Handelsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz

Gesetzestext
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Titel: Handelsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz.
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Art:
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1881, Nr. 15, Seite 155 - 170
Fassung vom: 23. Mai 1881
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 2. Juli 1881
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(Nr. 1431.) Handelsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz. Vom 23, Mai 1881.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen einerseits, und der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits, von der Absicht geleitet, den am 13. Mai 1869 abgeschlossenen, zuletzt durch die Uebereinkunft vom 1. Mai 1880 für die Zeit bis 30. Juni 1881 verlängerten Handels- und Zollvertrag in seinen wesentlichen Verabredungen weiterhin aufrecht zu erhalten, haben zu diesem Ende Unterhandlungen eröffnen lassen und zu Bevollmächtigten ernannt:

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen:
Allerhöchstihren Staatsminister, Staatssekretär des Innern Karl Heinrich von Boetticher;
der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft:
Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Dr. Arnold Roth,

welche, unter Vorbehalt der beiderseitigen Ratifikation, den folgenden Handelsvertrag vereinbart und abgeschlossen haben:

Artikel 1.

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Die beiden vertragschließenden Theile geben sich die Zusicherung, in Beziehung auf Eingangs- und Ausgangsabgaben sich wechselseitig auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation zu behandeln.
Jeder der beiden Theile verpflichtet sich demgemäß, jede Begünstigung, jedes Vorrecht und jede Ermäßigung, welche er in den gedachten Beziehungen einer dritten Macht bereits zugestanden hat oder in der Folge zugestehen möchte, gleichmäßig auch dem anderen vertragschließenden Theile gegenüber ohne irgend welche Gegenleistung in Kraft treten zu lassen.
Die vertragschließenden Theile machen sich ferner verbindlich, gegen einander kein Einfuhrverbot und kein Ausfuhrverbot in Kraft zu setzen, welches nicht zu gleicher Zeit auf die anderen Nationen Anwendung fände.
Die vertragschließenden Theile werden jedoch während der Dauer des gegenwärtigen Vertrages die Ausfuhr von Getreide, Schlachtvieh und Brennmaterialien gegenseitig nicht verbieten.

Artikel 2.

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Hinsichtlich der in der Anlage A verzeichneten Gegenstände ist man übereingekommen, daß sie bei dem Uebergange vom Gebiete des einen Theiles nach dem Gebiete des anderen Theiles gegenseitig gänzliche Zollfreiheit genießen sollen. [156]

Artikel 3.

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Die aus einem der beiden Gebiete eingehenden oder nach demselben ausgehenden Waaren aller Art sollen gegenseitig in dem anderen Gebiete von jeder Durchgangsabgabe befreit sein.
In Beziehung auf die Durchfuhr sichern sich die vertragschließenden Theile in jeder Hinsicht die Behandlung der meistbegünstigten Nation zu.

Artikel 4.

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Zur Erleichterung im gegenseitigen Grenzverkehr sind unter den vertragschließenden Theilen diejenigen besonderen Bestimmungen vereinbart worden, welche sich in der Anlage B dem gegenwärtigen Vertrage angeschlossen finden.

Artikel 5.

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Die Befreiung von Eingangs- und Ausgangsabgaben wird beiderseits zugestanden, sofern die Identität der aus- und wiedereingeführten Gegenstände außer Zweifel ist:
1. für Waaren (mit Ausnahme von Verzehrungsgegenständen), welche aus dem freien Verkehr im Gebiete des einen der vertragschließenden Theile in das Gebiet des anderen
auf Märkte oder Messen, oder auf ungewissen Verkauf außer dem Meß- und Marktverkehr, oder als Muster
eingebracht werden, alle diese Gegenstände, wenn sie binnen einer im voraus zu bestimmenden Frist unverkauft zurückgeführt werden;
2. Vieh, welches aus dem einen Gebiete auf Märkte des anderen gebracht und unverkauft von dort zurückgeführt wird;
3. leere Fässer, Säcke u. s. w., welche entweder zum Einkauf von Oel, Getreide u. dergl. von dem einen Gebiete in das andere mit der Bestimmung des Wiederausgangs eingebracht werden oder, nachdem Oel, Getreide u. dergl. darin ausgeführt worden, zurückkommen;
4. Vieh, welches zur Fütterung oder auf Weiden aus dem einen Gebiete in das andere gebracht und von der Fütterung oder nach der Weidezeit in das erstere zurückgeführt wird.

Artikel 6.

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Zur Regelung des Verkehrs zum Zweck der Veredelung von Waaren zwischen den Gebieten der vertragschließenden Theile wird festgesetzt, daß bei der Rückkehr aus dem Veredelungslande von Eingangsabgaben befreit bleiben: [157]
a) Gewebe und Garne, welche zum Waschen, Bleichen, Färben, Walken, Appretiren, Bedrucken und Sticken, sowie Garne, welche zum Stricken,
b) Gespinnste (einschließlich der erforderlichen Zuthaten), welche zur Herstellung von Spitzen und Posamentierwaaren,
c) Garne in gescheerten (auch geschlichteten) Ketten nebst dem erforderlichen Schußgarn, welche zur Herstellung von Geweben,
d) Seide, welche zum Färben,
e) Häute und Felle, welche zur Leder- und Pelzwerkbereitung,
f) Gegenstände, welche zum Lackiren, Poliren und Bemalen
in das andere Gebiet ausgeführt worden sind,
g) sonstige zur Ausbesserung, Bearbeitung oder Veredelung bestimmte, in das andere Gebiet gebrachte und nach Erreichung jenes Zweckes, unter Beobachtung der deshalb getroffenen besonderen Vorschriften zurückgeführten Gegenstände, wenn die wesentliche Beschaffenheit und die Benennung derselben unverändert bleibt,
und zwar in allen diesen Fällen, sofern die Identität der aus- und wieder eingeführten Waaren und Gegenstände außer Zweifel ist.
Außerdem kann bei Garnen und Geweben die Zollfreiheit von dem Nachweis der einheimischen Erzeugung der zur Veredelung ausgeführten Waaren abhängig gemacht werden.
Ausgangsabgaben dürfen von Waaren, welche nach erfolgter Veredelung in das Versendungsland zurückgeführt werden, nicht erhoben werden.

Artikel 7.

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Zur Förderung der gegenseitigen Handelsbeziehungen werden die vertragschließenden Theile die Zollabfertigung im wechselseitigen Verkehr so weit erleichtern, als sich dies mit der Zollsicherheit verträgt.

Artikel 8.

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Innere Abgaben, welche in dem Gebiete des einen der vertragschließenden Theile, sei es für Rechnung des Staates (der Kantone) oder für Rechnung von Kommunen und Korporationen, auf der Hervorbringung, der Zubereitung oder dem Verbrauch eines Erzeugnisses ruhen, dürfen Erzeugnisse des anderen Theiles unter keinem Vorwande höher oder in lästigerer Weise treffen, als die gleichnamigen Erzeugnisse des eigenen Landes, mit Vorbehalt der Bestimmungen des nachfolgenden Artikels. [158]

Artikel 9.

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Der im vorstehenden Artikel 8 ausgesprochene Grundsatz findet keine Anwendung auf die in einzelnen Kantonen der Schweiz von Getränken erhobenen (inneren) Verbrauchssteuern. Indessen verpflichtet sich die schweizerische Eidgenossenschaft dahin, daß derartige Abgaben für deutsche Getränke während der Dauer des gegenwärtigen Vertrages weder neu eingeführt, noch bestehende über ihren dermaligen Ansatz erhöht, und daß, falls der eine oder andere Kanton die bezüglichen Steuern für schweizerische Getränke herabsetzen würde, diese Ermäßigung in gleichem Verhältnisse auch auf die deutschen Getränke angewendet werden soll.
Für deutsche Weine, welche in Fässern (auch Doppelfässern) nach der Schweiz eingehen, soll, welches auch der Preis oder die Qualität derselben sei, die Steuer jedenfalls den geringsten Betrag derjenigen Ansätze nicht übersteigen, welche für ausländische, in einfachen Fässern eingeführte Weine in den betreffenden Kantonen gegenwärtig erhoben werden.

Artikel 10.

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Kaufleute, Fabrikanten und andere Gewerbetreibende, welche sich darüber ausweisen, daß sie in dem Staate, wo sie ihren Wohnsitz haben, zum Gewerbebetriebe berechtigt sind, sollen, wenn sie persönlich oder durch in ihren Diensten stehende Reisende Ankäufe machen, oder Bestellungen, auch unter Mitführung von Mustern, suchen, in dem Gebiete des anderen vertragschließenden Theiles keine weitere Abgabe hierfür zu entrichten verpflichtet sein.

Artikel 11.

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In Bezug auf die Bezeichnung der Waaren oder deren Verpackung, sowie bezüglich der Fabrik- oder Handelsmarken sollen die Angehörigen des einen der vertragschließenden Theile in dem Gebiete des anderen denselben Schutz wie die eigenen Angehörigen genießen. Die Angehörigen eines jeden der vertragschließenden Theile haben jedoch die in dem Gebiete des anderen Theiles durch Gesetze oder Verordnungen vorgeschriebenen Bedingungen und Förmlichkeiten zu erfüllen.
Der Schutz von Fabrik- und Handelsmarken wird den Angehörigen des anderen Theiles nur insofern und auf so lange gewährt, als dieselben in ihrem Heimathsstaate in der Benutzung der Marken geschützt sind.

Artikel 12.

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Der gegenwärtige Vertrag soll vom 1. Juli 1881 an in Kraft treten und bis zum 30. Juni 1886 in Kraft bleiben. Im Falle keiner der vertragschließenden Theile zwölf Monate vor diesem Tage seine Absicht, die Wirkungen des Vertrages aufhören zu lassen, kundgegeben haben sollte, bleibt derselbe in Geltung bis zum [159] Ablauf eines Jahres von dem Tage ab, an welchem der eine oder der andere der vertragschließenden Theile denselben gekündigt hat. Die vertragschließenden Theile behalten sich die Befugniß vor, nach gemeinsamer Verständigung in diesen Vertrag jederlei Abänderungen aufzunehmen, welche mit dem Geiste und den Grundlagen desselben nicht im Widerspruch stehen und deren Nützlichkeit durch die Erfahrung dargethan werden wird.

Artikel 13.

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Gegenwärtiger Vertrag soll ratifizirt und es sollen die Ratifikations-Urkunden bis spätestens am 30. Juni 1881 in Berlin ausgewechselt werden.
So geschehen Berlin, den 23. Mai 1881.
(L. S.) Karl Heinrich von Boetticher.   (L. S.) Roth.
__________________


Der vorstehende Vertrag ist ratifizirt worden und die Auswechselung der Ratifikations-Urkunden hat stattgefunden.

[160]

Anlage A.

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Von Eingangs- und Ausgangsabgaben bleiben bei dem Uebergange von dem Gebiete des einen Theiles nach dem Gebiete des anderen Theiles gegenseitig gänzlich befreit:

1. Garten- und Futtergewächse, frische;
Kartoffeln;
Wurzeln, frische;
Obst, frisches, darunter auch Beeren mit Ausschluß der Weintrauben;
lebende Gewächse, jedoch nicht in Töpfen oder Kübeln;
Heu, Laub, Schilf, Stroh;
Erden und rohe mineralische Stoffe, auch gebrannt, geschlemmt oder gemahlen, soweit diese Gegenstände nicht mit einem Zollsatze namentlich betroffen sind;
Steine, rohe;
edle Metalle, gemünzt, in Barren und Bruch;
Münzgekrätz,
Abfälle von der Eisenfabrikation (Hammerschlag, Eisenfeilspäne), von Glashütten, auch Scherben von Glas und Thonwaaren, von der Wachsbereitung, von Seifensiedereien die Unterlauge;
Blut von geschlachtetem Vieh, flüssiges und eingetrocknetes;
Hornspäne, Klauen, Knochen, Knochenmehl;
Thierflechsen;
Leimleder, auch abgenutzte alte Lederstücke und sonstige, lediglich zur Leimfabrikation geeignete Lederabfälle;
Branntweinspülig;
Treber;
Weinhefe, trockene oder teigartige;
Oelkuchen;
Kleie;
Spreu;
Holzasche;
Steinkohlenasche;
Dünger, thierischer, und andere, jedoch nicht auf chemischem Wege zubereitete Düngungsmittel, als ausgelaugte Asche, Kalkäscher, Knochenschaum, Zuckererde und dergl.;
2. Kunstsachen, welche zu Kunstausstellungen oder für öffentliche Kunstinstitute und Sammlungen eingehen;
3. Musterkarten und Muster in Abschnitten oder Proben, welche nur zum Gebrauche als solche geeignet sind; [161]
4. Kleidungsstücke und Wäsche, gebrauchte, welche nicht zum Verkauf eingehen; gebrauchte Hausgeräthe und Effekten, gebrauchte Fabrikgeräthschaften und gebrauchtes Handwerkszeug von Anziehenden zur eigenen Benutzung; auch auf besondere Erlaubniß neue Kleidungsstücke, Wäsche und Effekten, insofern sie Ausstattungsgegenstände von Angehörigen der Staaten des einen Theiles sind, welche sich aus Veranlassung ihrer Verheirathung in dem Gebiete des anderen Theiles niederlassen;
5. Gebrauchte Hausgeräthe und Effekten, welche erweislich als Erbschaftsgut eingehen, auf besondere Erlaubniß;
6. Reisegeräth, Kleidungsstücke, Wäsche und dergleichen, welches Reisende, Fuhrleute und Schiffer zu ihrem Gebrauche, auch Handwerkszeug, welches reisende Handwerker, sowie Geräthe und Instrumente, welche reisende Künstler zur Ausübung ihres Berufes mit sich führen, sowie andere Gegenstände der bezeichneten Art, welche den genannten Personen vorausgehen oder nachfolgen; Verzehrungsgegenstände zum Reiseverbrauche;
7. Wagen, einschließlich der Eisenbahnfahrzeuge, sowie Wasserfahrzeuge, welche bei dem Eingange über die Grenze zum Personen- und Waarentransporte dienen und nur aus dieser Veranlassung eingehen, die Wasserfahrzeuge mit Einschluß der darauf befindlichen gebrauchten Inventarienstücke, insofern die Schiffe Ausländern gehören, oder insofern inländische Schiffe die nämlichen oder gleichartige Inventarienstücke einführen, als sie bei dem Ausgange an Bord hatten; auch leer zurückkommende Eisenbahnfahrzeuge inländischer Eisenbahnverwaltungen, sowie die bereits in den Fahrdienst eingestellten Eisenbahnfahrzeuge ausländischer Eisenbahnverwaltungen;
Wagen der Reisenden auf besondere Erlaubniß auch in dem Falle, wenn sie zur Zeit der Einfuhr nicht als Transportmittel ihrer Besitzer dienten, sofern sie nur erweislich schon seither im Gebrauche derselben sich befunden haben und zu deren weiterem Gebrauche bestimmt sind;
Pferde und andere Thiere, wenn aus ihrem Gebrauche beim Eingang überzeugend hervorgeht, daß sie als Zug- oder Lastthiere zur Bespannung eines Reise- oder Frachtwagens gehören, zum Waarentragen oder zur Beförderung von Reisenden dienen.

[162]

Anlage B.

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Bestimmungen
über
die Behandlung des grenznachbarlichen Verkehrs.
__________________


Um die Bewirthschaftung der an der Grenze liegenden Güter und Wälder zu erleichtern, werden von allen Eingangs- und Ausgangsabgaben befreit:

Getreide in Garben oder in Aehren,
die Roherzeugnisse der Wälder, Holz und Kohlen,
Sämereien,
Stangen,
Rebstecken,
Thiere und Werkzeuge jeder Art,
die zur Bewirthschaftung der innerhalb eines Umkreises von 10 km auf beiden Seiten der Grenze gelegenen Güter dienen, vorbehaltlich der in beiden Ländern zur Verhütung von Defraudationen allfällig bestehenden Kontrolen.
Von allen Eingangs- und Ausgangsabgaben werden ferner befreit sämmtliche Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht eines einzelnen von der Zollgrenze zwischen beiden Gebieten durchschnittenen Landgutes, bei der Beförderung zu den Wohn- und Wirthschaftsgebäuden aus den durch die Zollgrenze davon getrennten Theilen.
Von Eingangs- und Ausgangsabgaben bleiben befreit:
1. Vieh, welches zur Arbeit aus dem einen Gebiete in das andere vorübergehend gebracht wird und von der Arbeit aus letzterem in das erstere zurückkommt; desgleichen landwirthschaftliche Maschinen und Geräthe, welche zur vorübergehenden Benutzung aus dem einen in das andere Gebiet gebracht und nach erfolgter Benutzung wieder in das erstere zurückgeführt werden;
2. Holz, Lohe (Rinde), Getreide, Oelsamen, Hanf und andere dergleichen landwirthschaftliche Gegenstände, welche im gewöhnlichen kleinen [163] Grenzverkehr zum Schneiden, Stampfen, Mahlen, Reiben u. s. w. aus dem einen Gebiete in das andere gebracht und geschnitten, gestampft, gemahlen, gerieben u. s. w. in das erstere Gebiet zurückgebracht werden;
3. Waaren oder Gegenstände, welche im gewöhnlichen kleinen Grenzverkehr entweder zur Veredelung, namentlich zum Bedrucken, Bleichen, Färben, Gerben, Spinnen, Weben u. s. w. oder zur handwerksmäßigen Verarbeitung oder Ausbesserung aus dem einen Gebiete in das andere aus- und nachher veredelt, verarbeitet oder ausgebessert wieder eingehen;
4. die selbstverfertigten Erzeugnisse der Handwerker, welche von diesen aus dem einen Gebiete auf die benachbarten Märkte des anderen gebracht werden und als unverkauft zurückkommen, mit Ausschluß von Gegenständen der Verzehrung.
Zum Schutze gegen Mißbrauch werden in den Fällen des vorhergehenden §. 2 die erforderlichen Kontrolmaßregeln beiderseitig zur Anwendung kommen. Doch ist dabei verstanden, daß dieselben auf das geringste, mit dem bezeichneten Zweck vereinbare Maß beschränkt, und daß jedenfalls nicht mehr gefordert werden soll, als daß
1. die fraglichen Gegenstände bei der Einfuhr bezw. Ausfuhr an einer Grenzzollstelle behufs vormerklicher Behandlung nach Gattung und Menge angemeldet, zur Festhaltung der Identität, wo es angeht, bezeichnet und nachher bei der Wiederausfuhr bezw. Wiedereinfuhr der nämlichen Zollstelle wieder vorgeführt werden, und daß
2. die Wiederausfuhr bezw. Wiedereinfuhr innerhalb einer bestimmten, von der Grenzzollstelle angesetzten Frist stattfinde.
Zur Forderung einer Kaution sind die Grenzzollstellen berechtigt; doch soll dieselbe den einfachen Zollbetrag nicht übersteigen. Ueber die nähere Ausführung in Betreff dieser Kontrolmaßregeln soll, soweit nöthig, eine Uebereinkunft abgeschlossen werden.

[164]

Schlußprotokoll.

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Schlußprotokoll.
Verhandelt Berlin, den 23. Mai 1881.     

Die Unterzeichneten traten zusammen, um den unter ihnen heute vereinbarten Handelsvertrag zu unterzeichnen, bei welcher Gelegenheit noch folgende Erklärungen, Verabredungen und erläuternde Bemerkungen in das gegenwärtige Protokoll niedergelegt wurden:

I. Zu Artikel 1 des Vertrages.

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Es soll in keiner Weise dem Recht jedes der vertragschließenden Theile vorgegriffen sein, in Zukunft Staaten oder Theile von Staaten, welche gegenwärtig seinem Zollverbande fremd sind, in denselben aufzunehmen und fortan als Inland zu behandeln, ohne daß hierdurch mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz des Vertrags-Artikels 1 eine weitere Begünstigung für den anderen Theil erwächst.
Die Bestimmungen im Artikel 1 Absatz 3 schließen die Befugniß nicht aus, zeitweise Einfuhrverbote aus gesundheitspolizeilichen Rücksichten gegenseitig zu erlassen.

II. Zu Artikel 2 des Vertrages, beziehungsweise Anlage A Nr. 4.

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Man ist einverstanden, daß die in der Anlage A Nr. 4 vereinbarte gegenseitige Befreiung von Eingangs- und Ausgangsabgaben auch für solche in allen ihren Theilen gebrauchte Maschinen gelten soll, welche von bereits Niedergelassenen aus ihren Stamm- oder Filial-Etablissements in dem einen Gebiete zur eigenen Benutzung in ihren Filial- oder Stamm-Etablissements in dem anderen Gebiete aus- und eingeführt werden.
Die Bewilligung der Zollfreiheit für die gedachten Maschinen kann jedoch in jedem einzelnen Falle nur durch die Direktivbehörde erfolgen.

III. Zu Artikel 3 des Vertrages.

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Durch die Bestimmung des Artikels 3 soll dem Recht jedes der vertragschließenden Theile nicht vorgegriffen sein, allfälligen Mißbräuchen durch angemessene Schutzmaßregeln (Verbleiung, Kontrol- oder Begleitscheine) vorzubeugen.

IV. Zu Artikel 4 des Vertrages, beziehungsweise Anlage B.

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Der kleine Grenzverkehr umfaßt den nachbarlichen Verkehr der Grenzorte, welche nicht weiter als 15 km von der Grenze entfernt gelegen sind.
Wo die Gebiete der vertragschließenden Theile durch Gewässer getrennt sind, welche beiderseitig als Ausland betrachtet werden, ist die vorstehend bezeichnete, sowie die in Anlage B §. 1 erwähnte Zone auf jeder Seite vom Ufer jenes [165] Gewässers an landeinwärts zu berechnen, so daß die Ausdehnung des zwischenliegenden Gewässers dabei außer Betracht fällt.

V. Zu den Artikeln 5 und 6 des Vertrages.

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A. Die Begünstigung, wonach zollpflichtige Waaren, die zum ungewissen Verkauf oder als Muster eingebracht werden, von Eingangs- und Ausgangsabgaben befreit sind (Art. 5 Nr. 1), kann von der Erfüllung nachstehender besonderer Bedingungen abhängig gemacht werden:
1. Bei der Ausfuhr beziehungsweise Einfuhr ist der Betrag des auf den Waaren oder Mustern haftenden Ausgangs- beziehungsweise Eingangszolls zu ermitteln und bei dem abfertigenden Amte entweder baar niederzulegen oder vollständig sicherzustellen.
2. Zum Zweck der Festhaltung der Identität sind die einzelnen Waaren oder Musterstücke, soweit es angeht, durch aufgedruckte Stempel oder durch angehängte Siegel oder Bleie zu bezeichnen.
3. Das Abfertigungspapier, über welches die näheren Anordnungen von jedem der vertragschließenden Theile ergehen, soll enthalten:
a) ein Verzeichniß der zur Ausfuhr bestimmten beziehungsweise der eingebrachten Waaren oder Musterstücke, in welchem die Gattung der Waare und solche Merkmale sich angegeben finden, die zur Festhaltung der Identität geeignet sind;
b) die Angabe des auf den Waaren oder Mustern haftenden Ausgangs- und Eingangszolls, sowie darüber, ob solcher niedergelegt oder sichergestellt worden ist;
c) die Angabe über die Art der zollamtlichen Bezeichnung;
d) die Bestimmung der Frist, nach deren Ablauf, soweit nicht vorher der Wiedereingang beziehungsweise die Wiederausfuhr der Waaren oder Muster nach dem Auslande, oder deren Niederlegung in einem Packhofe (Niederlagshause) nachgewiesen wird, der niedergelegte Zoll verrechnet oder aus der bestellten Sicherheit eingezogen werden soll. Die Frist darf den Zeitraum eines Jahres nicht überschreiten.
4. Die Wiedereinfuhr beziehungsweise die Wiederausfuhr darf auch über ein anderes Amt als dasjenige, über welches die Ausfuhr beziehungsweise die Einfuhr bewirkt ist, erfolgen.
5. Werden vor Ablauf der gestellten Frist (3d) die Waaren oder Muster einem zur Ertheilung der Abfertigung befugten Amte zum Zweck der Wiedereinfuhr beziehungsweise der Wiederausfuhr oder der Niederlegung in einem Packhofe (Niederlagshause) vorgeführt, so hat dieses Amt sich durch die vorzunehmende Prüfung davon zu überzeugen, ob [166] ihm dieselben Gegenstände vorgeführt worden sind, welche bei der Ausgangs- beziehungsweise Eingangs-Abfertigung vorgelegen haben. Soweit in dieser Beziehung keine Bedenken entstehen, bescheinigt das Amt die Wiedereinfuhr beziehungsweise die Wiederausfuhr oder Niederlegung, und erstattet den früher niedergelegten Zoll oder trifft wegen Freigabe der bestellten Sicherheit die erforderliche Einleitung.
B. Ueber die Kontrolmaßregeln, welche zum Schutz gegen Mißbrauch in den übrigen Fällen der Artikel 5 und 6 beiderseitig in Anwendung kommen sollen, wird Verständigung vorbehalten. Dieselben werden auf das geringste mit dem bezeichneten Zweck vereinbare Maß beschränkt und demgemäß im wesentlichen innerhalb derjenigen Grenzen gehalten werden, welche durch die in Anlage B zum Vertrage enthaltenen Bestimmungen über die Behandlung des grenznachbarlichen Verkehrs (§. 3) in Aussicht genommen worden sind; sodann sind dabei folgende Bestimmungen zu beachten:
1. Die Abfertigung der bezeichneten Gegenstände, für welche auf Grund der Artikel 5 und 6 eine Zollbefreiung in Anspruch genommen wird, kann auch bei Zollstellen im Innern stattfinden.
2. Gewichtsdifferenzen, welche durch Ausbesserungen, durch die Bearbeitung oder Veredelung der Gegenstände entstehen, sollen in billiger Weise berücksichtigt werden und geringere Differenzen eine Abgabenentrichtung nicht zur Folge haben.
C. Unter Garnen und Geweben einheimischer Erzeugung werden die im Versendungslande selbst gesponnenen Garne und selbst gewebten Gewebe, dann solche Garne und Gewebe verstanden, welche zwar im rohen Zustande aus dem Auslande eingeführt und nach zollamtlicher Behandlung in den freien Verkehr gesetzt wurden, jedoch im Versendungslande gebleicht, oder gefärbt, oder bedruckt, oder gesengt, oder appretirt, oder mit Dessins versehen worden sind, um dann einer weiteren Bearbeitung oder Verarbeitung im Veredelungslande zugeführt zu werden.
Zum Nachweise der einheimischen Erzeugung dient ein an der Waare anzubringender Fabrikstempel, beziehungsweise eine Bescheinigung des inländischen Erzeugers der Waare.
D. Die zur Wahrung der Identität der aus- und wiedereingeführten beziehungsweise der ein- und wiederausgeführten Gegenstände amtlich angelegten Erkennungszeichen (Stempel, Siegel, Plomben etc.) sollen gegenseitig geachtet werden, und zwar in dem Sinne, daß die von einer Zollbehörde des einen Gebietes an gelegten Erkennungszeichen in dem anderen Gebiete zum Beweise der Identität ebenfalls dienen können, jedoch mit der Beschränkung, daß beiderseits den Zollbehörden das Recht zusteht, weitere Erkennungszeichen anzulegen.
E. In allen im Artikel 5 vorangeführten Fällen sind im deutschen Zollgebiete alle Hauptzollämter und Nebenzollämter erster Klasse, sowie andere [167] besonders mit Ermächtigung hierzu versehene Zollstellen, in der Schweiz die Haupt-und Nebenzollstätten zuständig, die zollfreie Abfertigung, wenn die Voraussetzungen derselben zutreffen, von sich aus vorzunehmen.
Dagegen sind in den Fällen von Artikel 6 nur die von den Direktivbehörden dazu bezeichneten Zollstellen zur Ertheilung der Abfertigung befugt.
F. Für die in dem Artikel 6 lit. a bis g vorgesehene zollfreie Wiedereinfuhr ist eine Frist von 6 Monaten zu gewähren. Durch besondere Genehmigung der Direktivbehörden kann dieselbe auf 12 Monate ausgedehnt werden.
Diese letztere Frist, vom Tage der Ausfuhr an berechnet, soll, wenn nicht besondere Bedenken entgegenstehen, auf Antrag der Betheiligten für die zollfreie Wiedereinfuhr denjenigen Waaren bewilligt werden, welche zur Zeit des Ablaufs des gegenwärtigen Vertrages zum Zwecke der Veredelung noch im Gebiete des anderen der vertragschließenden Theile sich befinden.

VI. Zu den Artikeln 4, 5 und 6 des Vertrages.

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Die Abfertigungen in allen hierunter begriffenen Fällen werden durchaus gebührenfrei erfolgen.

VII. Zu Artikel 7 des Vertrages.

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1. Man ist darüber einverstanden, daß im wechselseitigen Verkehr Ursprungszeugnisse über die Waaren nicht gefordert werden sollen.
2. Güter, welche von einem Zollamte auf ein anderes Amt desselben Gebietes unter Zollkontrole abgefertigt werden, sollen, wenn auch bis zur Erreichung des endlichen Bestimmungsortes ein oder mehrere Male das Ausland berührt wird, einer weiteren Abfertigung an zwischenliegenden Aemtern desselben Gebietes nicht unterzogen werden.
Etwaige, dem Geleitpapier beizusetzende Bescheinigungen über erfolgten Aus- und Eintritt aus dem einen Gebiete in das andere sind jedoch nicht ausgeschlossen.
3. Die mit den gewöhnlichen kursmäßigen Fahrten der allgemeinen Verkehrsanstalten, wie Eisenbahnen, Dampfschiffe, Posten u. s. w., anlangenden Waaren und Reise-Effekten sollen beiderseits jederzeit mit thunlichster Beschleunigung zollamtlich abgefertigt werden, und es soll für solche Abfertigungen, welche nicht in die gewöhnlichen Abfertigungsstunden fallen, keinenfalls irgend eine besondere Gebühr erhoben werden.
4. Die beiden vertragschließenden Theile geben sich gegenseitig die Zusicherung, bezüglich der Errichtung von Grenzzollstellen und der Bestimmung der Abfertigungsbefugnisse derselben, die durch wirkliche Verkehrsbedürfnisse veranlaßten Wünsche thunlichst zu berücksichtigen.

VIII. Zu Artikel 9 des Vertrages.

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Schweizerischer Seits wird dabei verstanden und erklärt, daß der im Artikel 1 des Vertrages aufgestellte Grundsatz der wechselseitigen Behandlung auf dem Fuße [168] der meistbegünstigten Nation auch hinsichtlich der im Artikel 9 bezeichneten Verbrauchssteuern Gültigkeit haben soll.
Ein Verzeichniß der Sätze, welche nach den Bestimmungen des Artikels 9 des Vertrages in den einzelnen schweizerischen Kantonen an inneren Verbrauchssteuern von Getränken zur Hebung gelangen, wird der Kaiserlichen Regierung schweizerischer Seits ohne Verzug mitgetheilt werden.

IX. Zu Artikel 10 des Vertrages.

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Diejenigen Gewerbetreibenden, welche in dem Gebiete des anderen vertragschließenden Theiles Waarenankäufe machen oder Waarenbestellungen suchen wollen, sollen hierzu abgabenfrei auf Grund von Gewerbe-Legitimationskarten zugelassen werden, welche von den Behörden des Heimathslandes ausgefertigt sind.
Die mit einer Gewerbe-Legitimationskarte versehenen Gewerbetreibenden (Handlungsreisenden) dürfen wohl Waarenmuster, aber keine Waaren mit sich führen.
Die Ausfertigung dieser Karten soll nach dem unter :C anliegenden Muster erfolgen.
Bis zum Schlusse des Jahres 1881 sollen Gewerbe-Legitimationskarten der bisher vereinbart gewesenen Form in Anwendung und Geltung bleiben; bis dahin sollen die Karten auch, wie bisher, den Reisenden die Befugniß gewähren, aufgekaufte Waaren nach dem Bestimmungsorte mitzunehmen. Vom 1. Januar 1882 ab kommt dagegen die Befugniß, aufgekaufte Waaren mitzunehmen, in Wegfall.
Die vertragschließenden Theile werden sich gegenseitig Mittheilung darüber machen, welche Behörden zur Ertheilung von Gewerbe-Legitimationskarten befugt sein sollen, und welche Vorschriften bei Ausübung des Gewerbebetriebes zu beachten sind.
Gegenwärtiges Protokoll soll ohne besondere Ratifikation, als durch den Austausch der Ratifikationen des heutigen Vertrages, auf welchen es Bezug hat, von den vertragschließenden Theilen genehmigt und bestätigt angesehen werden.
Geschehen wie oben.
(L. S.) Karl Heinrich von Boetticher.   (L. S.) Roth.