Großherzoglich Hessische Unterstützungskassen Lehrer-Witwen
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Errichtung einer allgemeinen Schullehrer-Wittwen- und Waisen Unterstützungs-Anstalt.
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Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben, in Erwägung der unglücklichen Lage, in welche die hinterlassenen Wittwen und Waisen verdienter Schullehrer nach dieser ihrem Absterben sich öfters versetzt sehen, und beseelt von dem Wunsche, dieselbe gegen Mangel und Nahrungssorgen zu schützen, unterm 4ten Juni l. J. die Bildung einer allgemeinen, alle Landestheile und christliche Konfessionen des Großherzogthums umfassenden, Schullehrer- Wittwen- und Waisen-Unterstützungs-Anstalt gnädigst zu verordnen, und folgende Bestimmungen als Grundlage derselben zu genehmigen geruhet:
- 1.) Jeder Schullehrer soll als erstes Eintrittsgeld in die Gesellschaft 5. vom 100. seiner Einnahme entrichten. Die hieraus sich ergebende Summe soll verzinslich angelegt, und als ein unangreifbares Kapitalvermögen der Gesellschaft betrachtet werden. Nebst dieser einmaligen Einlage entrichtet jeder 1. vom 100. seiner Einnahme, als jährlichen Beitrag an die Kasse des Instituts.
- 2.) Alle diejenigen Schullehrer, so 200 fl. oder weniger an jährlichem Einkommen haben, sollen zwar von Entrichtung eben bemerkter Beitrage, für ihre Personen, frei seyn; dagegen sollen die Kommunal-Kassen, denen ohnehin, der Regel nach, die Pflicht, für den Unterhalt ihrer Schullehrer zu sorgen, obliegt, dieselben statt ihrer entrichten. Es soll aber dieser Gemeinde-Beitrag nicht nach dem wirklichen Ertrag der Schulbesoldung in jedem einzelnen Falle berechnet, sondern es soll von allen unter 200 fl. ertragenden Schulstellen der dem Ertrage von 200 fl., als Minimum eines Schullehrer-Einkommens, entsprechende Beitrag geleistet werden.
- 3.) Haben Seine Königliche Hoheit verschiedene, in den Provinzen Starkenburg und Hessen bereits bestehende einzelne Stiftungen, welche in Verbindung mit denen seit [10] dem Jahre 1808. erhobenen Kollectengeldern einen Kapitalstock von beiläufig 6000 fl. bilden, dem Institute zuzuwenden gnädigst geruhet; auch verordnet
- 4) daß die zeither aus der Dispensationskasse an Wittwen und Waisen der Schullehrer gegebene Unterstützungen, bei deren Heimfalle, bis zum Betrag jährlicher 150 fl., dem Institute zuwachsen sollen.
- 5.) Daß die wohlstehenden Kirchenkasten aufgefordert werden sollen, einen ihren Kräften entsprechenden Beitrag alljährlich an die Kasse des Instituts, jedoch nur so lange, bis dasselbe zur Selbstständigkeit gekommen seyn werde, zu entrichten.
- 6.) Daß von der jährlichen Einnahme des Instituts, bis zu dessen vollständigen Dotation, eine gewisse Summe zur Vermehrung des Kapitalfonds alljährlich zurück und rentbar angelegt; das erübrigende aber unter die sämmtlichen vorhandenen Wittwen und Waisen, und zwar vor der Hand nach zwei Klassen, vertheilt werde. Die untere Klasse soll alle mit 200 fl. oder geringer bezahlten, die obere aber alle höher besoldeten Lehrer in sich begreifen.
- 7.) Den Wittwen der oberen Klasse sollen bei dieser Vertheilung eben so viele Thaler, als die Wittwen der unteren Klasse Gulden aus derselben erhalten, als Pension verabreicht werden; wobei jedoch, und bis zu größerer Selbstständigkeit des Institutes, vor der Hand die Zahl von 50 (respective Thaler oder Gulden) als Maximum eines Wittwen- oder Waisen-Gehaltes anzusehen seyn solle.
- Großherzogliches Geheimes Staats-Ministerium bringt diese väterlichen Gesinnungen Seiner Königlichen Hoheit vorläufig zur allgemeinen Kenntniß, mit der weiteren Zusicherung, daß nach vollendeten vorbereitenden Arbeiten das, die übrigen Verhältnisse näher bestimmede, organische Gesetz unverzüglich erfolgen werde.
- Darmstadt den 9ten Juli 1819.
Großherzoglich Hessisches Geheimes Staats-Ministerium.
Wreden. Wernher.
vt. Hoppé.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Das ist nur die Ankündigung. Die Verordnung kam am 24. Dezember.