Pomologische Monatshefte:1. Band:5. Heft:Pomologische Lesefrüchte aus der Gartenflora

Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 5, Seite 208–210
Karl Hörlin (1803–1882)
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Die Fortschritte des landwirthschaftlichen Gartenbaus während der letzten zehn Jahre
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Pomologische Lesefrüchte aus der Thüringer Gartenzeitung

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Pomologische Lesefrüchte aus der Gartenflora, herausgeg. von E. Regel, Obergärtner und Privatdocent in Zürich, nebst Zusätzen des Referenten.

Garteninspector Lucas in Hohenheim hat die Aufgabe gelöst, ein kleines Sortiment Aepfel und Birnen, je 10 Sorten, welche auf der Obstausstellung von Naumburg als die der Verbreitung würdigsten bezeichnet wurden, nach ihrer Eigenthümlichkeit, Wuchs, Reifzeit, Nutzung, Bepflanzung, unter Berufung auf die Beschreibungen derselben in Dittrichs Handbuch einer nähern und gründlichern Untersuchung zu unterwerfen und die Auswahl zu rechtfertigen. Die empfohlenen Sorten (wohl den meisten Lesern schon bekannt) sind folgende: I. Aepfel. 1) Pariser Rambourreinette, 2) Englische Wintergoldparmäne, 3) Calvillartiger Winterrosenapfel, 4) Carmeliter Reinette, 5) der Gravensteiner Apfel, 6) die Große Casseler Reinette. 7) der Rothe Wintertaubenapfel, 8) Edler Winterborsdorfer, 9) Luikenapfel, 10) Großer rheinischer Bohnapfel. II. Birnen. 1) Weiße Herbstbutterbirne, 2) Grumkower Winterbirne, 3) Napoleons Butterbirne, 4) Forellenbirne, 5) Capiaumont’s Herbstbutterbirne, 6) Coloma’s Herbstbutterbirne. 7) Coloma’s köstliche Winterbirne, 8) Hardenpont’s Winterbutterbirne, 9) Großer französischer Katzenkopf [209] 10) Winter-Apothekerbirne. Wollten wir in die Einzelnheiten dieser Apfel- und Birnsorten, wie sie Lucas erschöpfend entwickelte, eingehen, so müßten wir die ganze Abhandlung wiedergeben. Im Ganzen genommen wird diese Auswahl vor einer billigen Kritik wohl bestehen können, wenn auch in der Auswahl dieser oder jener Sorte Bedenken entstehen; die Carmeliter Reinette erscheint nach vielseitiger Erfahrung nicht in jedem Klima und jeder Gegend fruchtbar, wie sie z. B. hier in geschützter Lage selten Früchte ansetzt, wenn auch der Baum von Blüthen strotzt; der Rothe Taubenapfel verlangt absolut tief gehenden Boden und wird auch an Güte von gar vielen Sorten übertroffen; der Französische Katzenkopf ist zum Anbau als Hochstamm nicht geeignet, weil die sehr großen Früchte durch Winde abgeworfen werden und trägt nur zum Kochen, zu welchem Zwecke wenige Obstfreunde Zwergformen anwenden werden; die Winter-Apothekerbirne hat von jeher ihre großen Verehrer, aber auch ihre Verächter gehabt, was sie ihrem Eigensinn auf Boden und Früchteansatz verdankt. Auch wird Mancher vermissen, daß die Sommerfrüchte, welche für den Markt so große Bedeutung haben, ganz übergangen sind. Ferner mag es auffallen, daß in dem Aufrufe der Commissäre der Gartenbaugesellschaft in Berlin, welche die große Aufgabe übernommen hat, die Vorbereitungen zur nächsten Versammlung und Ausstellung in Wiesbaden zu treffen, die Weiße Herbstbutterbirne, welche von der Versammlung in Naumburg in den Vordergrund gestellt wurde, gerade als solche bezeichnet, die in vielen Gegenden durchaus mißrathe. Allein es ist Folgendes bei meinem unparteiischen Urtheile in die Wagschaale zu legen. Herr Professor Dr. Koch, der Vorsitzende jener Versammlung, hatte seine guten Gründe, nur eine mäßige Anzahl von Kernobstfrüchten zur allgemeinen Empfehlung hervorheben zu lassen. Eine gründliche Berathung der vorliegenden Frage hätte Vorbereitungen und Untersuchungen nöthig gemacht, welche mehrere Tage erfordert hätten, während zur Lösung der Frage nur die kurze Zeit von zwei Stunden übrig blieb, weil die Commission mit Geschäften überhäuft war; man übersehe nicht, wie schwer es ist, viele Köpfe unter einen Hut zu bringen; sodann ist zu bedenken, daß die Ausstellung und Versammlung in Naumburg nur der schöne Anfang zur weitern Fortführung der gestellten Aufgabe war und daß zu einer Revision des aufgestellten Sortiments in Wiesbaden von selbst der Anstoß erfolgen wird, wo sodann auch der Aufstellung einer größeren Anzahl von empfehlenswerthen Früchten wird Rechnung getragen werden können. Die öffentliche Stimme kann sich bis dahin aussprechen und die Berathungen mit ihren Vorschlägen und Einwendungen unterstützen; gewiß aber wird sie im Allgemeinen anerkennen, daß die zur allgemeinen Anpflanzung empfohlenen Früchte die Erwartungen zum bei weitem größten Theile nirgends täuschen werden. Es ist unmöglich, Allen Alles gerecht zu machen!

Herr Irmisch, Lehrer in Magdeburg empfiehlt zu den Saaten von Bäumen und Sträuchern die Herbstzeit. Sobald die jungen Pflanzen 2–4 Blätter entwickelt haben, werden sie auf gut rigoltes Land gebracht, man beschneidet die Wurzeln und setzt die Pflanzen auf 18″ Entfernung, in Reihen 22 Zoll breit von einander entfernt. Es soll dadurch das Wachsthum so befördert werden, daß Pfirsich-Sämlinge im ersten Jahre ½–1″ stark an der Basis werden; Apfel- und Birnsämlinge 3′ hoch wachsen und im ersten Jahre oculirt werden können. Es wird zu dieser Methode freilich viel Land erfordert, aber sie ist lohnend.

Pepin gibt in der Revue Horticole folgende Anweisung zum Einkneipen der Aprikosenbäume: Man kneipe nicht ein, so lange die Zweige sich noch im krautartigen Zustande befinden. Man schneide die kleinsten Triebe bis auf Ein Auge zurück, und behalte nun die kleinen Zweige bei, welche in eine Blüthengruppe endigen. Letzteren läßt man ihre ganze Länge oder schneidet sie höchstens zur Hälfte ein. Der Aprikosenbaum entwickelt, regelmäßig beschnitten, im Sommer lange, starke Zweige, welche oft unter dem Auge austreiben, von welchem man den Laubzweig erwartete; man muß daher im nächsten Sommer auf einen Seitenzweig schneiden, was ein Uebelstand ist, durch Unterdrückung der überflüssigen starken Seitenzweige entsteht aber gerne Harzfluß; auch zerstören diese starken Triebe oft die schwachen Fruchttriebe, daß man neue erzeugen muß. Ueberläßt man die Aprikosenbäume sich selbst, so werden sie an ihrer Basis kahl; man muß daher, um Blüthentriebe zu erhalten, die Aeste von Zeit zu Zeit einkürzen, aber dieß erzeugt Harzfluß. Man schneide, um schöne Hochstämme zu erhalten, den ersten Trieb aus dem eingesetzten Auge auf 4–6 Augen zurück. Die Seitenäste müssen dann im Mai bis Juni eingekneipt werden, um ihnen Fruchttriebe, statt Holztriebe zu verschaffen. Auch den Endtrieb kneipt man auf zwei Drittel seiner Kürze ein [210] und nimmt die überflüssigen Schosse weg. Den Wasserschossen lasse man noch 1–2 Augen beim Einkneipen; dann verwandeln sie sich alle in Fruchttriebe. Im Frühlinge schneide man kurz, im Laufe des Jahres kneipe man die Wasserschosse ein paarmal ein und eben so die Zweige, welche sich zu sehr verlängern.

Herr Regel berichtet aus der Revue hort. von zwei Krankheiten des Pfirsichbaums, a. dem Mehlthau oder Pilzkrankheit, deren Symptome allgemein bekannt sind (der Schimmelpilz, Oidium monilioides Tuck.), gegen welchen das Bestreuen mit Schwefelblüthe wie bei der Traubenkrankheit hilft. Eine andere Krankheit zeigt sich an der Frucht in der Form von abgegrenzten weißen Flecken, welche nicht abgerieben werden können. Es ist eine Ausschlagskrankheit der obersten Zellschichten und wird Erineum maculum von Levieillé genannt. Man kennt kein Mittel dagegen.

Neue Früchte. Erdbeeren.

Revue hort. empfiehlt als vorzüglich durch Frühzeitigkeit und angenehmen Geschmack: Marie Adelaide; Lucombe Pince empfiehlt die Nimrod Queen, welche die Brittish Queen übertreffe; Hr: William Nicholson empfiehlt Ajax, Ruby, Capitain Cook und Fill Baskett. Hr. Moren preist Myatts fertilized und the blac Prince und Hr. Regel preist unter den älteren Sorten: die Chili, Cremonte, Special british, Wilmot superb, Prinz Albert, Reine de Fraisses und Eliza. Imperial de kean und Princesse royal werden auch noch als gut prädicirt.

Hörlin.