Richtlinien über die Führung von Vornamen

Gesetzestext
unkorrigiert
Titel: Richtlinien über die Führung von Vornamen
Abkürzung:
Art: Runderlass
Geltungsbereich: Deutsches Reich
Rechtsmaterie: Familienrecht, Strafrecht
Fundstelle: Ministerial-Blatt (RMBliV.) 1938 S. 1345–1348
Fassung vom: 18. August 1938
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Die Liste jüdischer Vornamen, vom Reichsministerium des Innern 1938 im Reichsministerialblatt veröffentlicht, stellt eine Präzisierung der im Rahmen der Zweiten Namensänderungsverordnung beschlossenen Gesetze dar. Juden mussten ab 1939 in Deutschland als Schikane zusätzlich zu ihrem Vornamen die als typisch jüdisch betrachteten Namen Sara bzw. Israel annehmen, sofern sie nicht einen der in dieser Liste geführten typischen jüdischen Vornamen hatten oder annahmen. Viele dieser Namen waren frei erfundene diffamierende Spottnamen, wie Geilchen etc.

[1]

Ministerial-Blatt

des

Reichs- und Preußischen Ministeriums des Innern

Herausgegeben

vom Reichsministerium des Innern

3. (99.) Jahrgang

1938

(Nr. 1 bis 53)

2. Halbjahr.

Mit einem Zeitfolge-, Sach- und Personen-Verzeichnis


Berlin 1938

Carl Heymanns Verlag

[1345]

Personenstandsangelegenheiten.

Vornamen.

RdErl. d. RMdI. v. 18. 8. 1938

— I d 42 X/38-5501 b[1].

A. Richtlinien über die Führung der Vornamen.

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Bei der Wahl von Vornamen bestehen Beschränkungen nur nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

Bezeichnungen, die ihrem Wesen nach keine Vornamen sind, dürfen nicht gewählt werden. Insbesondere kommen anstößige oder sinnlose Bezeichnungen, aber auch Familiennamen als Vornamen nicht in Frage. Die Verbindung mehrerer Vornamen zu einem Vornamen ist zulässig, ebenso die Verwendung der Abkürzung eines Vornamens als selbständiger Vorname.

Kinder deutscher Staatsangehöriger sollen grundsätzlich nur deutsche Vornamen erhalten. Es dient der Förderung des Sippengedankens, wenn bei der Wahl der Vornamen auf in der Sippe früher verwendete Vornamen zurückgegriffen wird. Dabei werden besonders auch solche Vornamen in Frage kommen, die einem bestimmten deutschen Landesteil, aus dem die Sippe stammt, eigentümlich sind (z. B. Dierk, Meinert, Uwe, Wiebke).

Nichtdeutsche Vornamen dürfen für Kinder deutscher Staatsangehöriger nur zugelassen werden, wenn ein besonderer Grund dies rechtfertigt (z. B. Zugehörigkeit zu einem nichtdeutschen Volkstum, Familienüberlieferung, verwandtschaftliche Beziehungen). Zu den nichtdeutschen Vornamen rechnen nicht die seit Jahrhunderten in Deutschland verwandten Vornamen ursprünglich ausländischer Herkunft, die im Volksbewußtsein nicht mehr als fremde Vornamen angesehen werden, sondern völlig eingedeutscht sind (z. B. Hans, Joachim, Peter, Julius, Elisabeth, Maria, Sofie, Charlotte). Nichtdeutsche Vornamen sind dagegen auch solche nordischen Vornamen, die in Deutschland ungewohnt und ungebräuchlich sind (z. B. Björn, Sven, Ragnhild).

[1346]

Juden, die deutsche Staatsangehörige oder staatenlos sind, dürfen nur die in der Anlage aufgeführten Vornamen beigelegt werden; anderen deutschen Staatsangehörigen dürfen diese Vornamen nicht beigelegt werden. Soweit Juden andere als in der Anlage aufgeführten Vornamen führen, müssen sie ab 1. 1. 1939 zusätzlich einen weiteren Vornamen führen, und zwar männliche Personen den Vornamen Israel, weibliche Personen den Vornamen Sara; der zusätzliche Vorname ist im Rechts- und Geschäftsverkehr stets zu führen, sofern es dort üblich ist, den Namen anzugeben (vgl. §§ 1, 2 und 3 der 2. VO. zur Durchf. des Ges. über die Änderung von Familiennamen und Vornamen v. 17. 8. 1938 (RGBl. I S. 1044). Geringfügige Abweichungen in der Schreibweise eines jüdischen Vornamens lösen die Verpflichtung zur Annahme des Zusatznamens nicht aus.

Fremde Staatsangehörige sind in der Wahl von Vornamen frei; anstößige und sinnlose Bezeichnungen dürfen jedoch nicht gewählt werden.

Der Standesbeamte kann bei der Anmeldung der Geburt eines Kindes die Vorlage der Heiratsurkunde der Eltern, erforderlichenfalls auch weitere Urkunden verlangen, wenn bestimmte Tatsachen Zweifel an der behaupteten Abstammung erwecken.

B. Änderung von Vornamen.

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Anträge auf Änderung eines Vornamens sind nach den im RdErl. v. 8. 1. 1938 (RMBliV. S. 69) gegebenen Vorschriften für die Bearbeitung von Anträgen auf Änderung eines Familiennamens zu behandeln, soweit nicht nachstehend etwas anderes bestimmt ist.

Zur Entscheidung über einen Antrag auf Änderung eines Vornamens ist die untere Verw.-Behörde zuständig. Wird gegen ihre Entscheidung Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben, so entscheidet hierüber die höhere Verw.-Behörde. Wird gegen die Entscheidung der höheren Verw.-Behörde weitere Beschwerde erhoben, so behalte ich mir die Entscheidung hierüber vor. Ich werde mich dabei auf die Prüfung beschränken, ob die für das Verfahren gegebenen Vorschriften beachtet sind.

[1347]

Auch Anträgen auf Änderung eines Vornamens darf nur entsprochen werden, wenn ein wichtiger Grund sie rechtfertigt. Danach erscheinen die Anträge gerechtfertigt, in denen Adoptiveltern nach der Adoption die Änderung des Vornamens ihres Adoptivkindes beantragen, um dieses enger mit ihrer eigenen Sippe zu verknüpfen oder seine Verbindung mit der Vergangenheit zu lösen.

Berechtigt erscheinen auch Anträge, in denen nichtjüdische Träger eines in der Anlage aufgeführten Vornamens eine Vornamensänderung, gegebenenfalls auch durch Hinzufügung eines deutschen Vornamens, beantragen. Auch Anträgen von Juden auf Änderung von nicht in der Anlage aufgeführten Vornamen in solche, die darin verzeichnet sind, ist zu entsprechen, sofern sie vor dem 1. 10. 1938 gestellt werden. Dabei ist zu beachten, daß auch die Streichung eines Vornamens eine Vornamensänderung bedeutet.

Von der Vornamensänderung hat die untere Verw.-Behörde nach der Aushändigung der Genehmigungsurkunde dieselben Stellen zu benachrichtigen, die nach dem RdErl. v. 8. 1. 1938 (RMBliV. S. 69) von der Änderung eines Familiennamens in Kenntnis zu setzen sind. Geht bei der Ortspol.-Behörde nach § 2 Abs. 2 der 2. VO. zur Durchf. des Ges. über die Änderung von Familiennamen und Vornamen v. 17. 8. 1938 (RGBl. I S. 1044) die Anzeige eines Juden ein, daß er ab 1. 1. 1939 den zusätzlichen Vornamen Israel oder Sara führt, so hat sie hiervon der Staatspol.-Stelle Kenntnis zu geben. Ist der Jude nach der polizeilichen Strafliste bestraft, so ist auch die Krim.-Pol.-Stelle und das Strafregister zu benachrichtigen.

Die Verwaltungsgebühr für die Änderung eines Vornamens beträgt 5 ℛℳ bis 500 ℛℳ. In den Fällen des Abs. (10) wird sie nicht erhoben. Im übrigen gilt Abs. 21 des RdErl. v. 8. 1. 1938 (RMBliV. S. 69) entsprechend.

C. Widerruf von Vornamensänderungen.

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Für den Widerruf von Vornamensänderungen gilt der RdErl. über den Widerruf von Namensänderungen v. 23. 3. 1938 (RMBliV. S. 545) mit der Maßgabe entsprechend, daß die im RdErl. v. 8. 1. 1938 (RMBliV. S. 69) bezeichneten unteren Verw.-Behörden für den Widerruf zuständig sind.

Eine Vornamensänderung ist regelmäßig nur dann zu widerrufen, wenn sie von einem Juden zur Verschleierung seiner jüdischen Abstammung beantragt worden ist; insbesondere also, wenn ein in der Anlage aufgeführter Vorname durch einen anderen Vornamen ersetzt worden ist.

Die Standesbeamten erhalten auch durch die Zeitschrift für Standesamtswesen Kenntnis von diesem RdErl.

An die Landesregierungen (außer Österreich), die Behörden der allgemeinen und inneren Verwaltung, die Gemeinden und Gemeindeverbände.

Nachrichtlich an den Reichsminister der Justiz, den Stellvertreter des Führers, den Reichsstatthalter (Österreichische Landesregierung) in Wien durch Abdruck

— RMBliV. S. 1345.

[1348]

Verzeichnis der jüdischen Vornamen. a) Männliche Vornamen.

Abel, Abieser, Abimelech, Abner, Absalom, Ahab, Ahasja, Ahasver, Akiba, Amon, Anschel, Aron, Asahel, Asaria, Ascher, Asriel, Assur, Athalja, Awigdor, Awrum;

Bachja, Barak, Baruch, Benaja, Berek, Berl, Boas, Bud;

Chaggai, Chai, Chajin, Chamor, Chananja, Chanoch, Chaskel, Chawa, Chiel;

Dan, Denny;

Efim, Efraim, Ehud, Eisig, Eli, Elias, Elihu, Eliser, Eljakim, Elkan, Enoch, Esau, Esra, Ezechiel;

Faleg, Feibisch, Feirel, Feitel, Feiwel, Feleg;

Gad, Gdaleo, Gedalja, Gerson, Gideon;

Habakuk, Hagai, Hemor, Henoch, Herodes, Hesekiel, Hillel, Hiob, Hosea;

Isaac, Isai, Isachar, Isboseth, Isidor, Ismael, Israel, Itzig;

Jachiel, Jasse, Jakar, Jakusiel, Jecheskel, Jechiel, Jehu, Jehuda, Jehusiel, Jeremia, Jerobeam, Jesaja, Jethro, Jistach, Jizack, Joab, Jochanan, Joel, Jomteb, Jona, Jonathan, Josia, Juda;

Kainan, Kaiphas, Kaleb, Korach;

Laban, Lazarus, Leew, Leiser, Levi, Lewek, Lot, Lupu;

Machol, Maim, Malchisua, Maleachi, Manasse, Mardochai, Mechel, Menachem, Moab, Mochain, Mordeschai, Mosche, Moses;

Nachschon, Nachum, Naftali, Nathan, Naum, Nazary, Nehab, Nehemia, Nissim, Noa, Nochem;

Obadja, Orew, Oscher, Osias;

Peisach, Pinchas, Pinkus;

Rachmiel, Ruben;

Sabbatai, Sacher, Sallum, Sally, Salo, Salomon, Salusch, Samaja, Sami, Samuel, Sandel, Saudik, Saul, Schalom, Schaul, Schinul, Schmul, Schneur, Schoachana, Scholem, Sebulon, Semi, Sered, Sichem, Sirach, Simson;

Teit, Tewele;

Uri, Uria, Uriel;

Zadek, Zedekia, Zephania, Zeruja, Zewi.

b) Weibliche Vornamen.

Abigail;

Baschewa, Beile, Bela, Bescha, Bihri, Bilha, Breine, Briewe, Brocha;

Chana, Chawa, Cheiche, Cheile, Chinke;

Deiche, Dewaara, Driesel;

Egele;

Fangel, Feigle, Feile, Fradchen, Fradel, Frommet;

Geilchen, Gelea, Ginendel, Gittel, Gole;

Hadasse, Hale, Hannacha, Hitzel;

Jachet, Jachewad, Jedidja, Jente, Jezabel, Judis, Jyske, Jyttel;

Keile, Kreindel;

Lane, Leie, Libsche, Libe, Liwie;

Machle, Mathel, Milkele, Mindel;

Nacha, Nachme;

Peirche, Peßchen, Pesse, Pessel, Pirle;

Rachel, Rause, Rebekka, Rechel, Reha, Reichel, Reisel, Reitzge, Reitzsche, Riwki;

Sara, Scharne, Scheindel, Scheine, Schewa, Schlämche, Semche, Simche, Slowe, Sprinze;

Tana, Telze, Tirze, Treibel;

Zerel, Zilla, Zimle, Zine, Zipora, Zirel, Zorthel.


  1. Sonderabdrucke dieses RdErl. nebst Anl. können bei umgehender Bestellung von Carl Heymanns Verlag, Berlin W 8, Mauerstr. 44, bezogen werden. Sammelbestellungen erwünscht.