Pomologische Monatshefte:1. Band:3. Heft:Mittheilungen und Notizen

Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 3, Seite 110–112
Carl Rudolph Fickert (1807–1880), Thomas Khackhl
fertig
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Der Obstbaumschnitt
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Mittheilungen und Notizen u. s. w.
Pomologische Notizen aus Schlesien.

Die Sektion für Obst- und Gartenbau, ein Zweig der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, hat in neuerer Zeit die Aufgabe, für den Obstbau in Schlesien zu wirken, schärfer in’s Auge gefaßt und zu dem Zweck im Januar v. J. durch Ausschreiben an Geistliche, Landräthe, Gutsbesitzer u. s. w. aufgefordert, der Sektion beizutreten und sowohl Berichte über den Zustand des Obstbaus in der betreffenden Gegend, als auch Früchte zu den Ausstellungen einzusenden. Der Erfolg ist ein nicht ungünstiger gewesen. Zum Frühjahr wurden dann 1261 Edelreiser von 80 Apfelsorten an 46 Mitglieder, und 569 Birnreiser von 44 Sorten an 45 Mitglieder vertheilt, mit der Bitte, die noch nicht cultivirten Sorten zunächst auf ältere Bäume zu pfropfen und seiner Zeit über den Werth der Früchte zu berichten, oder dieselben einzusenden. – Im Herbst eine Ausstellung zu veranstalten, schien wegen der ungünstigen Verhältnisse überhaupt, namentlich wegen der Ueberschwemmung nicht rathsam. – In der Versammlung vom 22. November wurde berichtet über zwei von Mitgliedern aus der Provinz eingesandte Schriftstücke. Das eine aus der Gegend von Pleß gibt an, daß dort, wo der Boden eine sehr feste, undurchdringliche Unterlage hat, veredelte Stämme nicht gedeihen, während Wildlinge vortrefflich wachsen und ein hohes Alter erreichen. Die Früchte dieser Wildlinge sollen dem edeln Obst an Güte fast gleich kommen. Der Einsender, veranlaßt durch einen Aufsatz im Buch der Welt[WS 1], fragt an, ob man nicht Samen erhalten könne, aus dem nur edle Obstsorten erwachsen, und wo derselbe zu haben sey. Es liegen die Gutachten von vier Mitgliedern vor, die, wenn auch im Einzelnen von einander abweichend, doch darin übereinstimmen, daß es solchen Samen trotz den Behauptungen des Herrn van Mons nicht gibt. Es kann nicht bezweifelt werden, daß bei richtiger Behandlung da auch veredelte Stämme fortkommen, wo Wildlinge so gut geheihen, [111] und bei der großen Menge älterer Wildlinge wird es ein Leichtes seyn, durch Bepfropfen der Aeste mit edelen, namentlich nicht zu weichlichen Sorten diese dort heimisch zu machen. Es wird gewünscht, Früchte von jenen Wildlingen zur Probe zu erhalten. Das zweite Schriftstück ist ein Bericht des Herrn Pastor Cochlovius, in Schönwalde bei Kreuzburg, der sich seit 30 Jahren mit der Anzucht von Obstbäumen beschäftigt und circa 2800 Stämme im Dorfe und in der Umgegend verbreitet hat. Die Baumschule findet sich jetzt auf einem der Schule gehörigen Grundstück und wird zum Besten derselben – es ist so bereits ein Kapital von 220 Rthlr. erworben – vom Herrn Pastor verwaltet. Zuerst hatte derselbe mit dem Vorurtheil, daß edeles Obst in Oberschlesien nicht gedeihe, zu kämpfen, hat letzteres aber allmählig in seiner Gemeinde vollkommen besiegt, so daß jetzt jeder Grundbesitzer in seinem Hausgarten, einige auch in ihren Saatgärten Obst ziehen. Einer hat gemeinschaftlich mit dem Pastor eine Straße, welche die Grenze des beiderseitigen Gebiets bildet, auf eine Strecke von 900 Schritt mit Obstbäumen bepflanzt. Von den Schulknaben werden jährlich einige im Veredeln unterwiesen und erhalten, wenn die von ihnen veredelten Bäume angehen, einen derselben als Belohnung. Herr Pastor Cochlovius hat zuerst die Pfropfreiser aus der Landesbaumschule in Potsdam, dann seit 1836 wiederholt von dem Pastor Kotschy, in Ustron bei Teschen, bezogen, dabei aber – abgesehen von Verwechselungen – die Erfahrung gemacht, daß die (namentlich von Dr. Liegel) empfohlenen Sorten in dortiger Gegend nicht alle gedeihen. Es ist ein Verzeichniß der Obstsorten beigefügt, das von Aepfeln Alles enthält, was Cochlovius verbreitet hat, von den andern Obstarten nur, was noch verbreitet wird. Da der absolute Werth einer Sorte nur bestimmt werden kann auf Grund sehr umfassender Erfahrungen, so theile ich dies Verzeichniß hier mit, so weit ein Urtheil über den Werth beigefügt ist. U. bezeichnet die aus Ustron, L. die aus der Landesbaumschule bezogenen Sorten. Der Ort der Beobachtung liegt unter circa 51° NB. und 36° OL. in einer flachen waldreichen Gegend.

I. Aepfel.

Rother Winter-Calville L. gut. Rother Herbst-Calville L. mittelmäßig. Scharlach-Reinette U. gut. Aromatic Apple U. mittelmäßig. Bischofs-Reinette U. gut. Muskat-Reinette U. gut. Wahre Ananas-Reinette U. gut. Pepping (Gold-?) aus einem Privatgarten gut. Lehmapfel (ein Gülderling) desgleichen. Melonenapfel (Ananasapfel?) desgleichen große schöne frühe Frucht; gut. Rothe Reinette desgl. bekannt. Pigeon rouge U. gut. Astrachanischer Sommerapfel L. gut. Große englische Reinette L. gut. Calvillartige Reinette L. gut. Mascon’s harte gelbe Glasreinette L. dem Borsdorfer sehr ähnlich. Edler Winter-Borsdorfer L. bekannt: trägt selten und wenig. Zwiebel-Borsdorfer L. gut. Reinette rouge L. gut. Große Kasseler-Reinette L. gut. und fruchtbar. Engl. Winter-Gold-Parmäne L. gut.

II. Birnen.

Berg. rouge d’automne L. kleine Frucht, schlecht (gedeiht bei Breslau gut). Berg. Crassanne L. mittelmäßig (bei Breslau gut). Hardenpont doré U. schöne Frucht. Frühe Schweizer Bergamotte L. fade. Epine d’automme L. gut und fruchtbar. Weiße Herbstbutterbirn L. bekannt, wird nie vollkommen (bekanntlich sehr eigen auf Stand und Boden; gedeiht bei Breslau stellenweise vortrefflich). Zartschalige Sommerbirn U. ziemlich. Rothe Herbstbutterbirn L. gut, trägt aber sehr spärlich. Wildling von La Motte (Stachelblansche) L. ziemlich (bei Breslau am Spalier gut). Brüsseler Zuckerbirn U. taugt nichts. Reisser Bergamotte (Virgouleuze), der Baum stand schon im Pfarrgarten, gut; (erreicht hier auf Hochstamm selten ihre wahre Vollkommenheit). St. Germain L. gut. Sparbirne L. vortrefflich. Gute Graue L. vortrefflich. Forellenbirn L. trägt selten und wenig. Grüne Sommer-Magdalene L. gut. Stuttgarter Gaishirtlesbirn L. gut. Capiaumont’s Herbstbutterbirn sehr gut und fruchtbar. Napoleon’s Herbstbutterbirn L. desgl. Beurré impérial L. gut. Römische Schmalzbirn L. wahrscheinlich unächt. Bon Chrétien d’été L. wird nicht vollkommen; (kommt hier gut vor als Punkertiner). Bergam. de Bagi L. gut.

III. Kirschen.

Süße Mai-Herzkirsche L. gut. Große desgleichen L. gut. Bernsteinkirsche L. gut. Große schwarze Knorpelkirsche L. gut. Früheste bunte Heizkirsche L. gut. Große bunte Herzkirsche L. gut. Speckkirsche L. gut. Lauermann’s Kirsche L. gut. Rothe Maikirsche L. gut. Jerusalems Kirsche L. ziemlich.

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IV. Pflaumen.

Johannis-Pflaume U. fade. Diaprée violotte L. gut. Reine Claude L. gut. Rothe Aprikosen-Pflaume L. gut. Gelbe Eierpflaume L. bekannt. Rothe Eierpflaume L. ziemlich gut.

Zum Schluß kann Ref. den Wunsch nicht unterdrücken, daß recht viele Geistliche dem Beispiel des Herrn Pastor Cochlovius folgen möchten. Wie von dem, was bisher für die Verbreitung des Obstbaus in Deutschland geschehen ist, wohl die größere Hälfte den Bemühungen Geistlicher zugeschrieben werden muß, so liegt was noch geschehen soll und muß, ebenfalls zum größeren Theil in ihrer Hand.

Breslau im November 1854.
Dr. K. Fickert.

Indem wir dem Herrn Professor Dr. Fickert unsern besten Dank für diese interessante Mittheilung, aus welcher der Aufschwung, dem der Obstbau auch in jener herrlichen Provinz des preuß. Staates entgegensieht, zu entnehmen ist, darbringen, können wir nicht umhin, bei späteren Beiträgen solcher Art unsere geehrten Herren Mitarbeiter und Correspondenten zu bitten, außer der geographischen und physischen Lage einer Gegend, auch womöglich die durchschnittliche Sommertemperatur zu bemerken, indem gerade diese einen weit größern Einfluß auf die Ausbildung der Früchte, die Tragbarkeit und das Gedeihen der Obstsorten hat, als beinahe sämmtliche andere climatische Verhältnisse und sichere Folgerungen sich erst ziehen lassen, wenn dieselbe uns genau bekannt ist.

Die Red.

Aus dem Bericht über die Obstausstellung im Monat Oktober 1853 in der Stadt St. Veit in Kärnten. Von Th. Khackhl[WS 2].

Daß die Industrie durch Ausstellung ihrer Erzeugnisse befördert, und wenn sie öfters wiederholt, die Fortschritte, welche sie in Zeiträumen gemacht hat, leichter beurtheilt werden können, ist eine Beobachtung, welche nicht leicht widersprochen werden kann. Das gleiche Resultat können wir auch von Ausstellungen landwirthschaftlicher Produkte erwarten, auch sie sind einer Vermehrung, Verbesserung, Veredlung und vortheilhafteren Verwerthung fähig. Diese Fähigkeit liegt besonders in der Obstbaumzucht, welche, wiewohl sie bereits große Fortschritte gemacht hat, dennoch vermehrt und verbessert werden kann. Welchen Werth ein gesegnetes Obstjahr sowohl für die gesammte Bevölkerung als auch für den einzelnen Erzeuger haben kann, brauchen wir nur das Jahr 1853 anzuführen, wo durch den reichen Obstsegen Tausende von Metzen an Getreide erspart wurden, und mancher Landwirth aus dem Obstverkaufe seine Ausgaben bestreiten konnte, welche ihm sonst bei der so geringen Getreideerndte Sorgen gemacht haben würde. E. Grundfest in seiner Schrift: Das Obst in seinem Wirken auf die menschliche Gesundheit, sagt ganz richtig: da, wo Obst wächst, gibt es auch heitere, glückliche und gesunde Menschen. Die Obstzucht ist daher ein sehr wichtiger Zweig in der Landeskultur, und ihre Vermehrung und Verbesserung kann nicht genug empfohlen werden, wobei eine gut geleitete Obstausstellung vorzüglich viel dazu beitragen kann, indem dadurch dem Obstzüchter die Gelegenheit dargeboten wird, die Obstgattungen und Sorten kennen zu lernen, über die empfehlenswerthen Eigenschaften einer Sorte sich Gewißheit zu verschaffen, und auch zu erfahren, welche Bedingnisse beim Anbaue und Wartung erforderlich sind.

(Mitth. über Landw. und Industr. Kärnten 1854. Nr. 3)

Personalnotizen.

Mitte August 1854 starb unmittelbar nach der Rückkehr von einer Reise zur Münchner Ausstellung der verdiente Pomolog, Konditor Danzer in Ludwigsburg. Er war ein fleißiger Sammler und tüchtiger Baumzüchter und hat sich durch Verbreitung edler Obstsorten, besonders des von ihm überaus hochgeschätzten Edlen Rosenstreiflings viele Verdienste erworben und ein freundliches Andenken gesichert.

Dr. Victor Laureys, Professor der Landwirthschaft und der Naturwissenschaften an der Ecole veterinaire zu Brüssel, ein eifriger Freund und Förderer der wissenschaftlichen Pomologie, starb plötzlich am 22. Oktober 1854.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. L. Landdeck: Die Erzeugung neuer Obstsorten aus Samen. In: Das Buch der Welt. Hoffmann’sche Verlags-Buchhandlung, Stuttgart 1843, S. 366–369 Google
  2. Khackhl, Thomas (1791–1862) in: ÖBL 1815–1950, Bd. 3 (Lfg. 14, 1964), S. 314 f.