Schwere, Elektricität und Magnetismus/Erster Theil
Editionsrichtlinien, Quellenangaben und Zusammenstellung siehe: Schwere, Elektricität und Magnetismus.
Die Theorie der Schwere beschäftigt sich mit der Untersuchung der gegenseitigen Anziehung ponderabler Körper. Dieser Untersuchung liegt als Hypothese das allgemeine Gravitationsgesetz von Newton zu Grunde. Dasselbe lautet:
Zwei mit ponderabler Masse erfüllte Punkte üben eine Anziehungskraft auf einander aus. Die Richtung dieser Kraft wird durch die gerade Verbindungslinie der beiden Punkte angegeben. Die Grösse der Kraft ist direct proportional dem Producte der beiden Massen und umgekehrt proportional dem Quadrate ihrer Entfernung.
Es sei die Grösse der Kraft, mit welcher zwei Masseneinheiten einander anziehen, wenn ihre Entfernung gleich der Längeneinheit ist. Dann üben nach Newton’s Gesetze zwei Massen und , die in zwei Punkten von der Entfernung concentrirt sind, eine Anziehungskraft auf einander aus, deren Grösse
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ist. Es seien (Fig. 1) die rechtwinkligen Coordinaten des Punktes von der Masse und die rechtwinkligen Coordinaten des Punktes von der Masse . Die Entfernung dieser beiden Punkte ist
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und die von dem Punkte nach dem Punkte gerichtete gerade Linie von der Länge schliesst mit den positiven Coordinatenaxen Winkel ein, deren Cosinus die Werthe haben
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Die Kraft, mit welcher die Masse von der Masse angezogen wird, ist von dem Punkte nach dem Punkte hin gerichtet. Die Componenten dieser Kraft parallel den Coordinatenaxen sind demnach resp.
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Es werde ferner die Masse von mehreren Massen angezogen. Irgend eine dieser anziehenden Massen werde mit bezeichnet. Sie sei im Punkte concentrirt. Der Abstand dieses Punktes von dem Punkte findet sich, indem man in (2) an die Stelle von resp. setzt. Die Masse übt auf die Masse eine Anziehung aus, deren Componenten aus (4) hervorgehen, wenn man dort den Grössen den Index gibt. Wird dann für der Reihe nach gesetzt, so ergeben sich die Componenten der einzelnen Kräfte, mit welchen die Masse resp. von den Massen angezogen wird. Alle diese Componenten greifen im Punkte an. Handelt es sich um die Gesammtwirkung, so hat man nur die gleichnamigen Componenten zu summiren. Die Masse wird also durch eine Gesammtkraft in Anspruch genommen, deren Componenten parallel den Coordinatenaxen sich berechnen:
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Die Gesammtkraft selbst ist
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Sie greift im Punkte an, und ihre Richtung schliesst mit den positiven Coordinatenaxen Winkel ein, deren Cosinus die Werthe haben
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des Parallelepipedon multipliciren muss, um seine Masse zu erhalten, wird die Dichtigkeit genannt, und zwar die Dichtigkeit im Punkte . Im allgemeinen ändert sich die Dichtigkeit, wenn der Punkt an eine andere Stelle rückt. Es ist also eine Function des Ortes
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Wenn nichts anderes ausdrücklich festgesetzt wird, soll diese Function im Innern des anziehenden Körpers überall endlich und
stetig variabel sein. Ausserhalb des anziehenden Körpers ist sie Null. Die Masse des betrachteten Parallelepipedon ist
Sie übt auf die im Punkte befindliche Masse eine Anziehung aus
deren Componenten parallel den Coordinatenaxen die Werthe haben
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Die Oberfläche des anziehenden Körpers werde ausgedrückt durch die Gleichung
(9) |
wobei eine Function von bezeichnet. Diese Function habe negative oder positive Werthe, je nachdem der Punkt im Innern oder ausserhalb des anziehenden Körpers liegt. Die Componenten der Gesammtanziehung, welche auf die Masse ausgeübt wird, sind
(10) |
Die dreifache Integration erstreckt sich auf alle Werthen-Combinationen , für welche
ist.
Wir wollen der Einfachheit wegen und setzen. In dem angezogenen Punkte soll also die Masseneinheit sich befinden, und das Maass der Kraft ist so gewählt, dass zwei Masseneinheiten in der Einheit der Entfernung sich mit der Einheit der Kraft anziehen.
Sind die anziehenden Massen in einzelnen getrennt liegenden Punkten concentrirt, so hat man für die Componenten der auf den Punkt ausgeübten Kraft die Ausdrücke:
(1) |
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Das Zeichen ist so zu verstehen, dass der dahinter stehende Ausdruck der Reihe nach für jeden einzelnen anziehenden Massenpunkt gebildet und dann die Summirung der sämmtlichen entstehenden Werthe vorgenommen werden soll. Die Gleichungen (1) zeigen, dass Functionen von den Coordinaten des Punktes sind, in welchem die angezogene Masse sich befindet. Lagrange hat bemerkt, dass diese Functionen sich ausdrücken lassen als die partiellen Derivirten einer einzigen Function von . Es ist nemlich
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Wenn also die anziehenden Massen in einzelnen getrennt liegenden Punkten concentrirt sind, so hat man
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Wir bezeichnen mit die Function
(2) |
Dann zeigt sich, dass die partiellen Derivirten von sind:
(3) |
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Die Function und ihre ersten Derivirten sind endlich und stetig variabel, so lange der angezogene Punkt
in endlicher, wenn auch noch so kleiner, Entfernung von jedem der anziehenden Massenpunkte sich befindet. Fällt er in einen dieser Punkte hinein, so wird in (1) und in (2) einer der Summanden unendlich gross. Die Function wird dann also unendlich wie , und ihre ersten Derivirten werden unendlich wie .
Wenn die anziehende Masse einen körperlichen Raum stetig ausfüllt, so lauten die Ausdrücke für die Componenten der Anziehung:
(4) |
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Auch hier sind die partiellen Derivirten einer Function , und es gelten die Gleichungen (3). Die Function ist aber in diesem Falle
(5) |
Die Grenzen der Integration in (4) und (5) sind dieselben wie in den Ausdrücken (10) des vorigen Paragraphen.
Die Function , welche durch die Gleichung (2), resp. durch die Gleichung (5) definirt wird, nennt man die Potentialfunction des anziehenden Massensystems auf den angezogenen Punkt.
Es ist nun leicht, den Satz in Worte zu fassen, der sich in den Gleichungen (3) ausspricht. Er lautet:
Soll die Componente der Anziehung in der Richtung einer der Coordinatenaxen berechnet werden, so hat man den angezogenen Punkt in dieser Richtung um eine unendlich kleine Strecke zu verschieben und die daraus hervorgehende Aenderung der Potentialfunction durch die Grösse der Verschiebung zu dividiren. Der Quotient ist die gesuchte Componente.
Bisher ist über die Lage des Coordinatensystems keine besondere Voraussetzung gemacht. Man kann die Axen legen, wie man will. Handelt es sich also um die Componente der Anziehung in irgend einer Richtung, so braucht man nur ein Coordinatensystem zu Hülfe zu nehmen, von welchem eine Axe dieser Richtung parallel gelegt ist. Auf diese Weise gelangt man zu dem erweiterten Satze:
Soll die Componente der Anziehung in irgend einer Richtung berechnet werden, so hat man den angezogenen Punkt in dieser Richtung um eine unendlich kleine Strecke zu verschieben und die daraus hervor- gehende Aenderung der Potentialfunction durch die Grösse der Verschiebung zu dividiren. Der Quotient ist die gesuchte Componente.
Der Fall, dass die anziehende Masse in einzelnen getrennt liegenden Punkten concentrirt ist, wird in der Folge nur ausnahmsweise vorkommen. Bis auf weiteres halten wir die Voraussetzung fest, dass sie einen körperlichen Raum stetig ausfüllt.
Wir bilden die zweiten partiellen Derivirten der Function :
(1) |
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Daraus findet sich unmittelbar durch Addition
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Diese Gleichung, welche zuerst Laplace*)[1] gefunden hat, wird nach ihm die Gleichung von Laplace genannt.
Sie gilt jedoch nur, wenn der angezogene Punkt ausserhalb der anziehenden Masse liegt. Laplace hielt sie für allgemein gültig. Diesen Irrthum hat Poisson später berichtigt.**)[2]
Liegt nemlich der angezogene Punkt ausserhalb der anziehenden Massen, so ist für jeden Punkt des mit Masse erfüllten Raumes die Function eine endliche und stetig veränderliche Function von . Dasselbe gilt von allen ihren De- rivirten. Ebenso sind die Functionen des vorigen Paragraphen [Gleichungen (4) und (5)] endliche und stetig veränderliche Functionen von . Sollen von der Function die ersten Derivirten nach , nach , nach gebildet werden, so darf man die Differentiation unter dem Integralzeichen vornehmen, weil ihr Resultat einen durchaus bestimmten endlichen Werth hat. Darauf beruht die Gültigkeit der Gleichungen (3) des vorigen Paragraphen. Auch die Herstellung der zweiten Derivirten und aller Derivirten höherer Ordnung kann durch Differentiation unter dem Integralzeichen ausgeführt werden, weil die Resultate dieser Differentiation bestimmte endliche Werthe haben, die bei einer stetigen Verschiebung des Punktes sich ebenfalls stetig ändern.
Wenn aber der Punkt im Innern der anziehenden Masse liegt, so behalten zwar, wie später (§§. 6. 10.) gezeigt werden soll, die durch die Gleichungen (4) und (5) des §. 2 definirten Functionen bestimmte endliche Werthe, und es gelten deshalb auch noch die Gleichungen (3) desselben Paragraphen. Aber die Integrale auf der rechten Seite der Gleichungen (1) des gegenwärtigen Paragraphen haben dann gar keine Bedeutung, weil in einem Element der Integration ein unendlich grosser Factor auftritt. Liegt also der angezogene Punkt im Innern der anziehenden Masse, so sind die Gleichungen (1) nicht gültig und ebenso wenig die Gleichung (2). Für diesen Fall ist vielmehr eine besondere Untersuchung anzustellen.
Wir wollen zunächst die Gleichung von Laplace benutzen, um in einem speciellen Falle die Potentialfunction zu berechnen.
Die anziehende Masse sei stetig vertheilt im Innern einer Kugelschale, d. h. des Raumes zwischen zwei concentrischen Kugelflächen. Den Anfangspunkt der Coordinaten legen wir in den Mittelpunkt der Kugeln. Die Dichtigkeit der anziehenden Masse sei dieselbe in allen Punkten einer zu der Begrenzung concentrischen Kugelfläche. Sie ändere sich nur mit dem Abstande vom Mittelpunkte. Dann ist auch die gesuchte Potentialfunction nur abhängig von dem Radius vector , und die partielle Diffe- rentialgleichung (2) des vorigen Paragraphen vereinfacht sich zu einer gewöhnlichen Differentialgleichung.
Es ist
(1) |
und
(2) |
Daraus findet man durch Differentiation
und
Berechnet man in derselben Weise und , so ergibt sich durch Addition
(3) |
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Die partiellen Derivirten von sind aus der Gleichung (1) herzuleiten. Man erhält
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Hiernach ergibt sich ohne weiteres
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Setzt man diese Werthe in die Gleichung (3) ein, so geht sie über in folgende
Die Gleichung von Laplace lautet demnach hier
(4) |
Dividirt man auf beiden Seiten dieser Differentialgleichung durch , so lässt eine Integration sich ausführen. Sie ergibt
oder, was auf dasselbe hinauskommt:
(5) |
Dabei ist mit die willkürliche Integrationsconstante bezeichnet. Die Gleichung (5) lässt sich unmittelbar weiter integriren. Man erhält
(6 ) |
wobei unter eine neue Integrationsconstante verstanden ist.
Die Gleichung (6), welche zwei willkürliche Constanten und enthält, ist das vollständige Integral der Differentialgleichung (4). Es kommt nur noch darauf an, den Grössen und solche Werthe beizulegen, wie das vorliegende Problem sie erfordert. Dabei ist zu unterscheiden, ob die angezogene Masseneinheit in einem Punkte des inneren Hohlraumes sich befindet, oder in dem von anziehender Masse nicht erfüllten Raume ausserhalb.
Die Begrenzungsflächen der anziehenden Masse seien ausgedrückt durch die Gleichungen
und resp. , |
und es sei .
Erstens. Die angezogene Masseneinheit befinde sich in einem Punkte des inneren Hohlraumes, also in einem Punkte, für welchen ist. In diesem Falle berechnen wir zunächst direct die Anziehung, welche die Masseneinheit im Anfangspunkte der Coordinaten erfährt. Zu dem Zwecke denken wir uns die Kugelschale, welche die anziehende Masse enthält, in unendlich dünne Elementarschalen zerlegt. Eine solche, deren Begrenzungsflächen die Radien und haben, kann als ein Cylinder mit der kugel- förmigen Basis und der Höhe angesehen werden. Ihre Masse ist also
Dividirt man durch , so ergibt sich die Potentialfunction der Elementarschale auf den Anfangspunkt der Coordinaten. Um die Potentialfunction der gesammten anziehenden Masse zu erhalten, hat man in Beziehung auf zwischen den Grenzen und zu integriren. Diese ist demnach
(7) |
Das Integral hat einen endlichen Werth, wenn die Dichtigkeit, wie wir voraussetzen, an keiner Stelle unendlich gross ist.
Soll auf der anderen Seite aus dem vollständigen Integral (6) berechnet werden, so hat man dort zu setzen. Dadurch würde aber unendlich gross werden, wenn nicht in (6) die Constante gesetzt wird. Und da, wie bewiesen, nicht unendlich gross ist, so muss sein. Hierdurch geht die Gleichung (6) über in
(8) |
Die Potentialfunction auf einen Punkt im inneren Hohlraume ist also constant, und da ihr Werth für den Anfangspunkt bereits berechnet ist, so hat man überhaupt für jeden Punkt im inneren Hohlraume
(9) |
Ist die Dichtigkeit constant, so ergibt sich speciell
(10) |
Die Derivirten von sind gleich Null. Die Kugelschale übt also auf einen Punkt im inneren Hohlraume gar keine Anziehung aus.
Zweitens. Die angezogene Masseneinheit befinde sich in einem Punkte des äusseren Raumes, d. h. in einem Punkte, für welchen ist.
In diesem Falle ist der Werth leicht zu bestimmen, den annimmt für . Wenn nemlich wie hier kein Theil der an- ziehenden Masse in unendlicher Entfernung liegt, so ergibt sich unmittelbar aus der Definition [§. 2, Gleichung (5)], dass ist für . Folglich ist jetzt . Um zu bestimmen, stellen wir folgende Betrachtung an.
Der angezogene Punkt, welcher vom Anfangspunkte der Coordinaten um die Strecke entfernt ist, hat von den einzelnen Punkten der Kugelschale verschiedene Abstände. Der grösste Abstand ist , der kleinste . Man hat also die doppelte Ungleichung
Wir multipliciren an allen drei Stellen mit und integriren über die gesammte anziehende Masse. An der mittleren Stelle ist das Resultat . An den beiden äusseren Stellen kann man die Nenner und , die bei der Integration constant bleiben, vor das Integralzeichen nehmen. Beachtet man also, dass
d. h. gleich der gesammten anziehenden Masse ist, so ergibt sich
Nun ist aber , folglich
Diese Ungleichung gilt für jedes , das grösser als ist, also auch für . Sie geht aber für über in die Gleichung
Folglich ist die Potentialfunction der Kugelschale von der Masse in Beziehung auf einen Punkt im äusseren Raume
(11) |
In der Richtung des Radius vector wirkt die Kraft
und in jeder Richtung, die zum Radius vector rechtwinklig liegt , ist die Componente gleich Null.
Demnach fällt die gesammte Kraft, welche die Kugelschale auf einen Punkt im äusseren Raume ausübt, in die Richtung des Radius vector, und da sie negativ ist, in die Richtung des abnehmenden Radius vector. Es ist also eine anziehende Kraft, und zwar dieselbe, die sich ergeben würde, wenn die gesammte anziehende Masse in dem Mittelpunkte der die Schale begrenzenden Kugelflächen concentrirt wäre.
Die Gleichung (11) behält für einen Punkt im äusseren Raume ihre Gültigkeit auch für , d. h. wenn die anziehende Masse eine volle Kugel ist.
Die im vorigen Paragraphen gewonnenen Resultate können dazu dienen, bei constanter Dichtigkeit die Anziehung zu berechnen, welche eine kugelförmige Masse auf einen Punkt im Innern derselben ausübt. Man hat nur zu bemerken, dass die Gleichung (10) für den angezogenen Punkt im inneren Hohlraume und die Gleichung (11) für den angezogenen Punkt im äusseren Raume gültig ist, wie nahe derselbe auch der Begrenzungsfläche der anziehenden Masse liegen möge. Die Gleichungen gelten also selbst dann noch, wenn der angezogene Punkt der Begrenzungsfläche unendlich nahe, oder mit anderen Worten, wenn er auf der Begrenzungsfläche liegt.
Die Oberfläche der anziehenden kugelförmigen Masse habe den Radius , der angezogene Punkt sei vom Mittelpunkte der Kugel um die Strecke entfernt, und sei kleiner als .
Dann zerlegen wir die anziehende Masse in zwei Theile, nemlich eine mit der Gesammtmasse concentrische Kugel vom Radius und die Schale, durch welche diese Kugel zu der Gesammtmasse ergänzt wird. Für die Kugel vom Radius ist der angezogene Punkt im äusseren Raume gelegen, speciell auf der Begrenzungsfläche. Die Potentialfunction ist also nach §. 4, Gleichung (11) zu berechnen. Die Masse ist hier , folglich die Potentialfunction
Für die Kugelschale liegt der angezogene Punkt im inneren Hohlraume, speciell auf der inneren Begrenzung. Folglich ist die Potentialfunction nach §. 4, Gleichung (10) zu berechnen und an die Stelle von zu schreiben.
Die Potentialfunction der gesammten anziehenden Kugel vom Radius auf einen inneren Punkt ist also
oder kürzer
(1) |
Dagegen ist die Potentialfunction derselben kugelförmigen Masse auf einen äusseren Punkt
(2) |
wie sich unmittelbar aus §. 4, Gleichung (11) ergibt. Der Ausdruck für ist also durchaus verschieden, je nachdem der angezogene Punkt innerhalb oder ausserhalb der anziehenden Kugel liegt. Ebenso weichen auch die Ausdrücke für die ersten Derivirten ab. Denn es ist für :
(3) |
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Dagegen hat man für :
(4) |
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Es ist nicht überflüssig zu bemerken, dass für die beiden Ausdrücke für in (1) und (2) denselben Werth geben,
und ebenso die Ausdrücke für die gleichnamigen Derivirten in (3) und in (4). Obgleich also die Function durch zwei ganz verschiedene analytische Ausdrücke dargestellt wird, je nachdem der Punkt innerhalb oder ausserhalb der anziehenden Masse liegt, so hat sie doch überall einen endlichen Werth, der sich stetig ändert, wenn der Punkt sich stetig bewegt, auch dann noch, wenn er durch die Oberfläche der anziehenden Masse hindurchgeht. Dasselbe gilt von den ersten Derivirten . Es gilt aber nicht von den zweiten Derivirten. Man erhält nemlich für .
(5) |
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Dagegen ergibt sich für :
(6) |
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Hier geben auch für die Ausdrücke der gleichnamigen Derivirten in (5) und in (6) nicht dieselben Werthe. Die zweiten Derivirten von ändern sich also sprungweise, wenn der Punkt durch die Oberfläche der anziehenden Masse hindurchgeht.
Zu bemerken ist noch, dass für sich ergibt
(7) |
Dies ist die Gleichung von Laplace, die wir für einen Punkt ausserhalb der anziehenden Masse bereits allgemein bewiesen haben.
Für , d. h. wenn der angezogene Punkt innerhalb der anziehenden Kugel liegt, erhalten wir
(8) |
Diese Gleichung ist hier vorläufig nur für einen Specialfall bewiesen. Der allgemeine Fall soll ausführlich behandelt werden.
Wir kehren zu der allgemeinen Untersuchung der Potentialfunction zurück. Der angezogene Punkt soll im Innern der anziehenden Masse liegen, die über einen körperlichen Raum stetig vertheilt ist. Das Integral
(1) |
parallelen Radius liegt. Die vom Punkte nach dem Punkte gezogene gerade Linie schneidet die Kugel in einem Punkte, welcher durch seine Poldistanz und seine geographische Länge eindeutig festgelegt wird. Die Poldistanz des Punktes ist sein sphärischer Abstand vom Pol. Seine geographische Länge ist der sphärische Winkel, welchen sein Meridian mit dem Anfangsmeridian einschliesst. Irgend ein Punkt im Innern der anziehenden Masse wird dann einerseits durch seine rechtwinkligen Coordinaten , andererseits durch seine Kugel-Coordinaten festgelegt. Zur Transformation der Coordinaten dienen die Gleichungen
(2) |
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Auf der Kugel vom Radius 1 wählen wir vier Punkte mit den sphärischen Coordinaten
und ziehen durch sie vom Punkte aus vier Strahlen, welche die Kanten einer vierseitigen Ecke bilden. Aus dieser Ecke schneiden die um als Mittelpunkt mit den Radien und gelegten Kugelflächen ein unendlich kleines Raumelement aus, dessen einer Eckpunkt im Punkte liegt. Die Masse dieses Raumelementes ist
Man kann sich dieselbe im Punkte concentrirt denken. Sie liefert zu der Potentialfunction den Beitrag
(3) |
Die Potentialfunction selbst wird hiernach
(4) |
Darin ist mit der Werth bezeichnet, welchen annimmt, wenn der Punkt in der Oberfläche der anziehenden Masse liegt. ist eine Function von und . Man erhält den Zusammenhang zwischen , indem man in die Gleichung der
Oberfläche statt die Variabeln einführt und für an die Stelle setzt.
Aus (3) geht hervor, dass man zu der Potentialfunction den Beitrag Null erhält, wenn man den anziehenden Punkt mit dem angezogenen Punkte zusammenfallen lässt. Damit ist bewiesen, dass auch dann eine endliche Function von ist, wenn der angezogene Punkt im Innern der anziehenden Masse liegt.
Ebenso lässt sich zeigen, dass unter derselben Voraussetzung die Ausdrücke für die Componenten der auf den Punkt ausgeübten Anziehung bestimmte endliche Werthe geben. Es sind dies die Ausdrücke (4) des §. 2. Sie gehen durch Einführung von Kugel-Coordinaten über in
(5) |
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Auch hier erhält man zu den Integralen einen unendlich kleinen Beitrag, wenn der anziehende Punkt mit dem angezogenen Punkte zusammenfällt. Sämmtliche Elemente in den Integralen (5) sind unendlich klein von der dritten Ordnung, auch diejenigen, welche von Massenelementen herrühren, die dem Punkte unendlich nahe liegen. Daher haben die Integrale bestimmte, endliche Werthe, und die durch sie ausgedrückten Componenten sind endliche Functionen von , auch wenn der angezogene Punkt im Innern der anziehenden Masse sich befindet.
Die Transformation der Coordinaten, welche die Gleichungen (4) und (5) liefert, ist auch dann noch zulässig und führt zu denselben Resultaten, wenn der angezogene Punkt in der Oberfläche des mit Masse erfüllten Körpers liegt. Nur ist zu beachten, dass in diesem Falle das Integrationsgebiet in Beziehung auf und sich einschränkt, weil nicht für alle Werthe von und die obere Grenze von Null verschieden ist.
Damit ist bewiesen, dass die Integrale in den Gleichungen (4) und (5) des §. 2 je einen bestimmten, endlichen Werth liefern, wo auch der Punkt liegen möge. Die Ausdrücke (4) des §. 2 sind aber die partiellen Differentialquotienten von , so lange die unter dem Integralzeichen vorgenommene Differentiation bestimmte, eindeutige Resultate liefert. Da dies, wie jetzt bewiesen, unter allen Umständen der Fall ist, so gelten die Gleichungen (3) des §. 2 ganz allgemein, der angezogene Punkt mag ausserhalb oder innerhalb des anziehenden Körpers oder in seiner Oberfläche liegen.
Will man die zweiten partiellen Derivirten dadurch herleiten, dass man in den Ausdrücken [§. 2, (4)] für die Differentiation unter dem Integralzeichen ausführt, so haben die Resultate nur dann eine bestimmte, klare Bedeutung, wenn der angezogene Punkt ausserhalb des anziehenden Körpers liegt. Denn diese Resultate sind ausgesprochen in den Gleichungen (1) des §. 3. Sie gehen durch Einführung der Kugel-Coordinaten in folgende über
(6) |
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Die Integration ist zuerst nach auszuführen. Liegt der Punkt im Innern des anziehenden Körpers oder in seiner Oberfläche, so ist die untere Integrationsgrenze gleich Null. An ihr wird die Function unter dem Integral unendlich gross, und das Integral selbst wird unendlich wie für .
Schliessen wir um den Punkt herum von dem Gebiete der Integration einen beliebig kleinen Raum aus, dessen Oberfläche den Radius vector hat, so bleibt das Integral
(7) |
vollständig unbestimmt, weil die Oberfläche des ausgeschlossenen
Raumes ganz beliebig gewählt werden kann, oder - was dasselbe sagt - in der Gleichung dieser Oberfläche
die Function völlig willkürlich ist. Bezeichnet man mit den grössten, mit den kleinsten Werth, welchen die Dichtigkeit überhaupt annimmt, so findet sich
Der zu grosse und der zu kleine Werth sind unbestimmt, so lange endlich bleibt. Fragt man aber nach dem Grenzwerthe für ein unendlich abnehmendes , so kann von einem solchen nicht die Rede sein, weil ist für
Die Integrale in (6) haben also gar keine Bedeutung, wenn der Punkt im Innern der anziehenden Masse liegt.
Wollte man in (4) und (5) bei der Integration nach zunächst als untere Grenze nehmen, so fände sich
und ferner
Auch hier sind die zu grossen und die zu kleinen Werthe unbestimmt, so lange endlich bleibt. Diese Unbestimmtheit fällt aber bei unendlich abnehmendem weg, weil das von Abhängige den Grenzwerth Null hat.
Um die zweiten Derivirten von auch für den Fall zu ermitteln, dass der angezogene Punkt im Innern der anziehenden Masse liegt, wollen wir zunächst die Ausdrücke für transformiren und erst nachher die neue Differentiation vornehmen.
Der Ausdruck für lautet:
Nun ist aber, wie man leicht sieht:
Folglich kann man schreiben
(1) |
Die dreifache Integration ist über den ganzen mit anziehender Masse erfüllten Raum auszudehnen. Wir bemerken darüber das Folgende. Das Coordinatensystem sei so gelegt, dass für jeden Punkt im Innern und in der Oberfläche der anziehenden Masse die Coordinaten positiv sind. Nöthigenfalls lässt sich dies durch parallele Verschiebung der Coordinaten-Ebenen erreichen. In der Ebene zeichnen wir ein unendlich kleines Rechteck, dessen Seiten von der Länge und resp. den Axen der und resp. der parallel laufen. Der dem Anfangspunkt zunächst gelegene Eckpunkt habe die Coordinaten . Ueber diesem Rechteck als Basis soll ein gerades Prisma errichtet werden, dessen Seitenkanten parallel zur Axe der laufen. Die Lage des Punktes
wird so gewählt, dass dieses Prisma den mit Masse erfüllten Raum durchdringt. Wir bezeichnen mit und resp. die auf der Axe gezählten Coordinaten der Eintritts- und der Austrittsstelle. Tritt das Prisma öfter ein und aus, so sollen die Abscissen der Eintrittsstellen, die Abscissen der Austrittsstellen sein, und zwar so, dass
Die Bestandtheile des Elementarprisma, welche innerhalb der anziehenden Masse liegen, zerschneiden wir in unendlich viele gerade
Parallelepipeda, jedes vom Inhalte . Der Inhalt eines solchen Parallelepipedon werde multiplicirt mit dem Werthe, welchen die Function in seinem einen Eckpunkte hat.
Das Product
ist das Element des Integrals. Die Integration nach wird ausgeführt, indem man dieses Product fur alle parallelepipedischen Bestandtheile des Elementarprisma bildet, welche innerhalb der anziehenden Masse liegen, und sämmtliche Producte addirt. Die Integration nach und nach besteht darin, dass man die eben besprochene Summe von Producten für alle Elementarprismen herstellt, welche die anziehende Masse überhaupt treffen, und alle diese Summen wiederum durch Addition verbindet.
Wir wollen zunächst die Integration nach ausführen. Das unbestimmte Integral
lässt sich umformen durch Integration nach Theilen, nemlich
(2) |
Diese Formel ist zur Umgestaltung des bestimmten Integrals leicht zu benutzen, wenn die Function innerhalb der Integrationsgrenzen überall endlich und stetig ist. Die Integrale auf der linken und auf der rechten Seite der Gleichung (2) sind dann zwischen denselben Grenzen zu nehmen und von dem freien Gliede hat man die Summe aller Werthe an den oberen Grenzen der Integration zu vermindern um die Summe aller Werthe an den unteren Grenzen. Wir bezeichnen die Werthe von und an den Grenzen der Reihe nach durch Anhängung der betreffenden Indices. Für die Integration nach und nach erhält man demnach das Element
Das Integral ist über alle die Theile des Elementarprisma zu erstrecken, welche innerhalb der anziehenden Masse liegen. Wir bezeichnen nun mit die unendlich kleinen Flächenstücke, welche das Elementarprisma aus der Oberfläche des mit Masse erfüllten Raumes bei seinem Ein- und Austritt herausschneidet und mit die Winkel, welche die nach dem Innern dieses Raumes zu auf errichteten Normalen mit der Axe der positiven einschliessen.
Es ist zu bemerken, dass die Cosinus dieser Winkel an den Eintrittsstellen positiv, an den Austrittsstellen negativ sind. (Fig. 4.) Demnach findet sich
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und das Element der Integration nach und nach lautet jetzt
Die Summe bezieht sich auf alle die Stellen, an
denen das Elementarprisma in den anziehenden Körper ein- und aus ihm austritt. Führt man nun die Integration nach und nach aus, so ergibt sich
(3) |
Das dreifache Integral auf der rechten Seite ist über den ganzen mit Masse erfüllten Raum, das Integral über seine gesammte Oberfläche zu erstrecken.
Die vorgenommene Transformation ist nur dann zulässig, wenn die Function innerhalb des mit anziehender Masse erfüllten Raumes an keiner Stelle unstetig wird. Findet an einzelnen Stellen eine Aenderung sprungweise statt, so hat man von dem Integrationsgebiete zunächst solche Raumtheile auszuschliessen, welche die Unstetigkeitsstellen völlig in sich enthalten. Dann wird man das Integral (1) auf die ausgeschlossenen Raumtheile nicht mit erstrecken und darf deshalb die Transformation vornehmen. Nachher ist die Frage zu beantworten, welchem Grenzwerthe das Resultat der Transformation sich annähert, wenn man die Oberflächen der ausgeschlossenen Gebiete den Unstetigkeitsstellen unendlich nahe rückt.
Wir haben bis jetzt vorausgesetzt, dass die Dichtigkeit des anziehenden Körpers eine endliche und stetige Function des Ortes sei. Diese Voraussetzung soll jetzt noch beibehalten werden. Liegt der angezogene Punkt ausserhalb der anziehenden Masse, so ist für jeden Punkt in ihrem Innern endlich und stetig, und daher kann man die Transformation des vorigen Paragraphen ohne weiteres vornehmen.
Wenn aber der angezogene Punkt im Innern der anziehenden Masse liegt, so wird die Function für ein Element der Integration unendlich gross. Deshalb machen wir den Punkt zum Mittelpunkte einer Kugelfläche vom Radius und schliessen den von ihr begrenzten inneren Raum zunächst von der Integration aus. Dadurch wird die Transformation des vorigen Paragraphen zulässig und man erhält
(1) |
Die dreifachen Integrationen erstrecken sich auf den anziehenden Körper mit Ausnahme der den Punkt enthaltenden Kugel. Das Integral ist auszudehnen über die Oberfläche der anziehenden Masse und über die Oberfläche des ausgeschlossenen kugelförmigen Gebietes. Bezeichnen wir mit den grössten Werth von auf dieser Kugelfläche und beachten, dass in den äussersten Fällen sein kann, so findet sich, dass der von der Kugel herrührende Beitrag zu dem Oberflächen-Integral einen Werth hat, der absolut genommen kleiner ist als
d. h. kleiner als
oder, was dasselbe sagt, kleiner als
Folglich wird dieser Beitrag zu Null für . Nun behalten aber die dreifachen Integrale in (1) bestimmte, endliche Werthe, wenn man den Radius der ausgeschlossenen Kugel zu Null macht. Von dem Integrale links ist dies in §. 6 bewiesen. Für das Integral rechts ergibt sich der Beweis auf demselben Wege, wenn man beachtet, dass im Innern des Integrationsgebietes überall endlich ist. Folglich gilt die Gleichung (1) auch dann noch, wenn man die dreifachen Integrale über den ganzen anziehenden Körper erstreckt und das Integral über seine Oberfläche. D. h. die Gleichung (3) des vorigen Paragraphen bleibt gültig, wenn der angezogene Punkt im Innern der anziehenden Masse liegt. Auf entsprechende Weise kann man auch die Ausdrücke für und transformiren. Bezeichnen die drei Winkel,
welche die auf dem Oberflächen-Element des anziehenden Körpers nach seinem Innern zu errichtete Normale mit den positiven Coordinatenaxen einschliesst, so lauten die Resultate der Transformation:
(2) |
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Diese Gleichungen sind gültig, der angezogene Punkt mag ausserhalb oder innerhalb der anziehenden Masse liegen. Denn für beide Fälle ist die Zulässigkeit der Transformation nachgewiesen. Die einzige Bedingung, die erfüllt sein muss, besteht darin, dass die Dichtigkeit der anziehenden Masse im Innern des von ihr erfüllten Raumes eine stetige Function des Ortes sei.
Nun ist es leicht, die zweiten partiellen Derivirten in einer Form herzustellen, die bestimmte endliche Werthe liefert, der angezogene Punkt mag ausserhalb oder innerhalb der anziehenden Masse liegen. Man erhält
(1) |
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Diese Ausdrücke gehen durch Differentiation aus den Gleichungen (2) des vorigen Paragraphen hervor. Auf der rechten Seite ist die Differentiation unter dem Integralzeichen vorgenommen. Das darf geschehen, weil die Integrale, die daraus hervorgehen, durchaus
bestimmte, endliche Werthe besitzen. Bei den über die Oberfläche ausgedehnten Integralen auf der rechten Seite der Gleichungen (1) sind nemlich sämmtliche Elemente unendlich klein wie , weil wir den angezogenen Punkt ausserhalb oder innerhalb der anziehenden Masse in endlicher, wenn auch noch so kleiner, Entfernung von der Oberfläche voraussetzen. Dass die sämmtlichen Elemente der dreifachen Integrale unendlich klein von dritter Ordnung sind, erkennt man ohne weiteres, wenn der Punkt ausserhalb der anziehenden Masse liegt. Für einen inneren Punkt beweist man es auf dem in §. 6 vorgezeichneten Wege.
Legt man den Punkt in die Oberfläche des anziehenden Körpers, so behalten die Integrale, durch welche die Function und ihre ersten Derivirten ausgedrückt sind, bestimmte, endliche Werthe. Anders ist es aber mit den Integralen auf der rechten Seite der eben hergestellten Gleichungen (1). Die dreifachen Integrale haben zwar auch jetzt noch bestimmte, endliche Werthe. Aber die über die Oberfläche ausgedehnnten Integrale verlieren alle Bedeutung. Soll also von den Derivirten die Rede sein für einen Punkt in der Oberfläche des anziehenden Körpers, so ist darüber noch eine besondere Untersuchung anzustellen.
Die Transformation, welche zu den Gleichungen (2) des vorigen Paragraphen geführt hat und also auch für die Gleichungen (1) dieses Paragraphen die Grundlage bildet, ist nur dann zulässig, wenn die Dichtigkeit der anziehenden Masse eine durchweg stetige Function des Ortes ist. Es kann aber auch der Fall eintreten, dass der anziehende Körper aus einzelnen Bestandtheilen zusammengesetzt ist, so dass in jedem von ihnen die Dichtigkeit endlich und stetig variabel ist, aber beim Uebergange aus einem Bestandtheile in den andern sich sprungweise ändert. Die Trennungsflächen der einzelnen Bestandtheile sind dann Unstetigkeitsstellen der Dichtigkeit. Wir betrachten nun einen Punkt im Innern des anziehenden Körpers. Es ist zu unterscheiden, ob er in endlicher, wenn auch noch so kleiner, Entfernung von den Unstetigkeitsstellen sich befindet oder ob er in eine solche Stelle hineinfällt. Im ersten Falle kann man die anziehende Masse in zwei Bestandtheile zerlegen. Der erste Bestandtheil wird so gewählt, dass er den angezogenen Punkt in sich enthält, aber keine Unstetigkeits- stelle der Dichtigkeit, und dass der Punkt nicht in die Begrenzung dieses Bestandtheils fällt. Was nach Ausschluss des ersten Bestandtheils an Masse noch übrig ist, bildet den zweiten Bestandtheil. Er enthält alle Stellen, an denen die Dichtigkeit sich sprungweise ändert. Dem entsprechend zerfällt auch die Potentialfunction in zwei Bestandtheile
so dass nur von dem ersten, nur von dem zweiten Bestandtheile der anziehenden Masse herrührt. Für den ersten Bestandtheil der Masse ist die Zulässigkeits-Bedingung der Transformation erfüllt. Die Function , ihre ersten und ihre zweiten Derivirten können also durch die Gleichung (4) des §. 6, die Gleichungen (2) des §. 8 und resp. die Gleichungen (1) des §. 9 ausgedrückt werden. Für den zweiten Bestandtheil der anziehenden Masse ist der Punkt ein äusserer Punkt. Die Function und ihre Derivirten der ersten und der zweiten Ordnung werden demnach durch die Gleichungen (5) und (4) des §. 2 und resp. die Gleichungen (1) des §. 3 unzweideutig ausgedrückt. Folglich haben auch die Function und ihre partiellen Derivirten der ersten und der zweiten Ordnung bestimmte, angebbare, endliche Werthe fur jede Lage des inneren Punktes , in welcher er in endlicher, wenn auch noch so kleiner, Entfernung von den Unstetigkeitsstellen der Dichtigkeit bleibt.
Fällt aber der Punkt in eine Unstetigkeitsstelle der Dichtigkeit, so behalten zwar die Function und ihre ersten Derivirten bestimmte, endliche Werthe. Aber die Ausdrücke für die zweiten Derivirten sind unbestimmt. Denn es ist in diesem Falle nicht möglich, um den Punkt herum einen Raum abzugrenzen, für welchen die Transformation des §. 8 zulässig wäre. Die Integrale auf der rechten Seite der Gleichungen (1) des §. 3 oder der Gleichungen (1) des §. 9 sind dann ohne alle Bedeutung.
Handelt es sich also um die Werthe der zweiten Derivirten für den Fall, dass der angezogene Punkt in eine Unstetigkeitsstelle der Dichtigkeit hineinfällt, so ist jedenfalls noch eine besondere Untersuchung anzustellen.
Die Function und ihre ersten Derivirten werden durch Integrale ausgedrückt, die - wie bewiesen - je einen bestimmten endlichen Werth haben, wo auch der angezogene Punkt liegen möge. Dagegen ist von den Integralen, welche die zweiten Derivirten ausdrücken, dieselbe Eigenschaft bis jetzt nur bewiesen, wenn der angezogene Punkt in endlicher, wenn auch noch so kleiner, Entfernung von der Oberfläche des anziehenden Körpers und von den Unstetigkeitsstellen der Dichtigkeit sich befindet. Daraus folgt, dass im ganzen unendlichen Raume eine stetig veränderliche Function von ist, und dass sich stetig ändern, so lange der Punkt in endlicher, wenn auch noch so kleiner Entfernung von der Oberfläche des anziehenden Körpers und von den Unstetigkeitsstellen der Dichtigkeit bleibt. Wir wollen nun beweisen, dass die ersten Derivirten auch dann noch eine stetige Aenderung erleiden, wenn der Punkt durch die Oberfläche des anziehenden Körpers oder durch eine Unstetigkeitsstelle der Dichtigkeit hindurchgeht oder in ihnen verschoben wird. Der Beweis soll zunächst für geführt werden.
Der Punkt liege in einer Fläche, in welcher die Dichtigkeit sich sprungweise ändert, oder in der Oberfläche des anziehenden Körpers. Wir umschliessen ihn mit einer Kugelfläche vom Radius und bezeichnen mit den Raum, welchen diese aus dem anziehenden Körper ausschneidet. Der übrige Theil des anziehenden Körpers sei . Dem entsprechend zerlegen wir auch die Potentialfunction in zwei Bestandtheile
(1) |
so dass nur von der Masse in dem Raume und nur von der Masse in dem Raume herrührt. Für den Raum ist der Punkt ein äusserer Punkt, und daher sind die
ersten Derivirten stetige Functionen von . Es ist also jedenfalls
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Die Derivirte wird ausgedrückt durch das Integral
wenn man die Integration über den Raum ausdehnt. Dieses Integral kann - wie bewiesen - nicht unendlich gross werden, wohin man auch den Punkt im Innern der Kugel vom Radius verlegen möge. Es hat vielmehr einen endlichen Werth, der um so kleiner ist, je kleiner genommen wird. Man kann demnach so klein wählen, dass für jede Lage des angezogenen Punktes im Innern jener Kugel der Werth von kleiner bleibt als eine beliebig kleine Grösse . Verschiebt man also den Punkt beliebig im Innern der Kugel vom Radius , so wird die Aenderung, welche dadurch erfährt, ebenfalls kleiner sein als . Man kann aber kleiner werden lassen als irgend eine angebbare Zahl. Es ist damit nur eine unendliche Abnahme des Radius verbunden.
Folglich ist
(3) |
Aus (3) und (2) ergibt sich ohne weiteres
(4) |
d. h. ist eine überall stetig variable Function.
Auf demselben Wege wird der Beweis für und geführt. Die Function und ihre ersten Derivirten sind also überall endliche und stetige Functionen. Sie erleiden unendlich kleine Aenderungen bei einer unendlich kleinen Verschiebung des Punktes , mag diese Verschiebung innerhalb oder ausserhalb oder in der Oberfläche der anziehenden Masse vorgenommen werden oder durch die Oberfläche hindurchführen.
Der Beweis ist noch anwendbar auf die zweiten partiellen Derivirten, aber nur für solche Lagen des Punktes , für welche die Gleichungen (1) des vorigen Paragraphen gelten. D. h. die zweiten partiellen Derivirten ändern sich stetig bei allen Verschiebungen des Punktes ausserhalb oder innerhalb des anziehenden Körpers, die in endlicher, wenn auch noch so kleiner Entfernung sowohl von der Oberfläche, als auch von den Unstetigkeitsstellen der Dichtigkeit vorgenommen werden.
Errichtet man nun gegen die Oberfläche des anziehenden Körpers in irgend einem Punkte derselben die Normale nach innen und nach aussen, so darf man auf der inneren wie auf der äusseren Normale den Punkt unendlich nahe an die Oberfläche heranrücken lassen, ohne dass die Functionen aufhören, endliche und stetig variable Werthe anzunehmen. Für zwei Lagen des Punktes auf der inneren und auf der äusseren Normale in unendlich kleinem Abstande von der Oberfläche hat jede der vier Functionen zwei Werthe, die nur unendlich wenig abweichen von dem Werthe, welchen sie in dem Fusspunkte der Normale auf der Oberfläche selbst besitzt. Aus diesem Verhalten der Functionen folgt, dass die zweiten Derivirten von nicht unendlich gross werden können, wenn der Punkt auf der inneren oder auf der äusseren Normale unendlich nahe an die Oberfläche heranrückt oder in den Fusspunkt der Normale auf der Oberfläche selbst übergeht. In diesem letztgenannten Punkte verlieren die Ausdrücke, welche wir für die zweiten Derivirten gefunden haben, alle Bedeutung. Das weist darauf hin, dass jede der zweiten Derivirten sich sprungweise ändert, wenn der Punkt beim stetigen Durchlaufen der Normale durch die Oberfläche des anziehenden Körpers von innen nach aussen oder von aussen nach innen hindurchgeht. In dem Beispiele des §. 5 ist diese Eigenschaft der zweiten Derivirten von direct nachgewiesen. Sie lässt sich aber für eine beliebig gestaltete Oberfläche des anziehenden Körpers beweisen. Man hat zu dem Ende, was anlangt, die Integrale auf der rechten Seite der Gleichungen (1) des §. 9 für den Fall zu untersuchen, dass der Punkt auf der äusseren oder auf der inneren Normale unendlich nahe an die Oberfläche heranrückt. Dabei zeigt sich, dass jedes der drei Raumintegrale für beide Lagen des Punktes Werthe von unendlich kleiner Differenz besitzt. Die Grenzwerthe der Oberflächen-Integrate haben aber eine endliche Differenz, und zwar sind die Werthe für den inneren Punkt um resp.
kleiner, als für den äusseren Punkt. Dabei bezeichnen die Winkel, welche die Richtung der nach innen gezogenen Normale mit den positiven Coordinaten-Axen einschliesst, und ist die Dichtigkeit in dem unendlich nahe an der Oberfläche gelegenen inneren Punkte. Der Beweis dieser Behauptung stützt sich im wesentlichen auf Entwickelungen, welche im §. 15 für einen anderen Zweck vorgenommen werden.
Die Durchführung des Beweises kann hier unterbleiben, da von hauptsächlichem Interesse die unstetige Aenderung der Summe ist, und diese lässt sich mit einfacheren Hülfsmitteln nachweisen (§. 13).
Der anziehende Körper werde durch eine innere Scheidungsfläche in zwei getrennte Räume zerlegt, so dass die Dichtigkeit sich stetig ändert in jedem einzelnen der beiden Räume, aber sprungweise beim Durchgange durch die Scheidungsfläche. Errichtet man dann in irgend einem Punkte dieser Fläche nach beiden Seiten hin die Normale und lässt auf ihr von beiden Seiten her den Punkt unendlich nahe an die Scheidungsfläche heranrücken, so wird jede der zweiten Derivirten von sich einem bestimmten endlichen Grenzwerthe unaufhörlich annähern. Aber der Grenzwerth irgend einer von den zweiten Derivirten in unendlich kleinem Abstande von der Scheidungsfläche ist auf der einen Seite verschieden von dem Grenzwerthe auf der anderen Seite. Jede von den zweiten Derivirten ändert sich sprungweise, wenn der Punkt beim stetigen Durchlaufen der Normale durch jene Fläche hindurchgeht. In der Scheidungsfläche selbst sind die Ausdrücke für die zweiten Derivirten von ohne alle Bedeutung.
Nach dieser Orientirung über das Verhalten der zweiten Derivirten kommt es darauf an, die Summe
für einen Punkt im Innern des mit Masse erfüllten Körpers zu ermitteln. Wir gelangen dazu mit Hülfe eines von Gauss aufgestellten allgemeinen Satzes, welcher zunächst entwickelt werden soll.
Wir denken uns nun die gesammte anziehende Masse, die gleich der Einheit genommen werden möge, in einem Punkte concentrirt, der entweder innerhalb oder ausserhalb oder in der Oberfläche des Raumes T liegen soil. Der Punkt übt auf den Punkt eine Anziehung, deren Componente in der Richtung der wachsenden mit bezeichnet werden möge. Man findet
(1) |
wenn den Abstand des Punktes von dem Punkte bezeichnet, also
(2) |
Die Linie ist von dem Punkte nach dem Punkte hingezogen, und unter ist der Winkel zu verstehen, welchen diese Richtung mit der Richtung der wachsenden einschliesst. Für den Cosinus dieses Winkels ergibt sich
Mit soll ein Element der Oberflache von bezeichnet werden, und der Punkt soll in der Begrenzungslinie dieses Elementes liegen, so dass für ihn ist. Es handelt sich darum, den Werth des Integrals
(3) |
zu ermitteln, wenn die Integration über die ganze Oberfläche von erstreckt wird. Zu dem Ende betrachten wir als die Basisfläche eines Kegels, dessen Spitze im Punkte liegt. Die conische Oberfläche wird dadurch erzeugt, dass man einen von ausgehenden beweglichen Radius vector längs der Begrenzung von hingleiten lässt. Beschreibt man nun (Fig. 6.) um als Mittelpunkt mit dem Radius eine Kugelfläche, so schneidet der eben construirte Kegel aus ihr ein Flächenelement heraus, welches als die rechtwinklige Projection von angesehen werden kann. Denn wegen der unendlich kleinen Dimensionen darf man sowohl , wie das Element der Kugelfläche als ebene
Flächen ansehen. Die Erzeugenden des Kegels sind dann die projicirenden Strahlen. Sie stehen als Radien sämmtlich rechtwinklig
auf der Kugelfläche. Man erhält also das Element der Kugelfläche, indem man mit dem Cosinus des spitzen Winkels multiplicirt, welchen die im Punkte errichteten Normalen der Kugel und des Flächenelementes einschliessen, d. h. mit dem absoluten Werthe von . Das Element, welches der Kegel aus der Kugelfläche vom Radius ausschneidet, ist demnach
und es gilt das negative oder das positive Zeichen, je nachdem der von ausgehende Radius vector an der Stelle in den Raum eintritt oder aus ihm austritt. Die Richtigkeit dieser Vorzeichen-Bestimmung ist leicht einzusehen. Die Richtung der wachsenden schliesst nemlich spitze Winkel ein mit allen geraden Linien, die vom Punkte aus nach dem Innern des Raumes gezogen werden, und stumpfe Winkel mit allen Linien, die vom Punkte nach aussen gehen. Der von
nach gezogene Radius vector ist aber der Richtung von gerade entgegengesetzt.
Legt man nun um den Punkt als Mittelpunkt eine zweite Kugelgläche mit der Längeneinheit als Radius, so schneidet aus dieser der Kegel ein Element heraus, dessen Inhalt sich berechnet
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Der eben betrachtete Kegel kann die Oberfläche des Raumes öfter treffen. Dann ist die centrale Projection aller ausgeschnittenen Oberflächen-Elemente, und es ist in der Gleichung (4) das negative oder das positive Vorzeichen gültig, je nachdem das Element an einer Eintritts- oder an einer Austrittsstelle liegt.
Der Punkt befinde sich zunächst im Innern des Raumes . Dann tritt der Kegel einmal öfter aus als ein.
Jede Austritts- und jede Eintrittsstelle liefert einen Beitrag zu dem Integral (3), und zwar sieht man aus Gleichung (4), dass dieser Beitrag gleich ist an allen Austrittsstellen und gleich an allen Eintrittsstellen. Der Inbegriff aller Beiträge, welche die durch den Kegel ausgeschnittenen Oberflächen-Elemente liefern, ist demnach
Denn der Beitrag jeder Eintrittsstelle hebt den Beitrag der vorhergehenden Austrittsstelle auf und es bleibt nur der Beitrag der letzten Austrittsstelle übrig. Der Werth des Integrals (3) ist also
(5) |
wenn man das letztere über alle die Stellen der Kugel vom Radius 1 erstreckt, welche Projectionen von Oberflächen-Elementen des Raumes sind. Da aber der Punkt im Innern des Raumes liegt, so kann der Elementarkegel durch kein Element der Kugelfläche vom Radius 1 hindurchgehen, ohne irgendwo auch die Oberfläche von zu durchschneiden. D. h. das Integral (5) ist über die ganze Kugelfläche zu erstrecken, und folglich hat man
(6) |
wenn der Punkt im Innern des Raumes liegt.
Nimmt man aber zweitens den Punkt ausserhalb des Raumes , so trifft der Elementarkegel die Oberfläche von entweder gar nicht, oder er tritt ebenso oft aus wie ein. Jede Eintrittsstelle liefert zu dem Integral (3) auch hier den Beitrag , und jede Austrittsstelle den Beitrag . Folglich heben sich die Beiträge auf, welche von jedem einzelnen Elementarkegel herrühren, und man hat
(7) |
wenn der Punkt ausserhalb des Raumes liegt.
Wenn drittens der Punkt in der Oberfläche des Raumes genommen wird, und zwar an einer stetig gekrümmten Stelle, so zerschneidet die Tangentialebene dieses Punktes die Kugelfläche vom Radius 1 in zwei Halbkugeln. Die eine Halbkugel wird von allen den Elementarkegeln getroffen, deren Erzeugende anfänglich innerhalb des Raumes verlaufen. Die andere Halbkugel wird von allen den Elementarkegeln getroffen, deren Erzeugende anfänglich ausserhalb des Raumes liegen. Rücksichtlich der ersteren ist der Punkt anzusehen als innerhalb des Raumes liegend, rücksichtlich der letzteren als ausserhalb liegend. Folglich erhält man
(8) |
wenn der Punkt an einer stetig gekrümmten Stelle der Oberfläche des Raumes sich befindet.
Liegt endlich der Punkt in einer Kante oder einer Spitze der Oberfläche von , so sieht man leicht, dass das Integral (3) gleich demjenigen Theil der Kugelfläche vom Radius 1 ist, für welchen die schneidenden Elementarkegel anfänglich innerhalb des Raumes liegen. Um die Begrenzung dieses Flächentheils zu finden, braucht man nur im Punkte den Tangentenkegel der Oberfläche von zu construiren. Diese Kegelfläche schneidet die Kugel in der gesuchten Begrenzungslinie.
Der Satz dieses Paragraphen rührt von Gauss her. Soweit er sich in den Gleichungen (6), (7), (8) ausspricht, bildet er das Theorema 4 der Abhandlung: Theoria attractionis corporum sphaeroidicorum ellipticorum homogeneorum methodo nova tractata.*)[3] Den letzten Zusatz hat Gauss später gemacht im 22. Artikel der Abhandlung: Allgemeine Lehrsätze in Beziehung auf die im verkehrten Verhältnisse des Quadrats der Entfernung wirkenden Anziehungs- und Abstossungskräfte.**)[4]
Wir wollen das Resultat des vorigen Paragraphen verallgemeinern. Vorab werde folgende Bemerkumg gemacht. Wir haben einen beliebig, aber vollständig begrenzten Raum betrachtet und ihn mit bezeichnet. Ein Element dieses Raumes soll nun mit bezeichnet werden. Der Ausdruck für ist ein anderer, je nachdem man andere Coordinaten nimmt. So hat man z. B.
für rechtwinklige Coordinaten, dagegen
für Kugel-Coordinaten.
Ein Flächen-Element wollen wir mit bezeichnen und ein Linien-Element mit . Die Ausdrücke für und für sind ebenfalls abhängig von der Wahl der Coordinaten.
Bisher ist fast ausschliesslich der Fall betrachtet, dass die anziehende Masse über einen Raum von drei Dimensionen stetig vertheilt ist, und dass nur in einem Raume von endlicher Grösse sich eine endliche Masse befindet. Der Allgemeinheit wegen sollen aber auch die beiden abstracten Fälle mit berücksichtigt werden, dass die Masse in einer Fläche oder in einer Linie stetig ausgebreitet ist, und dass in einer Fläche von endlicher Grösse oder resp. in einer Linie von endlicher Grösse eine endliche Masse zu finden ist. Bezeichnet man mit ein Massenelement und mit die Dichtigkeit, so hat man
(1) |
bei räumlicher Vertheilung der Masse; dagegen
(2) |
bei der Vertheilung auf einer Fläche; und endlich
(3) |
bei der Vertheilung auf einer Linie. Dabei ist resp. mit , , ein Element des Raumes, oder der Fläche oder der Linie bezeichnet, über welche die Masse vertheilt ist. Jedenfalls ist die Componente der Anziehung, welche auf den Punkt in der Richtung der wachsenden ausgeübt wird:
(4) |
Wir wollen nun wieder den Punkt in die Oberfläche eines beliebig, aber völlig, begrenzten Raumes legen und das Integral
über die ganze Oberfläche von erstrecken. Es ist
oder, wenn man in der umgekehrten Reihenfolge integrirt:
Wir haben aber im vorigen Paragraphen bewiesen, dass das Integral
den Werth oder hat, je nachdem der Punkt , in welchem das Massenelement concentrirt gedacht wird, ausserhalb oder innerhalb des Raumes T liegt. Folglich ist
und man hat die Integration rechts nur über die Massenelemente zu erstrecken, welche innerhalb liegen. Bezeichnet man mit die gesammte Masse, welche innerhalb liegt, so ergibt sich
(5) |
Dies Resultat bezieht sich auf den Fall, dass die anziehende Masse über einen Raum oder über eine Fläche oder über eine Linie vertheilt ist, und dass ein endlicher Theil davon in das Innere des Raumes fällt, in den beiden letzten Fallen aber kein endlicher Theil in die Oberfläche von .
Ist die Masse über eine Fläche oder eine Linie ausgebreitet, die nicht im Innern des Raumes , sondern in seiner stetig gekrümmten Oberfläche liegt, so erhält man
(6) |
Ist die Masse über eine Kante der Oberfläche von vertheilt, so hat man sie in Linienelemente zu zerlegen. Die Masse eines solchen Linienelementes kann man sich in einem Punkte desselben concentrirt denken. Fur diesen Punkt hat man das Integral
(7) |
nach Anleitung des vorigen Paragraphen zu ermitteln. Der Werth des Integrals ist mit zu multipliciren und hierauf eine neue Integration über die mit Masse erfüllte Kante auszuführen.
Wenn endlich die Masse in einem Punkte concentrirt ist, der entweder an einer stetig gekrümmten Stelle oder in einer Kante oder Spitze der Oberfläche von liegt, so hat man wieder den Werth des Integrals (7) nach dem Satze des vorigen Paragraphen zu ermitteln und diesen mit zu multipliciren.
Beispielsweise sei der Raum ein rechtwinkliges Parallelepipedon. Befindet sich in seinem Innern die endliche Masse , dagegen keine Masse in der Oberfläche, so ist
Ist die Masse über die Oberfläche ausgebreitet, aber im Innern und in den Kanten und Ecken keine endliche Masse vorhanden, so hat man
Ist die Masse M allein über die Kanten vertheilt, so findet sich
Wenn endlich nur in den Eckpunkten sich Masse befindet, deren gesammtes Quantum ist, so ist
Es ist nicht unwichtig, hier noch eine Bemerkung zu machen. Versteht man unter die Potentialfunction der anziehenden Masse auf den Punkt , so hat man
(8) |
Für jede Lage des Punktes , in welcher die Componente der Anziehung einerseits, der Differentialquotient andererseits je einen bestimmten Werth haben, ist
(9) |
Trifft dies an jeder Stelle der Oberfläche von ein, so kann man in dem Satze dieses Paragraphen statt auch schreiben . Es trifft ein, wenn kein endlicher Theil der Masse in der Oberfläche von gelegen ist. Wir werden aber im §. 14 sehen, dass es nicht mehr eintrifft, wenn eine endliche Masse in der Oberfläche von vertheilt ist. Es muss aber betont werden, dass der Satz dieses Paragraphen sich auf die Componente der Anziehung bezieht. Der Satz rührt von Gauss her.*)[5]
Die Masse sei in einem Raume von drei Dimensionen stetig vertheilt. Im Innern dieses Raumes betrachten wir ein gerades
für die andere
. |
Folglich liefern die beiden eben betrachteten Flächen zu dem Integral
(1) |
den Beitrag
Ebenso findet sich
als der Beitrag, welchen die beiden zur Axe rechtwinkligen Begrenzungsflächen liefern, und
als der Beitrag, welcher von den beiden zur Axe rechtwinkligen Begrenzungsflächen herrührt. Das Integral (1), über die ganze Begrenzung des Parallelepipedon erstreckt, hat also den Werth
(2) |
Dabei ist vorausgesetzt, dass je einen bestimmten endlichen Werth haben, dass also der Punkt weder in der Oberfläche des anziehenden Körpers noch in einer Unstetigkeitsstelle der Dichtigkeit liege.
Nach dem Satze des vorigen Paragraphen ist das Integral (1) gleich
(3) |
wenn mit die Dichtigkeit im Punkte bezeichnet wird. Folglich erhält man aus (2) und (3)
(4) |
Dies ist die Verallgemeinerung des Satzes von Laplace. Wir haben sie an einem Beispiele bereits in §. 5, Gleichung (8) kennen gelernt. Hier ist sie für jeden Punkt bewiesen, der innerhalb eines beliebig gestalteten, mit Masse erfüllten Raumes liegt,
nur nicht in der Oberfläche und nicht in einer Unstetigkeitsstelle der Dichtigkeit.
Wir betrachten den abstracten Fall, dass die Masse über eine Fläche stetig vertheilt ist. Ein Punkt der Fläche habe die Coordinaten . Die Dichtigkeit an dieser Stelle sei . Wir verstehen darunter den Quotienten, der sich ergibt, wenn die Masse des an anstossenden Flächen-Elementes durch den Inhalt dieses Elementes dividirt wird. Die Dichtigkeit soll in keinem Punkte der Fläche unendlich gross sein und, wenn nichts anderes ausdrücklich gesagt ist, sich überall stetig ändern. Dann haben wir
(1) |
und die Integration ist über die ganze anziehende Fläche zu erstrecken.
Liegt der angezogene Punkt ausserhalb der anziehenden Fläche in endlichem, wenn auch noch so kleinem Abstände von derselben, so haben und ihre Derivirten bestimmte, endliche Werthe, und die Untersuchung bietet nichts neues dar. Wir wenden uns deshalb zu dem Falle, dass der Punkt in der anziehenden Fläche selbst liegt, oder dass er auf der Normale von der einen oder von der anderen Seite in die Fläche hineinrückt.
Von jedem Punkte der Fläche aus verläuft die unbegrenzte Normale nach zwei entgegengesetzten Richtungen, die wir als positiv und negativ unterscheiden. Ist für irgend einen Punkt der Fläche festgesetzt, nach welcher Seite hin die Normale positiv genannt werden soll, so hat man damit über die positiven Normalen aller anderen Punkte der Fläche entschieden. Verschiebt man nemlich die positive Normale eines Punktes so, dass ihr Fusspunkt in der Fläche sich bewegt und sie selbst stets normal zur Fläche bleibt, so fällt sie der Reihe nach mit den positiven Normalen aller der Punkte zusammen, welche ihr Fusspunkt in der Fläche durchläuft. Um einen Punkt herum, in welchem die Fläche stetig gekrümmt ist, kann man auf derselben immer in endlichem Abstande eine Begrenzung so zeichnen, dass die positiven Normalen aller Punkte des umgrenzten Gebietes spitze Winkel mit einander bilden.
Auf der unbegrenzten Normale einer Fläche wollen wir von dem Fusspunkte aus eine veränderliche Strecke mit bezeichnen. Die Grösse ist positiv oder negativ, je nachdem die Strecke von dem Fusspunkte aus auf der positiven oder auf der negativen Normale abgetragen ist. Auf jeder Normale gibt es hiernach nur eine Richtung der wachsenden , und in dieser Richtung ist der positive Zuwachs zu rechnen.
Wir legen nun den Anfangspunkt der Coordinaten in den Punkt der Fläche, in welchen der angezogene Punkt hineinrücken soll. Die Axe der positiven werde in die positive Normale gelegt, die Axen der und der in die Tangentialebene. Es sei der Winkel, welchen die auf errichtete positive Normale mit der Axe der positiven einschliesst. Um den Anfangspunkt der Coordinaten herum grenzen wir ein endliches Gebiet der Fläche so ab, dass innerhalb desselben endlich und stetig variabel ist. Der Theil der Potentialfunction , welcher von diesem Gebiete herrührt, werde mit , der übrige Theil mit bezeichnet. Für die anziehende Masse, von welcher herrührt, ist der Punkt ein äusserer und daher ist die Function mit allen ihren Derivirten endlich und stetig variabel. Es kömmt also nur noch auf an.
In der Ebene führen wir Polar-Coordinaten ein, so dass
|
Für einen Punkt innerhalb des Gebietes, welches den Anfangspunkt der Coordinaten in sich enthält, kann man ein angrenzendes Flächenelement ausdrücken durch
Alsdann findet sich
(2) |
Das Gebiet, von welchem herrührt, habe in der Ebene eine Kreisfläche vom Radius zur Projection. Dann ist in (2) die In-
tegration von bis in Beziehung auf und von bis in Beziehung auf auszudehnen. Nun lässt sich leicht zeigen, dass einen bestimmten, endlichen Werth hat. Denn zunächst ist die Function innerhalb der Integrationsgrenzen überall endlich. Für wird freilich auch , wenn man den angezogenen Punkt auf der Normale des Anfangspunktes der Coordinaten in diesen selbst hineinrücken lässt. Aber der Bruch kann in die Form gebracht werden
Für ist auch . Lassen wir nun auch in Null übergehen, so nimmt der positive Bruch die Form an. Welchen Werth er aber auch haben möge, so sieht man doch, dass nicht unendlich werden kann. Die Function unter dem Integralzeichen in (2) ist also innerhalb des Integrationsgebietes überall endlich, und deshalb hat auch das Integral einen durchaus bestimmten endlichen Werth.
Behält man auf der Fläche dasselbe abgegrenzte Gebiet, von welchem die Potentialfunction herrührt, bei, lässt aber den angezogenen Punkt von aussen her an eine andere Stelle dieses Gebiets rücken, so nimmt auch einen anderen, jedenfalls aber einen bestimmten, endlichen Werth an. Es lässt sich demnach eine Grösse angeben, die nicht unendlich gross ist und so beschaffen, dass
an welcher Stelle des abgegrenzten Gebietes der angezogene Punkt liegen möge. Wird dieser Punkt unendlich wenig in der Fläche verschoben, so gilt für die dadurch entstehende Aenderung um so mehr die Ungleichung
Die Grösse lässt sich aber kleiner und kleiner machen und dem Grenzwerthe Null unaufhörlich annähern. Dazu hat man nur nöthig, den Radius unaufhörlich abnehmen zu lassen. Folglich ist
Von ist schon oben nachgewiesen, dass es endlich und stetig variabel ist. Folglich ist auch
d. h. die Function ist endlich, wenn auch der Punkt in die anziehende Fläche hineinfällt, und der Werth von ändert sich stetig, wenn der Punkt in der Fläche stetig verschoben wird. Bezeichnen wir mit eine unendlich kleine Verschiebung in der Fläche, so hat der Differentialquotient einen bestimmten, endlichen Werth. Er ist nur unendlich wenig von den Werthen verschieden, welche derselbe Differentialquotient annimmt, wenn der Punkt auf der einen oder auf der anderen Seite unendlich nahe an der Fläche liegt. Der Differentialquotient ist identisch mit der Componente der Anziehung in der Richtung von , so lange der Punkt nicht in der Fläche liegt. Fällt aber der Punkt in die Fläche, so ist zwischen dem Differentialquotienten und der Componente der Anziehung zu unterscheiden. Jener behält, wie eben bewiesen, einen bestimmten angebbaren Werth. Diese wird völlig unbestimmt, weil das Integral, durch welches sie ausgedrückt wird, jede Bedeutung verliert, sobald der angezogene Punkt in die anziehende Fläche fällt.
Fasst man aber eine Verschiebung auf der Normale ins Auge, so findet sich, dass die Componente der Anziehung in der Richtung dieser Verschiebung und die Derivirte in derselben Richtung identisch sind, falls der Punkt auf der positiven oder der negativen Normale der Fläche unendlich nahe genommen wird. Legt man ihn aber in die Fläche selbst, so hat die Componente der Anziehung einen bestimmten Werth, die Derivirte ist dagegen völlig unbestimmt.
Um dies zu beweisen, errichten wir auf der Stelle, in welche der Punkt hineinrücken soll, die Normale und tragen auf ihr die unendlich kleinen Strecken und ab. Die Componente der Anziehung in der Richtung der positiven Normale werde resp. mit bezeichnet, je nachdem der angezogene Punkt auf der Normale in ihrem Fusspunkte liegt oder um die Strecke oder von dem Fusspunkte entfernt. Ein Flächenelement, in dessen Begrenzung der Fusspunkt der Normale
liegt, werde mit bezeichnet. Wir nehmen die Begrenzung von zur Directrix einer Cylinderfläche, deren Erzeugende zu der Normale parallel läuft, und legen zwei Schnittebenen rechtwinklig zur Normale (Fig. 8) im Abstande und resp. von dem Fusspunkte. Dadurch werden zwei unendlich kleine cylindrische Räume abgegrenzt, deren gemeinschaftliche Basisfläche ist, und die nach der Seite der positiven und resp. der negativen Normale zu liegen. Auf jeden dieser beiden Räume wenden wir den Satz von Gauss (§. 12) an. Der Beitrag, welchen die cylindrischen Mantelflächen zu dem Integral liefern, kann vernachlässigt werden, weil wir die Höhe so klein nehmen, dass das Verhältnis der Mantelflächen zu unendlich klein wird. Betrachten wir zuerst den Cylinder, welcher nach der Seite der positiven Normale liegt, so liefert die Basisfläche zu dem Integral den Beitrag
denn die auf nach dem Innern des Cylinders gezogene Normale fällt mit der positiven Normale der anziehenden Fläche zusammen. Die Gegenfläche liefert den Beitrag
denn ihre nach dem Innern des Cylinders gezogene Normale fällt in die Richtung der negativen Normale der anziehenden Fläche. Im Innern des Cylinders ist keine anziehende Masse vorhanden, sondern nur in seiner einen Begrenzungsfläche . Das Quantum dieser Masse ist , wenn mit die Dichtigkeit im Fusspunkte der Normale bezeichnet wird. Der Satz von Gauss lautet hier also
und daraus findet sich
(3) |
In derselben Weise wenden wir den Satz von Gauss auf den zweiten Cylinder an, der nach der Seite der negativen Normale liegt. Hier ergibt sich
d. h.
(4) |
Die Componente der Anziehung in der Richtung der positiven Normale nimmt also sprungweise um ab, wenn der angezogene Punkt von der Seite der negativen Normale in die Fläche eintritt, und aufs neue um , wenn er aus der Fläche nach der Seite der positiven Normale austritt.
Was nun den Differentialquotienten betrifft, so hat man
(5) |
Denn so lange der Punkt ausserhalb der Fläche liegt, haben die ersten Differentialquotienten von einerseits und die Componenten der Anziehung andererseits bestimmte, endliche Werthe, und wo dies der Fall ist, gelten die Gleichungen (5). Fällt aber der Punkt in die Fläche hinein, so hat der Differentialquotient keinen bestimmten Werth mehr. Er ist gleich oder gleich , je nachdem man den Punkt auf der positiven oder auf der negativen Normale in deren Fusspunkt hineinrücken lässt, d. h. eben: sein Werth ist unbestimmt.
Aus den Gleichungen (3), (4), (5) folgt noch
(6) |
Der Differentialquotient nimmt also sprungweise um ab, wenn der Punkt von der Seite der negativen Normale nach der Seite der positiven Normale durch die Fläche hindurchgeht.
Wir haben den Anfangspunkt der Coordinaten an die Stelle der anziehenden Fläche gelegt, in welche der angezogene Punkt hineinrücken soll, die Axe der positiven in die positive Normale, die Ebene in die Tangentialebene. Die Componente der Anziehung in der Richtung der positiven Normale, die wir im vorigen Paragraphen mit bezeichnet haben, ist fur dieses Coordinatensystem dasselbe wie und wird ausgedriickt durch das Integral
(1) |
welches über die ganze anziehende Fläche zu erstrecken ist. Grenzt man nun auf der Fläche ein Gebiet ab, welches den Anfangspunkt der Coordinaten in sich enthält, und dessen Begrenzungslinie von diesem Punkte überall endlichen Abstand hat, so kann man das Integral in zwei Bestandtheile zerlegen. Für den ersten Bestandtheil wird die Integration über das abgegrenzte Gebiet erstreckt, für den zweiten Bestandtheil über die ganze Fläche ausserhalb des abgegrenzten Gebietes. Der angezogene Punkt soll auf der Axe der liegen, jedenfalls in endlicher Entfernung von allen Punkten des äusseren Gebietes. Danach sieht man, dass der zweite Bestandtheil des Integrals eine endliche Function ist, die sich überall stetig ändert, selbst dann noch, wenn der angezogene Punkt beim stetigen Durchlaufen der Axe von der negativen Seite durch den Nullpunkt auf die positive Seite übergeht. Diese stetige Function soll mit bezeichnet werden (functio continua). Das abgegrenzte Gebiet, über welches bei dem ersten Bestandtheil von die Integration zu erstrecken ist, werde so gewählt, dass seine Projection in der Ebene einen Kreis vom Radius einfach bedeckt, und dass innerhalb der Integrationsgrenzen der Quotient überall endlich und stetig variabel ist. Führen wir dann für das abgegrenzte Gebiet dieselben Coordinaten ein, wie in Gleichung (2) des vorigen Paragraphen, so ergibt sich
(2) |
Dabei ist und Wir wollen
zur Abkürzung setzen. Zunächst ist das Integral
(3) |
zu untersuchen. Wir haben
folglich
Multiplicirt man hier auf beiden Seiten mit und integrirt, so findet sich
Den ersten Bestandtheil der rechten Seite transformiren wir durch Integration nach Theilen:
Demnach ist
d. h. kürzer
Handelt es sich um die bestimmte Integration zwischen den Grenzen und , so hat man den Werth von an diesen Grenzen zu ermitteln. Für ist , folglich
Ferner ist für auch und deshalb:
Nehmen wir , so ist
Es fragt sich also, was aus wird für . Wir legen eine Ebene, welche die Axe der in sich enthält und mit der Axe
für |
Folglich lautet das Ergebnis
An der oberen Grenze sei . Die Grössen und sind endliche und stetige Functionem von . Man findet also
(4) |
und die Constante hat den Werth oder oder , je nachdem positiv oder negativ oder Null ist. Die Function hat immer einen endlichen Werth, der sich nur unendlich wenig ändert, wenn von unendlich kleinen negativen durch Null zu unendlich kleinen positiven Werthen übergeht.
Es bleibt noch übrig, die beiden Integrale auf der rechten Seite der Gleichung (4) zu untersuchen. Wir zerlegen das Intervall von bis in zwei, nemlich von bis zu einer beliebig kleinen Grösse und von bis . Die Grösse soll so klein gewählt werden, dass zwischen und sein Vorzeichen nicht ändert. Da ein echter Bruch ist, auch für , so ist der absolute Werth des Integrals
jedenfalls kleiner als der absolute Werth von
d. h. kleiner als der absolute Werth der Differenz . Nun ist aber stetig variabel, folglich kann diese Differenz durch unendliches Abnehmen von kleiner gemacht werden als irgend eine angebbare Zahl. Um so mehr wird
(5) |
beim unendlichen Abnehmen von unter jeden angebbaren Werth herabsinken.
Das Integral
(6) |
hat einen endlichen Werth, der mit sich stetig ändert, auch für und für unendlich kleine positive oder negative . Denn eine Aenderung von bewirkt unter dem Integralzeichen nur eine
Aenderung des Factors . So lange einen endlichen Werth hat, nimmt dieser Factor Werthe an, die sich nur unendlich wenig unterscheiden, man möge oder unendlich klein nehmen. Bei unendlich abnehmendem hat man aber
d. h. da ist:
Man kann aber bei eimem gegebenen unendlich kleinen das unendlich kleine so wählen, dass ist. Innerhalb der Integrationsgrenzen und ist demnach für ein unendlich kleines
gleichgültig, ob oder ist. Damit ist die eben behauptete Eigenschaft des Integrals (6) bewiesen auch für ein unendlich abnehmendes . Wir gehen über zu dem Integral
(7) |
Da ist für , so kann man im allgemeinen setzen
wobei eine positive Constante und eine Function von und bedeutet, die innerhalb der Integrationsgrenzen überall von Null verschieden, endlich und stetig variabel ist. Daher findet sich
ist ein echter Bruch, der sich für und dem Grenzwerthe annähert. Also ist innerhalb der Integrationsgrenzen endlich. Der grösste Werth dieser Function sei .
Dann haben wir
und man sieht, dass durch unaufhörliches Abnehmen von der Werth des Integrals (7) unter jede angebbare Zahl herabsinkt. Der Werth dieses Integrals ist demnach für ein unendlich kleines davon unabhängig, ob oder gleich genommen wird.
Das Integral
(8) |
hat für ein endliches einen bestimmten, endlichen Werth, der
sich nur unendlich wenig ändert, wenn von unendlich kleinen negativen Werthen durch Null zu unendlich kleinen positiven Werthen übergeht. Lässt man aber die untere Grenze unendlich klein werden, so kommen zu dem Integral nur solche Beiträge hinzu, deren Inbegriff selbst unendlich klein ist, und die deshalb auch bei einer Aenderung von einen wesentlichen Einfluss nicht ausüben.
Nach diesen Erörterungen kann man nun in Gleichung (4) auf beiden Seiten mit multipliciren und hierauf in Beziehung auf von bis integriren. Die rechte Seite gibt dann den Werth von . Auf diese Weise bestätigt sich der Satz des vorigen Paragraphen über die sprungweise eintretende Aenderung der zur Fläche normalen Componente der Anziehung.
Es muss noch erwähnt werden, dass in einem Ausnahmefalle das Integral
keinen endlichen Werth behält, nemlich wenn für der Differentialquotient wird wie . Setzt man
so ist
Daraus folgt, dass das unbestimmte Integral eine Function von ist, die für unendlich gross wird wie . Das bestimmte Integral hat also keinen angebbaren Werth. Dieser Ausnahmefall darf aber ohne Nachtheil von der Untersuchung ganz ausgeschlossen werden.*)[6]
Wir gehen zu dem abstracten Falle über, dass die Masse in einer Linie vertheilt ist. Unter der Dichtigkeit im Punkte dieser Linie verstehen wir den Quotienten, den man erhält, wenn die Masse des an den Punkt anstossenden Linienelementes durch die Länge dieses Elementes dividirt wird. Die Dichtigkeit soll in jedem Punkte der Linie endlich sein und, wenn nichts anderes ausdrücklich gesagt ist, an keiner Stelle sich sprungweise ändern.
Zunächst nehmen wir den einfachsten Fall, dass die Masse mit constanter Dichtigkeit in einer unbegrenzten geraden Linie vertheilt ist. Wir legen in sie die Axe der . Das an den Punkt anstossende Massenelement ist . Die Entfernung von dem angezogenen Punkte ist . Statt mit darf man auch mit multipliciren und hat demnach
(1) |
Denn die Derivirten dieser Function nach oder nach oder nach sind dieselben, als wenn unter dem Integral einfach stände. Die Function wird eingeführt, weil das Integral
keine Bedeutung mehr hat, wenn die Grenzen und genommen werden. Man hat deshalb so einzurichten, dass das Integral (1) einen bestimmten, angebbaren Werth erhalte. Wir setzen
für
|
und verstehen unter eine beliebige endliche, positive Grösse. Die unbestimmte Integration
lässt sich ausführen. Man erhält
und daher ergibt sich
(2) |
Auf demselben Wege berechnet man
|
folglich
(3) |
|
Endlich gelangt man durch einfache Umformungen zu der Gleichung
(4) |
Aus (2), (3), (4) setzt sich das Integral auf der rechten Seite von (1) durch Addition zusammen. Das Resultat lautet:
Die willkürliche Zahl darf man nun setzen. Dann wird
(5) |
oder, wenn man den Abstand des Punktes von der anziehenden Linie mit bezeichnet:
(6) |
Die Potentialfunction ist hier also von unabhängig und daher die Componente der Anziehung in der Richtung parallel zur anziehenden Linie gleich Null. Dies war bei dem unbegrenzten Verlauf der Linie und der constanten Dichtigkeit ihrer Masse vorauszusehen. Man hätte auch den Anfangspunkt der Coordinaten auf der Axe der so verschieben können, dass der angezogene Punkt in die neue Ebene fällt. Dadurch wird und geht über in . Die Integration in (1) bleibt aber von bis zu erstrecken.
Von der Richtigkeit der Gleichung (6) kann man sich auch auf folgendem Wege überzeugen. Man nehme ausser dem Punkte noch einen Punkt und bezeichne die Potentialfunction der anziehenden Linie auf den ersten Punkt mit , auf den anderen mit . Setzt man und , so hat man
(7) |
Die Integration erstrecken wir zunächst von bis und suchen den Grenzwerth für . Nun ist aber
folglich
für , d. h.
(8) |
Da aber nur von und nur von abhängig ist, so zerfällt die Gleichung (8) in die beiden folgenden:
Die Constante hat in beiden Gleichungen denselben Werth. Es kömmt aber auf sie gar nichts an. Man darf sie also auch setzen und erlangt so wieder die Gleichung (6).
Uebrigens ist es auch leicht, die Potentialfunction für den Fall herzustellen, dass die Masse mit constanter Dichtigkeit über einen endlichen Theil der Axe (von bis ) vertheilt ist. Man erhält
(9) |
Die Integration lässt sich ausführen. Wir bringen das Resultat in drei verschiedene Formen, je nachdem oder oder ist, nemlich
(10) |
für ; dagegen
(11) |
fur ; und endlich
(12) |
für .
Lässt man in (12) werden, d. h. den angezogenen Punkt in die anziehende Linie fallen, so wird unendlich wie , also gerade so wie bei der unbegrenzten anziehenden Linie.
Die anziehende Masse sei über eine krumme Linie vertheilt. Wir bezeichnen mit s die Länge des Bogens von dem Anfangspunkte der Curve bis zum Punkte . Im Endpunkte sei . Die Dichtigkeit wird als eine stetige Function von vorausgesetzt. Wir legen den Anfangspunkt der Coordinaten in einen Punkt der Curve, in welchem die Krümmungsradien nicht unendlich klein sind. Die Tangente der Curve in diesem Punkte wählen wir zur Axe der . Der angezogene Punkt soll in der Ebene liegen. Es handelt sich hauptsächlich um die Frage, was aus der Potentialfunction wird, wenn der angezogene Punkt unendlich nahe an den Anfangspunkt der Coordinaten heranrückt.
Wir haben
(1) |
(2) |
Zur Abkürzung werde gesetzt. Bezeichnen wir mit die Dichtigkeit im Anfangspunkte der Coordinaten, so lässt sich leicht beweisen, dass für die Function unendlich wird wie . Um den Beweis zu führen , bringen wir zunächst in die Form
(3) |
Hier sind und die Werthe von für und resp. , und ist der Winkel, welchen die Tangente der Curve mit der
Axe der positiven einschliesst. Denken wir uns nun die Axe der von der Stelle bis zu der Stelle mit anziehender Masse von der constanten Dichtigkeit belegt und bezeichnen die davon herrührende Potentialfunction mit , so findet sich
Aus (3) und (4) erhält man
(5) |
Das Integral auf der rechten Seite dieser Gleichung hat einen bestimmten, endlichen Werth, so lange von Null verschieden. Für nimmt der Factor von an einer Stelle zwischen den Integrationsgrenzen
die Form an, nemlich an der Stelle . Um den wahren Werth zu ermitteln, bringen wir die Function in die Form
Nun kann man leicht zeigen, dass für die Brüche und sich derselben endlichen Grenze annähern, wenn man in übergehen lässt. Denn es ist
|
Lässt man in Null übergehen, so werden gleichzeitig auch und zu Null. Man erhält . Beide Differentialquotienten sind aber gleich Null für , weil die Axe der im Anfangspunkte die Curve berührt. Für hat man also
Dieser gemeinschaftliche Grenzwerth ist aber jedenfalls verschieden von , d. h. er ist endlich, selbst wenn man nehmen will.
Man kann also schreiben
und es handelt sich jetzt nur noch um den Grenzwerth von
Dieser findet sich nach den Regeln der Differentialrechnung
|
Nun ist aber für . Die Differentialquotienten und sind endlich. Ist also , so erhält man selbst an der Stelle zu dem Integral (5) nur einen unendlich kleinen Beitrag. Alle übrigen Elemente des Integrals sind ebenfalls unendlich klein. Folglich hat das Integral einen bestimmten, endlichen Werth auch für , und die Differenz ist eine endliche und stetige Function von . Die Function ist aber in Gleichung (12) des vorigen Paragraphen ausgedrückt. Wir haben demnach
(6) |
wenn mit eine endliche und stetige Function bezeichnet wird. Das eben gewonnene Resultat lässt sich auch aus dem Satze von Gauss (§. 12) herleiten. Wir machen auf der Curve ein Element , das als geradlinig angesehen werden darf, zur Axe eines geraden Kreiscylinders mit dem Radius (Fig. 10). Da in Null übergehen soll, so kann man es so klein wählen, dass das Verhältnis gleich Null wird. Die Endflächen des Cylinders sind dann verschwindend klein im Vergleich zu der Mantelfläche,
und diese Componente der Anziehung hat wegen der unendlich kleinen Dimensionen des Cylinders denselben Werth in allen Punkten seiner Mantelfläche. Danach findet sich das Integral hier
Die anziehende Masse liegt im Innern des Cylinders, in seiner Axe. Bezeichnen wir die Dichtigkeit in einem Punkte von mit , so lautet der Satz von Gauss:
d. h. nach gehöriger Reduction
(7) |
Daraus geht ohne weiteres hervor, dass für ein unendlich ahnehmendes die Function unendlich wird wie .
Wir recapituliren noch einmal die gewonnenen Resultate.
Die anziehende Masse kann in einzelnen getrennt liegenden Punkten concentrirt sein. Dann ist
und die Summirung bezieht sich auf sämmtliche Massenpunkte.
Oder die Masse ist stetig vertheilt über einen Raum, resp. über eine Fläche, resp. über eine Linie. In diesen drei Fällen ist
und man hat die Integration üiber das ganze mit Masse erfüllte geometrische Gebilde auszudehnen. Unter allen Umständen genügt die Potentialfunction in einem Punkte , wo keine Masse vorhanden ist, der Gleichung von Laplace:
(1) |
Wir wollen voraussetzen, dass kein Theil der anziehenden Masse in unendlicher Entfernung liege.
Ist die Masse über einen Raum stetig vertheilt, so genügt die Potentialfunction ausserhalb dieses Raumes der partiellen Differentialgleichung (1), innerhalb desselben aber [§. 13 (4)] der partiellen Differentialgleichung
(2) |
und es bedeutet die Dichtigkeit in dem inneren Punkte . Die Function und ihre ersten Derivirten sind im ganzen unendlichen Raume endlich und stetig variabel.
Bei stetiger Vertheilung der Masse auf einer Fläche genügt die Potentialfunction im ganzen unendlichen Raume der partiellen Differentialgleichung (1). Die Function selbst ist überall endlich und stetig variabel. Die ersten Derivirten , , sind endlich und stetig variabel, so lange der Punkt in endlicher, wenn auch noch so kleiner Entfernung von der Fläche sich befindet. Für einen Punkt in der Fläche oder unendlich nahe an derselben hat man eine Verschiebung in der Fläche von einer Verschiebung auf der Normale zu unterscheiden. Die Derivirte ist in der Fläche endlich und stetig variabel. Sie weicht nur unendlich wenig ab von den Werthen der gleichnamigen Derivirten in einem ausserhalb der Fläche unendlich nahe gelegenen Punkte auf der einen wie auf der anderen Seite. Die Derivirte ändert sich sprungweise beim Durchgang durch die Fläche, und zwar so, dass
(3) |
Mit ist die Dichtigkeit in dem Punkte der Fläche bezeichnet, auf dessen Normale die unendlich kleinen Abstände und gezählt werden.
Bei stetiger Vertheilung der Masse in einer Linie (§. 16) genügt die Potentialfunction im ganzen unendlichen Raume der Differentialgleichung (1). Sie ist endlich und stetig variabel, so lange der Punkt in endlicher Entfernung von der anziehenden Linie bleibt. Nimmt man seinen Abstand von der Linie unendlich klein, so wird die Function unendlich wie , und es gilt demnach die Gleichung:
(4) | für |
Hier bedeutet die Dichtigkeit an der Stelle der anziehenden Linie, in welche der Punkt für hineinrückt.
Ist endlich die Masse in einem Punkte concentrirt, so gilt für den ganzen unendlichen Raum die partielle Differentialgleichung (1). Die Function ist endlich und stetig variabel, so lange der Punkt in endlicher Entfernung von dem anziehenden Punkte liegt. Bezeichnet diese Entfernung, so findet sich leicht
(5) |
und diese Gleichung gilt noch fur .
Je nach der Art der Massenvertheilung gilt also neben der partiellen Differentialgleichung (1) noch eine von den Gleichungen (2), (3), (4), (5). Zur vollständigen Bestimmung der Function sind nun noch Gleichungen hinzuzufügen, in denen sich ausspricht, was aus der Function und ihren ersten Derivirten wird, wenn der Punkt in unendliche Entfernung rückt.
Wir setzen
und bemerken, dass
ist, wenn keine der Coordinaten unendlich und genommen wird. Liegt also die anziehende Masse ganz im endlichen Gebiete, so hat man bei stetiger Vertheilung:
dagegen bei einer Vertheilung in discreten Punkten:
d. h. es ist in allen Fällen
(6) | für |
Ferner sieht man leicht, dass
ist für . Dabei ist die Linie in der Richtung von dem Anfangspunkte der Coordinaten nach dem unendlich fernen Punkte genommen. Die letzte Gleichung lässt sich auch so schreiben:
für |
Also hat man bei stetiger Massenvertheilung
dagegen bei einer Vertheilung in discreten Punkten
Entsprechende Gleichungen finden sich, wenn und resp. statt genommen wird. Dadurch erlangt man die Resultate:
(7) |
(8) |
(9) |
Durch die partielle Differentialgleichung (1), die Gleichungen (6) bis (9) und eine der Gleichungen (2) bis (5) ist die Potentialfunction für jeden Punkt vollständig und eindeutig bestimmt. Dieser wichtige Satz soll im §. 22 bewiesen werden.
Wir schalten einen Hülfssatz ein, der häufig in Anwendung kommt.
Es sei ein vollständig begrenzter Raum und eine Function von , die im Innern des Raumes an jeder Stelle einen endlichen, bestimmten Werth hat und bei einer stetigen Verschiebung des Punktes sich stetig ändert. Wir wollen das Integral
(1) |
über den ganzen Raum erstrecken. Die Coordinaten-Ebenen mögen so gelegt sein, dass jedem Punkte im Innern und in der Oberfläche von positive Coordinaten angehören, In der Ebene zeichnen wir ein Rechteck, dessen einer Eckpunkt, dem Anfangspunkte zunächst gelegen, die Coordinaten hat, und dessen Seiten von der Länge parallel den Axen liegen. (Fig. 11.) Ueber diesem Rechteck als Grundfläche errichten wir ein Prisma, dessen Kanten zu der Axe der parallel laufen. Der Punkt sei so gewählt, dass das Prisma den Raum durchschneide. Es sind dann ebenso viele Austritts- wie Eintrittsstellen vorhanden, und zwar findet abwechselnd Ein- und Austritt statt. Wir bezeichen mit Werthe von an den Stellen, wo die im Punkte errichtete Kante des Prisma in den Raum eintritt, und mit die Werthe von an den Stellen, wo sie austritt. Diese Abscissen sind nach ihrer Grösse geordnet:
Die Werthe von an den Ein- und Austrittsstellen sollen mit bezeichnet werden. Dann hat man zunächst
Das Prisma schneidet an den Ein- und Austrittsstellen aus der
Oberfläche des Raumes Elemente heraus, die wir mit bezeichnen. Denkt man sich nun die im §. 11 gebrauchten Coordinaten eingeführt, so ist der Cosinus des Winkels, welchen die auf nach dem Innern des Raumes gezogene Normale mit der Richtung der positiven einschliesst. Dieser Cosinus ist positiv an allen Eintrittsstellen und negativ an allen Austrittsstellen. Nun ist aber das Rechteck die Projection aller Flächenelemente , welche das Prisma aus der Oberfläche von ausschneidet. Man hat also die Gleichungen
und
Folglich ergibt sich
(2) |
Das Zeichen auf der rechten Seite von (2) bedeutet, dass die Werthe der Function an allen Eintritts- und Austrittsstellen summirt werden sollen. Es bleibt dann noch die doppelte Integration nach und nach auszuführen. Dies geschieht, wenn man auf der rechten Seite von (2) nicht nur die Beiträge nimmt, welche ein einzelnes Elementarprisma liefert, sondern die Beiträge von allen Prismen, die den Raum überhaupt treffen. D. h. die Summe auf der rechten Seite der Gleichung (2) wird zu einem Integral, welches über die ganze Oberfläche von zu erstrecken ist. Danach lautet das Resultat:
(3) |
Die Integration auf der linken Seite ist über den ganzen Raum , auf der rechten Seite über seine Oberfläche auszudehnen.
Auf demselben Wege findet man noch die etwas allgemeinere Gleichung:
(4) |
Dabei ist nur vorausgesetzt, dass die von abhängigen Functionen im Innern des Körpers endlich und stetig variabel sind.
Es seien und zwei Functionen von , deren Werthe wir für jeden Punkt im Innern des Raumes als gegeben ansehen. Wir betrachten das Integral
(1) |
welches über den ganzen Raum erstreckt werden soll. Nun ist
und zwei entsprechende Gleichungen ergeben sich, wenn man die
Differentiationen nach und nach vornimmt. Folglich kann man schreiben:
Auf die drei letzten Integrale lässt sich die Transformation des vorigen Paragraphen anwenden, wenn vorausgesetzt wird, dass im Innern des Raumes endliche und stetige Functionen sind. Man erhält danach
oder kürzer
(2) |
Das erste Integral auf der rechten Seite dieser Gleichung ist über den Raum , das zweite über seine Oberfläche zu erstrecken.
Die Voraussetzung, unter welcher das Integral (1) in die Form (2) gebracht werden kann, ist erfüllt, wenn und und die ersten Derivirten von im Innern des Raumes endlich und stetig variabel sind. Setzt man dasselbe auch noch von den ersten Derivirten der Function voraus, so gilt auch die Transformation:
Aus (2) und (3) geht dann ohne weiteres der Satz hervor:
(4) |
|
Dieser Satz ist gültig, wenn im Innern des Raumes die Functionen und , sowie die ersten Derivirten von und von endlich und stetig variabel sind.
Treten im Innern von in einzelnen Flächen oder Linien oder Punkten Unstetigkeiten von oder von oder von den ersten Derivirten dieser Functionen auf, so hat man den Raum in zwei Bestandtheile und zu zerlegen, so dass alle Unstetigkeiten der Functionen in liegen. Auf den Raum darf man dann den Satz (4) anwenden, und es ist die Frage aufzuwerfen, welchen Grenzwerthen sich die Integrale annähern, wenn man den Raum unendlich abnehmen lässt. Sind solche bestimmte, endliche Grenzwerthe vorhanden, so gilt der Satz (4) auch für den Raum . Das dreifache Integral ist über den ganzen Raum zu erstrecken, das Oberflächen-Integral über seine Oberfläche und über die Umhüllungen der Unstetigkeitsstellen.
Dieser Satz ist von Green aufgestellt im 3. Artikel einer Abhandlung, die zuerst in Nottingham 1828 erschienen und später in Crelle's Journal, Bd. 39, 44, 47, wieder abgedruckt ist.*)[7]
Der Satz von Green dient zu der Lösung der Aufgabe: die Potentialfunction für jeden Punkt im Innern eines vollständig begrenzten Raumes zu bestimmen, wenn ihr Werth in jedem Punkte der Oberfläche gegeben und im Innern von bekannt ist.
Wir setzen und verstehen unter eine Function von , die der Gleichung von Laplace Genüge leistet, im Innern des Raumes überall endlich und stetig variabel ist und in der Oberfläche den Werth annimmt. Dann soll
(1) |
genommen werden. Die Function genügt also im Innern des Raumes der partiellen Differentialgleichung
(2) |
Sie ist im Innern dieses Raumes endlich und stetig variabel, ausser im Punkte , wo sie unendlich wird wie , und sie hat in der Oberfläche von den Werth Null. Es soll später (§. 34) bewiesen werden, dass eine solche Function existirt.
Der Punkt ist zunächst zum Mittelpunkt einer Kugel vom Radius zu machen, deren Oberfläche ganz im Innern des Raumes liegen soll. Das Innere dieser Kugel ist der Raum . Ihre Oberfläche und die Oberfläche von bilden zusammen die Begrenzung des Raumes .
Im Innern des Raumes erfüllen und die Bedingungen, unter denen die Gleichung (4) des vorigen Paragraphen Gültigkeit hat. Wir dürfen also von dieser Gleichung hier Gebrauch machen, wenn das Raum-Integral auf das Innere von und das Oberflächen-Integral über seine Oberfläche erstreckt wird. Es handelt sich dann um die Frage, welches Resultat für zu Stande kommt.
Das Raum-Integral
nimmt vermöge der partiellen Differentialgleichung (2) den Werth Null an, man mag es über den Raum oder über den ganzen Raum ausdehnen. Es kömmt also, selbst für , nicht weiter in Betracht.
Hiernach bleibt in der Gleichung (4) des vorigen Paragraphen von dem Raum-Integrale nur noch übrig
Da der Raum völlig begrenzt ist, also seine Begrenzung ganz im endlichen Gebiete liegt, so hat dieses Integral, über den Raum , erstreckt, einen bestimmten, endlichen Werth. Dies gilt noch selbst für . Denn innerhalb der Kugel vom Radius kann man als Raumelement einführen
und da nur die erste Potenz von im Nenner hat, so verschwinden die Beiträge, welche für zu dem Raum-Integral hinzukommen. Man hat dasselbe also für diesen Grenzfall über den ganzen Raum zu erstrecken, und es behält einen bestimmten, endlichen Werth.
Das Oberflächen-Integral in der Gleichung (4) des vorigen Paragraphen ist aus zwei Bestandtheilen zusammengesetzt. Der erste rührt von der Oberfläche des Raumes her und reducirt sich auf
Der andere ist das über die Umhüllung des Punktes ausgedehnte Integral. Hier fällt die nach dem Innern von gezogene Normale mit der Richtung der wachsenden zusammen. Der zweite Bestandtheil des Oberflächen-Integrals lautet also
wenn mit das Oberflächen-Element einer Kugel vom Radius 1 bezeichnet wird. Dieses letzte Integral lässt sich nun auch so schreiben
|
Für bleibt nur das Integral und wenn man den Werth von im Punkte mit bezeichnet, so ergibt sich
Aus der Gleichung (4) des vorigen Paragraphen erhalten wir also
(3) |
und hier ist das dreifache Integral über den Raum das Oberfächen-Integral über seine Begrenzung zu erstrecken.
Dabei ist vorausgesetzt, dass die Function und ihre ersten Derivirten innerhalb des Raumes überall endlich und stetig bleiben.
Es fragt sich noch, welche Modificationen eintreten, wenn der Raum sich ins Unendliche erstreckt. In diesem Falle hat man zu der schon vorhandenen Begrenzung noch eine solche hinzuzufügen, welche alle aus dem endlichen Gebiete austretenden Bestandtheile von ausschliesst. Es fragt sich dann, was aus den Integralen auf der rechten Seite der Gleichung (3) wird, wenn man die neu hinzugefügten Begrenzungstheile so ins Unendliche rücken lässt, dass der gegebene Raum wieder zu Stande kommt. Behalten die Integrale in diesem Falle bestimmte, endliche Werthe, so bleibt die Gleichung (3) in Gültigkeit.
Sind Unstetigkeitsstellen der Function oder der ersten Derivirten vorhanden, so kommen zu dem Oberflächen-Integral noch Beiträge hinzu. Wir unterscheiden die drei Falle, dass die Unstetigkeit in einer Fläche, oder in einer Linie oder in einem Punkte stattfindet.
Erstens. Wenn die Unstetigkeit in einer Fläche auftritt, so legen wir ihr unendlich nahe zwei Flächen, welche auf der positiven und auf der negativen Normale der Unstetigkeitsfläche überall die constante Strecke und resp. abschneiden. Wir wollen dann unendlich klein werden lassen. Diese beiden Flächen und ein Cylinder von der unendlich kleinen Höhe welcher dem Rande der Unstetigkeitsfläche unendlich nahe liegt,
bilden die vollständige Begrenzung eines Raumes, der die Unstetigkeitsstelle in sich enthält (Fig. 12). Ueber diese Begrenzung ist das Oberflächen-Integral noch zu erstrecken. Die Cylinderfläche kann dabei ausser Betracht bleiben, weil über sie ausgedehnt das Integral unendlich klein ist. Wir bezeichnen mit und resp. einen Abstand, der von der Unstetigkeitsstelle aus auf der positiven und resp. auf der negativen Normale genommen wird. Dann ist auf der Seite der positiven Normale
und auf der Seite der negativen Normale
Der angehängte Index drückt aus, dass die Derivirte an der Stelle genommen und der Null unendlich angenähert werden soll. Erstreckt man nun das Oberflächen-Integral über die beiden Hüllen der Unstetigkeitsfläche, so erhält man auf der Seite der positiven Normale
und auf der Seite der negativen Normale
Es ist aber und . Zu dem Oberflächen-Integral auf der rechten Seite der Gleichung (3) kommt
also in diesem Falle der Beitrag hinzu:
(4) |
und dieses Integral ist über die Unstetigkeitsfläche zu erstrecken.
letzte Querschnitt: ) bilden dann die Begrenzung des Raumes , der bei Anwendung des Satzes von Green zunächst aus dem Integrationsgebiete auszuschliessen ist. Wir nehmen das Verhältniss unendlich klein, so dass der Inhalt der Endflächen gegen die cylindrische Mantelfläche vernachlässigt werden kann. Das Oberflächen-Integral ist dann nur über die letztere zu erstrecken. Für sie fällt die nach dem Innern des Raumes gerichtete Normale mit der Richtung der wachsenden zusammen. Es ist also hier
Auf der rechten Seite der Gleichung (3) ist demnach zu dem Oberflächen-Integral der Beitrag
für |
hinzuzufügen. Wir haben im §. 17. gesehen, dass die Function in einer Linie unstetig wird, wenn über diese Linie eine endliche Masse vertheilt ist. Es ist dann
|
und es bleiben für die Functionen und endlich und stetig. Daraus folgt
|
Betrachten wir in einem und demselben Querschnitte zwei einander diametral gegenüberliegende Punkte der cylindrischen Fläche, so zeigt sich, dass in ihnen gleiche Werthe besitzt, dagegen entgegengesetzte Werthe, wenn unendlich klein genommen wird. Also heben sich in dem Integral
je zwei Elemente auf, und man erhält
für |
Demnach bleibt von dem Oberflächen-Integral nur noch der Bestandtheil
übrig. Beachtet man also, dass
ist, so ergibt sich
(5) |
als der Beitrag, welcher auf der rechten Seite der Gleichung (3) zu dem Oberflächen-Integral hinzukommt. Die Integration in (5) ist über die Linie zu erstrecken, in welcher die Function unstetig wird.
Es werde endlich drittens die Function in einem Punkte unstetig. Dies tritt ein, wenn in dem fraglichen Punkte eine endliche Masse concentrirt ist. Wir machen ihn zum Mittelpunkte einer Kugelfläche vom Radius . Mit soll das Flächenelement auf einer Kugel vom Radius 1 bezeichnet werden. Dann lautet der Beitrag, welcher jetzt zu dem Oberflächen-Integral hinzukommt:
Es ist aber hier
|
und es bleiben und endlich und stetig für . Folglich erhalten wir
wenn mit der Werth von in dem Unstetigkeitspunkte der Function bezeichnet wird. In diesem letzten Falle hat man also auf der rechten Seite der Gleichung (3) zu dem Oberflächen-Integral den Beitrag
(6) |
hinzuzufügen.
Die im vorigen Paragraphen gewonnenen Resultate bieten zunächst die Mittel dar, die im §. 18 aufgestellte Behauptung zu
beweisen, dass durch die partielle Differentialgleichung von Laplace [§.18: (1)], durch eine der Gleichungen [§.18: (2), (3), (4), (5)] und die vier Nebenbedingungen [§. 18: (6), (7), (8), (9)] die Potentialfunction vollständig und eindeutig bestimmt ist.
Um diesen Beweis zu führen, setzen wir fest, dass der ganze unendliche Raum sein soll. Die Hülfsfunction hat in diesem Falle einen sehr einfachen Ausdruck, nemlich
(1) |
Denn diese Function genügt den aufgestellten Bedingungen. Sie ist gleich Null in der Begrenzung des Raumes , d. h. in unendlicher Entfernung. Sie ist überall endlich und stetig, ausser im Punkte , wo sie unendlich wird wie . Sie erfüllt im ganzen unendlichen Raume die partielle Differentialgleichung
Als Begrenzung des Raumes können wir eine Kugelfläche nehmen, deren Mittelpunkt im Punkte liegt und deren Radius unendlich gross ist. Der Satz des vorigen Paragraphen lautet dann:
(2) |
Das dreifache Integral ist über den ganzen unendlichen Raum auszudehnen, das Oberflächen-Integral über die Kugel vom Radius
und über die Hüllen der Unstetigkeitsstellen der Function und ihrer ersten Derivirten. Die Beiträge, welche diese Unstetigkeitsstellen liefern, sind für jeden einzelnen Fall in (4), (5), (6) des vorigen Paragraphen ausgedrückt. Es handelt sich also nur noch um die Kugel vom Radius . Für sie ist
wenn das Oberflächen-Element einer Kugel vom Radius bezeichnet. Folglich erhalten wir
Nun geht aber aus der Nebenbedingung des §. 18, (6) ohne weiteres hervor
für |
Multiplicirt man ferner auf beiden Seiten der Gleichungen (7), (8), (9) des §.18 resp. mit und addirt die Resultate, so ergibt sich
oder kürzer
und daraus sieht man, dass
für |
Das Integral, über die Kugelfläche vom Radius erstreckt, ist also Null, und deshalb hat man in (2) das Oberflächen-Integral nur noch über die Hüllen der Unstetigkeitsstellen von und seinen ersten Derivirten auszudehnen.
Es sei nun erstens die anziehende Masse über einen im endlichen Gebiete völlig begrenzten Körper stetig vertheilt und nirgends eine endliche Masse über eine Fläche oder eine Linie ausgebreitet oder in einzelnen Punkten concentrirt. Dann sind die Function und ihre ersten Derivirten überall endlich und stetig. Es fällt also in (2) das Oberflächen-Integral gänzlich weg. Die Summe der zweiten Derivirten ist aber Null, wenn der Punkt ausserhalb des anziehenden Körpers liegt, und gleich , wenn er innerhalb liegt. Dies ist in den partiellen Differentialgleichungen (1) und (2) des §.18 ausgesprochen. Danach erhält man aus der Gleichung (2) des gegenwärtigen Paragraphen, wenn man noch den Factor auf beiden Seiten weglässt:
(3) |
Die dreifache Integration ist über den mit Masse erfüllten Raum auszudehnen.
Wir nehmen zweitens den Fall, dass die anziehende Masse allein ausgebreitet ist über eine im endlichen Gebiete völlig begrenzte Fläche, und dass in einzelnen Linien oder Punkten eine endliche Masse nicht vorhanden ist. Alsdann ist im ganzen unendlichen Raume
Ferner ist überall endlich und stetig variabel, folglich in un-
endlicher Nähe der anziehenden Fläche . Danach wird aus der Gleichung (2), wenn man den Beitrag (4) des vorigen Paragraphen in Betracht zieht:
Hier hat dieselbe Bedeutung wie in der Gleichung (3) des §. 18. Vermöge dieser Gleichung erhalten wir also
(4) |
Die Integration ist über die anziehende Fläche auszudehnen.
Es sei drittens die anziehende Masse nur über eine Linie ausgebreitet und keine endliche Masse in einzelnen Punkten concentrirt. Dann ist in dem ganzen unendlichen Raume
In unendlicher Nähe der anziehenden Linie gilt die Gleichung (4) des §. 18. Folglich erhalten wir zu dem Oberflächen-Integral der Gleichung (2) den Beitrag [§. 21, (5)]:
und die Gleichung (2) gibt jetzt
(5) |
Das Integral ist über die anziehende Linie zu erstrecken.
Wenn endlich viertens die anziehende Masse in einem einzigen Punkte concentrirt ist, so gilt wieder für den unendlichen Raum die partielle Differentialgleichung
Ausserdem haben wir die Gleichung (5) des §. 18. In Folge davon ergibt sich zu dem Oberflächen-Integral der Gleichung (2) der
Beitrag [§. 21, (6)]
und wir erhalten aus Gleichung (2):
(6) |
Aus den Gleichungen (3), (4), (5), (6) ersieht man, dass für jeden der zu betrachtenden Fälle die Differentialgleichungen des §. 18 und die dort aufgestellten Unstetigkeits- und Nebenbedingungen je eine einzige, völlig bestimmte Function liefern, und zwar stimmt der Ausdruck dieser Function, wie er aus den Vorschriften des §. 18 hervorgeht, überein mit dem Ausdrucke, welcher als Definition der Potentialfunction aufgestellt ist. Man erkennt dies unmittelbar durch Vergleichung der Ausdrücke (3), (4), (5), (6) mit resp. §. 2, (5), §. 14, (1), §. 17, (2), §. 2, (2). Damit ist die Behauptung des §. 18 bewiesen.
In §. 21 ist allgemein gezeigt worden, wie man mit Hülfe des Satzes von Green die Potentialfunction für jeden Punkt im Innern eines Raumes bestimmt, wenn ihr Werth überall in der Oberfläche gegeben und die Summe im Innern bekannt ist.
Die Green’sche Hülfsfunction soll hier für einen besonderen Fall hergestellt werden. Der Raum sei ein rechtwinkliges Parallelepipedon. Wir legen die Coordinaten so, dass der Anfangspunkt in den Mittelpunkt des Parallelepipedon fällt, dass die Begrenzungs-Ebenen zu zweien je einer Coordinaten-Ebene parallel laufen und dass sie auf den Axen resp. die Strecken abschneiden.
Nach der Methode von Green' ist es erforderlich, eine Function herzustellen, welche
1) in der Oberfläche überall den Werth Null hat;
2) im Punkte unendlich wird wie der reciproke Werth der Entfernung von diesem Punkte, übrigens aber im Innern des Parallelepipedon endlich und stetig variabel ist;
3) im Innern des Parallelepipedon der partiellen Differentialgleichung Genüge leistet:
Wir legen drei Schaaren von Ebenen, rechtwinklig resp. gegen die Axen der , der , der . Je zwei benachbarte Ebenen derselben Schaar sollen in constantem Abstande von einander sein und zwar in dem Abstande für die erste, für die zweite, für die dritte Schaar. Die beiden Ebenen jeder Schaar, welche dem Anfangspunkte der Coordinaten zunächst liegen, sollen je eine Begrenzungsfläche des gegebenen Parallelepipedon in sich enthalten. Auf diese Weise wird der unendliche Raum in lauter congruente Parallelepipeda zerlegt. Eins von ihnen ist das gegebene Parallelepipedon selbst.
Wir gehen nun darauf aus, die Function für jeden Punkt des unendlichen Raumes herzustellen, so dass sie der dritten Bedingung überall genügt, und dass sie entgegengesetzte Werthe besitzt in je zwei Punkten, die zu irgend einer der gelegten Ebenen symmetrisch liegen. Durch diese Bestimmung wird erreicht, dass die erste Bedingung erfüllt wird. Soll dann auch noch der zweiten Genüge geschehen, so muss die Function unendlich werden in allen Punkten, deren Coordinaten von der Form sind
und zwar positiv oder negativ unendlich, je nachdem eine gerade oder eine ungerade Zahl ist. Für sind alle ganzen Zahlen von bis zu setzen, ebenso für und für . Man erhält alle Unstetigkeitspunkte der Function , wenn man jeden Werth von der Reihe nach mit allen Werthen von zusammenstellt und zu jeder solchen Zusammenstellung der Reihe nach alle Werthe von hinzusetzt. Hiernach erhält man als Ausdruck für eine dreifach unendliche Reihe, nemlich
(1) |
wobei zur Abkürzung geschrieben ist für die Summe der drei
Quadrate
Von diesem Ausdrucke für ist leicht nachzuweisen, dass er den aufgestellten Bedingungen Genüge leistet. Er befriedigt die Gleichung von Laplace, weil jeder Summand es thut. Die Nenner der einzelnen Summanden drücken den Abstand des Punktes von je einem der Unstetigkeitspunkte aus. Es wird also jedesmal
ein Nenner in vorgeschriebener Weise zu Null, wenn der Punkt in einen Unstetigkeitspunkt hineinrückt. Endlich nimmt die Function entgegengesetzte Werthe an für irgend welche zwei Punkte, die symmetrisch liegen zu irgend einer Ebene aus den drei Schaaren. Betrachten wir z. B. zwei Punkte und , die zu einer Ebene der ersten Schaar symmetrisch liegen. Dies ist der Fall, wenn die Coordinaten den Gleichungen genügen
|
worin irgend eine ganze Zahl ist. Die Punkte liegen symmetrisch zu der Ebene.
(2) |
Der Ausdruck unter dem dreifachen Summenzeichen unterscheidet sich für die beiden Punkte nur in dem ersten Quadrat unter dem Wurzelzeichen des Nenners. Dasselbe lautet für den ersten Punkt
(3) |
und für den zweiten Punkt
(4) |
Statt des Ausdruckes (3) kann man auch schreiben
oder, wenn man setzt:
(5) |
Da allen ganzen Zahlen von bis der Reihe nach gleichgesetzt werden soll, so gilt dasselbe von . Für den ersten Punkt erhalten wir also
(6) |
wobei zur Abkürzung geschrieben ist für die Summe der drei Quadrate
Statt des Ausdruckes (4) kann man schreiben
oder, wenn man jetzt setzt:
(7) |
Auch hier hat man bei der Summirung die Grösse allen ganzen Zahlen von bis der Reihe nach gleichzusetzen. Folglich ergibt sich für den zweiten Punkt
(8) |
und es hat hier dieselbe Bedeutung wie vorher in der Gleichung (6). Aus (6) und (8) erkennt man ohne weiteres, dass
(9) |
ist. Nimmt man nun speciell , so fallen beide Punkte zusammen in einen und denselben Punkt der Ebene (2). Da die Function einwerthig ist, so muss in diesem Falle
sein, und dies gibt mit Rücksicht auf (9):
(10) |
Auf demselben Wege ist der Beweis zu führen, wenn die beiden Punkte symmetrisch liegen zu einer Ebene der zweiten oder der dritten Schaar. Demnach erfüllt der Ausdruck (1) auch die erste der aufgestellten Bedingungen.
Dies kann man auch aus der mechanischen Bedeutung der durch (1) ausgedrückten Function erkennen. Danach ist nemlich die Potentialfunction für den Fall, dass in jedem Unstetigkeitspunkte eine Masseneinheit concentrirt ist, und zwar die positive oder die negative, je nachdem gerade oder ungerade ist. Da eine positive Masse den Punkt anzieht, so ist die Bedeutung der negativen Masse leicht zu erkennen. Sie stösst den Punkt ab. Nehmen wir nun irgend eine Ebene aus den drei Schaaren, so findet sich zu jedem anziehenden Massenpunkte ein abstossender, so dass beide in Beziehung auf die Ebene symmetrisch liegen. Von einem Punkte in dieser Ebene haben demnach beide Massenpunkte gleiche Entfernung. Ihre Massen sind entgegengesetzt gleich. Sie liefern also zu der Potentialfunction den Beitrag Null. Dies gilt aber von allen mit Masse erfüllten Punkten, und daher ist der Werth der Potentialfunction für jeden Punkt in der Ebene überhaupt gleich Null.
Wir können die Function auch in Form eines bestimmten Integrals ausdrücken. Es ist nemlich
Setzt man , so ergibt sich
Wir erhalten danach für den neuen Ausdruck:
(11) |
|
Hier ist nun freilich zuerst die Integration und nachher sind die drei Summirungen auszuführen. Man darf aber auch zuerst die drei Summirungen vornehmen und dann integriren, also:
(12) |
|
Die dreifach unendliche Reihe in (12) zerfällt ohne weiteres in das Product der drei einfachen Reihen:
|
Jede dieser Reihen lässt sich leicht durch die Functionen ausdrücken, welche Jacobi in die Theorie der elliptischen Functionen eingeführt hat.
Ehe wir in der allgemeinen Untersuchung der Function weiter gehen, soll die Potentialfunction in einigen besonderen
Fällen betrachtet werden.
Der anziehende Körper sei ein Ellipsoid mit den Halbaxen . Die Dichtigkeit soll constant sein. Der Punkt liegt in der Oberfläche des Ellipsoids, wenn
ist. Er liegt ausserhalb oder innerhalb des Ellipsoids, je nachdem
positiv oder negativ. Um die Unterscheidung dieser drei Fälle möglichst zu vereinfachen, betrachten wir die Function
(1) |
Dieselbe wird unendlich für drei Werthe von , nemlich für , für , und für . Bezeichnen wir mit eine unendlich kleine positive Grösse, so zeigt sich
|
Ferner ist
Nimmt man also und betrachtet als Abscisse, als Ordinate einer ebenen Curve (Fig. 14), so ist der Verlauf derselben leicht zu überblicken. Wenn die Abscisse stetig wachsend durch eine der drei Unstetigkeitsstellen hindurchgeht, so springt die Ordinate von auf . Abgesehen von den
Unstetigkeitsstellen, nimmt mit wachsendem die Ordinate fortwährend ab, weil
durchaus negativ ist. Die Curve schneidet demnach die Abscissenaxe je einmal zwischen und , zwischen und und zwischen und . Die Werthe von an diesen drei Schnittstellen sind die Wurzeln der Gleichung . Nun ist aber, wie schon hervorgehoben, positiv oder Null oder negativ, je nachdem der Punkt ausserhalb des Ellipsoids liegt, oder in seiner Oberfläche, oder innerhalb. Daraus ergibt sich leicht für die Gleichung , dass ihre grösste Wurzel positiv ist im ersten, Null im zweiten, negativ im dritten Falle. Die beiden anderen Wurzeln sind immer negativ. Wir wollen mit nur die grösste Wurzel der Gleichung bezeichnen.
Zur Abkürzung werde
gesetzt. Betrachtet man in der Gleichung die vier Grössen als variabel und als Function von so ergibt sich durch Differentiation
So lange der Punkt ausserhalb oder in der Oberfläche des Ellipsoids liegt, sind die Grössen positiv und verschieden von Null. Die Grösse ist positiv und wird nur dann zu Null, wenn entweder oder wenn eine dieser Coordinaten unendlich gross ist. Wir wollen die Function nur für solche Punkte betrachten, die ausserhalb oder in der Oberfläche liegen. Unter dieser einschränkenden Voraussetzung sind endlich und stetig variabel, so lange endlich sind. Die Function ist deshalb ebenfalls stetig variabel. Sie ist unter der eben gemachten Voraussetzung positiv und bleibt endlich, so lange keine von den Coordinaten unendlich gross genommen wird. Für einen unendlich entfernten Punkt ist .
Der Ausdruck für die Potentialfunction soll hier nicht abgeleitet werden. Wir wollen ihn als gegeben ansehen und den Beweis führen, dass er allen Bedingungen genügt, durch welche die Potentialfunction vollständig und eindeutig charakterisirt wird (§§. 18. 22).
Wir setzen zur Abkürzung
[8] |
und bezeichnen mit den Werth, welchen annimmt für .
Es soll nun bewiesen werden, dass
(2) |
wenn der Punkt im Innern des Ellipsoids liegt; und
(3) |
wenn er ausserhalb liegt. Man kann die Ausdrücke (2) und (3) auch in die Form bringen
Die untere Grenze der Integration ist oder , je nachdem die Gleichung (2) oder (3) zu Stande kommen soll.
Liegt der angezogene Punkt im Innern des Ellipsoids, so ist eine rationale ganze Function zweiten Grades von , und da diese Variabeln durchaus endliche Werthe behalten, so ist die Function für jeden Punkt im Innern des Ellipsoids endlich und stetig variabel.
Liegt der angezogene Punkt ausserhalb des Ellipsoids, so hängt die Function von direct ab, insofern die Factoren auftreten, und indirect, insofern die untere Integrationsgrenze eine Function von ist. Die Aenderung, welche bei einer unendlich kleinen Verschiebung des angezogenen Punktes erleidet, setzt sich also aus zweien zusammen, nemlich aus der unendlich kleinen Aenderung, die von den Factoren herrührt, und aus der Aenderung, die sich ergibt, wenn man nur variabel nimmt. Nun sind aber die Integrale stetige Functionen von , und selbst ist eine stetige Function von . Daher ist endlich und stetig variabel, wenn der Punkt ausserhalb des Ellipsoids liegt. Dies gilt auch noch, wenn er in un- endliche Entfernung rückt. Denn wenn irgend eine der Coordinaten unendlich gross wird, so wird die grösste Wurzel der Gleichung ebenfalls unendlich gross. Dann hat in (3) die letzte Klammer unter dem Integral den Werth Null. Der Factor ist auch gleich Null, und die Grenzen der Integration fallen zusammen. Folglich wird , wenn der angezogene Punkt in unendlicher Entfernung liegt.
Für einen Punkt in der Oberfläche des Ellipsoids ist . Die Integrale (2) und (3) sind dann also einander gleich. Folglich erleidet auch dann eine stetige Aenderung, wenn der angezogene Punkt durch die Oberfläche des Ellipsoids hindurchgeht.
Danach ist bewiesen, dass die Function im ganzen unendlichen Raume endlich und stetig variabel ist, und dass sie den Werth Null hat in unendlicher Entfernung.
Wir untersuchen die ersten Derivirten. Aus (2) findet sich
(4) |
Dies gilt für einen Punkt im Innern des Ellipsoids. Aus (3) ergibt sich dagegen
Da nun und nicht unendlich werden können und die letzte Klammer gleich Null ist, so erhält man
(5) |
Dies gilt für einen Punkt ausserhalb des Ellipsoids. Liegt der Punkt in der Oberfläche, so ist in (5) die Grösse zu setzen, und die Integrale (4) und (5) sind einander gleich. Folglich ist überall endlich und stetig variabel. Dies gilt auch in unendlicher Entfernung. Denn es ist für einen unendlich ent-
fernten Punkt der Quotient innerhalb der Integrationsgrenzen[9] nicht unendlich gross. Der Factor ist Null und die Integrationsgrenzen fallen zusammen. Folglich ist in unendlicher Entfernung.
Die Ausdrücke und finden sich, wenn man in (4) und in (5) und , resp. und vertauscht mit und . Daher sind auch und überall endlich und stetig variabel und in unendlicher Entfernung gleich Null.
Aus (4) ergibt sich durch nochmalige Differentiation
(6) |
Dies gilt für einen Punkt im Innern des Ellipsoids. Aus (5) erhält man dagegen
(7) |
Dies gilt für einen Punkt ausserhalb des Ellipsoids. Beide Ausdrücke sind endlich und ändern sich stetig, wenn nur der Punkt im einen Falle innerhalb, im andern Falle ausserhalb des Ellipsoids bleibt. Lässt man ihn von der einen und von
anderen Seite in die Oberfläche hineinrücken, so geben die Ausdrücke (6) und (7) verschiedene Werthe. Nur für sind sie einander gleich.
Die Ausdrücke und ergeben sich aus (6) und (7) durch Buchstaben-Vertauschung. Wir bilden die Summe der zweiten Derivirten und erhalten fur einen inneren Punkt
Es findet sich aber
folglich ist
Für ist , für dagegen . Also ergibt sich
(8) |
wenn der Punkt im Innern des Ellipsoids liegt.
Dagegen haben wir für einen äusseren Punkt
Der Werth des Integrals ist . Ferner haben wir
|
Folglich erhalten wir
(9) |
wenn der Punkt ausserhalb des Ellipsoids liegt.
Damit ist bewiesen, dass die Integrale (2) und (3) in der That die Potentialfunction des Ellipsoids von der constanten Dichtigkeit ausdrücken.
Wir suchen die Gesetze der Anziehung auf, wie sie aus der Potentialfunction des Ellipsoids sich ergeben. Die Gesammtmasse des Ellipsoids wird ausgedrückt:
Demnach ist die Potentialfunction
(1) |
wenn der Punkt im Innern des Ellipsoids liegt. Für einen äusseren Punkt muss die untere Integrationsgrenze nicht , sondern sein. Man kann aber auch in diesem Falle die untere Grenze wiederherstellen, wenn man unter dem Integral statt überall schreibt. Setzt man dann noch zur Abkürzung
so ergibt sich für einen äusseren Punkt
(2) |
Darin spricht sich der Satz aus:
Das Ellipsoid von constanter Dichtigkeit übt auf einen äusseren Punkt dieselbe Anziehung aus, als ob seine Gesammtmasse gleichförmig über das confocale Ellipsoid vertheilt wäre, auf dessen Oberfläche der Punkt liegt.*)[10]
Beachtet man nemlich die Gleichungen, durch welche definirt sind, so geht die Gleichung in folgende über:
(3) |
Diese Gleichung drückt aus, dass der Punkt auf der Oberfläche eines Ellipsoids liegt, welches mit dem gegebenen den Mittelpunkt und die Lage der Hauptaxen gemein hat. Die Oberfläche des gegebenen Ellipsoids und die Fläche (3) schneiden die Coordinaten-Ebenen in je zwei Ellipsen mit gemeinschaftlichen Brennpunkten. Solche Ellipsen heissen confocal, und die in Rede stehenden Ellipsoide werden ebenfalls confocal genannt.
Die Componenten der Anziehung auf einen inneren Punkt sind:
(4) |
|
Setzen wir , so ergibt sich
(5) |
|
Diese Ausdrücke bleiben dieselben, wenn die Verhältnisse und constant genommen werden. Sie sind von der Grösse der Halbaxen unabhängig.
Zwei ähnliche Ellipsoide von derselben constanten Dichtigkeit, welche den Mittelpunkt und die Lage der Hauptaxen gemein haben, üben demnach auf einen Punkt gleiche Anziehung, wenn er im Innern oder auf der Oberfläche des kleineren Ellipsoids liegt. Der Raum zwischen beiden Oberflächen übt auf den inneren Punkt gar keine Wirkung.
Hiernach ist die Anziehung eines Ellipsoids von constanter Dichtigkeit auf einen inneren wie auf einen äusseren Punkt dieselbe wie die Anziehung eines Hülfsellipsoids, welches mit dem gegebenen den Mittelpunkt und die Lage der Axen gemein hat und den angezogenen Punkt in seiner Oberfläche enthält. Für einen äusseren Punkt ist das Hülfsellipsoid dem gegebenen confocal, für einen inneren Punkt ist es ihm ähnlich. Die Dichtigkeit des Hülfsellipsoids ist in beiden Fällen constant. Für einen äusseren Punkt hat das Hülfsellipsoid dieselbe Gesammtmasse, für einen inneren Punkt dieselbe Dichtigkeit wie das gegebene.
Ist der Punkt ausserhalb des anziehenden Ellipsoids gelegen, so hat man in den Integralen (4) als untere Grenze zu setzen, folglich in (5) als untere Grenze . Die Ausdrücke (5) sind also nicht mehr unabhängig von . Man kann deshalb ausser dem ersten Ellipsoid ein zweites concentrisches betrachten, dessen Hauptaxen dieselbe Lage haben, aber im Verhältnis grösser sind. Wir wollen dann unendlich klein werden lassen und nach der Anziehung der unendlich dünnen Schicht zwischen den beiden ellipsoidischen Oberflächen fragen.
In den Integralen, welche für (5) an die Stelle treten, ist von einem Ellipsoid zum andern nur die untere Grenze variabel. Man hat also:
Für gilt die Gleichung:
Daraus ergibt sich durch Differentiation:
|
dies lässt sich kürzer schreiben
Folglich ist
Dies ist die eine Componente der Anziehung, welche die unendlich dünne ellipsoidische Schicht auf den äusseren Punkt ausübt. Wir wollen sie mit bezeichnen. Die beiden anderen Componenten und finden sich durch Buchstabenvertauschung. Also hat man
(6) |
|
Hieraus ergibt sich die Gesammtkraft , mit welcher der Punkt von der unendlich dünnen Schicht angezogen wird:
d. h. kürzer
(7) |
Die Winkel, welche die Richtung von mit den positiven Coordinatenaxen einschliesst, finden sich aus den Gleichungen:
|
Diese Gleichungen sind leicht zu interpretiren. Legt man im Punkte an die Fläche (3) die Tangentialebene, so lautet deren Gleichung
oder, was dasselbe ist:
Bringt man diese Gleichung in die Normalform, so erhält man
Darin ist die Länge des Perpendikels, welches vom Anfangspunkte der Coordinaten auf die Tangentialebene gefällt ist, und sind die Winkel, welche dies Perpendikel (in der Richtung vom Anfangspunkte nach der Ebene) mit den positiven Coordinatenaxen einschliesst. Für die Cosinus dieser Winkel erhält man die Ausdrücke:
(9) |
|
Dieselbe Richtung, wie das eben betrachtete Perpendikel, hat die im Punkte nach aussen gezogene Normale der Fläche (3). Vergleicht man nun die Ausdrücke (8) und (9), so ergibt sich ohne weiteres, dass die Richtung von durch die vom Punkte aus nach innen gezogene Normale der Hülfs-Ellipsoidfläche (3) angegeben wird.
D. h. wir haben den Satz:
Wenn die Masse von constanter Dichtigkeit eine Schale von unendlich kleiner Dicke bildet, begrenzt von zwei ähnlichen, concentrischen Ellipsoidflächen mit gleichgerichteten Hauptaxen, so übt sie auf einen Punkt im äusseren Raume eine anziehende Kraft aus. Die Richtung derselben fällt in die von diesem Punkte aus nach innen gezogene Normale einer Ellipsoidfläche, welche den angezogenen Punkt in sich enthält und der äusseren Begrenzungsfläche der Schale confocal ist. Dies gilt auch dann noch, wenn der angezogene Punkt auf der äusseren Oberfläche der Schale selbst liegt.*)[11]
Wir gehen zu der Aufgabe über, die Anziehung eines geraden Cylinders zu berechnen, dessen Endflächen Ellipsen sind. Die Dichtigkeit sei constant. Wir legen das Coordinatensystem so, dass die Endflächen ausgedrückt werden durch die Gleichungen
und |
und die krumme Oberfläche durch die Gleichung
(1) |
Die Axe der fällt dann in die Axe des Cylinders und die Basisfläche liegt in der Ebene.
Die Untersuchung lässt sich auf eine einfachere zurückführen. Man betrachte einen Cylinder, der mit dem gegebenen die krumme Oberfläche gemein hat, aber keine Endflächen besitzt, also von bis sich erstreckt. In seinem Innern sei die Dichtigkeit von bis und von bis . Auch hier soll die im Punkte concentrirte positive Masseneinheit angezogen werden von einer positiven Masse, dagegen abgestossen werden von einer negativen Masse. Man denke sich, die Potentialfunction dieser Masse sei bekannt, nemlich
Dann ist, wie man leicht sieht,
die Potentialfunction, die von demselben Cylinder herrührt, wenn die Dichtigkeit ist von bis und von bis .
Durch Superposition erhält man
als Potentialfunction für den Fall, dass im Innern des Cylinders die Dichtigkeit ist von bis und von bis , dagegen von bis . Dieser Fall ist der unserer Aufgabe.
Wir setzen
und sehen als Unbekannte an sowohl in der Gleichung
(2) |
als auch in der Gleichung
(3) |
Beide Gleichungen sind vom dritten Grade. Dass sie lauter reelle Wurzeln haben, beweist man auf demselben Wege wie für die Gleichung in §. 24.
So lange von Null verschieden ist, hat die Gleichung (2) dieselben Wurzeln wie die Gleichung . Nimmt man also als Abscisse und als Ordinate einer Curve (Fig. 15), so sieht man, dass bei stetig wachsendem die Ordinate von
auf springt an den drei Stellen . Ist , so schneidet die Curve die Abscissenaxe je einmal zwischen und , zwischen und , und zwischen und . Die grösste Wurzel der Gleichung (2) ist also positiv. Wir bezeichnen sie mit .
Die Gleichung (3) hat eine Wurzel . Die beiden anderen finden sich, wenn man
(4) |
setzt. Nimmt man auch hier als Abscisse, aber als Ordinate einer Curve, so springt bei stetig wachsendem die Ordinate von auf an den beiden Stellen und . Für zeigt sich, dass die Curve die Abscissenaxe je einmal schneidet zwischen und und zwischen und . Hier ist aber noch zu unterscheiden, ob der Punkt ausserhalb des Raumes liegt, welchen die unbegrenzte Cylinderfläche (1) umschliesst, oder innerhalb.
Liegt der Punkt ausserhalb, so ist für , und folglich schneidet die Curve (Fig. 16) die Abscissenaxe
zwischen und , nicht aber zwischen und .
Wenn dagegen der Punkt innerhalb des von der Fläche (1) umschlossenen Raumes liegt, so ist für . Die Curve (Fig. 17) schneidet also die Abscissenaxe zwischen und , nicht aber zwischen und .
Daraus geht hervor, dass die grösste Wurzel der Gleichung (3) positiv ist, wenn der Punkt ausserhalb des von der Fläche (1) umschlossenen Raumes liegt, und dass sie gleich Null ist, wenn er innerhalb liegt. Wir bezeichnen diese grösste Wurzel der Gleichung (3) mit . Jedenfalls ist , wenn von Null verschieden. Für einen inneren Punkt sieht man dies ohne weiteres, weil positiv und Null ist. Für einen äusseren Punkt hat man dagegen die Gleichungen
|
zu beachten, in denen und positiv sind. Diese Gleichungen geben zu erkennen, dass die positive Summe grösser sein muss als die ebenfalls positive Summe . D. h. es muss sein.
Für ist .
In den Gleichungen (2) und (3) wollen wir von jetzt an nur den grössten Wurzelwerth in Betracht ziehen. Man kann in der Gleichung (2) als gegeben ansehen. So lange der Werth von grösser als Null ist, darf man statt der Gleichung (2) auch schreiben:
Dann ist der Punkt auf der Oberfläche eines Ellipsoids zu suchen, dessen Hauptaxen in die Coordinatenaxen fallen. Lässt man alle positiven Werthe bis durchlaufen, so erhält man eine Schaar von unendlich vielen confocalen Ellipsoiden. Ihre Durchschnitte mit der Ebene sind Ellipsen, die mit der Schnitt-Ellipse der Ebene und der Cylinderfläche (1) die Brennpunkte gemein haben.
Für degenerirt das Ellipsoid in eine Cylinderfläche, nemlich die Fläche (1). Sollen umgekehrt in der Gleichung (2) gegeben sein, so wird dadurch aus der Schaar von Ellipsoiden ein einziges herausgehoben, oder, was dasselbe sagt, es wird dadurch eindeutig bestimmt.
Sieht man in der Gleichung (3) die grösste Wurzel als gegeben an, so ist der Punkt auf der Oberfläche eines elliptischen Cylinders zu suchen, dessen Axe in der Axe der liegt. Legt man der Grösse alle Werthe von bis bei, so erhält man eine Schaar von unendlich vielen elliptischen Cylindern. Ihre Durchschnitte mit der Ebene sind confocale Ellipsen. Eine von ihnen ist zugleich der Durchschnitt der Ebene und der Cylinderfläche (1). Sie wird von allen anderen umschlossen. Sollen umgekehrt gegeben sein, so ist zu unterscheiden, ob der Punkt, dem diese Coordinaten angehören, ausserhalb oder innerhalb des von der Fläche (1) umschlossenen Raumes liegt. Im ersten Falle gehört er der Oberfläche eines einzelnen von den unendlich vielen Cylindern an, im andern Falle wird er von allen Cylinderflächen umschlossen. In beiden Fällen ist eindeutig bestimmt, im ersten grösser als Null, im zweiten gleich Null.
Die Potentialfunction kann man durch ein einfaches Integral nicht ausdrücken, wohl aber jede der Kraft-Componenten . Wir wollen auch hier die Ausdrücke nicht herleiten, sondern sie als gegeben ansehen und ihre Richtigkeit nachträglich beweisen.
Diese Ausdrücke sind
(5) |
(6) |
(7) |
In (6) und (7) ist für und für .
Um die Ausdrücke (5), (6), (7) zu verificiren, ist es nothwendig, zunächst zu beweisen, dass sie den partiellen Differentialgleichungen genügen:
(8) |
|
Es muss ferner bewiesen werden, dass ausserhalb des mit Masse erfüllten Cylinders, also für die Gleichung erfüllt ist:
(9) |
dagegen im Innern jenes Cylinders, d. h. für die andere Gleichung:
(10) |
wenn für und für
Es muss endlich gezeigt werden, dass in unendlicher Entfernung von dem mit Masse erfüllten Cylinder, d. h. für
(11) |
Wir wollen noch bemerken, dass nach der Natur der Aufgabe
(12) | für |
Denn zu irgend einem Massenelemente auf der Seite der positiven lässt sich ein zugehöriges Massenelement auf der Seite der
negativen finden, so dass sie zur Ebene symmetrisch liegen. Die beiden Massenelemente sind einander entgegengesetzt gleich. Sie haben von einem beliebigen Punkte der Ebene gleichen Abstand. Folglich ist der Beitrag, den sie zu dem Werthe der Potentialfunction im Punkte liefern, gleich Null. In dieser Weise lassen sich aber alle Massenelemente paarweise zusammenordnen, und es hat deshalb die Potentialfunction an jeder Stelle der Ebene den constanten Werth Null. Daraus ergibt sich, dass auch die Derivirten in der Ebene überall gleich Null sein müssen. Dies liefert die Gleichungen (12).
Wir betrachten zuerst den Ausdruck für , also die Gleichung (5). Differenziren wir partiell nach , so ergibt sich
Es ist aber nichts anderes als multiplicirt mit der Function unter dem Integralzeichen, wenn man darin überall setzt. Dadurch wird , folglich auch . Wir erhalten also einfach
wofür man auch schreiben kann:
(13) |
Die Function aus Gleichung (6) nehmen wir zunächst in der Form
(14) |
indem wir uns vorbehalten, die Function so zu bestimmen, dass für die erste der Gleichungen (12) erfüllt werde.
Nun ist aber durch Differentiation leicht zu beweisen, dass
wenn die Quadratwurzeln auf beiden Seiten positiv genommen werden. Folglich kann man auf das Integral in (14) die Integration nach Theilen anwenden. Man hat zunächst für das unbestimmte Integral die Gleichung
|
Der freie Theil ist Null für , dagegen gleich für . Folglich lautet das Resultat der Transformation:
(15) |
und hier ist für dagegen für .
Wenn wir in (15) partiell nach differenziren, so ergibt sich
(16) |
Der Beitrag , der auf der rechten Seite noch hinzugefügt werden müsste, fällt weg, weil ist.
Aus (13) und (16) erkennt man auf den ersten Blick, dass die erste der Gleichungen (8) in der That erfüllt ist.
Es kommt nun darauf an, die Function richtig zu bestimmen, so dass für auch wird. Dabei ist zu beachten, dass für die untere Grenze des Integrals in (15) übergeht in . Nun ist aber für die Function , und folglich wird dann der Werth von
völlig unbestimmt. Wir nehmen deshalb in dem zu ermittelnden Integral zunächst als untere Grenze und verstehen unter eine unbestimmte positive Constante und unter eine positive Grösse, die nachher der Null unaufhörlich angenähert werden soll. Unter dieser Verabredung bleibt zwischen den Integrationsgrenzen und die Function positiv. Folglich ist jetzt der Arcussinus , und das Integral in (15) hat für einen angebbaren, endlichen Werth, wenn als untere Grenze genommen wird. Dieser Werth geht für über in
also in einen Grenzwerth, der von der unbestimmten Grösse unabhängig ist. Dieser Grenzwerth ist der Werth des Integrals in (15), wenn als untere Grenze genommen und gesetzt wird. Daraus ergibt sich nun leicht, dass
(17) |
sein muss, damit die erste der Gleichungen (12) erfüllt werde.
Die Function aus Gleichung (7) nehmen wir zunächst in der Form
(18) |
Durch Integration nach Theilen erhalten wir dafür
(19) |
und es ist auch hier wieder für und für . Indem wir jetzt in (5) partiell nach , in (19) partiell nach differenziren und die Resultate vergleichen, finden wir, dass auch die letzte der Gleichungen (8) erfüllt ist.
Die Function wird auf demselben Wege bestimmt wie vorher die Function . Man gelangt zu dem Resultate, dass
(20) |
genommen werden muss, damit die zweite der Gleichungen (12) erfüllt werde.
Nun bleibt von den Gleichungen (8) noch die zweite zu beweisen.
Aus der Gleichung (15) leiten wir her
und aus der Gleichung (19) geht hervor
Folglich erhalten wir
(21) |
Nun ist für einen Punkt im Innern des unendlich langen Cylinders , also
|
In diesem Falle haben wir
Für einen Punkt im äusseren Raume ist dagegen die posisitive Wurzel der Gleichung
(22) |
Daraus berechnet sich
(23) |
Aus (17) und (20) geht dann durch Differentiation hervor
Es ist demnach sowohl für einen inneren, wie für einen äusseren Punkt die zweite der Gleichungen (8) erfüllt.
Wir gehen dazu über nachzuweisen , dass unsere Ausdrücke für auch den Gleichungen (9) und (10) Genüge leisten.
Aus der Gleichung (5) berechnen wir zunächst
(24) |
Der Beitrag , welcher auf der rechten Seite noch hinzugefügt werden müsste, ist gleich Null, weil ist.
Die Function nehmen wir in der Form (15). Danach berechnet sich
Das erste Integral rechts lässt sich transformiren durch Integration nach Theilen. Wir erhalten
(25) |
Auf demselben Wege berechnen wir
(26) |
Aus den Gleichungen (24), (25), (26) ergibt sich unmittelbar durch Addition
Diese Gleichung reducirt sich noch, wenn man berücksichtigt, dass
ist. Man erhält
(27) |
Nun ist zu unterscheiden, ob der Punkt im Innern des unendlich langen Cylinders liegt oder ausserhalb.
Für einen Punkt im Innern ist und in Folge davon
|
Für einen inneren Punkt geht also die Gleichung (27) über in folgende:
Dies ist die partielle Differentialgleichung (10).
Liegt der Punkt im äusseren Raume, so ist die eine positive Wurzel der Gleichung (22), also eine Function von und . Deshalb erhalten wir
und ferner
Beachtet man nun, dass nach den Gleichungen (23)
ist, so erhält man für einen äusseren Punkt:
Die Gleichung (27) geht also für einen äusseren Punkt in folgende über:
Dies ist die partielle DifFerentialgleichung (9).
Endlich fragt sich noch, welche Werthe annehmen, wenn oder oder beide unendlich gross werden.
Dass wird, wenn man irgend eine der drei Coordinaten unendlich gross nimmt, ist leicht zu erkennen. Denn es wird dann . Die Grenzen des Integrals in (5) fallen also zusammen, und ausserdem wird die Function unter dem Integralzeichen zu Null für .
Für nehmen wir den Ausdruck (15) und führen unter dem Integralzeichen die vorgeschriebene Differentiation aus. Wird dann noch aus (17) genommen, so lässt sich schreiben:
Das Integral wird zu Null, wenn wir irgend eine der Coordinaten unendlich gross nehmen. Denn es wird dann , die Grenzen der Integration fallen also zusammen. Die Function unter dem Integralzeichen wird für , selbst dann noch, wenn sein sollte. Denn vermöge der Gleichung kann nicht unendlich gross werden, wenn gesetzt wird und ist. Der Werth dieses Bruches ist endlich oder unendlich klein, je nachdem unendlich gross oder endlich ist, und folglich ist jedenfalls unendlich klein für .
Wenn also eine der Coordinaten unendlich gross wird, so hat man
Ist nun endlich, , so wird und in Folge dessen
. Ist , so nimmt der letzte Ausdruck für die Form
an. Wir schreiben ihn deshalb so:
und ermitteln den wahren Werth nach den Regeln der Differentialrechnung. Derselbe findet sich
wenn man und unendlich gross nimmt. Von den drei variabeln Factoren ist der letzte ein positiver echter Bruch, dessen
Werth höchstens gleich ist. Der erste hat den Grenzwerth , und der zweite den Grenzwerth Null. Denn vermöge der Gleichung (22) muss endlich sein, selbst wenn und unendlich gross genommen werden. Folglich ist
für .
Damit ist bewiesen, dass für .
Auf demselben Wege wird der Beweis geführt, dass für .
Die Richtigkeit der Ausdrücke für ist zwar im vorigen Paragraphen vollständig bewiesen. Doch erscheint es nicht unzweckmässig, einen Theil der Untersuchung noch auf einem anderen Wege vorzunehmen. Es ist dies namentlich die Bestimmung der Functionen und , wenn man dabei von den Gleichungen (14) und (18) des vorigen Paragraphen ausgehen will.
Es handelt sich darum, den Werth von aus der Gleichung (14) des vorigen Paragraphen zu ermitteln für . Man hat dabei zu beachten, dass für die Grösse übergeht in . Dadurch wird aber der Werth des Integrals in (14) unendlich gross, und der erste Bestandtheil von nimmt in Gleichung (14) die unbestimmte Form an.
Um den wahren Werth zu ermitteln, kann man statt des reellen Integrationsweges einen anderen einschlagen, welcher durch complexe Werthe der Variablen führt.
Wir denken uns nach dem Vorgange von Gauss eine complexe Zahl repräsentirt durch den Punkt einer Ebene, dessen rechtwinklige Coordinaten sind. Die Zahl nimmt dann alle möglichen complexen Werthe an, wenn der Punkt in der unbegrenzten Ebene in alle möglichen Lagen gebracht wird. Die Werthe von ändern sich stetig, wenn der Punkt eine ununterbrochene Linie stetig durchläuft. Wir sagen dafür der Kürze wegen: die complexe Variable durchläuft die Linie.
Die Ebene, in welcher der Punkt beweglich ist, heisst die Zahlenebene. Es ist vortheilhaft, sie im Unendlichen als geschlossen anzusehen, d. h. sie als eine Kugel von unendlich grossem
Die Richtigkeit der Ausdrücke für ist zwar im vorigen Paragraphen vollständig bewiesen. Doch erscheint es nicht unzweckmässig, einen Theil der Untersuchung noch auf einem anderen Wege vorzunehmen. Es ist dies namentlich die Bestimmung der Functionen und , wenn man dabei von den Gleichungen (14) und (18) des vorigen Paragraphen ausgehen will.
Es handelt sich darum, den Werth von aus der Gleichung (14) des vorigen Paragraphen zu ermitteln für . Man hat dabei zu beachten, dass für die Grösse übergeht in . Dadurch wird aber der Werth des Integrals in (14) unendlich gross, und der erste Bestandtheil von nimmt in Gleichung (14) die unbestimmte Form an.
Um den wahren Werth zu ermitteln, kann man statt des reellen Integrationsweges einen anderen einschlagen, welcher durch complexe Werthe der Variablen führt.
Wir denken uns nach dem Vorgange von Gauss eine complexe Zahl repräsentirt durch den Punkt einer Ebene, dessen rechtwinklige Coordinaten sind. Die Zahl nimmt dann alle möglichen complexen Werthe an, wenn der Punkt in der unbegrenzten Ebene in alle möglichen Lagen gebracht wird. Die Werthe von ändern sich stetig, wenn der Punkt eine ununterbrochene Linie stetig durchläuft. Wir sagen dafür der Kürze wegen: die complexe Variable durchläuft die Linie.
Die Ebene, in welcher der Punkt beweglich ist, heisst die Zahlenebene. Es ist vortheilhaft, sie im Unendlichen als geschlossen anzusehen, d. h. sie als eine Kugel von unendlich grossem Radius aufzufassen. Dem Werthe entspricht dann nur ein einziger Punkt, welcher auf der unendlich grossen Kugel dem Nullpunkte diametral gegenüberliegt.
Wir zeichnen in der Zahlenebene eine in sich zurücklaufende Linie (Fig. 18), welche sich selbst nicht durchschneidet und einen
Theil der Ebene vollständig begrenzt. Innerhalb dieses abgegrenzten Theiles soll die Axe der positiven von bis liegen, ausserhalb dagegen die Punkte, welche die beiden negativen Wurzeln der Gleichung (2) des vorigen Paragraphen repräsentiren. Dann liegen auch die beiden Punkte der Abscissenaxe und ausserhalb. Der Punkt soll nur dann innerhalb des abgegrenzten Gebietes liegen, wenn und ist, d. h. wenn und .
Wir wollen nun zunächst in dem Ausdrucke für den reellen Integrationsweg durch einen complexen ersetzen.
Für jeden Werth, den die Variable annimmt, hat die Function
zwei Werthe, weil die Quadratwurzel zweideutig ist. Diese beiden Werthe sind innerhalb des abgegrenzten Flachenstückes an zwei Stellen einander gleich, und zwar , wenn nemlich und wenn . Für alle übrigen Werthe von innerhalb und auf der Begrenzung des Flächenstückes soll nur ein Werth von in Betracht gezogen werden, und zwar nach folgender Vorschrift. Wir zerschneiden die Zahlenebene längs der reellen Zahlenaxe von bis und setzen fest, dass die Variable bei ihrer Bewegung in der Ebene diesen Schnitt nicht überschreiten, wohl aber umgehen darf. Soll sie also die reelle Zahlenaxe von bis durchlaufen, so ist zu unterscheiden, ob dies unendlich nahe an dem Schnitt auf der rechten oder auf der linken Seite geschieht. Für solche Werthe von ist reell. Wir setzen fest, dass der positive Werth von genommen werden soll, wenn unendlich nahe an dem Schnitt auf der rechten (unteren) Seite liegt, und der negative Werth von , wenn unendlich nahe an dem
Schnitt auf der linken (oberen) Seite liegt. Wir lassen dann die Variable von dem Rande des Schnittes aus im Innern des begrenzten Flächenstückes eine Linie stetig durchlaufen, die im Innern oder auf der Begrenzung endigt. Dabei soll, wie wir ferner festsetzen, von den beiden Werthen der Function nur die stetige Fortsetzung des Anfangswerthes in Betracht kommen. Dadurch wird erreicht, dass auf der Linie und im Innern des von ihr begrenzten und von bis zerschnittenen Flächenstückes die Function überall einwerthig, endlich und stetig variabel ist. Nur wenn ist, wird die Function an einer Stelle des Flächenstückes unendlich, nemlich an der Stelles . In diesem besonderen Falle legen wir um den Unstetigkeitspunkt einen Kreis von beliebig kleinem Radius , schliessen das Innere desselben von dem betrachteten Flächenstück aus und lassen schliesslich werden.
Wir setzen nun einen Fundamentalsatz aus der Theorie der Functionen einer complexen Variablen als bekannt voraus. Derselbe lautet:
Wenn für alle Werthe von innerhalb eines vollständig begrenzten Gebietes der Zahlenebene und auf der Begrenzung die Function überall einwerthig, endlich und stetig variabel ist, so hat das Integral
ausgedehnt durch die ganze Begrenzung, den Werth Null.
Ist also von Null verschieden, so hat man folgenden Integrationsweg (Fig. 19):
Von bis unendlich nahe an dem Schnitt auf der rechten (unteren) Seite, von bis ebenso auf der linken (oberen) Seite, dann von durch die Linie um herum bis in der Richtung der Pfeile.
Das Integral auf dem reellen Wege von bis und von bis hat den Werth
(2) |
wenn die Quadratwurzeln positiv genommen werden. Mit Hülfe des eben citirten Satzes findet sich also
(3) |
und es ist das Integral durch complexe Werthe von zu nehmen längs der Linie von bis in der Richtung der in Fig. 18 angegebenen Pfeile.
Die Gleichung (3) bleibt gültig, auch wenn und ist. Der Integrationsweg (Fig. 20) führt jetzt von bis an dem unteren Rande
des Schnittes, dann durch die Peripherie des um gelegten Kreises, hierauf von bis an dem oberen Rande des Schnittes und schliesslich längs der Linie von bis , immer in der Richtung der Pfeile. Soweit der Integrationsweg reell ist, erhält man für das Integral (2). Das Integral, durch die Kreisperipherie erstreckt, hat den Grenzwerth Null. Denn es geht für die Function über in
und diese wird für unendlich wie Folglich wird der Integralwerth an dieser Stelle Null wie . Wir kommen demnach auf die Gleichung (3) zurück. Nur ist jetzt der Integrationsweg so zu legen, dass er die Stelle mit umschliesst.
Soll nun auch in der Gleichung (14) des vorigen Paragraphen ein complexer Integrationsweg eingeschlagen werden, so haben wir
(4) |
und es ist die Integration durch die Linie (Fig. 18) zu erstrecken von bis in der Richtung der vorgeschriebenen Pfeile.
Für wird In diesem Falle ist für das Integral in (4) die Linie so zu legen, dass sie den Punkt mit umschliesst, nicht aber die beiden anderen Wurzeln der Gleichung . Das Integral ist mit besonderer Vorsicht zu behandeln, weil für die Function wird, und in Folge davon die Function unter dem Integral unendlich gross. Wir wählen auf
der Linie zwei Punkte und . Durch sie und den unendlich entfernten Punkt wird die ganze Linie in drei Bestandteile zerlegt. läuft von bis von bis von bis . Wir ziehen ferner von nach durch das Innere des von begrenzten Flächenstücks eine Linie (Fig. 21), so dass und ein Flächenstück begrenzen, innerhalb dessen der Punkt liegt. Das Integral
(5) |
durch die ganze Linie erstreckt, soll mit bezeichnet werden, mit dagegen die drei Bestandtheile, die sich ergeben bei der Integration von bis längs der Linie von bis längs von bis längs . Endlich soll der Werth des Integrals von bis durch genommen, sein. Dann hat man
Hierin ist ein Integral von endlichem Werthe. Also hat man
für |
Das Integral kann durch irgend ein anderes ersetzt werden, dessen geschlossener Integrationsweg um herumführt. Wir machen zum Mittelpunkt eines Kreises vom Radius , der so gewählt ist, dass die Peripherie ganz in das von und begrenzte Flächenstück hineinfällt. Wenn man dann das Integral (5) in der Richtung des Pfeiles (Fig. 21) durch die Kreisperipherie erstreckt, so ist sein Werth . Dieses Integral bedarf noch der Untersuchung. Es ist
|
daraus ergibt sich durch Subtraction
Wir nehmen auf beiden Seiten Logarithmen und erhalten durch Differentiation
wenn mit eine Function bezeichnet wird, die auf der Peripherie und im Innern des Kreises endlich und stetig variabel ist, auch für . Dann ist zunächst das Integral
durch die Kreisperipherie erstreckt, unter keinen Umständen unendlich gross. Denn setzt man , so erhält man unter dem Integralzeichen ein Product, dessen einer Factor ist, und dessen anderer Factor auf der Kreisperipherie und im Innern des Kreises überall endlich ist. Da nun das unbestimmte Integral
auf dem ganzen Integrationswege endlich bleibt, so ist auch, durch die Kreisperipherie erstreckt,
endlich, und der Werth dieses Integrals nähert sich der Grenze Null, wenn man den Radius des kreisförmigen Integrationsweges unendlich klein werden lässt.
Es bleibt also nur noch das Integral
zu ermitteln, worin wir der Kürze wegen
(6) |
gesetzt haben. Wir führen nun Polar-Coordinaten ein, so dass
zu setzen ist . Demnach haben wir . Für Punkte auf der Kreisperipherie ist constant, folglich
Die Richtung des Integrationsweges ist dieselbe wie die Richtung des wachsenden Bogens. Demnach ergibt sich
Nun darf man den Radius beliebig klein wählen. Wir lassen ihn unendlich abnehmen und erhalten
(7) |
Die gewonnenen Resultate beantworten die Frage, was aus der Gleichung (4) wird für . Die linke Seite soll nach der Bedingung (12) des vorigen Paragraphen in Null übergehen. Auf der rechten Seite hat man für das Integral einzusetzen und hierauf den Grenzwerth zu ermitteln für . Es ist aber, wie schon bewiesen:
für |
Ferner ist nach Gleichung (7)
und es ist oder , je nachdem das reelle positiv oder negativ genommen wird.
Soll nun werden für , so sieht man, dass in Gleichung (4) zu setzen ist:
(8) |
Dies Resultat stimmt mit der im vorigen Paragraphen gewonnenen Gleichung (17) überein.
In derselben Weise kann man verfahren, um die Function zu bestimmen.
Es sollte die Potentialfunction bezeichnen für den Fall, dass der von der Fläche (1) des §. 26 begrenzte cylindrische Raum von bis mit Masse von der constanten Dichtigkeit und von bis mit Masse von der constanten Dichtigkeit erfüllt ist. Dann ist, wie wir gesehen haben,
die Potentialfunction des Cylinders von der Dichtigkeit , der von den Endflächen und begrenzt wird. Lässt man nun unendlich klein werden, so erhält man
d. h. |
als Potentialfunction des Cylinders, der von den Endflächen und begrenzt wird. Ein Element dieses Cylinders enthält die Masse . Man kann sich dies auch so vorstellen, als ob die Masse mit der Dichtigkeit auf der Basisfläche des
Cylinders ausgebreitet wäre. Folglich ist die Potentialfunction der Ellipsenfläche
über welche die Masse mit der constanten Dichtigkeit ausgebreitet ist.
Wir wollen nun direct beweisen, dass der Ausdruck (5) des §. 26 allen den Bedingungen Genüge leistet, durch welche die Potentialfunction der eben genannten Ellipsenfläche eindeutig bestimmt ist. Es ist dies eine zweite Art, den Ausdruck für zu verificiren.
Es kömmt darauf an zu beweisen, dass
(1) |
im ganzen unendlichen Räume, dass
(2) |
für jeden Punkt der anziehenden Fläche, und dass
(3) |
ist, wenn eine der drei Coordinaten unendlich gross genommen wird.
Wir gehen aus von der Gleichung (3) des vorigen Paragraphen, nemlich
(4) |
Die Integration ist durch die Linie (Fig. 18) zu erstrecken. Zur Abkürzung schreiben wir
|
Durch Differentiation findet sich
|
Ferner hat man
|
Daraus berechnet sich
(5) |
Man findet aber leicht
|
Folglich vereinfacht sich die Gleichung (5). Man erhält nemlich
(6) |
Mit Hülfe dieser Gleichung ergibt sich
(7) |
Das Integral ist zu erstrecken durch die Linie (Fig. 18) von
um herum bis . Das unbestimmte Integral lässt sich ausrechnen, nemlich
Diese Function ist auf dem ganzen Integrationswege einwerthig, endlich und stetig variabel. Man findet also das bestimmte Integral gleich der Differenz der Werthe des unbestimmten Integrals an den Grenzen. Diese Werthe sind aber an den Grenzen beide gleich Null. Folglich
(8) |
Dies ist die zu beweisende Gleichung (1).
Um die zweite Eigenschaft der Function nachzuweisen, stellen wir her nemlich
(9) |
Soll hier genommen werden, so muss der Integrationsweg von nach durch eine geschlossene Linie führen, welche den Punkt mit umschliesst. Dabei ist zu unterscheiden, ob oder ist.
Es sei erstens . Dann können und dürfen wir die Linie so legen, dass der Punkt ausserhalb des umschlossenen Flächenstücks liegt. Das Integral auf der rechten Seite von (9) kann ersetzt werden durch den doppelten Werth des Integrals zwischen den reellen Grenzen und . Nun wird zwar für die Function unter dem Integralzeichen unendlich wie , aber das unbestimmte Integral wird an dieser Stelle Null wie , und daher hat das bestimmte Integral einen angebbaren endlichen Werth. Folglich ist für auch , gleichgültig, ob von der positiven oder von der negativen Seite in Null übergeht. Wir haben also (für )
(10) |
wenn , d. h. wenn . In diesem Falle liegt der
Punkt zwar in der Ebene, aber nicht an einer mit Masse erfüllten Stelle.
Es sei zweitens . Dann umschliesst die Linie den Punkt . In ihm wird die Function unter dem Integralzeichen unendlich. Wir zerlegen jetzt das Integral (9) in zwei Bestandtheile. Für den ersten Bestandtheil ist der Integrationsweg zusammengesetzt aus der Linie (Fig. 21) von bis , der Linie von bis und der Linie von bis . Für den zweiten Bestandtheil wird die Integration erstreckt von bis längs der Linie und von bis längs der Linie . Der erste Bestandtheil hat einen endlichen Werth. Multiplicirt man diesen mit , so wird für das Product zu Null, gleichgültig, ob von der negativen oder von der positiven Seite in Null übergeführt ist. Es bleibt also nur der zweite Bestandtheil des Integrals (9) zu berücksichtigen. Für diesen kann der Integrationsweg ersetzt werden durch einen Kreis, der den Punkt zum Mittelpunkt hat. Setzen wir dann zur Abkürzung
so ist das Integral, um das es sich handelt,
Der Radius des Kreises darf unendlich klein genommen werden. Das Integral bat also den Werth
d. h. mit Rücksicht auf den Werth von :
Folglich erhält man aus der Gleichung (9)
(11) |
wobei oder , je nachdem von der positiven oder von der negativen Seite in Null übergeht. Demnach findet sich (für ):
(12) |
unter der Voraussetzung, dass , d. h. dass ist.
Damit ist bewiesen, dass auch der Bedingung (2) Genüge leistet.
Endlich muss sein, wenn der Punkt in unendliche Entfernung rückt. Dass dies wirklich eintrifft, ist schon in §. 26 bewiesen.
Die Function genügt also in der That den Bedingungen (1), (2), (3).
Wir wollen die Potentialfunction einer kugelförmigen Masse bestimmen, wenn die Dichtigkeit nicht constant ist und der Werth von in der Oberfläche als gegeben vorausgesetzt wird. Der Radius der anziehenden Kugel sei . In ihren Mittelpunkt legen wir den Anfangspunkt des rechtwinkligen Coordinatensystems.
Zunächst kömmt es darauf an, von den rechtwinkligen Coordinaten zu Kugel-Coordinaten als unabhängigen Variabeln überzugehen.
Wir legen den Mittelpunkt der Kugel-Coordinaten in den Anfangspunkt des rechtwinkligen Systems. Auf der Kugel vom Radius , welche diesen Punkt zum Centrum hat, wählen wir den Pol an der Stelle, welche von der Axe der positiven getroffen wird. Als Anfangsmeridian soll der vom Pol zum Gegenpol verlaufende grösste Halbkreis genommen werden, den die Axe der positiven durchschneidet. Der Punkt, dessen rechtwinklige Coordinaten sind, hat den Radiusvector . Dieser schneidet die Kugel vom Radius in einem Punkte, dessen Poldistanz mit und dessen geographische Länge mit bezeichnet werden möge. Der Zusammenhang von mit wird durch die Gleichungen ausgesprochen:
(1) |
|
Auf Grund dieser Gleichungen könnte man den Ausdruck
durch blosse Rechnung transformiren. Wir ziehen es vor, den neuen Ausdruck direct herzuleiten, indem wir den Satz von Gauss
(§.12) auf ein Raumelement des Kugelcoordinaten-Systems anwenden. Dieses Raumelement (Fig.22) wird begrenzt von zwei concentrischen Kugelflächen, die mit den Radien und um den Mittelpunkt der Kugel-Coordinaten beschrieben sind, ferner von zwei Kegelflächen, welche die Axe zur Axe haben, und deren Erzeugende mit dieser Axe die Winkel und resp. einschliessen, endlich von zwei Meridian-Ebenen, die mit der Ebene des Anfangsmeridians die Winkel und bilden. Die sechs Begrenzungsflächen durchschneiden sich in zwölf Kanten. Je drei von ihnen, welche eine dreiseitige Ecke bilden, stehen rechtwinklig aufeinander.
Der Satz von Gauss lautet:
(2) |
wenn die Integration über die Oberfläche des Raumelementes erstreckt wird. ist die Componente der Anziehung in der Oberfläche, genommen in der Richtung der nach innen gezogenen Normale, und die Masse im Innern des Raumelementes.
Das Integral zerlegt sich in sechs Bestandteile, deren jeder von einer Seitenfläche herrührt. Wir haben zunächst zwei Seitenflächen, rechtwinklig gegen den Radius vector . Der Flächeninhalt derselben ist und resp. . Für die erste ist , für die andere . Folglich liefern diese beiden Seitenflächen zu dem Integral den Beitrag
|
Es kommen ferner in Betracht zwei Seitenflächen, rechtwinklig gegen den Meridian. Ihr Flächeninhalt ist und resp. . Für die eine ist , für die andere . Folglich lautet der Beitrag zu dem Integral
|
Endlich handelt es sich noch um zwei Seitenflächen, rechtwinklig gegen den Parallelkreis. Jede von ihnen hat den Flächeninhalt . Für die eine ist , für die andere . Wir erhalten also zu dem Integral den Beitrag
|
Fassen wir diese Beiträge zusammen, so wird aus der linken Seite der Gleichung (2):
Auf der rechten Seite ist
Stellt man hiernach die Gleichung (2) auf und dividirt auf beiden Seiten durch , so ergibt sich:
(3) |
Dies ist die partielle Differentialgleichung, welche für Kugel-Coordinaten an die Stelle der Gleichung (4) des §. 13 tritt.
Die Gleichung von Laplace lautet demnach für dieses Coordinatensystem:
(4) |
Soll zunächst die Function für irgend einen Punkt im Innern der Kugel vom Radius hergestellt werden , so handelt es sich nach Green's Methode darum, eine Function ausfindig zu machen, die den folgenden Bedingungen Genüge leistet:
(1) |
im Innern der Kugel vom Radius
(2) | in der Oberfläche |
(3) | im Punkte |
wie der reciproke Werth der Entfernung von diesem Punkte.
Die partielle Differentialgleichung (1) lässt sich durch eine andere ersetzen, wenn man eine Function einführt durch die Gleichung:
(4) |
und als Variable nimmt statt . Es ist nemlich
folglich
Aus der Gleichung (4) findet sich durch Differentiation
Führt man dies in die partielle Differentialgleichung (1) ein, so erhält man, nach Wegwerfung des Factors :
(5) |
Ist
(6) |
eine Lösung dieser partiellen Differentialgleichung, so kann man darin ersetzen durch und erhält dadurch eine neue Lösung. Man überzeugt sich davon leicht, wenn man bemerkt, dass in (5) nur vorkommt. Es ist also auch
(7) |
eine Lösung, wenn genommen wird.
Gehört nun zu einem Punkte innerhalb der Kugel, so lässt es sich leicht einrichten, dass einem äusseren Punkte angehört. Man hat nur
(8) | d. h. |
zu setzen. Zwei solche Punkte, welche auf demselben Radius vector liegen, und deren Abstände vom Mittelpunkte und der Gleichung (8) Genüge leisten, sollen der eine der Bildpunkt des anderen genannt werden.
Vermöge der Gleichungen (6), (7) und (8) ist es nun leicht, die Function über die Oberfläche der Kugel hinaus so in den äusseren Raum fortzusetzen, dass sie überall der partiellen Differentialgleichung (5) genügt, und dass sie in der Oberfläche der Kugel an jeder Stelle den Werth Null annimmt.
Man braucht nur die Bestimmung zu treffen, dass die Functionswerthe und einander entgegengesetzt gleich sein sollen für zwei Punkte und , von denen der eine des anderen Bildpunkt ist. Also
(9) |
Daraus geht zunächst hervor
(10) |
Ferner, wenn man mit die Derivirte nach bezeichnet:
(11) |
Für zeigt sich, dass die Derivirte in der Oberfläche denselben Werth annimmt, der Punkt mag von aussen oder von innen in die Oberfläche hineinrücken.
Durch die Bestimmung, die wir über die Fortsetzung der Function getroffen haben, wird auch über die Kugeloberfläche vom Radius nach aussen fortgesetzt. Und zwar genügt bei dieser Art der Fortsetzung die Function im ganzen unendlichen Raume der partiellen Differentialgleichung (1). Sie hat in der Oberfläche an jeder Stelle den Werth Null. Es ist also nur noch darauf Acht zu geben, dass überall endlich und stetig variabel sein soll, ausser in dem Punkte und in seinem Bildpunkte .
Bezeichnen wir mit und die Werthe der Function für zwei gegenseitige Bildpunkte, so findet sich aus (9) und (4):
also
(12) |
Diese Relation lässt sich zur Herstellung des Ausdruckes für die Function verwerthen, wenn man noch ihr Verhalten in der Nähe des Unstetigkeitspunktes im Innern und seines äusseren Bildpunktes beachtet. Es seien die Coordinaten des inneren Unstetigkeitspunktes und die Coordinaten seines äusseren Bildpunktes, so dass . Ferner seien und resp. die Coordinaten von zwei gegenseitigen Bildpunkten, welche mit den Unstetigkeitspunkten auf demselben Radius vector liegen. Nehmen wir unendlich klein, so hat die Function im Punkte [13] den Werth
(13) |
wenn mit eine Function bezeichnet wird, welche für endlich und stetig bleibt. In dem äusseren Bildpunkte erhält man nach Gleichung (12)
wenn eine Function bezeichnet, welche für endlich und stetig bleibt. Nun ist aber
folglich
Demnach kann der Ausdruck für auch so geschrieben werden
(14) |
Jetzt ist es leicht, für eine beliebige Lage des Punktes einen Ausdruck aufzustellen, der in (13) oder (14) übergeht, je nachdem der Punkt unendlich nahe an den inneren Unstetigkeitspunkt oder an dessen äusseren Bildpunkt heranrückt. Wir bezeichnen mit und die Abstände des Punktes von dem inneren Unstetigkeitspunkte und resp. von dessen äusserem Bildpunkte . Dann ist
(15) |
die Function, welche allen gestellten Bedingungen Genüge leistet.
Es bleibt noch übrig, die Abstände und durch die Coordinaten und die Coordinaten des Unstetigkeitspunktes und seines Bildpunktes auszudrücken. Bezeichnen wir mit den Winkel, welchen die Radien und mit einander einschliessen, so findet man (Fig. 23):
(16) |
|
Um auszudrücken, legen wir um den Mittelpunkt des Kugelcoordinaten-Systems die Kugel vom Radius . Auf ihr merken wir ausser dem Pol und dem Anfangsmeridian die Punkte an, welche von den Radien und getroffen werden (Fig. 24). Die Poldistanzen dieser beiden Punkte sind und , und ihre sphärische Entfernung ist . Die Meridiane, auf welchen und
gezählt werden, schliessen den sphärischen Winkel ein. Folglich haben wir
(17) |
Wenn die Wahl des Coordinatensystems freisteht, so dient es zur Vereinfachung, die Axe des rechtwinkligen Systems (und folglich auch die Polaraxe des Kugelcoordinaten-Systems) durch den Unstetigkeitspunkt zu legen. Dann ist ferner beliebig und folglich . Die Gleichung (15) geht dadurch über in
(18) |
Aus der Gleichung (15) kann man noch die mechanische Bedeutung der Function herauslesen. Es ist die Potentialfunction für den Fall, dass im Punkte die Masse , in seinem Bildpunkte die Masse concentrirt ist.
Uebrigens kann auch der Punkt ausserhalb der Kugel liegen. Dann ist sein Bildpunkt ein innerer Punkt. Der Ausdruck für wird derselbe wie in Gleichung (15).
Versteht man unter einen Punkt ausserhalb der Kugel, so ist die Hülfsfunction, welche dazu dient, die Function für den äusseren Raum herzustellen. Denn in der That genügt diese Function im ganzen äusseren Raume der partiellen Differentialgleichung (1). Sie hat den Werth Null in der Begrenzung des äusseren Raumes, d. h. in der Oberfläche der Kugel vom Radius und in einer Kugelfläche von unendlich grossem Radius. Sie ist im ganzen äusseren Räume endlich und stetig variabel, ausser im Punkte , wo sie in vorgeschriebener Weise unendlich wird.
Wir wollen speciell voraussetzen, dass im Innern der Kugel und in dem ganzen äusseren Räume keine anziehende Masse vor-
handen sei. Die Masse soll vielmehr über die Oberfläche vertheilt sein, und zwar in der Weise, dass für jeden Punkt der Oberfläche die Potentialfunction einen gegebenen Werth besitzt.
(1) | für |
Die Function soll einwerthig und endlich sein für jede Werthencombination der Variablen und zwischen den äussersten Werthen und von und den äussersten Werthen und von .
Für das Innere der Kugel und ausserhalb gilt dann überall die Gleichung von Laplace:
(2) |
Der Satz von Green (§.21) gibt für irgend einen Punkt den Werth der Potentialfunction durch die Gleichung
(3) |
Die Integration hat man über die Kugeloberfläche auszudehnen. Die Function ist in Gleichung (15) des vorigen Paragraphen ausgedrückt, und es ist
wobei das obere oder das untere Zeichen gilt, je nachdem grösser oder kleiner als ist, d. h. je nachdem der Punkt ) ausserhalb oder innerhalb der Kugel liegt.
Folglich haben wir
(4) |
je nachdem .
Diese Formel drückt den Werth der Potentialfunction aus, wenn die anziehende Masse nur in der Oberfläche der Kugel vertheilt und der Werth der Potentialfunction in jedem Punkte dieser Oberfläche bekannt ist.
Es fragt sich dann noch, wie gross die Dichtigkeit in jedem Punkte der Kugeloberfläche ist. Diese Frage ist nach §. 14 Gleichung (6) zu beantworten. Man erhält
oder, was auf dasselbe hinausläuft:
Nun ist aber
Folglich ergibt sich
(5) |
Der bei angehängte doppelte Index soll bedeuten, dass nach Ausführung der Differentiation und gesetzt werden soll.
Es bleibt noch übrig, in (4) und (5) die Function des vorigen Paragraphen wirklich einzusetzen und die vorgeschriebenen Differentiationen auszuführen. Wir wollen dabei die Polaraxe des Kugelcoordinaten-Systems durch den Punkt legen, für welchen der Werth der Potentialfunction ausgedrückt werden soll. Dann ist beliebig, und es gilt für die Gleichung (18) des vorigen Paragraphen. Danach findet sich
Setzt man dies in Gleichung (4) ein, so erhält man
(6) |
und es gilt das obere oder das untere Zeichen, je nachdem positiv oder negativ ist.
Es fragt sich, welchen Werth annimmt für . Dies ist leicht vorauszusagen, wenn man daran denkt, dass der Punkt auf der Polaraxe liegt . Für rückt er also in den Pol der Kugeloberfläche, und für diesen ist und beliebig. Es muss also dann in den Werth übergehen, den für annimmt, und dieser Werth muss von unabhängig sein. Wir wollen zeigen, dass das wirklich aus der Gleichung (6) sich ergibt.
Wir setzen zur Abkürzung
Dann ist der Mittelwerth von allen den Werthen, welche die Function auf dem Parallelkreis von der Poldistanz annimmt. Bei dieser abgekürzten Schreibweise geht die Gleichung (6) in folgende über:
Betrachten wir zunächst das unbestimmte Integral, so gibt die Integration nach Theilen:
Geht man also zu der Integration zwischen den vorgeschriebenen Grenzen und über, so findet sich
In dieser Gleichung gelten überall gleichzeitig die oberen Zeichen, wenn , und die unteren, wenn ist. Die Gleichung lässt sich kürzer schreiben:
(7) |
Soll nun gesetzt werden, so erhält man
Das letzte Integral hat dann, aber auch nur dann, einen endlichen Werth, wenn ist. Wir wollen nachher zeigen, dass diese Bedingung im allgemeinen erfüllt ist. Unter dieser Voraussetzung reducirt sich die letzte Gleichung auf folgende:
für |
Der letzte Ausdruck ist aber das arithmetische Mittel von allen den Werthen, welche die Function auf einem Parallelkreis von unendlich kleiner Poldistanz annimmt, d. h. da einwerthig vorausgesetzt ist, gleich dem Werthe dieser Function im Pole selbst. Und das war zu beweisen.
Für die Dichtigkeit haben wir die Gleichung abgeleitet
(1) |
Für nehmen wir am besten den Ausdruck (7) des vorigen Paragraphen. Dann findet sich
(2) |
und daraus wird für
(3) |
Das letzte Integral ist noch zu transformiren. Wir schreiben
Demnach ist
Der letzte Bestandtheil der rechten Seite verschwindet, wenn das Integral einen endlichen Werth hat, d. h. wenn ist. Den ersten Bestandtheil zerlegen wir weiter. Es ist nemlich
Folglich
|
Danach geht die Gleichung (3) über in
und die Gleichung (1) gibt jetzt
(4) |
Man sieht aus dieser Gleichung, wie die Dichtigkeit in irgend einem Punkte der Kugeloberfläche abhängig ist von den Werthe, welche die Potentialfunction in allen Punkten dieser Oberfläche besitzt.
Zur Berechnung von ist die Formel nicht brauchbar. Vielmehr hat man zu diesem Zweck sie in eine Reihe von Kugelfunctionen zu entwickeln. Die Convergenz der Reihe darf nicht a priori angenommen, sie muss vielmehr bewiesen werden. Das hat Dirichlet*)[14] gethan, indem er die Reihe summirt und allgemein nachweist, dass ihre Summe gleich dem obigen Integral-Ausdruck ist.
Wir haben noch zu zeigen, dass im allgemeinen, d. h. abgesehen von einzelnen Ausnahmefällen, ist für . Zu dem Ende ziehen wir im Pol der Kugel (Fig. 25) zwei Tangenten, parallel resp. zu den Axen der positiven und der positiven , und
bezeichnen die auf ihnen gezählten Strecken resp. mit und . Nehmen wir dann auf irgend einem Meridian, der mit dem Anfangsmeridian den Winkel einschliesst, vom Pol aus eine unendlich kleine Strecke , so darf man diese durch ihre Tangente ersetzen und hat (unter Vernachlässigung der höheren Potenzen von ) die Gleichungen
|
Setzen wir voraus, dass in der Nähe des Pols endliche Derivirte hat, so können wir nach Taylor's Satze entwickeln
Dabei sind die nicht hingeschriebenen Glieder der zweiten und höheren Potenzen von proportional. Hieraus erhalten wir
In der Entwicklung von nach Potenzen von ist also der Coefficient der ersten Potenz gleich Null, d. h.
für |
was zu beweisen war.
In besonderen Fällen können Ausnahmen eintreten, die dann eine besondere Untersuchung nöthig machen.
Wir gehen zu der Betrachtung der allgemeinen Eigenschaften der Function über. Sie ist im §. 21 durch drei charakteristische Merkmale definirt:
Erstens: Sie genügt im Innern des Raumes der partiellen Differentialgleichung
(1) |
Zweitens: Sie hat in der Oberfläche des Raumes überall den Werth Null.
Drittens: Sie ist im Innern des Raumes überall endlich und stetig variabel, ausser im Punkte , wo sie unendlich wird wie , wenn
Hiernach ist eine Function einerseits von den Coordinaten des Unstetigkeitspunktes, andererseits von den Coordinaten irgend eines Punktes im Innern oder auf der Oberfläche des Raumes . Wir wollen mit die Function bezeichnen,
welche im Punkte unendlich wird, und mit den Werth, welchen sie im Punkte annimmt. Ebenso soll die Function sein, welche im Punkte unendlich wird, und soll den Werth bezeichnen, den sie im Punkte annimmt. Um die Punkte und als Mittelpunkte legen wir zwei Kugelflächen mit den Radien und . Den inneren Raum dieser Kugeln schliessen wir
von dem Raume aus und bezeichnen mit den Raum, der übrig bleibt. Dann sind und , sowie ihre ersten Derivirten im Innern von überall endlich und stetig variabel. Ausserdem
genügen im Innern von beide Functionen der partiellen Differentialgleichung (1). Folglich ist nach dem Satze von Green (§. 20)
(2) |
wenn das Integral über die Begrenzung von erstreckt wird und die in der Begrenzung nach dem Innern von gezogene Normale bezeichnet. Die Begrenzung von besteht aus der Oberfläche des Raumes und aus den beiden Kugelflächen um und In der Oberfläche von sind und beide gleich Null, folglich liefert diese Oberfläche zu dem Integral (2) ebenfalls den Beitrag Null. Für die Kugelfläche um (Fig. 26) fällt die Richtung von mit der Richtung der wachsenden zusammen. Das Oberflächen-Element ist , wenn mit das Element auf einer Kugel vom Radius 1 bezeichnet wird. Die um gelegte Kugelfläche liefert also zu dem Integral (2) den Beitrag
Nun sind und in der Kugelfläche endlich. Ferner ist in ihr
|
Folglich haben wir für ein unendlich abnehmendes
|
und der Beitrag, welchen die Kugelfläche um zu dem Integral (2) liefert, hat für den Grenzwerth
Ebenso findet sich der Beitrag, welchen die um gelegte Kugelfläche zu dem Integral (2) liefert. Sein Grenzwerth für ist
Der in Gleichung (2) ausgesprochene Satz lautet jetzt also
oder kürzer
(3) |
D. h. die Function ist eine symmetrische Function von und von .
Die Herstellung der Potentialfunction ist zuerst von Green auf die Herstellung der Function zurückgeführt in der oben (§. 20) citirten Abhandlung: an essay on the application of mathematical analysis to the theories of electricity and magnetism. Green gibt aber keinen Beweis dafür, dass für jede Gestalt des Raumes auch wirklich eine Function und nur eine existirt, die den gestellten Bedingungen Genüge leistet. Er beruft sich einfach auf die physikalische Bedeutung der Function .*)[15] Diese Lücke hat Gauss ausgefüllt.**)[16] Er bezeichnet mit eine Grösse, die in jedem Punkte der Oberfläche von einen bestimmten, endlichen, nach der Stetigkeit sich ändernden Werth hat, und mit die Potentialfunction einer über dieselbe Oberfläche auszubreitenden Masse . Die Ausbreitung der Masse darf so geschehen, dass die Dichtigkeit entweder überall positiv ist, oder dass sie in einzelnen Theilen der Fläche auch negativ sein kann. In dem zweiten Falle ist die algebraische Summe der positiven und der negativen Massen. Gauss beweist dann, dass es allemal eine und nur eine Vertheilung der Masse gibt, bei welcher die Differenz in allen Punkten der Fläche einen constanten Werth hat, und dass die Gesammtmasse so gewählt werden kann, dass dieser constante Werth ist. Bezeichnet man nun mit den Abstand eines Punktes der Oberfläche von dem gegebenen Unstetigkeitspunkte im Innern von , so hat die Eigenschaften, welche
Gauss seiner Function zuschreibt. Man darf also den Satz von Gauss speciell so aussprechen: Auf der Oberfläche eines gegebenen Raumes lassen sich immer in einer und nur in einer Weise entweder positive, oder theils positive, theils negative Massen so ausbreiten, dass die Function für jeden Punkt der Oberfläche den Werth Null hat. Diese Function befriedigt alle Bedingungen, welche Green für seine Function aufstellt.
Dieser Beweis ist, wie man sieht, nicht rein analytisch. Seine Einkleidung ist der Theorie der Potentialfunction selbst entnommen. Einen rein analytischen Beweis hat später Dirichlet gegeben.*)[17]
Der Satz von Dirichlet lautet:
Ist die Function einwerthig, endlich und stetig variabel für jeden Punkt in der Oberfläche eines begrenzten Raumes gegeben, so lässt sie sich immer und nur auf eine Weise für das Innere so bestimmen, dass sie auch da einwerthig, endlich und stetig variabel ist und der partiellen Differentialgleichung
(1) |
Genüge leistet.
Um diesen Satz zu beweisen, bilden wir das über den Raum auszudehnende Integral
(2) |
Darin soll mit eine Function bezeichnet werden, die in der Oberfläche des Raumes überall mit der gegebenen Function übereinstimmt, die aber im Innern des Raumes nur an die Bedingung geknüpft ist, dass sie selbst und ihre ersten Derivirten überall einwerthig, endlich und stetig variabel seien. Solcher Functionen gibt es unendlich viele. Bezeichnet man eine von ihnen mit so lässt jede andere sich in die Form bringen
wenn eine passend zu wählende Constante bedeutet und eine
Function von ist, die in der Oberfläche des Raumes den Werth Null hat, im Innern aber an dieselbe Bedingung geknüpft ist wie die Functionen .
Das Integral (2) hat unter dieser Voraussetzung einen endlichen, positiven Werth, der im allgemeinen ein anderer sein wird, wenn man von einer Function zu einer andern übergeht. Nun gibt es zwar unendlich viele Functionen , die den aufgestellten Bedingungen genügen, und folglich wird man ihnen entsprechend auch unendlich viele Integralwerthe erhalten. Die letzteren sind aber sämmtlich positiv und endlich. Demnach ist unter ihnen jedenfalls einer vorhanden, der kleiner als alle übrigen ist. Dieser kleinste Werth des Integrals kann nur in einem Falle gleich Null sein, nemlich wenn im Innern des Raumes die ersten Derivirten der zugehörigen Function überall gleich Null sind. Es müsste also diejenige Function , welche das Minimum zu Stande bringt, im Innern von constant sein, und da sie eine stetige Fortsetzung der in der Oberfläche gegebenen Function ist, so müsste auch diese an jeder Stelle der Oberfläche denselben constanten Werth haben. Schliessen wir diesen Specialfall durch die Voraussetzung aus, dass in der Oberfläche stetig variabel sein soll, so ist der Minimalwerth des Integrals um eine positive endliche Grösse von Null verschieden.
Diejenige Function , für welche das Integral (2) seinen kleinsten Werth annimmt, soll für das Innere des Raumes mit bezeichnet werden. Dann lässt sich jede andere Function in die Form bringen
Wir wollen nun die Constante unendlich klein nehmen. Dann lautet die Bedingung des Minimum
(3) |
Nun hat man aber
|
Folglich ist
und danach findet sich
(4) |
Wird nun für die Bedingung (3) befriedigt, so ist der Coefficient von auf der rechten Seite der Gleichung (4) nothwendigeweise gleich Null. Denn sonst könnte man das Vorzeichen von so wählen, dass das Product
negativ ausfiele, und den Zahlwerth von so klein, dass das positive Glied kleiner würde als der absolute Werth des vorhergehenden negativen Gliedes. Dann hätte man
was mit (3) im Widerspruch steht. Also ist
(5) |
die nothwendige und, wie man leicht sieht, auch die ausreichende Bedingung für das Zustandekommen des Minimum Die linke Seite der Gleichung (5) transformiren wir nach §. 20 und erhalten
(6) |
Das erste Integral auf der rechten Seite ist über die Oberfläche des Raumes zu erstrecken. Sein Werth ist null, da nach der Voraussetzung in jedem Punkte der Oberfläche ist. Die Bedingung (5) für das Minimum geht also über in
(7) |
Da aber im Innern des Raumes die Function gänzlich unbestimmt ist, so kann diese Gleichung nur dadurch erfüllt werden, dass im Innern überall
(8) |
Nun existirt immer ein Minimum des Integrals . Folglich muss es unter den unendlich vielen Functionen welche in der Oberfläche von mit der dort gegebenen Function zusammenfallen, eine geben, welche jenes Minimum zu Stande bringt, und das kann nicht anders geschehen als durch Befriedigung der Gleichung (8). Diese Function ist die für das Innere von verlangte stetige Fortsetzung der in der Oberfläche gegebenen Function
Die Transformation (6), durch welche die Bedingung (5) in (8) übergeht, ist nach §. 20 nur dann zulässig, wenn die Functionen und und die ersten Derivirten von im Innern des Raumes überall endlich und stetig variabel sind. Diese Bedingung ist für und erfüllt. Denn wir haben von allen Functionen und vorausgesetzt, dass jede von ihnen mit ihren ersten Derivirten einwerthig, endlich und stetig variabel sei. Denken wir uns aber den Fall, dass die ersten Derivirten von im Innern des Raumes sich sprungweise änderten, wenn der Punkt von der negativen auf die positive Seite einer gewissen Fläche übertritt, so würde zu dem Oberflächen-Integral auf der rechten Seite von (6) noch der Beitrag hinzutreten
(9) |
In diesem Beitrage ist ein Element der Unstetigkeitsfläche, die Normale. Die Integration ist über die ganze Unstetigkeitsfläche zu erstrecken. Zur Erfüllung der Bedingung (5) würde dann die Gleichung (8) nicht genügen. Es müsste ausserdem das Integral (9) den Werth Null haben, und das ist bei der Unbestimmtheit von nicht anders möglich, als wenn an jeder Stelle der angenommenen Unstetigkeitsfläche
(10) |
Diese Gleichung sagt aber aus, dass, wenn ein Minimum ist, die ersten Derivirten von im Innern des Raumes nicht unstetig sind.
Es fragt sich noch, ob ausser der einen Function , welche das Integral zu einem Minimum macht, noch eine andere dieselbe Eigenschaft besitzt. Unter soll hier wieder eine Function verstanden werden, welche in der Oberfläche von den Werth Null hat und im Innern derselben Bedingung genügt wie die Functionen . Nun ist ein Minimum, wenn für eine Constante , die unendlich nahe an 1 heranrückt, die Bedingung erfüllt ist:
(11) |
Wir haben nach den Gleichungen (4) und (5)
und wenn man hierin setzt:
Dadurch geht die Bedingung (11) in folgende über
(12) |
Da man aber die Constante , die unendlich nahe an 1 liegen soll, nicht bloss grösser, sondern auch kleiner als 1 nehmen darf, so kann der Bedingung (12) nur dadurch genügt werden, dass man setzt:
(13) |
Bei der eigenthümlichen Form des Integrals kann diese Gleichung nur dann zu Stande kommen, wenn im Innern des Raumes überall
(14) |
d. h. ist. Der constante Werth von muss aber Null sein, weil in der Oberfläche ist.
Von allen den Functionen , welche die in der Oberfläche des Raumes gegebene Function ins Innere stetig fortsetzen, gibt es also eine und nur eine, die das Integral (2) zu einem Minimum macht. Diese Function und ihre ersten Derivirten sind im Innern von überall endlich und stetig variabel, und sie selbst erfüllt die partielle Differentialgleichung (8).
Mit Hülfe dieses Satzes ist nun leicht zu beweisen, dass für jede Gestalt des Raumes eine und nur eine Function existirt, welche die von Green aufgestellten charakteristischen Eigenschaften besitzt. Wir setzen
(15) |
wobei den Abstand des Punktes von dem inneren Unstetigkeitspunkte der Function bezeichnet. Dann hat man in der Oberfläche gleich zu nehmen und diese Function ins Innere des Raumes endlich und stetig variabel so fortzusetzen, dass
Das kann nach dem Satze von Dirichlet immer in einer und nur in einer Weise geschehen. Da nun der Gleichung von Laplace ebenfalls genügt, so ist die in (15) ausgedrückte Function in der That die von Green verlangte. Sie ist Null in der Oberfläche von , sie ist im Innern überall endlich und stetig variabel ausser im Punkte wo sie unendlich wird wie der reciproke Werth des Abstandes, und genügt im Innern von der Gleichung von Laplace.*)[18]
Wir wollen noch zeigen, dass eine endliche und stetige Function in keinem Theile des Raumes, wo sie die Gleichung von Laplace erfüllt, ein Maximum oder ein Minimum haben kann.
Die Function und die Function genügen beide der Gleichung von Laplace. Nach dem Satze von Green ist also
(1) |
wenn man das Integral über die Oberfläche eines Raumes erstreckt, in welchem und nebst ihren ersten Derivirten endlich und stetig variabel sind. Einen solchen Raum erhalten wir zwischen zwei concentrischen Kugelflächen von den Radien und ,
deren Centrum in dem Punkte liegt, von welchem aus gezählt wird. Wir nehmen und lassen schliesslich werden. Die äussere Oberfläche (Fig. 27) gibt als Beitrag zu dem Integral (1)
für , d. h.
Die innere Oberfläche liefert dagegen den Beitrag
für , d. h.
Lässt man in Null übergehen, so nimmt dieser Beitrag den Grenzwerth an
Folglich erhalten wir aus Gleichung (1)
d. h. es kann nicht in allen Punkten der Kugeloberfläche vom Radius dasselbe Vorzeichen haben, und deshalb ist weder ein Maximum noch ein Minimum.
Um nicht allein die Kräfte, sondern auch die durch sie hervorgebrachten Bewegungen untersuchen zu können, ist es nöthig, an einige Sätze der Dynamik zu erinnern.
Wir betrachten einen materiellen Punkt von der Masse . Seine Coordinaten sind Functionen der Zeit , und die Aufgabe der Dynamik besteht darin, diese Functionen ausfindig zu machen, wenn zu jeder Zeit die bewegende Kraft gegeben ist. Zur Lösung dieser Aufgabe sind Integrationen auszuführen. Den dabei auftretenden Integrations-Constanten hat man dann Specialwerthe beizulegen, so dass gewisse Nebenbedingungen des Problems erfüllt werden. Als solche Nebenbedingungen können z. B. gegeben sein die Anfangslage und die Anfangsgeschwindigkeit des bewegten materiellen Punktes, oder auch seine Anfangs- und seine Endlage.
Die bewegende Kraft, welche auf den materiellen Punkt wirkt, sei . Ihre Componenten in den Richtungen der positiven Coordinatenaxen bezeichnen wir resp. mit . Dann haben wir die Differentialgleichungen
(1) |
|
In diesen Gleichungen multipliciren wir auf beiden Seiten der Reihe nach mit , verbinden die Resultate
links und rechts durch Addition und integriren nach . Dadurch ergibt sich
(2) |
Wir bezeichnen mit die Länge der Bahn, welche der materielle Punkt bis zum Ablauf der Zeit durchlaufen hat, so dass ist für . Dann haben wir , und die Gleichung (2) geht über in
(3) |
Auf der rechten Seite dieser Gleichung können wir auch als Integrations-Variable einführen und unter dem Integralzeichen schreiben
Hier sind die Cosinus der Winkel, welche das Bahnelement mit den positiven Coordinatenaxen einschliesst. Bezeichnet man nun ferner mit , , die Winkel, welche die Richtung von mit den Richtungen der Componenten bildet, so findet sich
|
Dabei ist unter der Winkel zu verstehen, welchen die im Punkte angelegte Tangente der Bahn mit der Richtung der bewegenden Kraft einschliesst.
Die Gleichung (3) lautet hiernach in anderer Form
(4) |
Wir bezeichnen die Geschwindigkeit mit und den Werth, den sie zur Zeit hat, mit . Nehmen wir die bestimmte Integration vor und setzen für die Zeit die Grenzen und , also für den Weg die Grenzen und fest, so ergibt sich
(5) |
In dieser Gleichung spricht sich der Satz aus, dass die in dem Zeitintervall von bis gewonnene lebendige Kraft gleich ist der während derselben Zeit verrichteten mechanischen Arbeit. Im allgemeinen ist die Arbeit nicht allein von der Anfangs- und Endlage des bewegten Punktes abhängig, sondern auch von der Bahn, die er durchläuft. Sie setzt sich ja aus allen den Producten zusammen, die man erhält, wenn jedes Bahnelement mit der in seine Richtung fallenden Componente der bewegenden Kraft multiplicirt wird. Von besonderer Wichtigkeit ist der Fall, dass die Arbeit für alle Bahnen, die aus einer gegebenen Anfangslage in eine gegebene Endlage überführen, dieselbe ist, dass sie nur von der Anfangs- und Endlage des bewegten Punktes abhängig ist. Dieser Fall tritt ein, wenn die Componenten die resp. nach genommenen partiellen Derivirten einer und derselben Function sind, welche direct nur von abhängt, deren Ausdruck also die Zeit nicht explicite enthält. In diesem Falle geht die Gleichung (3) über in
(6) |
und die Gleichung (5) geht über in
(7) |
Dabei ist der Werth, welchen die Function annimmt, wenn man den Coordinaten des bewegten Punktes ihre Anfangswerthe beilegt.
In den Gleichungen (6) und (7) spricht sich der Satz aus:
Wenn die Componenten die resp. nach genommenen Derivirten derselben Function sind, welche direct nur von abhängt, so ist die während einer Bewegung gewonnene lebendige Kraft gleich der Differenz der Werthe, welche die Function in der Anfangs- und in der Endlage des bewegten Punktes annimmt.
Dieser Satz ist das Princip der Erhaltung der lebendigen Kraft.
Wir gehen über zu der Betrachtung eines Systems von bewegten materiellen Punkten. Ihre Massen seien . Die Coordinaten des Punktes von der Masse bezeichnen wir mit und die Componenten der auf ihn wirkenden bewegenden Kraft mit Diese Componenten sollen von der gegenseitigen Lage der Punkte abhängig sein. Deshalb können wir jetzt nicht jeden Punkt einzeln betrachten, wir fassen sie gleichzeitig in ihrer Gesammtheit auf, wir untersuchen die Bewegung des Systems.
Das System soll frei sein, d.h. jeder Punkt soll der auf ihn wirkenden bewegenden Kraft ohne Hindernis Folge leisten. Dann gelten für jeden einzelnen Punkt die Gleichungen (1) des vorigen Paragraphen. Wir können demnach für den Punkt die Gleichung (3) des vorigen Paragraphen ableiten, welche jetzt lautet:
oder, wenn man setzt:
Diese letzte Gleichung stellt einzelne Gleichungen vor, die man erhält, wenn für der Reihe nach die ganzen Zahlen gesetzt werden. Wir wollen diese Gleichungen durch Addition verbinden. Dadurch ergibt sich
(1) |
Hier ist wieder der Fall von besonderer Wichtigkeit, dass die resp. nach genommenen partiellen Derivirten einer und derselben Function sind, welche direct nur von den Coordinaten der sämmtlichen bewegten Punkte abhängt, deren Ausdruck also die Zeit nicht explicite enthält. Dann ist
das vollständige Differential der Function . Es gibt die Arbeit an, welche das System in dem auf die abgelaufene Zeit folgenden Zeitelement verrichtet.
Setzen wir noch zur Abkürzung
so kann unter der eben gemachten Voraussetzung die Gleichung (1) geschrieben werden
(2) |
Die Differenz der beiden Functionen und nennt man die mechanische Kraft des Systems. Die Function heisst die virtuelle mechanische Kraft, die potentielle mechanische Kraft.
Wir bezeichnen mit und die Werthe, welche die Functionen und zur Zeit haben. Dann ergibt sich aus (2) unmittelbar
(3) |
Wenn also die Bedingung für das Vorhandensein der Function erfüllt ist, so berechnet sich der Zuwachs an lebendiger Kraft (virtueller mechanischer Kraft), welche das freie System von materiellen Punkten bei einer wirklich ausgeführten Bewegung erfährt, als die Differenz der Werthe, welche die Function für die Anfangs- und die Endlage der Punkte des Systems besitzt. Diese Differenz ist aber unabhängig von den Wegen, auf welchen die Punkte aus ihrer Anfangslage in die Endlage übergeführt werden. Dieser Satz, welcher in Gleichung (3), oder auch in Gleichung (2) sich ausspricht, ist für das freie System von bewegten materiellen Punkten das Princip der Erhaltung der lebendigen Kraft.
Wir gehen zu einem besonderen Falle über. Die Kräfte, von welchen die materiellen Punkte des freien Systems in Anspruch genommen werden, sollen gegenseitige Anziehungen oder Abstossungen sein, deren Grösse nur von den Massen der auf einander wirkenden Punkte und von ihrer Entfernung abhängt. Dann gibt es eine Function , wie sie im vorigen Paragraphen eingeführt
ist. Um dies zu beweisen, betrachten wir irgend welche zwei von den Punkten und bezeichnen ihre Masse resp. mit und Diese beiden Punkte sollen in der Richtung ihrer Verbindungslinie
eine bewegende Kraft auf einander ausüben, die wir mit bezeichnen. Die Kraft ist Abstossung oder Anziehung, je nachdem der Werth dieser Function positiv oder negativ ist. In dem Zeitelement durchlaufe der Punkt den Weg und der Punkt den Weg (Fig. 28). Dabei verrichtet der Punkt die mechanische Arbeit
und der Punkt verrichtet die Arbeit
Es findet sich aber leicht
und auf demselben Wege
Die von beiden Punkten im Zeitelement verrichtete Arbeit ist demnach
|
Bezeichnen wir nun mit eine Function von , deren Differentialquotient ist:
so ist die von bis zur abgelaufenen Zeit vermöge der Wechselwirkung zwischen den Massen und geleistete Arbeit:
Die Gesammtarbeit aller Massen des ganzen Systems findet sich, indem man in dem letzten Ausdruck für alle Combinationen zweiter Klasse aus den Elementen setzt und die entstehenden einzelnen Werthe summirt. Die Gesammtarbeit ist also
(1) |
Die Summe ist die potentielle mechanische Kraft . Wir nennen sie kürzer das Potential. Die Integrations-Constante soll so gewählt werden, dass ist, wenn alle Punkte in unendlicher Entfernung liegen.
Das Potential ist also die Arbeit, welche verrichtet würde bei der Uebertragung der Punkte aus unendlicher Entfernung in ihre wirkliche Lage.
Das Potential ist unabhängig von den Wegen, auf welchen man diese Uebertragung vornehmen will. Ebenso ist aber die Gesammtarbeit (1) des Massensystems, die bei dem Uebergange aus einer Lage im endlichen Gebiete in eine andere solche Lage verrichtet wird, unabhängig von den Wegen, welche die einzelnen Punkte durchlaufen. Sie hängt allein von der Anfangs- und von der Endlage der Punkte des Systems ab. Man kann also, wenn es nur auf die Berechnung der verrichteten mechanischen Arbeit ankommt, alle Punkte aus ihrer Anfangslage in unendliche Entfernung rücken und hierauf in ihre Endlage übergehen lassen. Bei der ersten Bewegung erhält man als Arbeit den negativen Werth des Potentials für die Anfangslage, bei der zweiten das Potential selbst für die Endlage. Dies ist die Bedeutung des Ausdrucks (1).
Bei Anziehung im umgekehrten Verhältnis des Quadrates der Entfernung ist das Potential
(2) |
Hier ist wieder für jede Combination zweiter Klasse aus den Elementen zu nehmen, und die entstehenden einzelnen Ausdrücke sind zu summiren.
Wir haben bis jetzt vorausgesetzt, dass jeder Punkt des Systems mit allen anderen in Wechselwirkung stehe. Das Potential, welches man dabei erhält, nennt man das Potential des Massensystems auf sich selbst.
Es ist aber auch der Fall zu betrachten, dass jeder Punkt des einen Massensystems in Wechselwirkung steht mit jedem Punkte eines zweiten Systems.
Wir wollen die Massen des einen Systems mit , die des anderen Systems mit bezeichnen. Wenn die Wechselwirkung in Anziehung oder Abstossung besteht, deren Grösse eine Function der Entfernung ist, so erhalten wir für die geleistete Arbeit wieder den Ausdruck (1). Die Entfernung bezieht sich aber jetzt auf einen Punkt des einen Systems und einen Punkt des anderen. Es ist also jetzt
Die Summirung ist so zu verstehen, dass je ein Punkt des ersten Systems mit je einem Punkte des andern zusammengestellt, für jede Zusammenstellung die Function gebildet und alle entstehenden Functionen summirt werden. In dem Integral
ist die Integrationsconstante so zu wählen, dass wird für . Dann ist
(3) |
das Potential des einen Massensystems auf das andere.
Bei Anziehung im umgekehrten Verhältnis des Quadrates der Entfernung hat man jetzt das Potential
Bei Abstossung nach demselben Gesetze ist in (2) und (4) auf der rechten Seite negatives Vorzeichen zu setzen.
Die Potentialfunction einer anziehenden (oder abstossenden) Masse auf einen Punkt ist das Potential dieser Masse auf die in dem Punkte concentrirte Masseneinheit.
Das Princip des Lagrange ist für ein freies System in der Gleichung ausgesprochen:
(1) |
Darin sind die 3 Variationen der Coordinaten von einander unabhängig. Man hat also zur Erfüllung der Gleichung (1) für sich gleich Null zu setzen, was mit jeder einzelnen Variation multiplicirt ist. Auf diese Weise erhält man für die Punkte des Systems die 3 Differentialgleichungen der Bewegung.
Wenn die auf die Punkte einwirkenden Kräfte so beschaffen sind, dass ein Potential vorhanden ist, so lässt die Gleichung (1) sich schreiben:
(2) |
Dafür gibt es aber einen kürzeren Ausdruck, nemlich
(3) |
Diese Gleichung ist so zu verstehen. Aus einer gegebenen Anfangslage (für ) kann man sich die Punkte des Systems in eine gegebene Endlage (zur Zeit ) auf unendlich vielen verschiedenen Wegen übergeführt denken. Für jeden Uebergang auf bestimmten Wegen hat das Integral
(4) |
einen bestimmten Werth, der aber sich ändert, sobald die Wege der einzelnen Punkte des Systems geändert werden. Vergleicht
man nun zwei Uebergänge mit einander, bei denen die Wege, die jeder einzelne Punkt durchläuft, nur unendlich wenig von einander abweichen, so sind auch die Werthe des Integrals (4) für den einen und für den anderen Uebergang nur unendlich wenig von einander verschieden. Die Aenderung, welche dem Integralwerth für den ersten Uebergang zu ertheilen ist, damit der Integralwerth für den zweiten Uebergang herauskomme, wird die Variation des Integrals (4) genannt.
Die Gleichung (3) sagt aus, dass von allen denkbaren Uebergängen aus der gegebenen Anfangslage in die gegebene Endlage in Wirklichkeit derjenige zu Stande kommt, für welchen die Variation des Integrals (4) gleich Null ist.
Um zu beweisen, dass dieser Satz nichts anderes ist als das Princip des Lagrange, führen wir die Variation wirklich aus.
Es ist zunächst
also findet sich
und in Folge davon
Den Ausdruck
wollen wir durch Integration nach Theilen umformen. Dadurch ergibt sich
Für die Anfangslage und für die Endlage (nach Ablauf der Zeit ) ist aber also fällt der vom Integralzeichen
freie Bestandtheil auf der rechten Seite der letzten Gleichung weg, und wir erhalten
Auf demselben Wege findet sich
Folglich geht jetzt die Gleichung (3) in folgende über:
(5) |
Zu ihrer Erfüllung ist nothwendig und hinreichend, dass für jeden Zeitmoment die Function unter dem Integralzeichen gleich Null sei, also:
(6) |
Dies ist aber die Gleichung (2). Folglich ist bewiesen, dass das Princip des Lagrange bei dem Vorhandensein eines Potentials durch die Gleichung (3) ausgedrückt wird.
In unserm Falle ist das System frei. Die 3 Variationen der Coordinaten sind also von einander unabhängig. Demnach zerfällt die Gleichung (6) in 3 einzelne Gleichungen, indem — wie schon oben bemerkt — für sich gleich Null zu setzen ist, was mit jeder einzelnen von den 3 Variationen multiplicirt vorkommt. Also findet sich
(7) |
|
Hierin ist der Reihe nach zu setzen. Dann sind die Gleichungen (7) nichts anderes als die Differentialgleichungen der Bewegung, wie sie aus dem Prinzip des Lagrange hervorgehen.
Das System der Punkte ist nicht frei, wenn zwischen den Punkten oder zwischen einigen von ihnen, solche Verbindungen vorhanden sind, vermöge deren die einzelnen Punkte zu anderen Bewegungen gezwungen werden, als sie bloss unter dem Einfluss der auf sie wirkenden Kräfte ausgeführt hätten. Dieser Fall soll jetzt betrachtet werden.
Nehmen wir den Punkt von der Masse . In Folge der vorhandenen Verbindungen vollführt er eine andere Bewegung, als wenn er frei und nur dem Antriebe der Kraftcomponenten ausgesetzt wäre. Es fragt sich dann, welche Kräfte man noch hinzufügen müsse, damit sie mit jenen Componenten zusammen den völlig frei gedachten Punkt gerade in die Bewegung versetzen, die wirklich zu Stande kommt. Kennt man diese Zusatzkräfte für jeden Punkt, so kann man die Bewegung des Systems aus einem doppelten Gesichtspunkte betrachten. Einmal kommt sie wirklich zu Stande unter Einwirkung der gegebenen bewegenden Kräfte und der vorhandenen Verbindungen. Das andere mal würde sie in genau derselben Weise zu Stande kommen, wenn die Punkte des völlig frei gemachten Systems von den gegebenen Kräften und von den eben betrachteten Zusatzkräften getrieben würden. Da nun die Wirkung in beiden Fällen dieselbe ist, und nur die Wirkung in Betracht kommt, so hat man das Recht, die eine Ursache durch die andere zu ersetzen. D. h. man darf die Bewegung so auffassen, als ob die Punkte des Systems frei wären und ausser den gegebenen Kräften noch die Zusatzkräfte in Wirksamkeit träten. Die gegebenen Kräfte sollen wieder so beschaffen sein, dass ein Potential vorhanden ist. Dann spricht sich das Princip des Lagrange in der Gleichung aus:
(1) |
Es kömmt nun darauf an, für jeden Punkt des Systems die Zusatzkräfte wirklich ausfindig zu machen. Zu dem Ende kann man die Sache auch so auffassen. Es ist erlaubt, für jeden Punkt des unfreien Systems solche Kräfte hinzuzufügen, die sich gegenseitig im Gleichgewicht halten. Für den Punkt fügen wir parallel den Coordinatenaxen die Kräfte
und die Kräfte
hinzu. Die letztgenannten sollen so gewählt werden, dass ihre Wirkung und die Wirkung der vorhandenen Verbindungen sich gegenseitig vernichten. Dadurch wird eben das System zu einem freien, und zu den gegebenen Kräften treten die Zusatzkräfte hinzu. Diese sind aber völlig bestimmt, sobald man die
Kräfte kennt, durch welche die Wirkung der Verbindungen aufgehoben wird.
Es ist also vor allem nothwendig, zu untersuchen, wie die Kräfte beschaffen sind, welche durch die Verbindungen aufgehoben werden und ihrerseits die Wirkungen der Verbindungen aufheben. Wir betrachten deshalb die verschiedenen Arten der Verbindungen.
Erstens. Zwei Punkte und seien durch eine starre Verbindungslinie gezwungen, in constanter Entfernung von einander zu bleiben (Fig. 29 u. 30). Die Bedingung, welche
dadurch eingeführt wird, lässt sich durch die Gleichung aussprechen:
(2) |
wenn
gesetzt wird. Durch diese Verbindung können nur solche Kräfte aufgehoben werden, welche die Entfernung der beiden Punkte zu vermehren oder zu vermindern streben, d. h. zwei gleich grosse Kräfte, deren Richtungen einander entgegengesetzt in die Verbindungslinie der beiden Punkte fallen, und von denen die eine auf den Punkt , die andere auf den Punkt wirkt. Folglich sind auch die Componenten einer Kraft , welche in der Richtung oder in der Richtung auf den Punkt wirkt. Und es sind die Componenten einer ebenso grossen Kraft , die der vorigen entgegengesetzt auf den Punkt wirkt. Es ist also
(3) |
|
Das virtuelle Moment der Zusatzkräfte ist demnach
(4) |
d. h.
oder auch |
Die Grösse der Kraft bleibt vorläufig unbestimmt. Ihr Vorzeichen kann sowohl positiv als auch negativ sein. Es ist positiv für
Fig. 29, negativ für Fig. 30. Man hat aber zu bemerken, dass ist in Folge der Bedingungsgleichung (2).
Zweitens. Die beiden Punkte und seien durch einen biegsamen, aber unausdehnsamen Faden verbunden. Sie werden dadurch an eine Bedingung geknüpft, deren analytischer Ausdruck ist
(5) |
wenn gesetzt wird. In diesem Falle bildet die Verbindung gar kein Hindernis, so lange ist, und es ist ebenso lange die Zusatzkraft . Wenn aber ist, so hebt die Verbindung zwei gleich grosse Abstossungskräfte auf, deren Richtungen einander entgegengesetzt in die Verbindungslinie der beiden Punkte fallen, und von denen die eine auf den Punkt , die andere auf den Punkt wirkt. Bezeichnet man also mit die absolute Grösse der beiden Zusatzkräfte, welche im Punkte und im Punkte anzubringen sind, so hat man (Fig. 30) für die Componenten die Gleichungen
(6) |
|
Das virtuelle Moment dieser Zusatzkräfte ist
(7) |
Dieses Moment ist gleich Null für , weil dann ist. Es ist gleich Null oder positiv, wenn ist. Denn dann ist vermöge der Bedingung (5). Der Werth der absoluten Grösse bleibt für vorläufig unbestimmt.
Drittens. Die beiden Punkte und seien so mit einander verbunden, dass ihr Abstand von einer gegebenen Grösse an beliebig vermehrt, aber unter diese Grösse herab nicht vermindert werden kann. Diese Bedingung lässt sich durch (5) ausdrücken, wenn
gesetzt wird. Die Verbindung bildet kein Hindernis, so lange , und ebenso lange ist demnach die Zusatzkraft . Wenn aber ist, so hebt die Verbindung zwei gleich grosse Anziehungskräfte auf, deren Richtungen einander entgegengesetzt in die Verbindungslinie der beiden Punkte fallen, und von denen die eine auf den Punkt die andere auf den Punkt wirkt. Bezeichnet man wieder mit die absolute Grösse der beiden Zusatzkräfte, welche im Punkte und im Punkte anzubringen sind, so gelten (Fig. 29) für die Componenten die Gleichungen (3). Das virtuelle Moment dieser Zusatzkräfte ist demnach
(8) |
Es ist gleich Null für weil dann Es ist gleich Null oder positiv, wenn ist. Denn dann ist vermöge der Bedingung (5). Der Werth der absoluten Grösse bleibt für wieder vorläufig unbestimmt.
Viertens. Der Punkt sei gezwungen, in einer Fläche zu bleiben, welche durch die Gleichung
(9) |
charakterisirt wird. Die Fläche scheidet zwei Räume von einander. Für jeden Punkt in dem einen Raume für jeden Punkt in dem anderen Raume ist Für irgend einen Punkt in der Fläche selbst unterscheiden wir die positive und die negative Normale. Die positive Normale geht von dem Punkte aus in den Raum, für welchen positiv ist. Sie schliesst mit den positiven Richtungen der Coordinatenaxen Winkel ein, deren Cosinus die Werthe haben
|
Die Bedingung, an welche die Bewegung des Punktes geknüpft ist, lässt sich durch die Gleichung ausdrücken:
(10) |
wenn gesetzt wird. Das Hindernis, welches dadurch der freien Bewegung des Punktes entgegengesetzt wird, kann nur eine Kraft aufheben, deren Richtung stets in die negative oder in die positive Normale der Fläche fällt. Also wird auch die Zusatzkraft welche im Punkte anzubringen ist, die Richtung der positiven oder der negativen Normale haben. Setzen wir zur Abkürzung
(11) |
so hat jene Zusatzkraft die Componenten
und ihr virtuelles Moment ist
(12) |
Das Vorzeichen von ist positiv oder negativ, je nachdem die Zusatzkraft in die positive oder in die negative Normale fällt. Der Werth von bleibt vorläufig unbestimmt. Aber das virtuelle Moment ist gleich Null, weil vermöge der Gleichung (10).
Fünftens. Der Punkt soll sich frei bewegen können in dem Raume, für welchen ist, und auf der Fläche (9). Er werde aber verhindert, durch diese Fläche hindurch in den Raum überzutreten, für welchen Diese Bedingung lässt sich so aussprechen:
(13) |
wenn gesetzt wird. Hier ist die Zusatzkraft , welche dieselbe Wirkung ausübt wie das Hindernis, gleich Null, so lange Sie ist positiv, wenn Ihr virtuelles Moment ist
(14) |
wobei wieder durch die Gleichung (11) definirt wird. Dieses Moment ist so lange weil dann ist. Es ist Null oder positiv für Denn dann ist positiv und vermöge der Bedingung (13).
Fassen wir die gewonnenen Resultate zusammen. Die Bedingungen, welche den Punkten des unfreien Systems durch die vorhandenen Verbindungen auferlegt werden, lassen sich analytisch ausdrücken durch Gleichungen oder Ungleichungen von der Form
Die Functionen sind abhängig von den Coordinaten der Punkte des Systems oder von einigen derselben. Das Princip des Lagrange ist jetzt in der Gleichung enthalten
(15) |
Dafür kann man auch schreiben
(16) |
Die durch das Zeichen vorgeschriebene Summirung bezieht sich auf sämmtliche Functionen , die in den Bedingungen des Systems vorkommen. Die Variationen sind der Reihe nach mit den vorläufig noch unbestimmten Grössen zu multipliciren. Die rechte Seite der Gleichung (16) ist entweder Null oder negativ, weil jedes einzelne gleich Null oder positiv ist.
Es handelt sich nun noch darum, die Grössen zu bestimmen. Ihrer Bedeutung nach sind diese Grössen entweder gleich oder proportional den Zusatzkräften, welche man einzuführen hat, damit das System als völlig frei betrachtet werden könne. Nach Einführung der Grössen sind demnach die Variationen der 3 Coordinaten wieder von einander unabhängig. Man hat also in Gleichung (15) des vorigen Paragraphen für jedes zu schreiben
Man hat ferner, wie in §. 39, das Integral
zu transformiren. Nachher findet sich unter dem Integralzeichen, wenn alles zusammengefasst wird, eine Summe von Gliedern, welche der Reihe nach die Variationen als Factoren enthalten. Zur Erfüllung der Gleichung ist dann nothwendig und hinreichend, dass für sich besonders gleich Null gesetzt werde, was mit jeder einzelnen Variation multiplicirt ist. Dadurch erhält man die Differentialgleichungen der Bewegung, welche jetzt lauten
(1) |
|
Als unbekannt sind in diesen Gleichungen anzusehen die Coordinaten, insofern ihre Abhängigkeit von gesucht wird, ausserdem aber ebenso viele Grössen , als Bedingungen in der Form gegeben sind. Die Gleichungen (1) und die analytischen Ausdrücke der Bedingungen sind also an Zahl ebenso gross wie die Anzahl der Unbekannten. So lange eine Ungleichung von der Form erfüllt ist, hat man das zugehörige zu setzen. Erst wenn die Coordinaten aufhören, die Ungleichung zu erfüllen, tritt die Gleichung in Kraft, und das zugehörige hat dann einen unbekannten Werth. Umgekehrt bleibt, wenn die Bedingung in der doppelten Form auftritt, die Gleichung allein nur so lange bestehen, als das zugehörige von Null verschieden ist, und von dem Augenblicke an, in welchem wird, erhält neben der Gleichung auch die Ungleichung ihre Gültigkeit. Man hat also immer ebenso viele Gleichungen als Unbekannte, und daraus geht hervor, dass die Grössen vermöge der vorhandenen Gleichungen bestimmte Werthe besitzen. Hat man diese ermittelt und in die Gleichungen (1) eingesetzt,
so handelt es sich nur noch um die Integration von simultanen Differentialgleichungen, in welchen die Coefficienten sämmtlich bekannt sind.
Um die Werthe der von Null verschiedenen Grössen zu ermitteln , hat man in den Gleichungen von der Form zweimal hinter einander nach zu differentiiren. Aus den so gewonnenen neuen Gleichungen, deren Zahl wieder gleich der Zahl der unbekannten ist, werden mit Hülfe der Gleichungen (1) die nach genommenen zweiten Differentialquotienten der Coordinaten eliminirt. Dadurch hat man die Gleichungen erlangt, aus welchen die Grössen sich berechnen lassen. Diese Methode rührt von Lagrange her.
Die Berücksichtigung der Bedingungen des Systems lässt sich auch noch in anderer Weise bewerkstelligen. Es seien diese Bedingungen in Gleichungen ausgesprochen:
(1) |
Die Grössen sind gegebene Functionen der Coordinaten. Mit Hülfe der Gleichungen (1) kann man von den Coordinaten als Functionen der übrigen ausdrücken, und es werden dann, wenn man diese Abhängigkeit beachtet, die Gleichungen (1) identisch erfüllt. Man kann aber auch, — und das ist noch allgemeiner — neue Variable einführen und jede der Coordinaten als Function dieser neuen Variabeln so ausdrücken, dass die Gleichungen (1) identisch erfüllt sind. Geht man dann darauf aus, die Grössen nach dem Princip des Lagrange als Functionen von zu bestimmen, so ist dieses Problem von Nebenbedingungen frei.
Um den eben ausgesprochenen Grundgedanken zu verwirklichen, hat man zunächst in die Functionen und die neuen Variabeln einzuführen. Es ist
(2) |
Man hat aber
(3) |
|
wenn zur Abkürzung für gesetzt wird. In den Gleichungen (3) sind
bekannte Functionen von . Führt man also in die Gleichung (2) für die Ausdrücke ein, welche die rechten Seiten von (3) angeben, so geht dadurch in eine homogene Function zweiten Grades von den Grössen über, und die auftretenden Coefficienten sind Functionen von .
Das Potential ist eine Function von .
In unserm Problem wird die Anfangs- und die Endlage des Systems als bekannt vorausgesetzt. Es sind also die Anfangs- und die Endwerthe von bekannt.
Gehen wir nun daran, das Prinzip des Lagrange in Anwendung zu bringen, so ist die Variation
herzustellen. Es findet sich
|
Der Bestandtheil
ist zu transformiren. Wir erhalten
|
Der vom Integralzeichen freie Theil auf der rechten Seite dieser Gleichung fällt weg, weil für die Anfangs- und die Endlage des Systems ist. Also erhalten wir
(4) |
Nach dem Princip des Lagrange ist nun
und zur Erfüllung dieser Gleichung ist nothwendig und hinreichend, dass während der Dauer der Bewegung zu jeder Zeit
(5) |
sei. Diese Gleichung zerfällt in einzelne Gleichungen. Da nemlich die Variationen von völlig willkürlich und von einander unabhängig sind, so muss in (5) für sich gleich Null gesetzt werden, was mit jeder einzelnen Variation multiplicirt ist. Dadurch ergibt sich
(6) |
und hierin ist der Reihe nach zu setzen. Dann hat man in (6) ein System von simultanen Differentialgleichungen, durch deren Integration die Grössen als Functionen von gefunden werden.
Aus dem Princip des Lagrange lässt sich die Gültigkeit des Satzes von der Erhaltung der lebendigen Kraft herleiten, unter der Voraussetzung, dass das Potential die Variable nicht explicite enthält. Da der Satz von der Erhaltung der lebendigen Kraft in der Gleichung sich ausspricht:
so kommt es nur darauf an, zu beweisen, dass
ist. Nun berechnet sich aber
(1) |
wenn , wie vorausgesetzt wird, die Variable nicht explicite enthält. Wir haben im vorigen Paragraphen gesehen, dass eine homogene Function zweiten Grades von den Grössen ist, also:
(2) |
Hier sollen und irgend welche ganzen Zahlen aus der Reihe sein. Jeder Werth, den annehmen kann, soll mit jedem Werthe von einmal zusammengestellt, und die entstehenden einzelnen Ausdrücke sollen addirt werden. Danach ist eine Summe von Gliedern, von denen jedes seinen eigenen Coefficienten hat. Diese Coefficienten, für welche wir allgemein die Relation feststellen, sind Functionen der Grössen .
Aus der Gleichung (2) ergibt sich durch Differentiation
und ferner
In dieser letzten Gleichung wollen wir auf beiden Seiten mit multipliciren, dann für der Reihe nach alle ganzen Zahlen einsetzen und die Resultate rechts und links vom Gleichheitszeichen addiren. Dadurch findet sich
(3) |
Betrachten wir zunächst den ersten Bestandtheil der rechten Seite. Es ist
und in Folge davon
(4) |
Der zweite Bestandteil auf der rechten Seite der Gleichung (3) lässt sich schreiben
und demnach hat man
(5) |
Benutzt man die Gleichungen (4) und (5), so geht die Gleichung (3) in folgende über
(6) |
Das Princip des Lagrange spricht sich aus in der Gleichung (6) des vorigen Paragraphen, in welcher man der Reihe nach setzen darf. Multiplicirt man nun in dieser Gleichung auf beiden Seiten mit und summirt über alle Werthe von , so ergibt sich
Hier braucht man aber nur die eben abgeleitete Gleichung (6) zu berücksichtigen, um zu finden
(7) |
d. h. mit Rücksicht auf (1):
(8) |
und das sollte bewiesen werden.
Die Untersuchungen der §§. 40 bis 43 sind in dem besonderen Falle anwendbar, dass die materiellen Punkte des Systems ihre gegenseitige Lage nicht ändern. Sie gelten demnach auch für die Bewegung eines starren Körpers. Die Lage eines solchen starren Körpers ist im Raume völlig bestimmt, wenn man sechs von einander unabhängige Grössen kennt, nemlich die drei Coordinaten eines mit dem Körper fest verbundenen Punktes, z. B. des Schwerpunktes, dann zwei Winkel, welche die Richtung einer geraden Linie festlegen, die durch jenen Punkt geht und mit dem Körper fest verbunden ist, und endlich ein Winkel, welcher die Lage einer Ebene bestimmt, die jene Linie in sich enthält und mit dem Körper ebenfalls fest verbunden ist. Bei der Bewegung eines starren Körpers hat man also diese sechs Grössen als die Variabeln zu nehmen.
- ↑ *) Théorie des attractions des Sphéroïdes et de la figure des Planètes. Par M. de la Place. (Histoire de l’Académie des Sciences 1782.)
- ↑ **) Bulletin de la société philomatique. Tome 3, Page 368. - Ferner: Poisson. Mémoire sur la théorie du magnétisme en mouvement. (Mémoires de l’Académie royale des Sciences de l’Institut de France. Tome 6, Page 463.) - Mémoire sur l’attraction des sphéroïdes. (Connaissance des temps. 1829. Page 360.)
- ↑ *) Commentationes Societ. reg. Gotting, recent. Vol. 2. Gottingae 1813. – Carl Friedrich Gauss’ Werke. Bd. 5. Göttingen 1867.
- ↑ **) Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahre 1839. Herausgegeben von Gauss und Weber. Leipzig 1840. – Gauss’ Werke. Bd. 5. Göttingen 1867.
- ↑ *) Allgemeine Lehrsätze etc. Art. 22.
- ↑ *) Gauss. Allgemeine Lehrsätze etc. Art. 15. 16.
- ↑ *) An essay on the application of mathematical analysis to the theories of electricity and magnetism.
- ↑ WS: Der letzte Term muss lauten.
- ↑ WS: Fehler korrigiert. Im Original: Intetegrationsgrenzen.
- ↑ *) Ueber diesen Satz vergleiche man die Abhandlung von Gauss: Theoria attractionis corporum sphaeroidicorum. In dem Artikel 1 findet man auch die Geschichte des Problems.
- ↑ *) Man vergleiche auch: Ivory. (Philosophical Transactions. 1809.) Dirichlet. (Abhandlungen der Berliner Akademie. 1839.)
- ↑ WS: Sollte lauten.
- ↑ WS: Sollte lauten.
- ↑ *) Dirichlet. Ueber einen neuen Ausdruck zur Bestimmung der Dichtigkeit einer unendlich dünnen Kugelschale, wenn der Werth des Potentials in jedem Punkte der Oberfläche gegeben ist. (Abhandlungen der K. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1850. Seite 99.)
- ↑ *) Green. An essay on the application etc. Art. 5. (Crelle, Bd. 44, S. 366, 367.) „To convince ourselves that there does exist a function as we have supposed U to be, conceive the surface to be a perfect conductor put in communication with the earth and a unit of positive electricity to be concentrated in the point p', then the total potential function arising from p' and from the electricity it will induce upon the surface, will be the required value of U.“
- ↑ **) Allgemeine Lehrsätze etc. Art. 31 bis 34.
- ↑ *) In seinen Vorlesungen über die dem umgekehrten Quadrat der Entfernung proportional wirkenden Kräfte.
- ↑ *) Man vergleiche die Abhandlung von Dirichlet: Sur un moyen général de vérifier l'expression du potentiel relatif à une masse quelconque, homogène ou hétérogène, (Crelle. Journal, Bd. 32. S. 80.)