des Bergbaues.

Die Aufsuchung und Gewinnung folgender Mineralien, nämlich:
1. Edelsteine,
2. Edelmetalle (Gold, Silber, Platin) und andere Metalle, gediegen oder als Erze,
3. Mineralien, welche wegen ihres Gehaltes an Schwefel oder zur Darstellung von Alaun, Vitriol und Salpeter verwendbar sind,
4. Graphit,
5. Bitumen in festem und flüssigem Zustande,
unterliegt innerhalb des südwestafrikanischen Schutzgebietes den Vorschriften dieser Verordnung.

§. 2. Bestellung von Vetretern im Schutzgebiet.

Für alle die Erwerbung und die Ausübung des Bergwerkseigenthums betreffenden Angelegenheiten müssen Personen, welche nicht in dem Schutzgebiet ihren Wohnsitz oder Aufenthalt haben, einen im Schutzgebiet sich dauernd aufhaltenden Vertreter bestellen und denselben der Bergbehörde bezeichnen. [180]
Das Gleiche gilt für Gesellschaften, welche im Schutzgebiet nicht ihren Sitz haben, und für Mitbetheiligte, welche nicht eine Gesellschaft bilden, deren Vertretung gesetzlich geregelt ist.
Wird diese Verpflichtung nicht erfüllt, so ist die Bergbehörde befugt, den Vertreter zu bestellen.

II. Vom Schürfen.

§. 3. Das Schürfen. Schürfgebiet.

Die Aufsuchung der im §. 1 bezeichneten Mineralien (das Schürfen) ist nur in denjenigen Theilen des Schutzgebietes gestattet, welche von der Bergbehörde durch öffentliche Bekanntmachung für den Bergbau eröffnet werden (öffentliche Schürfgebiete).

§. 4. Schürferlaubniß.

Wer schürfen will, hat bei der Bergbehörde um Ertheilung der Erlaubniß nachzusuchen. Die Schürferlaubniß wird für die Dauer von sechs Monaten ertheilt. Für dieselbe ist monatlich von der Ertheilung ab im Voraus eine Gebühr von fünf Mark zu entrichten. Wird die Gebühr nicht bei der Fälligkeit gezahlt, so ist die Schürferlaubniß erloschen.

§. 5. Schürfregister.

Für jedes öffentliche Schürfgebiet wird von der Bergbehörde ein Schürfregister geführt. In dasselbe ist einzutragen:
1. das Datum der Ertheilung der Schürferlaubniß, sowie des Ablaufs derselben,
2. der Name des Berechtigten und dessen etwaige Rechtsnachfolger,
3. das Erlöschen der Schürferlaubniß.
Die Eintragung ist unter fortlaufender Nummer nach der Zeitfolge der Ertheilung zu bewirken.
Ueber die Ertheilung der Schürferlaubniß wird dem Berechtigten ein Schürfschein ausgefertigt.
Die Einsicht des Schürfregisters steht Jedermann frei.

§. 6.

Die Schürferlaubniß ist übertragbar. Der Uebergang derselben wird durch Eintragung im Schürfregister gültig. Für die Eintragung ist eine besondere Gebühr von zehn Mark zu entrichten.

§. 7. Rechte des Schürfers.

Die Schürferlaubniß giebt dem Inhaber das Recht, in dem öffentlichen Schürfgebiet, für welches sie ertheilt ist, auf einer vom ihm zu wählenden kreisförmigen Fläche von zwei Kilometer Durchmesser zu schürfen und dabei Andere [181] von dem Schürfen auf dieser Fläche auszuschließen. Vor Beginn der Schürfarbeiten hat der Schürfer die von ihm gewählte Bodenfläche durch ein im Mittelpunkt derselben aufgestelltes Merkmal zu bezeichnen, auf welchem sein Name und die Registernummer seiner Schürferlaubniß anzugeben sind. Das Merkmal muß mindestens zwei Kilometer von dem Merkmal des nächsten Schürfkreises entfernt sein.

§. 8.

Der Schürfer ist berechtigt, den von ihm gewählten Schürfkreis zu wechseln. Das neue Schürfmerkmal darf nicht aufgestellt werden, bevor das frühere Schürfmerkmal entfernt ist.

§. 9. Verbot des Schürfens.

Auf öffentlichen Plätzen, Wegen, Straßen und Friedhöfen darf nicht geschürft werden.
Auf anderen Grundstücken ist das Schürfen unstatthaft, wenn nach der Entscheidung der Bergbehörde überwiegende Gründe des allgemeinen Interesses entgegenstehen.

§. 10.

Unter Gebäuden und in einem Umkreise um dieselben bis zu fünfzig Meter, sowie in eingefriedigten Bodenflächen darf nur geschürft werden, wenn der Eigenthümer seine Genehmigung dazu ertheilt hat.

§. 11. Nebenrechte des Schürfers.

Der Schürfer ist berechtigt, während der Dauer seiner Schürferlaubniß nach Anweisung der Bergbehörde und vorbehaltlich der dem Grundeigenthümer etwa zu gewährenden Entschädigung eine Bodenfläche von höchstens zwei Hektar zur Errichtung der erforderlichen Baulichkeiten und zum Weiden von Zugthieren und Vieh zu benutzen. Grundstücke, auf welchen das Schürfen untersagt ist, dürfen hierzu nicht gewählt werden.

III. Die Gewinnung von Edelmetallen und Edelsteinen.

§. 12.

Für die Gewinnung von Edelmetallen (Gold, Silber und Platin) und von Edelsteinen gelten folgende Bestimmungen.

§. 13. Anzeige vom Funde.

Der Schürfer, welcher einen Fund macht, hat hiervon der Bergbehörde nach Maßgabe der von der letzteren zu erlassenden Vorschriften Anzeige zu erstatten.

§. 14. Erklärung zum öffentlichen Grubengebiet.

Nach erfolgter Anzeige von dem Funde oder wenn es anderweitig zur Kenntniß der Bergbehörde gelangt, daß Edelmetalle oder Edelsteine auf ihrer [182] natürlichen Lagerstätte gefunden worden sind, hat die Bergbehörde festzustellen, ob das Mineral am Fundorte in abbauwürdiger Beschaffenheit vorkommt.
Ist ein solches Vorkommen festgestellt und die Verbreitung des gefundenen Minerals über eine größere Fläche nach Ansicht der Bergbehörde wahrscheinlich, so kann die Behörde ein entsprechendes, den Fundort einschließendes Gebiet zum öffentlichen Grubengebiet erklären.
Die Erklärung, welche die Ausdehnung und die Grenzen dieses Gebietes festzusetzen hat, erfolgt durch öffentliche Bekanntmachung. Vor der Erklärung zum öffentlichen Grubengebiet ist, soweit an der einzubeziehenden Fläche Eigenthumsrechte Einzelner bestehen, der Eigenthümer zu hören.

§. 15. Verleihungsgesuch.

Die Verleihung von Feldern ist bei der Bergbehörde nachzusuchen. Das Verleihungsgesuch muß enthalten:
1. den Namen dessen, für den die Verleihung nachgesucht wird,
2. die Zahl der begehrten Felder,
3. die Lage derselben.

§. 16. Rechte der Finder und Eigenthümer auf Verleihung von Feldern.

Jeder Schürfer, welcher bis zu der im §. 14 Absatz 3 vorgesehenen Bekanntmachung einen Fund gemacht und angemeldet hat, hat das Vorrecht, daß ihm innerhalb seines Schürfkreises ein gebührenfreies Feld, welches den Fundpunkt einschließen muß (Finderfeld), sowie zwei weitere Felder verliehen werden, für welche die gewöhnliche Gebühr – §. 24 – zu entrichten ist.
Der Eigenthümer hat das Vorrecht, innerhalb seines in das öffentliche Grubengebiet einbezogenen Eigenthums eine Anzahl von Feldern (Eigenthümerfelder) sich verleihen zu lassen, und zwar
ein Feld für ein Grundstück bis zu fünfzig Hektar, zwei Felder für ein Grundstück von fünfzig Hektar bis zu zweihundert Hektar und ein Feld mehr für weitere je zweihundertundfünfzig Hektar, im Ganzen jedoch nicht mehr als fünfzehn Felder.
Im Falle des Zusammentreffens geht der Anspruch des Finders dem des Eigenthümers vor.

§. 17.

Der Finder (§. 16 Absatz 1) hat bei der Anmeldung des Fundes oder spätestens innerhalb vierzehn Tagen nach derselben das Verleihungsgesuch anzubringen, widrigenfalls sein Vorrecht erlischt. Sind die Ansprüche der Finder erledigt, so wird dies von der Bergbehörde öffentlich bekannt gemacht.
Das Verleihungsgesuch des Eigenthümers (§. 16 Absatz 2) muß bei Verlust des Vorrechts spätestens innerhalb vierzehn Tagen nach dieser Bekanntmachung angebracht werden. Die Erledigung der Ansprüche der Eigenthümer ist gleichfalls öffentlich bekannt zu machen. [183]

§. 18. Rechte Dritter auf Verleihung von Feldern.

Nach Erledigung der Ansprüche der Finder und Eigenthümer kann Jeder, welcher im öffentlichen Grubengebiet Bergbau treiben will, sich mit zwei Feldern beleihen lassen. Unter mehreren auf dasselbe Feld gerichteten Verleihungsgesuchen entscheidet der Zeitpunkt der Anbringung bei der Bergbehörde und im Falle gleichzeitigen Eingangs mangels anderweitiger Vereinbarung das Loos.

§. 19. Größe der Felder.

Die Ausdehnung eines alluvialen Feldes beträgt fünfzig X fünfzig Meter, diejenige eines Riff-Feldes fünfzig Meter in der Richtung des Riffes und einhundertundfünfzig Meter in der Breite.

§. 20. Form der Felder.

Die Felder sollen, soweit nicht örtliche Verhältnisse eine andere Gestaltung bedingen, die Form eines Rechtecks haben.

Innerhalb der festgesetzten Grenzen geht das Abbaurecht senkrecht bis in die ewige Teufe.

§. 21. Rechte aus der Verleihung von Feldern.

Ueber die Verleihung wird von der Bergbehörde eine Urkunde ertheilt.
Die Verleihung eines Feldes gewährt dem Beliehenen die ausschließliche Befugniß, die in dem §. 12 bezeichneten Mineralien aufzusuchen und zu gewinnen, sowie alle hierzu erforderlichen Vorrichtungen unter und über Tage zu treffen.
Innerhalb der verliehenen Felder darf von Dritten auf die im §. 1 bezeichneten Mineralien nicht geschürft werden.

§. 22. Nebenrechte des Beliehenen.

Die im §. 11 dem Schürfer gewährte Berechtigung findet auf den Beliehenen entsprechende Anwendung.
Außerdem hat der Beliehene die Befugniß, im freien Felde, sowie im Felde anderer Beliehener Hülfsbaue anzulegen, sofern letztere die Entwässerung und Lüftung (Wasser- und Wetterlösung) oder den vortheilhafteren Betrieb des Bergwerks, für welches die Anlage gemacht werden soll, bezwecken und der eigene Bergbau des Anderen dadurch weder gestört noch gefährdet, oder aber für allen Schaden, welchen der Hülfsbau dem belasteten Bergwerk zufügt, voller Ersatz geleistet wird.

§. 23.

Auf den im §. 10 bezeichneten Grundstücken erfolgt die Verleihung eines Feldes, sowie die Gestattung der Anlage eines Hülfsbaues vorbehaltlich der Verpflichtung des Beliehenen für allen Schaden, welcher dem Grundeigenthum durch den Bergwerksbetrieb zugefügt wird, vollständigen Ersatz zu leisten. [184]

§. 24. Gebühr.

Für die Verleihung eines Feldes ist eine Gebühr von monatlich zwanzig Mark, für die Eintragung des Ueberganges auf einen anderen Berechtigten eine einmalige Gebühr von vierzig Mark zu entrichten.

§. 25. Abgrenzung der verliehenen Felder.

Die verliehenen Felder müssen auf Kosten des Beliehenen innerhalb vierzehn Tagen durch Zeichen nach Anweisung der Bergbehörde abgegrenzt werden.

§. 26. Beginn des Betriebes.

Der Beliehene muß mit dem Betrieb innerhalb eines Jahres von dem Tage der Verleihung an beginnen.

§. 27. Unterbrechung des Betriebes.

Der Betrieb darf auf nicht länger als sechs Monate unterbrochen werden.

§. 28.

Wird die in den §§. 26 und 27 vorgesehene Frist, sowie eine von der Bergbehörde festzusetzende und auf höchstens sechs Monate zu bemessende Nachfrist von den Berechtigten überschritten, so erklärt die Bergbehörde die Verleihung für erloschen.

§. 29. Zusammenlegung von Feldern.

Mehrere im Zusammenhange stehende Felder, welche jedoch die Anzahl von fünfzehn nicht übersteigen dürfen, können zu einem Gesammtfeld vereinigt werden. Für die Eintragung ist eine Abgabe von vierzig Mark zu zahlen. Der Antheil eines jeden Betheiligten ist genau zu bestimmen. Sind Felder in dieser Weise vereinigt, so genügt es, zur Einhaltung der in §§. 26 bis 28 erwähnten Fristen, wenn nur eines oder einige derselben bearbeitet werden.

§. 30. Grubenausschüsse.

Für jedes öffentliche Grubengebiet wird ein Grubenausschuß gebildet, welcher aus Vertretern der mit Feldern Beliehenen und der Eigenthümer von Grundstücken, welche in dem öffentlichen Grubengebiet belegen sind, bestehen soll.
Die Zusammensetzung des Grubenausschusses und das Verfahren vor demselben wird durch Verfügung des Kaiserlichen Kommissars für das Schutzgebiet bestimmt.

§. 31.

Der Grubenausschuß ist verpflichtet, der Bergbehörde sowie dem Kaiserlichen Kommissar für das Schutzgebiet über alle das öffentliche Grubengebiet betreffenden Verhältnisse Aufschluß zu geben.
Vor Festsetzung der Entschädigungen in Gemäßheit des §. 49 Ziffer 2 ist der Grubenausschuß, wenn ein solcher gebildet ist, gutachtlich zu hören. Imgleichen soll eine vorherige Anhörung desselben erfolgen, wenn für das öffentliche [185] Grubengebiet Verordnungen über die Wasserbenutzung und über Maßregeln zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erlassen werden.

§. 32. Rechte des Finders außerhalb des öffentlichen Grubengebietes.

Soweit im Falle des §. 14 die Erklärung eines Gebietes zum öffentlichen Grubengebiet nicht erlassen wird, kann der Finder, falls die Abbauwürdigkeit am Fundorte festgestellt ist, die Verleihung von drei Feldern innerhalb seines Schürfkreises beanspruchen. Die §§. 15, 19, 20, 21 Absatz 1 und 2, 22 bis 29 finden Anwendung.

§. 33. Abbauberechtigung.

Unter den gleichen Voraussetzungen kann der Eigenthümer des Grundstückes, unbeschadet der Rechte des Finders (§. 32), beanspruchen, daß ihm eine Abbauberechtigung für sein Grundstück oder einen Theil desselben verliehen werde.

§. 34.

Die Abbauberechtigung wird für einen Zeitraum von wenigstens fünf und höchstens zwanzig Jahren verliehen. Nach dem Ablauf der Frist kann die Verleihung erneuert werden.
Der Inhaber einer Abbauberechtigung ist befugt, auf dem ihm verliehenen Gebiet selbst Bergbau zu treiben und anderen Personen den Bergbau zu gestatten.
Für die Verleihung ist jährlich im Voraus eine Gebühr von zehn Mark für das Hektar zu entrichten. An Stelle derselben ist auf Verlangen der Bergbehörde eine jährliche Zahlung von höchstens zwei und einhalb Prozent des Werths der Förderung des letzten Jahres nach dem durch die Bücher oder anderweit nachgewiesenen Betrage zu leisten.

§. 35.

Der Abbauberechtigte ist verpflichtet:
1. über die Förderung Buch zu führen;
2. der Bergbehörde jederzeit die Einsicht in die Bücher zu gestatten und die sonst von ihr erforderten Nachweisungen beizubringen;
3. die Fristen der §§. 26 und 27 innezuhalten.
Bei Nichterfüllung der vorstehenden Verpflichtungen kann die Bergbehörde die Verleihung für erloschen erklären.

IV. Gewinnung von anderen Mineralien.

§. 36.

Auf andere, als die im §. 12 bezeichneten Mineralien finden die nachfolgenden Bestimmungen Anwendung.

§. 37. Größe der Felder.

Wird in einem öffentlichen Schürfgebiet ein Mineral gefunden, welches nicht zu den im §. 12 bezeichneten gehört, so kann für jeden solchen Fund die Verleihung eines Feldes bis zur Größe von zehn Hektar beansprucht werden. [186]

§. 38. Entdeckung von Mineralien. Verleihung.

Wer bei dem Betriebe eines ihm gehörigen Bergwerks oder durch Schürfarbeiten, welche nach Vorschrift der §§. 3 bis 11 unternommen worden sind, ein Mineral auf seiner natürlichen Ablagerung entdeckt, hat als Finder das Vorrecht vor anderen nach dem Zeitpunkte seines Fundes angebrachten Verleihungsgesuchen.
Der Finder muß jedoch innerhalb dreißig Tagen nach Ablauf des Tages der Entdeckung sein Verleihungsgesuch anbringen, widrigenfalls sein Vorrecht erlischt.

§. 39.

Im Uebrigen geht das ältere Verleihungsgesuch dem jüngeren vor. Das Alter bestimmt sich nach dem Zeitpunkte der Anbringung bei der Bergbehörde. Im Falle gleichzeitigen Eingangs entscheidet mangels anderweiter Vereinbarung das Loos.

§. 40.

Das Verleihungsgesuch muß enthalten:
1. den Namen dessen, für den die Verleihung nachgesucht wird,
2. die Bezeichnung des Minerals,
3. die Bezeichnung des Fundpunktes,
4. den dem Felde beizulegenden Namen.
Binnen einer von der Bergbehörde zu bestimmenden Frist ist eine den Anforderungen derselben entsprechende Angabe über Lage und Größe des begehrten Feldes bei Verlust des Anspruchs auf Verleihung nachzubringen.
Dem Felde kann jede beliebige den Bedingungen des §. 20 entsprechende Form gegeben werden. Jedoch muß der Fundpunkt stets in das Feld eingeschlossen werden.

§. 41.

Die Gültigkeit eines Verleihungsgesuches ist dadurch bedingt, daß das in demselben bezeichnete Mineral an dem angegebenen Fundpunkte (§. 40) auf seiner natürlichen Ablagerung vor Anbringung des Verleihungsgesuches entdeckt worden ist und der Bergbehörde in glaubhafter Weise nachgewiesen wird und daß außerdem nicht bessere Rechte Dritter auf den Fund entgegenstehen.
Ob bessere Rechte Dritter vorliegen, hat die Bergbehörde in geeigneter Weise zu ermitteln. Liegt Grund zu einer solchen Annahme vor, so hat die Bergbehörde den Betheiligten Gelegenheit zur Wahrnehmung ihrer Rechte zu geben. Sie kann ihnen hierzu eine Frist oder einen Termin unter Ausschlußandrohung bestimmen.

§. 42.

Dritte, welche auf das in der Bekanntmachung bezeichnete Feld oder auf Theile desselben ein besseres Recht zu haben glauben, können dieses Recht, sofern [187] dasselbe nicht bereits in dem Verleihungsverfahren erledigt ist, noch binnen drei Monaten vom Tage der Bekanntmachung bei der Bergbehörde geltend machen. Die Versäumung der Frist hat den Verlust des Rechts zur Folge.

§. 43.

Die §§. 21 Absatz 1 und 2, 22 bis 31 finden mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die in §§. 26 und 27 bezeichneten Fristen verdoppelt werden und daß die Bestimmung der Bezirke, für welche Grubenausschüsse zu bilden sind, der Bergbehörde vorbehalten bleibt.

V. Gewinnung von Mineralien im Falle gemeinschaftlichen Vorkommens.

§. 44. Verleihung bei gemeinschaftlichem Vorkommen von Mineralien.

Kommen Edelmetalle oder Edelsteine (§. 12) in einem solchen Zusammenhange mit einem anderen Mineral vor, daß die Edelmetalle oder Edelsteine nur bei gemeinschaftlicher Gewinnung mit diesem Mineral abbauwürdig erscheinen, so darf weder die Erklärung des Fundgebietes zum öffentlichen Grubengebiet noch eine Verleihung in Gemäßheit der §§. 33 und 34 stattfinden.
Die Verleihung kann in einem solchen Falle für Edelmetalle oder Edelsteine nur in Verbindung mit dem anderen Mineral beantragt werden. War eine Verleihung für das letztere bereits erfolgt, so hat der Beliehene innerhalb seiner Feldesgrenzen das ausschließliche Recht auf die Verleihung für die Edelmetalle oder Edelsteine. Auf die Verleihung finden die §§. 37 bis 43 Anwendung.

§. 45. Berechtigung verschiedener Personen innerhalb derselben Feldesgrenzen.

Steht die Gewinnung verschiedener Mineralien innerhalb derselben Feldesgrenzen verschiedenen Berechtigten zu, so hat jeder Theil die Befugniß, bei einer planmäßigen Gewinnung seines Minerals auch dasjenige des anderen Theils insoweit mitzugewinnen, als diese Mineralien nach der Entscheidung der Bergbehörde aus bergtechnischen oder bergpolizeilichen Gründen nicht getrennt gewonnen werden können.
Die mitgewonnenen, dem anderen Theile zustehenden Mineralien müssen jedoch dem letzteren auf sein Verlangen gegen Erstattung der Gewinnungs- und Förderungskosten herausgegeben werden.

VI. Antheile Dritter an den Gebühren.

§. 46. Antheil der Eigenthümer.

Soweit Felder auf Grundstücke verliehen worden sind, an welchen Eigenthumsrechte Einzelner bestehen, erhalten die Eigenthümer der Grundstücke die Hälfte der aus solchen Feldern eingehenden Verleihungsgebühren.

§. 47. Antheil der Häuptlinge.

Soweit Felder in Gebieten verliehen worden sind, welche unter einem eingeborenen Häuptling stehen, hat der Häuptling Anspruch auf die Hälfte der aus [188] solchen Feldern eingehenden Verleihungsgebühren. Der Anspruch erstreckt sich jedoch nicht auf die im §. 46 bezeichneten Felder.
Die erforderlichen Bestimmungen hinsichtlich der Art der Zahlung, sowie der von den Häuptlingen dafür zu übernehmenden Verpflichtungen werden von dem Kaiserlichen Kommissar getroffen. Der Kommissar ist, soweit Gebiete, welche unter einem Häuptling stehen, in ein öffentliches Schürfgebiet einbezogen worden sind, befugt, dem Häuptling einen entsprechenden Antheil an den Schürfgebühren, jedoch nicht mehr als die Hälfte derselben, zu gewähren.

§. 48. Antheil der deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika.

Die Einnahmen aus den in dieser Verordnung genannten Gebühren und Abgaben werden, soweit sie nicht nach §§. 46 und 47 an Grundeigenthümer oder Häuptlinge abzuliefern sind, zunächst zur Bestreitung der durch die Bergverwaltung entstehenden Kosten verwandt. Sollte sich demnächst ein Ueberschuß der Einnahmen über die Kosten der Bergverwaltung ergeben, so wird dieser Ueberschuß zur Hälfte an die deutsche Kolonialgesellschaft behufs Verwendung im Interesse des Schutzgebietes abgeliefert.

VII. Bergbehörde.

§. 49. Befugnisse der Bergbehörde.

Es wird eine Bergbehörde eingesetzt, welche unter Oberaufsicht des Kaiserlichen Kommissars die Befolgung der Vorschriften dieser Verordnung zu überwachen hat.
Der Bergbehörde liegt insbesondere ob:
1. über alle im Schutzgebiet erfolgenden Verleihungen nach Maßgabe der von ihr zu treffenden Bestimmungen Register zu führen, deren Einsicht Jedermann freisteht;
2. die nach den §§. 11, 22 und 23 zu leistenden Entschädigungen festzusetzen;
3. alle bei Anwendung dieser Verordnung entstehenden Streitigkeiten zu entscheiden;
4. die Gebühren zu erheben und den nach §§. 46 und 47 Berechtigten ihre Antheile auszuzahlen;
5. die polizeiliche Beaufsichtigung des Bergbaues zu führen.

§. 50. Beschwerden gegen Entscheidungen der Bergbehörde.

Beschwerden gegen Entscheidungen der Bergbehörde sind an den Kaiserlichen Kommissar für das Schutzgebiet zu richten, welcher über dieselben endgültig entscheidet.

§. 51. Form der Bekanntmachungen.

Die öffentlichen Bekanntmachungen der Bergbehörde erfolgen in ortsüblicher Weise und jedenfalls durch Anheftung an die dafür am Amtssitze bestimmte Tafel. [189]

VIII. Strafbestimmungen.

§. 52.

Mit Geldstrafe bis zu viertausend Mark oder mit Gefängniß bis zu vier Monaten wird gestraft:
1. wer unbefugt auf die im §. 1 dieser Verordnung bezeichneten Gegenstände Schürf- oder Gewinnungsarbeiten treibt;
2. wer unbefugt ein Schürfmerkmal aufstellt;
3. wer die im §. 13 dieser Verordnung vorgeschriebene Anzeige von einem Funde unterläßt.

§. 53.

Der Schürfer, welcher wider besseres Wissen bei der Bergbehörde die unwahre Anzeige erstattet, daß er Mineralien der im §. 12 bezeichneten Art gefunden habe, wird mit Geldstrafe bis zu zweitausend Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft.

IX. Sonderrechte in einzelnen Gebietstheilen.

§. 54.

Durch die vorausgehenden Bestimmungen dieser Verordnung werden die auf die Gewinnung von Mineralien der im §. 1 bezeichneten Art bestehenden Gerechtsame nicht berührt, welche von der deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika oder von Dritten vor dem Erlaß der Verfügung des stellvertretenden Kaiserlichen Kommissars für das südwestafrikanische Schutzgebiet vom 19. April 1886 oder, unter Anerkennung der Kaiserlichen Regierung, in der Zeit vom 19. April 1886 bis zur Bekanntmachung der Verordnung vom 25. März 1888, betreffend das Bergwesen und die Gewinnung von Gold und Edelsteinen im südwestafrikanischen Schutzgebiet (Reichs-Gesetzbl. S. 115), rechtsgültig erworben worden sind.
Streitigkeiten, welche diese Gerechtsame betreffen, werden nach Maßgabe des §. 49 Ziffer 3 und §. 50 entschieden.
Die im ersten Absatze bezeichneten Berechtigten haben an die Bergbehörde eine nach dem Werthe der jährlichen Förderung von Mineralien (§. 1) zu bemessende Abgabe zu entrichten. Die Höhe der Abgabe wird durch die Bergbehörde festgesetzt, darf jedoch zwei und einhalb Prozent des Werths der jährlichen Förderung nicht übersteigen. Von der Abgabe kann der Berechtigte den Werth der Leistungen in Abzug bringen, welche er dem Häuptling des betreffenden Gebietes auf Grund der Verleihung der Gerechtsame zu machen hat. [190]

§. 55.

Die vorausgehenden Bestimmungen dieser Verordnung finden keine Anwendung auf diejenigen Theile des Schutzgebietes, an welchen die deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika vor Erlaß der Verordnung von 25. März 1888 das Eigenthum erworben hat.
In diesen Gebietstheilen steht es der genannten Gesellschaft oder ihren Rechtsnachfolgern frei, nach ihrem Ermessen Bergbau selbst zu betreiben oder durch Andere betreiben zu lassen und die Bedingungen festzusetzen, unter welchen letzteres geschehen soll. Von dem Bergbau sind weder Gebühren noch Abgaben an die Bergbehörde zu entrichten.

§. 56.

Die bergpolizeiliche Beaufsichtigung (§. 49 Ziffer 5) erstreckt sich auch auf die Gebietstheile, für welche die im §. 54 bezeichneten Gerechtsame bestehen, sowie auf die im §. 55 genannten Gebietstheile.

X. Schlußbestimmung.

§. 57.

Die Verordnung vom 25. März 1888, betreffend das Bergwesen und die Gewinnung von Gold und Edelsteinen im südwestafrikanischen Schutzgebiet (Reichs-Gesetzbl. S. 115), wird aufgehoben.
Die gegenwärtige Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Veröffentlichung im Reichs-Gesetzblatt in Kraft. Die zur Ausführung derselben erforderlichen Bestimmungen werden von dem Reichskanzler erlassen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 15. August 1889.
(L. S.)  Wilhelm.

  Fürst von Bismarck.