Pomologische Monatshefte:1. Band:8. Heft:Benützung desselben Obstes zum Dörren und Mosten

Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 8, Seite 388
Eduard Lucas
fertig
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Verfahren zur Vertilgung der Ohrwürmer
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Zur Vertilgung der Raupe des Frostnachtschmetterlings
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Benützung desselben Obstes zum Dörren und Mosten.
Aus der nächstens bei Franz Köhler erscheinenden Schrift über Obstbenutzung, von Garteninspektor Lucas.[WS 1]

Es möge hier noch eine besondere Art der Obstbenutzung erwähnt werden, die wenn auch nur für Nothjahre und für Arme, für wohlthätige Anstalten von Bedeutung doch gerade in dieser wichtigen Hinsicht Beachtung verdient. Nämlich das Mosten und Dörren derselben Früchte und somit eine Verbindung der beiden wichtigsten ökonomischen Verwendungsarten des Obstes. Ich dachte mir nämlich, in obstarmen Jahren ist man gern mit Most zufrieden, wo nur 10–12 Simri Obst zu einem Eimer genommen wurden und das andere Wasser ist, während sonst bekanntlich 20–25 Simri zu einem Eimer Most gehören. Die ausgepreßten Treber enthalten immer noch viele schätzbare Nahrungsbestandtheile, indem der meiste Zellstoff der Früchte vollkommen verdaulich ist. Dieser wird bei dem Mosten weggethan und nur in einzelnen Fällen zum Füttern oder Branntwein-Brennen benutzt. Ich ließ nun eine Parthie Aepfel und Birnen schälen, die Kernhäuser der Aepfel ausschneiden und diese geschnitzten Früchte nachher grob mahlen. Hierauf wurde der Brei auf die Presse gebracht und ziemlich stark, doch lange nicht vollständig, ausgepreßt; es wurde ungefähr nur die Hälfte des Mostes gewonnen wie sonst. Die rückbleibenden Obsttreber kamen nun auf die Obstdörre, wo sie sehr schnell trockneten und später gekocht eine angenehme Speise gaben. Das Wasser, was sonst beim Dörren ausgetrieben wird und welches ebenfalls manche nützliche Stoffe enthält, blieb hier in dem Most der vorhergewonnen worden war, und die sonst fast werthlosen Obsttreber wurden zur menschlichen Nahrung erhalten. Nun nahm ich die sämtlichen zurückgelegten Schalen und Kernhäuser wozu noch eine Anzahl zum Schälen zu kleiner Früchte kamen, brachte dieß auf die Obstmahlmühle und ließ es mit ein wenig Wasser vermengt 24 Stunden aufnehmen und diese Masse dann recht stark auspreßen. Die erhaltene Flüssigkeit wurde zu dem erst gewonnenen Moste zugethan und so ein nicht gerade starker aber recht angenehmer Most gewonnen, ¼ weniger als wohl sonst gewonnen worden wäre. Möchte dieser Versuch in den Waisenhäusern und ähnlichen wohlthätigen Anstalten Beachtung finden; an Händen zum Schälen fehlt es da nicht und die Mehrarbeit kommt daher durchaus nicht in Betracht, allein die Erhaltung einer Speise, die ohne weitere Zuthat verwendet werden kann und sich viele Jahre aufbewahren läßt, ist ein Gegenstand von der allergrößten Wichtigkeit.

Das auf diese Art gewonnene Dörrobst von Aepfeln und Birnen gab, besonders mit Kartoffeln zu einem Brei gekocht, eine recht wohlschmeckende Speise.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Obstbenutzung, eine gemeinfaßliche Anleitung zur wirthschaftlichen Verwendung unserer wichtigeren Obstsorten. Aue u. Sohn (Franz Köhler’s Buchhandlung), Stuttgart 1856, S. 115 f. MDZ München