Großherzoglich Hessische AusfVO zur GewO (1912)

Gesetzestext
korrigiert
Titel: Verordnung, die Vollzugsverordnung zur Gewerbeordnung betreffend und Ausführungsverordnung zur Gewerbeordnung.
Abkürzung: Großherzoglich Hessische AusfVO zur GewO
Art:
Geltungsbereich: Großherzogtum Hessen
Rechtsmaterie: Gewerberecht, Arbeitsrecht
Fundstelle: Großherzog Hessisches Regierungsblatt 1912 Nr. 9 S. 47 und 48.
Fassung vom: 1912
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 28. März 1912
Inkrafttreten: 1. April 1912
Anmerkungen: In einer kurzen Verordnung erteilt der Großherzog die Ermächtigung zum Erlass der AusführungsVO auf das Ministerium des Innern. Dieser Verordnung folgt dann die eigentliche Ausführungsverordnung.
aus: Vorlage:none
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[47]
Verordnung,

die Vollzugsverordnung zur Gewerbeordnung betreffend.

vom 20. März 1912

ERNST LUDWIG von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein etc. etc.

Nachdem sich die Notwendigkeit ergeben hat, die zum Vollzug und zur Ausführung der Gewerbeordnung erlassenen Vorschriften mit den neuen Bestimmungen des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 8. Juli 1911 (Reg.-Bl. S. 265) in Einklang zu bringen, haben Wir es für zweckmäßig befunden, zu verordnen, wie folgt:

Unser Ministerium des Innern wird ermächtigt, die zum Vollzug und zur Ausführung der Gewerbeordnung erlassenen und noch zu erlassenden Vorschriften in einer Verordnung zusammenzufassen, welche die Bezeichnung „Ausführungsverordnung zur Gewerbeordnung“ erhalten soll.
Diese Ausführungsverordnung zur Gewerbeordnung hat mit dem Gesetz, die Verwaltungsrechtspflege betreffend, vom 8. Juli 1911 in Kraft zu treten. Mit

[48]

dem gleichen Zeitpunkt werden die Vollzugsverordnung zur Gewerbeordnung vom 22. September 1900 (Reg.-Bl. S. 845) und die sie ergänzenden Verordnungen vom 26. März 1902 (Reg.-Bl. S. 138), vom 28. Oktober 1905 (Reg.-Bl. S. 296), vom 29. August 1906 (Reg.-Bl. S. 281), vom 14. März und 9. September 1908 (Reg.-Bl. S. 82 und 259), vom 24. März 1910 (Reg.-Bl. S. 131) und vom 8. April 1911 (Reg.-Bl. S. 65) aufgehoben.
Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und beigedrückten Großherzoglichen Siegels.

          Darmstadt, den 20. März 1912.

Ausführungsverordnung zur Gewerbeordnung.
Vom 20. März 1912.

Auf Grund des § 1 der Verordnung, die Vollzugsverordnung zur Gewerbeordnung betreffend, vom 20. März 1912 (Regierungsblatt S. 47) haben wir zur Ausführung der Gewerbeordnung verordnet, wie folgt:

Zu Titel I.

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Zuständigkeit der Behörden im Allgemeinen.

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Die Befugnisse der Zentralbehörde, Landes-Zentralbehörde, Landesregierung zuständigen Landesregierung werden von dem Ministerium des Innern wahrgenommen.
Höhere Verwaltungsbehörden im Sinne der Gewerbeordnung sind die Kreisämter, soweit nicht in dieser Verordnung Ausnahmen vorgesehen sind.
In den Fällen, in denen das Verfahren nach den Bestimmungen der §§ 20 und 21 der Gewerbeordnung einzutreten hat, bilden die Kreisausschüsse, die Provinzialausschüsse und der Verwaltungsgerichtshof die kollegialen Behörden.
Ist bei einer Angelegenheit, die zur Zuständigkeit des Kreisamtes oder des Kreisausschusses gehört, die Kreisverwaltung als solche beteiligt, so wird ein anderes Kreisamt oder ein anderer Kreisausschuß von dem Ministerium des Innern mit der Entscheidung beauftragt.

[49] ==== § 5. ====

Soweit im einzelnen Falle nichts anderes bestimmt ist, sind unter der Bezeichnung „Ortspolizeibehörde“ die Bürgermeistereien oder die an deren Stelle besonders eingerichteten staatlichen Polizeibehörden oder staatlich bestellten Polizeibeamten unter "Gemeindebehörde" die Gemeinde- und Stadtvertretungen (§ 3 der Landgemeindeordnung, § 2 der Städteordnung) und unter der Bezeichnung "Weiterer Kommunalverband" die Kreise zu verstehen.
In den der bergpolizeilichen Aufsicht unterstellten Betrieben (§ 185 des Berggesetzes) werden die Befugnisse der „Höheren Verwaltuugsbehörde“ von der Oberen Bergbehörde und die Obliegenheiten der „unteren Verwaltungsbehörde“, der "Ortspolizeibehörde" sowie der Gewerbeaufsichtsbeamten (§ 139b G.O.) von der Bergmeisterei wahrgenommen.

Zu Titel II.

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I. Beginn des Gewerbebetriebs.

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(§§ 14, 15, 35 Abs. 7, 147 Abs. 3 G.O.)

Anzeigepflicht (§§ 14, 15 Abs. 1, 35, Abs. 7 G.O.)Die in § 14. Abs. 1 G.O. vorgeschriebene Anzeige ist spätestens mit dem Beginn des Gewerbebetriebs bei der Bürgermeisterei des Orts zu machen, an dem das Gewerbe betrieben werden soll. Der Anzeige bedarf es auch dann, wenn für den Betrieb des Gewerbes oder die gewerbliche Anlage eine besondere Genehmigung erforderlich und bereits erteilt ist. Die Bürgermeisterei bescheinigt binnen 3 Tagen den Empfang der Anzeige und gibt, insoweit ihr nicht gleichzeitig die Obliegenheiten der Ortspolizei zustehen, der an ihrer Stelle besonders eingerichteten staatlichen Polizeiverwaltung von ihrem Inhalt Kenntnis.
Die nach § 14 Abs. 2 und § 35 Abs. 7 G.O. vorgeschriebenen besonderen Anzeigen sind an das für den Wohnort des Gewerbetreibenden zuständige Kreisamt zu richten, das deren Empfang gemäß § 15 Abs. 1 G.O. zu bescheinigen und der Bürgermeisterei des Betriebsorts alsbald von dem Eingang der Anzeige Nachricht zu geben hat.
Die Bürgermeistereien haben die nach Abs. 1 und 2 an sie gelangenden Anzeigen in die Tagebücher über Ab- und Zugang der Gewerbe einzutragen, und zwar auch dann, wenn es sich um Gewerbe handeln sollte, die der Gewerbesteuer nicht unterliegen.
Zu § 15 Abs. 2 G.O.Die Bürgermeisterei oder die an deren Stelle besonders eingerichtete staatliche Polizeiverwaltung hat zu prüfen, ob der Gewerbetreibende den gesetzlichen Anforderungen genügt.
Mangelt ihm für den begonnenen Gewerbebetrieb der vorgeschriebene Befähigungsnachweis §§ 30 Abs. 3, 30a, 31, 34 G.O.) oder die erforderliche Approbation, Konzession, Gestattung, Erlaubnis oder Genehmigung (§§ 29, 30 Abs. 1, 32, 33, 33a, 34, 37, 43 G.O.), so ist seine strafrechtliche Verfolgung herbeizuführen. Daneben kann die Fortsetzung des ohne die erforderliche Genehmigung betriebenen Gewerbes zwangsweise verhindert werden.

[50]

Die in § 15 Abs. 2 G.O. vorgesehenen polizeilichen Zwangsmaßregeln sind auf Antrag oder von Amts wegen in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, von der Bürgermeisterei oder, soweit in solchen Geineinden besondere staatliche Polizeiverwaltungen eingerichtet sind, von diesen, im übrigen von dem Kreisamt anzuordnen. Sie sind dem Betroffenen schriftlich oder zu Protokoll zu eröfnen. Gegen die hiernach angedrohten oder in Vollzug gesetzten polizeilichen Maßnahmen findet binnen der im Einzelfall festzusetzenden Frist die Beschwerde im Dienstaufsichtswege statt.
Zu § 147 Abs. 3 G.O.Mit der Schließung einer gewerblichen Anlage, welche ohne die in §§ 16 24, 25 G.O. vorgeschriebene Genehmigung betrieben wird, soll, sofern nicht ein sofortiges Einschreiten im öffentlichen Interesse geboten erscheint, in der Regel erst vorgegangen werden, wenn der Tatbestand gemäß § 147 Abs. 1 Ziffer 2 daselbst durch richterliches Urteil festgestellt ist. Die Ortspolizeibehörde hat, sofern der Unternehmer der Aufforderung, die Genehmigung einzuholen, nicht nachkommt, davon abzusehen, ihn zur Einholung der Genehmigung anzuhalten, und sogleich das strafgerichtliche Verfahren zu veranlassen. Im übrigen findet § 8 Abs. 3 dieser Verordnung Anwendung.
Zu § 35 G.O.Bei der Anmeldung der im § 35 G.O. aufgeführten Gewerbe hat das Kreisamt die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, nötigenfalls durch Rückfrage bei der Ortspolizeibehörde des Geburtsorts oder der früheren Aufenthaltsorte des Gewerbetreibenden, zu prüfen. Ergeben sich bei dieser Prüfung Tatsachen, die seine Unzuverlässigkeit in Bezug auf seinen Gewerbebetrieb dartun, und bleibt die unter Mitteilung der Gründe erfolgte Aufforderung zur freiwilligen Einstellung des Gewerbebetriebes erfolglos, so ist die Untersagung des Gewerbebetriebs nach Maßgabe des § 63 dieser Verordnung herbeizuführen.

II. Verfahren bei Errichtung oder Veränderung genehmigungspflichtiger Anlagen.

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(§§ 16 ff. G.O.)

Antrag (§§ 16, 17, 25 G.O.)Über Anträge auf Erteilung der Genehmigung zur Errichtung oder Veränderung der unter § 16 G.O. fallenden Anlagen entscheidet
1) wenn Einwendungen gegen die Anlage nicht erhoben oder die erhobenen Einwendungen zurückgezogen worden sind, und die Anlage nach dem Antrag des Unternehmers ohne Bedingungen und Einschränkungen oder nur unter solchen Bedingungen und Einschränkungen, mit denen sich der Unternehmer ausdrücklich einverstanden erklärt hat, genehmigt werden kann, das Kreisamt,
2) wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, die Versagung der Genehmigung in Frage kommt oder das Kreisamt Bedenken trägt, die Genehmigung von sich aus zu erteilen, der Kreisausschuß.
Über Anträge auf Genehmigung von Stauanlagen für Wassertriebwerke entscheidet gemäß Artikel 14 des Bachgesetzes in der Fassung Bekanntmachung vom 30. September 1899 in allen Fällen der Kreisausschuß.
Der Antrag ist bei dem Kreisamt einzureichen, in dessen Bezirk die Anlage errichtet werden soll oder gelegen ist. Sind bauliche Anlagen erforderlich, die nach den Vorschriften der Allgemeinen Bauordnung

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der baupolizeilichen Genehmigung bedürfen, so ist das Baugesuch gleichzeitig bei dem Kreisamt einzureichen, und zwar einerlei, ob diesem im einzelnen Falle zur Erteilung der baupolizeilichen Genehmigung zuständig wäre oder nicht.
Aus dem Antrag auf gewerbepolizeiliche Genehmigung müssen der vollständige Name, der Stand und der Wohnort des Unternehmers ersichtlich sein. Dem Antrag sind Beschreibung, Lageplan und sämtliche Zeichnungen der Anlage in dreifacher, völlig überstimmender Ausfertigung beizufügen
Aus diesen Unterlagen müssen hervorgehen:
1) die Bezeichnung des Grundstücks, auf dem die Betriebsstätte errichtet werden soll, nach Gemarkung, Flur und Nummer im Grundbuche, Straßenname und Hausnummer;
2) die gleichen Angaben hinsichtlich der Grundstücke, die es umgeben und die Namen ihrer Eigentümer;
3) die Entsernung, in der die zum Betriebe bestimmten Gebände oder Einrichtungen von den Grenzen der benachbarten Grundstücke und den darauf befindlichen Gebäuden sowie von den nächsten öffentlichen Wegen zu liegen kommen sollen;
4) Höhe, Bau- und Benützungsart der benachbarten Gebäude, sofern zu der Betriebsstätte Feuerungsanlagen gehören;
5) die Lage, Ausdehnung und Bauart der Betriebsstätte, die Bestimmung der einzelnen Räume und ihre Einrichtung im allgemeinen;
6) der Gegenstand des Betriebs, die Grundzüge des Verfahrens und der anzuwendenden Apparate, die mutmaßliche Ausdehnung des Betriebes, die Arten der sich entwickelnden Gase, Dämpfe oder Dünste und die Vorkehrungen, durch die deren Entweichen verhindert werden soll, die Beschaffenheit der festen und flüssigen Abfallstoffe sowie die Art ihrer Beseitigung, insbesondere wenn diese durch Ableitung in Wasserläufe erfolgen soll, bei chemischen Fabriken ferner insbesondere die genaue Bezeichnung des Fabrikats und des Hergangs seiner Gewinnung.
Bei besonders großen gewerblichen Anlagen kann ferner die Vorlage eines Gesamtübersichtsplanes über das ganze Werk verlangt werden. Handelt es sich um Schießpulver- und Sprengstoff-Fabriken sowie um Anlagen zur Feuerwerkerei und zur Bereitung von Zündstoffen aller Art oder sonstiger besonders feuergefährlicher oder explosiver Stoffe, so sind genaue Angaben über die Bestimmung und Einrichtung der einzelnen Räume sowie über den Herstellungsvorgang erforderlich. Für jeden einzelnen Raum ist das Höchstmaß der darin zu verarbeitenden oder zu lagernden Stoffe anzugeben.
Das etwa erforderliche, gleichzeitig einzureichende Gesuch um Erteilung der baupolizeilichen Genehmigung muß den hierüber bestehenden Vorschriften der Allgemeinen Bauordnung und der Ausführungsverordnung hierzu entsprechen, doch soll in der Regel von der Vorlage besonderer Baupläne dann abgesehen werden, wenn die dem gewerbepolizeilichen Genehmigungsgesuch beigefügten 3 Bauplanausfertigungen genügen (siehe hierzu auch § 25 unten).
Zeichnungen.Für sämtliche nach den §§ 12 und 13 dieser Verordnung vorzulegenden, die Situation und die baulichen Herrichtungen betreffenden Pläne sind die für Baugesuche vorgeschriebenen Maße anzuwenden; für alle sonstigen Zeichnungen (Detailzeichnungen der Apparate, Transmissionen usw.)

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ist ein Maßstab zu wählen, der eine deutliche Übersicht gewährt. Der Maßstab ist auf den Zeichnungen einzutragen.
Beschreibungen, Zeichnungen und Nivellements sind mit Datumsangabe von dem verantwortlichen Verfertiger unter Angabe des Standes und von dem Unternehmer zu unterzeichnen.
Betriebsgeheimnisse.Mitteilungen über Betriebseinrichtungen oder Betriebsweisen, deren Geheimhaltung der Antragsteller für erforderlich hält, sind getrennt von den zur öffentlichen Auslegung bestimmten Unterlagen in besonderen Schriftstücken und Zeichnungen vorzulegen, die mit dem Vermerk „Betriebsgeheimnis“ zu versehen sind. Es bleibt jedoch dem Kreisamt unbenommen, die Übernahme solcher Mitteilungen, die nach dem Gutachten der Gewerbeinspektion zur Erfüllung des Zweckes des § 17 Abs. 2 G.O. für erforderlich gehalten wird, in die zur Offenlegung bestimmten Unterlagen zu verlangen. Gegen die dahingehende Anordnung des Kreisamts findet die Beschwerde an das Ministerium des Innern statt.
Die Behörden, Beamten und Sachverständigen, die bei der Prüfung der Vorlagen oder im weiteren Verlaufe des Genehmigungsverfahrens von Betriebsgeheimnissen des Antragstellers Kenntnis erhalten, müssen darüber strengste Verschwiegenheit beobachten.
Wenn nicht im Einzelfalle besondere Umstände ein anderes Vorgehen wünschenswert erscheinen lassen, so ist zur Vorbereitung der Entschließung über das Gesuch in folgender Weise zu verfahren:

Prüfung der Vorlagen.

1) Nach Eingang der Vorlagen hat das Kreisamt sie, nötigenfalls unter Anziehung Sachverständiger, insbesondere der Gewerbeinspektion, daraufhin zu prüfen, ob gegen ihre Vollständigkeit und Vorschriftsmäßigkeit nichts zu erinnern ist und ob bei gleichzeitiger Einreichung von gewerbepolizeilichem Genehmigungs- und Baugesuch (§§ 11, 13) die beigefügten Baupläne miteinander übereinstimmen. Ergeben sich Mängel, so ist der Antragsteller auf kürzestem Wege zu deren Beseitigung zu veranlassen.
Zur Beschleunigung des Verfahrens empfiehlt es sich, wenn der Unternehmer sich schon vor der Einreichung des Gesuchs mit den Sachverständigen, namentlich den Gewerbeaufsichtsbeamten ins Benehmen setzt.
Bekanntmachung.
2) Hierauf ist die im § 17 G.O. vorgeschriebene Bekanntmachung zu erlassen, falls nicht der im § 25 daselbst bezeichnete Ausnahmefall vorliegt. Die Bekanntmachung muß enthalten:
a. Namen, Stand und Wohnort des Unternehmers, den Gegenstand des Unternehmens, die Bezeichnung des Grundstücks, auf dem die Anlage ausgeführt werden soll, nach Gemarkung, Flur und Nummer im Grundbuch, Straßennamen und Hausnummer sowie gegebenenfalls die Bezeichnung der Wasserläufe, in die die Abwässer abgeleitet werden sollen;
b. die Aufforderung, etwaige Einwendungen mit Begründung binnen 14 Tagen bei der Behörde schriftlich oder zu Protokoll vorzubringen;
c. die Verwarnung, daß nach Ablauf der Frist Einwendungen nicht mehr angebracht werden können;
d. die Angabe, wo und zu welcher Zeit die Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne zur Einsicht ausliegen.
Die Bekanntmachung ist auf Kosten des Unternehmers einmal in dem für die amtlichen Bekanntmachungen des Kreisamts bestimmten Blatt zu veröffentlichen. Ein Belegblatt der Bekanntmachung ist zu den Akten zu nehmen.

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Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne, die als „Betriebsgeheimnis“ (§ 15) bezeichnet sind, dürfen nicht zur Einsicht ausgelegt werden.
3) Gleichzeitig mit der Bekanntmachung ist
a. die eine Ausfertigung der Vorlagen der Ortspolizeibehörde, in deren Bezirk die Anlage errichtet oder verändert werden soll, zur Einsichtnahme und mit dem Auftrage zu übersenden, über etwaige gegen die Anlage bestehende Bedenken innerhalb der Offenlegungsfrist zu berichten und
b. die zweite Ausfertigung der Vorlagen der Gewerbeinspektion zur technischen Begutachtung zu übermitteln. Diese hat die Vorlagen zu prüfen und sie mit ihrer gutächtlichen Äußerung erforderlichenfalls bei den außerdem zur Begutachtung berufenen Behörden (Ziffer 4, 5) nach der Anordnung des Kreisamts in Umlauf zu setzen. Etwa einlaufende Einwendungen sind den Vorlagen alsbald nachzugeben.
Technische Begutachtung.
4) Handelt es sich um einen Antrag auf Genehmigung von Gasbereitungs- und Gasbewahrungsanstalten, Glas- und Rußhütten, Anlagen zur Gewinnung roher Metalle, Röstöfen, Metallgießereien, sofern sie nicht bloße Tiegelgießereien sind, chemische Fabriken aller Art, Schnellbleichen, Firnissiedereien, Stärkefabriken, mit Ausnahme der Fabriken zur Bereitung von Kartoffelstärke, Stärkesirupfabriken, Leim-, Tran- und Seifensiedereien, Knochenbrennereien, Knochendarren, Knochenkochereien und Knochenbleichen, Talgschmelzen, Schlächtereien, Gerbereien, Abdeckereien, Poudrette- und Düngepulverfabriken, Strohpapierstoffabriken, Darmzubereitungsanstalten, Kalifabriken, Kunstwollefabriken, Anlagen zur Herstellung von Zelluloid, Dégrasfabriken, Anlagen zur Destillation oder zur Verarbeitung von Teer und von Teerwasser, Anlagen, in denen aus Holz oder ähnlichem Fasermaterial auf chemischem Wege Papierstoff hergestellt wird (Zellulosefabriken), oder Anstalten zum Trocknen und Einsalzen ungegerbter Tierfelle, so ist dem Kreisgesundheitsamt und, wenn Darmsaitenfabriken, Darmzubereitungsanstalten, Leimsiedereien, Schlächtereien, Gerbereien, Abdeckereien oder Anstalten zum Trocknen und Einsalzen ungegerbter Tierfelle in Frage kommen, auch dem Kreisveterinäramt Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.
Bei Anlagen, die in örtlichem oder betrieblichem Zusammenhang mit einem der polizeilichen Aufsicht der Bergbehörde unterliegenden Unternehmen stehen, ist der Bergmeisterei Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Finden auf den Antrag zugleich die Artikel 1, 37, 38 oder § 54 Abs. 2 des Dammbaugesetzes vom 14. Juni 1887 (Reg.-Bl. S. 105) und die zugehörigen Vorschriften der Ausführungsverordnung hierzu vom 23. Juni 1891 (Reg.-Bl. S. 147) Anwendung, so ist außerdem auch das Wasserbauamt um Meinungsäußerung anzugehen.
Weiter steht es dem Kreisamt frei, nach pflichtmäßigem Ermessen noch andere Sachverständige zu Rate zu ziehen oder Gutachten anderer Behörden einzufordern, insbesondere wenn eine Schädigung der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei zu befürchten steht.
5) Ein mit dem Antrag auf gewerbepolizeiliche Genehmigung zusammenhängendes Baugesuch ist ferner mitzuteilen:
a. in solchen Bezirken, in denen dem Bürgermeister das baupolizeiliche Genehmigungsrecht allgemein übertragen ist, der Bürgermeisterei,
b. in allen übrigen Fällen dem Kreisbauinspektor.

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Die genannten Dienststellen haben die Vorlagen unter Berücksichtigung der gesetzlichen, verordnungsmäßigen und etwaigen statutarischen Vorschriften zu prüfen und sich darüber zu äußern, ob und bejahendenfalls unter welchen Bedingungen die baupolizeitiche Genehmigung erteilt werden kann.
6) Nach Eingang der Gutachten sind die Verhandlungen dem Antragsteller unmittelbar oder durch Vermittlung der Ortspolizeibehörde zur Erklärung über etwaige Einwendungen sowie darüber mitzuteilen, ob er sich den auf Grund des § 18 G.O. von den Sachverständigen vorgeschlagenen und von dem Kreisamt sonst noch etwa für erforderlich erachteten Bedingungen unterwirft.
Die Behörden und Beamten haben die Abgabe ihrer Gutachten zu beschleunigen. Es ist ihnen überlassen wegen etwa notwendiger Ergänzung der Vorlagen unmittelbar mit dem Antragsteller in Verbindung zu treten.
Zu § 25 G.O.Wird bei Veränderung bestehender Anlagen (§ 25 G. O.) der Antrag gestellt, von der öffentlichen Bekanntmachung Abstand zu nehmen, so sind zunächst die technischen Gutachten einzuholen, die sich auch über diesen Antrag auszusprechen haben. Der Antrag wird der Regel nach dann zu befürworten sein, wenn es sich um eine offenbare Verbesserung handelt oder die Unschädlichkeit der beabsichtigten Veränderung klar zutage liegt. Seine Befürwortung kann auch dann schon zulässig sein, wenn neue oder größere Nachteile, Gefahren und Belästigungen, als mit der vorhandenen Anlage verbunden sind, durch die beabsichtigte Veränderung nicht herbeigeführt werden können. Die Entscheidung über den Antrag steht dem Kreisamt zu.

Beschlußfassung und Verfahren vor dem Kreisausschuß.Ist nach dem Ergebnis der vorbereitenden Verhandlungen das Kreisamt zur Entscheidung über das Gesuch zuständig (§ 11, Abs. 1, Ziff. 1), so bedarf es eines besonderen Bescheids nicht. Das Kreisamt fertigt vielmehr alsbald die Genehmigungsurkunde (§ 23, 24) aus.
Hat der Kreisausschuß über das Gesuch zu entscheiden (§ 11, Abs. 1, Ziff. 2 und Abs. 2), so geschieht dies:
1) wenn innerhalb der Einspruchsfrist Einwendungen gegen die Anlage nicht erhoben oder nachträglich zurückgezogen worden sind, im Beschlußverfahren. Wird hierbei die Genehmigung nach dem Antrage des Unternehmers bedingungslos oder nur unter Bedingungen oder Einschränkungen, die der Antragsteller bereits nachgegeben hat, erteilt, so bedarf es eines besonderen Bescheides nicht. Das Kreisamt fertigt vielmehr unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Kreisausschusses alsbald die Genehmigungsurkunde aus. Wird dagegen die Genehmigung versagt oder soll sie nur unter Bedingungen oder Einschränkungen erteilt werden, die der Unternehmer nicht nachgegeben hat, so ist dem Antragsteller eine mit Gründen und Rechtsmittelbelehrung versehene Entscheidung des Kreisausschusses zuzustellen. Für die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften des Artikels 58 der Kreis- und Provinzialordnung maßgebend;
[55]
2) wenn Einwendungen erhoben worden sind, im Verwaltungsstreitverfahren. Zu der Verhandlung sind der Unternehmer sowie diejenigen, welche die Einwendungen erhoben haben, nach Maßgabe der Artikel 47 bis 50 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes als Beteiligte zu laden, unbeschadet der dem Verwaltungsgericht nach Artikel 55 daselbst zustehenden Befugnis.
Sicherheitsleistung (§ 19a G.O.).Hat der Unternehmer in den Fällen des § 19 Abs. 2 dieser Verordnung auf Grund des § 19a G.O. Antrag auf Gestattung der unverzüglichen Ausführung der baulichen Anlagen gestellt, so hat der Kreisausschuß in seiner Entscheidung auch über diesen Antrag zu erkennen. Wird dem Antrage stattgegeben, so erteilt das Kreisamt entgegen der Vorschrift in Artikel 68 der Allgemeinen Bauordnung vorläufige Baugenehmigung. In diese sind die etwa vorgeschlagenen Bedingungen aufzunehmen, auch ist besonders hervorzuheben, daß die Bauausführung auf Gefahr des Unternehmers und unbeschadet des Rekursversahrens und der endgültigen baupolizeilichen Entscheidung erfolgt.
Die Ausfertigung der vorläufigen Baugenehmigung und ihre Zustellung nebst den Bauplänen an den Unternehmer und die Ortspolizeibehörde hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Kreisausschusses alsbald – in Fällen einer ausbedungenen Sicherheitsleistung 'alsbald nach erfolgter Hinterlegung – zu geschehen.
Dem Antrag auf unverzügliche Ausführung der baulichen Anlagen ist in der Regel zu entsprechen, wenn der Unternehmer genügende Sicherheit leistet. Wird die Gestattung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht, so ist die Höhe der Sicherheit und die Art der Hinterlegung in der Entscheidung des Kreisausschusses anzugeben. Sie hat entweder in barem Geld oder in mündelsicheren Papieren (§ 1807 BGB.) zu erfolgen und ist von dem Kreisamt in Verwahr zu nehmen. Sie haftet für eine den endgültig festgestellten Bestimmungen des Baues entsprechende Herstellung der Baulichkeiten sowie für sämtliche durch ein etwa notwendig werdendes Zwangsverfahren (§ 147 Abs. 3 G.O.) entstehenden Kosten.
Zu §§ 20, 21 G.O.Für das Verfahren und die Rechtsmittel gelten, insoweit in § 19 Abs. 2 Ziff. 1 oben nichts anderes bestimmt ist, die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsrechtspflegegesetzes.
Genehmigungsurkunde.Die Ausfertigung der gewerbepolizeilichen Genehmigungsurkunde erfolgt durch das Kreisamt im Falle des § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 1 Satz 2 dieser Verordnung zu dem daselbst genannten Zeitpunkte, im übrigen nach Rechtskraft der ergangenen Entscheidungen.
In der gewerbepolizeilichen Genehmigungsurkunde sind alle Bedingungen, unter denen die Anlage genehmigt worden ist, aufzuführen und die von dem Unternehmer eingereichten, dem Verfahren zu Grunde gelegten Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne ausführlich zu bezeichnen. Letztere sind auch, soweit angängig, durch Schnur und Siegel mit der Urkunde zu verbinden. Auf Karten und Zeichnungen, bei denen dies nicht möglich ist, ist die Zugehörigkeit zu vermerken. Dabei

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ist darauf zu achten, daß die verschiedenen Ausfertigungen der Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne miteinander übereinstimmen, und daß die auf einzelnen vorgenommenen Berichtigungen und Ergänzungen auf die übrigen übertragen werden.
Eine Ausfertigung der Genehinigungsurkunde ist dem Unternehmer, eine zweite der zuständigen Ortspolizeibehörde zu übersenden. Die dritte Ausfertigung verbleibt zum Dienstgebrauch des Kreisamts. Der Gewerbeinspektion sowie den übrigen zur Begutachtung des gewerbepolizeilichen Genehmigungsgesuchs herangezogenen Behörden sind die Genehmigungsbedingungen im Wortlaut der Urkunde mitzuteilen.
Die Inbetriebsetzung einer jeden genehmigten Anlage hat die Ortspolizeibehörde alsbald dem Kreisamt anzuzeigen, das seinerseits der Gewerbeinspektion von dem Eingange der Anzeige Nachricht gibt.
Baubescheid.Über ein mit dem Antrag auf gewerbepolizeiliche Genehmigung zusammenhängendes Baugesuch ist tunlichst gleichzeitig mit der Zufertigung der gewerbepolizeilichen Genehmigungsurkunde unter Berücksichtigung des nach § 16 Ziff. 5 erstatteten Gutachtens und etwaiger im gewerbepolizeilichen Verfahren in baulicher Hinsicht rechtskräftig festgestellten Bedingungen von dem Kreisamt zu befinden.
Ist gemäß § 19a G.O. die Ausführung der baulichen Anlagen vorläufig gestattet worden (§20), so sind die die vorläufige Bauerlaubnis enthaltenden Ausfertigungen nebst den Bauplänen einzufordern und statt dessen endgültiger Baubescheid gemäß Abs. 1 zu erteilen oder die Erlaubnis zurückzuziehen.
Gegen die in Zusammenhang mit dem gewerbepolizeilichen Genehmigungsverfahren erlassenen baupolizeilichen Entscheidungen findet die Beschwerde nach Maßgabe des Artikels 71 der Allgemeinen Bauordnung nur insoweit statt, als es sich hierbei nicht um solche Bescheide, Bedingungen oder Vorschriften handelt, die in dem Ergebnis eines endgültig abgeschlossenen gewerbepolizeilichen Genehmigungsverfahrens begründet und deshalb für die baupolizeiliche Entscheidung maßgebend sind.
Rückgabe der Sicherheit (§ 19a G.O.).War gemäß § 19a G.O. eine Sicherheit gestellt worden, so ist, wenn die Ausführung der baulichen Anlagen endgültig genehmigt ist, gleichzeitig mit der Zufertigung der Genehmigungsurkunde die Auszahlung der hinterlegten Sicherheit an den Unternehmer von dem Kreisamt zu verfügen. Wird der Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Errichtung oder Veränderung der gewerblichen Anlage im Laufe des Verfahrens rechtskräftig abgelehnt oder unter der Bedingung der Abänderung der baulichen Anlagen genehmigt, so hat der Kreisausschuß im Beschlußverfahren die Bedingungen, unter denen die Auszahlung der Sicherheit zu erfolgen hat, endgültig festzusetzen. Waren von den Widersprechenden Bedenken gegen die Gestattung der unverzüglichen Ausführung der baulichen Anlagen geltend gemacht worden, so sind die Widersprechenden geeigneten Falls vor der Entscheidung zu hören.
Sobald von dem Unternehmer die Erfüllung der Bedingungen nachgewiesen ist, hat das Kreisamt die Auszahlung der hinterlegten Sicherheit an ihn zu veranlassen.

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Privatschlachtereien (§ 23 Abs. 2. G.O.)Die fernere Benutzung bestehender und die Anlage neuer Privatschlachtereien ist in Orten, für die öffentliche Schlachthäuser in genügendem Umfange vorhanden sind oder errichtet werden, untersagt. Darüber, ob die Voraussetzungen zu diesem Verbot gegeben sind, befindet das Ministerium des Innern.
Dampfkessel (§ 24, 25 G.O.).Über Anträge auf Genehmigung zur Errichtung oder Veränderung von Dampfkesseln entscheidet:
1) wenn Einwendungen gegen die Anlage nicht erhoben oder die erhobenen Einwendungen zurückgezogen worden sind und die Anlage nach dem Antrag des Unternehmers ohne Bedingungen und Einschränkungen oder nur unter solchen Bedingungen und Einschränkungen, mit denen sich der Unternehmer ausdrücklich einverstanden erklärt hat, genehmigt werden kann, das Kreisamt,
2) wenn diese Voraussetzungen nicht zutreffen oder die Versagung der Genehmigung in Frage kommt, der Kreisausschuß.
Wer einen Dampfkessel anlegen und in Betrieb setzen oder eine wesentliche Veränderung im Sinne des § 25 G.O. an einem in Betrieb befindlichen Dampfkessel vornehmen will, hat den Antrag auf Genehmigung
1) bei feststehenden Dampfkesseln bei dem Kreisamt, in dessen Bezirk die Dampfkesselanlage errichtet werden soll oder die zu verändernde Anlage gelegen ist,
2) bei beweglichen und bei Schiffsdampfkesseln bei dem in den §§ 6 und 10 der Verordnung, die Dampfkessel betreffend, vom 8. November 1909 (Reg.-Bl. S. 297) bezeichneten Kreisamt einzubringen.
Dem Antrag auf gewerbepolizeiliche Genehmigung von Dampfkesseln sind folgende Zeichnungen und Beschreibungen in dreifacher Ausfertigung beizufügen:
1) eine maßstäbliche Zeichnung des Kessels und seiner Feuerung, aus welcher die für die Berechnung der Wandstärken, der Heizfläche und der Rostgröße erforderlichen Maße, die etwa vorhandenen Verankerungen und Versteifungen sowie die Höhe des niedrigsten zulässigen Wasserstandes über den Feuerzügen zu ersehen sind; bei Schiffsdampfkesseln ist außer der Kesselzeichnung eine Zeichnung über die Aufstellung des Kessels im Schiffe vorzulegen, die sich auf den Schiffsteil zu erstrecken hat, der zum Einbau des Kessels dient;
2) eine Beschreibung, aus welcher hervorgehen muß: der vollständige Name, Stand und Wohnort des Unternehmers, die Abmessungen des Kessels, die Wandstärken, die Art, Güte und Verarbeitung des Baustoffs, die Abmessungen der Speisevorrichtungen der Speise- und Sicherheitsventile, die Art der Ansrüstung und Aufstellung des Kessels, wobei die in Betracht kommenden §§ 2 bis 16 der allgemeinen polizeilichen Bestimmungen über die Anlegung von Land- und Schiffsdampfkesseln vom 17. Dezember 1908 der Reihe nach mit Inhaltsangabe versehen, aufzuführen sind, ferner bei bereits gebrauchten Kesseln die Angabe, wann der Kessel zuletzt im Gebrauch gewesen ist.
Bei Anlegung eines feststehenden Dampfkessels sind weiterhin einzureichen:
3) eine kurze Beschreibung des Zweckes, zu dem der Dampfkessel benutzt werden soll;
4) ein Lageplan, aus dem der Ort der Aufstellung und dessen Umgebung, die Himmelsgegenden, die benachbarten Gebäude, die Art ihrer Benutzung, Höhe und Bauart sowie

[58]

der Name des Eigentümers angegeben sind; dieser Plan ist in einem Maßstab l : 500 der natürlichen Größe darzustellen; für Neubauten ist der Lageplan von einem Geometer zu fertigen;
5) eine Bauzeichnung mit Grundriß und den erforderlichen Längen und Querdurchschnitten, um daraus den Aufstellungsort des Kessels und den Stand, Höhe und die Bauart des Schornsteins deutlich entnehmen zu können. Für neu zu errichtende, freistehende Schornsteine und größere Dachkonstruktionen sind die statischen Berechnungen beizufügen.
Die Zeichnungen sind in einem zum Verständnis genügenden Maßstab, der auf ihnen anzugeben ist, herzustellen. In den Bau- und Kesselzeichnungen sind die wesentlichen Abmessungen des Gebäudes, seiner einzelnen Räume, die Hauptmaße des Kessels und der Blechstärken mit deutlichem Zahlen einzuschreiben.
Bei Bauveränderungen ist der bestehende und zukünftige Zustand deutlich und durch verschiedene Farben deutlich zu machen. Neue Bauten sind mit roter, bestehende Bauten aber, soweit sie eine Abänderung nicht erfahren mit schwarzer und, soweit sie beseitigt werden sollen, mit gelber Farbe zu bezeichnen.
Die Pläne müssen entweder auf gutem haltbaren Zeichenpapier oder auf Pausleinwand ausgeführt sein; Pauspapier darf in keinem Falle benutzt werden. Auch ist darauf zu achten daß die Pläne das Aktenformat von 33 cm Höhe und 21 cm Breite haben oder dieses doch nur nach einer Richtung hin überschreiten. Sollte ein Blatt zur Darstellung eines Kessels nicht ausreichen so können zwei oder mehrere Blätter hierzu verwendet werden.
Die Beschreibung, die in dem Angaben mit der Zeichnung übereinstimmen muß, ist ebenfalls in Aktenformat - 33 cm Höhe und 21 cm Brerte - einzureichen
Die Lagepläne und Bauzeichnungen sind von dem Bauherrn und dem Verfertiger, die Kesselzeichnungen und Beschreibungen bei neuen Kesseln vom Bauherrn und vom Verfertiger des Kessels, bei erneut zu genehmigenden alten Kesseln mindestens vom Bauherrn unter Angabe des Datums zu unterzeichnen. Die Unterzeichner sind für die Richtigkeit der Zeichnungen und der eingetragenen Maßverhältnisse verantwortlich.
Hinsichtlich des etwa erforderlichen gleichzeitig einzureichenden Gesuchs um Erteilung der baupolizeilichen Genehmigung wird auf § 13 dieser Verordnung verwiesen.


Nach Eingang des Antrags auf gewerbepolizeiliche Genehmigung eines Dampfkessels hat das Kreisamt die Vorlagen sofort auf ihre Vollständigkeit und Vorschriftsmäßigkeit zu prüfen und zu diesem Zweck das Gesuch nebst Beilagen der Dampfkesselinspektion mitzuteilen.
Ergeben sich bei der Prüfung Mängel, so ist der Unternehmer auf kürzestem Wege zu deren Beseitigung zu veranlassen. Ist gegen die Ordnungsmäßigkeit der Vorlagen nichts zu erinnern, so hat die Dampfkesselinspektion das Gesuch auf seine gewerbepolizeiliche Zulässigkeit nach Maßgabe der §§ 4, 6 oder 10 der Verordnung, die Dampfkessel betreffend, vom 8. November 1909 (Reg.-Bl. S. 297) zu prüfen und das Ergebnis der Prüfung in einem Gutachten zusammenzufassen, das im Falle der Befürwortung des Antrags den Entwurf der Genehmigungsbedingungen zu enthalten hat.

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Bei feststehenden Dampfkesseln ist das Gesuch außerdem nach näherer Anordnung des Kreisamts bei der für die baupolizeiliche Prüfung zuständigen Stelle (§ 16 Ziff. 5), bei der Gewerbeinspektion und erforderlichenfalls bei dem Kreisgesundheitsamt zur Begutachtung in Umlauf zu setzen. Die Sachverständigen haben sich in diesem Falle auch darüber auszusprechen, ob nach ihrer Ansicht von einer öffentlichen Bekanntmachung des Unternehmens abgesehen werden kann
Nach Rückkunft der Akten ist der Ortspolizeibehörde, in deren Bezirk die Dampfkesselanlage errichtet werden soll, von den erwachsenen Verhandlungen Kenntnis zu geben mit der Aufforderung, binnen kurzer Frist etwaige Bedenken gegen die Anlage vorzubringen und den Antragsteller darüber zu vernehmen ob er sich den von den Sachverständigen vorgeschlagenen Bedingungen unterwirft. Wird nach dem Ermessen des Kreisamts die öffentliche Bekanntmachung des Unternehmens im einzelnen Falle für notwendig oder zweckdienlich erachtet, so ist die Bekanntmachung nach Maßgabe des § 16 Ziff. 2 dieser Verordnung gleichzeitig zu veranlassen und die eine Ausfertigung der Pläne und Beschreibungen zum Zwecke der Offenlage zurückzubehalten.
Soweit nach dem Ergebnis der nach den bestehenden bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften sowie nach den allgemeinen polizeilichen Bestimmungen des Bundesrats über die Anlegung von Land- und Schiffsdampfkesseln erfolgenden Prüfung das Kreisamt zuständig ist (§ 29 Ziff. 1). fertigt es alsbald ohne besonderen Bescheid die Genehmigung aus.
Ist der Kreisausschuß zur Entscheidung zuständig (§ 29 Ziff. 2), so ist nach den §§ 19 Abs. 2, 22 bis 24 dieser Verordnung zu verfahren. In die mit einem dauerhaften Umschlage zu versehende Genehmigungsurkunde ist jedoch auch der Inhalt des auf dem Dampfkessel befindlichen Fabrikschildes aufzunehmen und bei beweglichen Dampfkesseln die zweite Ausfertigung der Genehmigungsurkunde der Dampfkesselinspektion an Stelle der Ortspolizeibehörde zu übersenden. Die im § 24 Abs. 3 oben vorgeschriebene Benachrichtigung ist an die Dampfkesselinspektion und an die Gewerbeinspektion zu richten.
Geräuschvolle Anlagen (§ 27 G.O.).Wer eine Anlage errichten oder verlegen will, deren Betrieb mit ungewöhnlichem Geräusch verbunden ist, oder wer in einer bestehenden Anlage einen mit solchem Geräusch verbundenen Betrieb eröffnen will, muß gemäß § 27 G.O. sein Vorhaben der Ortspolizeibehörde der Gemeinde anzeigen, in deren Gemarkung die Anlage zu liegen kommen soll. Derartigen Anlagen sind insbesondere auch die Vorrichtungen beizurechnen durch die größere Mengen von Holz, Steinen, Metallen oder anderen Arten Stoffen zersägt, zerschnitten, zerschlagen, zerstampft oder gehämmert werden sollen.
Sind in der Nähe der gewählten Betriebsstätten Kirchen, Schulen oder andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser oder Heilanstalten vorhanden, so hat die Ortspolizeibehörde die Anzeige ungesäumt dem Kreisamt vorzulegen und sich hierbei darüber berichtlich zu äußern, ob Grund zu der Annahme vorliegt, daß die bestimungsgemäße Benützung dieser Gebäude oder Anstalten durch den Gewerbebetrieb auf dieser Stelle eine erhebliche Störung erleiden würde.
Ist eine solche Störung zu befürchten so hat das Kreisamt nach Anhören des Unternehmers und der Besitzer der beteiligten Anstalten sowie etwaiger Sachverständigen die tatsächlichen Verhältnisse

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zu prüfen und, sofern nicht von vornherein die befürchteten Störungen ausgeschlossen erscheinen oder der Unternehmer auf die Errichtung der Anlage verzichtet, die Entscheidung des Kreisausschusses darüber herbeizuführen, ob die Ausübung des Gewerbes an der gewählten Betriebsstätte gemäß § 27 G.O. zu untersagen oder nur unter Bedingungen zu gestatten sei.
Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Kreisausschuß und der Rechtsmittel finden die Vorschriften in den §§ 19 Abs. 2 und 22 dieser Verordnung Anwendung.

III. Konzessionen, Approbationen, Erlaubnis, Befähigungszeugnis.

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Privatkranken- usw. Anstalten (§ 30 Abs. 1 G.O.).Anträge auf Erteilung der Konzession zu Privat-Kranken-, Entbindungs- und Irren-Anstalten sind bei dem Kreisamt, in dessen Dienstbezirk die Anstalt errichtet werden soll, schriftlich einzureichen. Der Antrag hat in dreifacher Ausfertigung zu enthalten:
1) Angaben über Namen, Geburts- und Wohnort, Stand, Alter, Vorbildung und seitherige Tätigkeit des Unternehmers, und, wenn für die wirtschaftliche oder technische Leitung der Anstalt Stellvertreter ernannt werden sollen, die gleichen Angaben auch für diese;
2) Angaben über die Zweckbestimmung der Anstalt und den in Aussicht genommenen Umfang, sodann eine Beschreibung der baulichen und sonstigen technischen Einrichtungen unter Berücksichtigung der gesundheitspolizeilichen Anforderungen;
3) als Beilagen: Pläne und Zeichnungen, aus denen Lage, Größe und Einrichtung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Baulichkeiten und ihres Zubehörs sowie deren nähere Umgebung, die Zahl, Größe und Bestimmung der den Anstaltszwecken dienenden Zimmer und sonstigen Räume zu entnehmen ist, wobei die Vorschriften des § 14 dieser Verordnung zu beachten sind.
Nach Eingang des Antrags hat das Kreisamt zunächst ein Gutachten des Kreisgesundheitsamts darüber einzuholen ob die Persönlichkeit des Unternehmers und des etwa bestellten Stellvertreters die Gewähr für Zuverlässigkeit in bezug auf die Leitung und Verwaltung der Anstalt bietet, ob die baulichen und sonstigen technischen Einrichtungen der Anstalt den gesundheitspolizeilichen Anforderungen entsprechen und ob nicht zu befürchten ist, daß durch den Betrieb der Anstalt für etwaige Mitbewohner des Gebäudes oder – sofern die Anstalt zur Aufnahme von Personen mit ansteckenden Krankheiten oder von Geisteskranken bestimmt ist – durch ihre örtliche Lage für die Besitzer oder Bewohner benachbarter Grundstücke erhebliche Nachteile oder Gefahren hervorgerufen werden können.
In wichtigen Fällen ist außerdem ein Gutachten des Ministeriums des Innern, Abteilung für öffentliche Gesundheitspflege, einzuholen
Nach Eingang des Gutachtens ist die Ortspolizei- und Gemeindebehörde (Gemeinde- oder Stadtvertretung) durch Vermittlung der Bürgermeisterei über das Gesuch zu hören. Auch bleibt es dem Kreisamt unbenommen, das Unternehmen entsprechend den unter § 10 Ziff. 2 oben gegebenen Vorschriften bekannt zu machen.
Nach Abschluß der vorbereitenden Verhandlungen finden für die Zuständigkeit der Behörden und das weitere Verfahren die Vorschriften der §§ 11 Abs. 1, 19 Abs. 1, 2, 22, 23 und 24 Abs. 1, 2

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dieser Verordnung mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, daß eine Ausfertigung der Konzessionsurkunde dem Unternehmer, die zweite anstatt der Ortspolizeibehörde dem Kreisgesundheitsamt zu übersenden ist, während dieser nur die Genehmigungsbedingungen in Abschrift mitzuteilen sind.
Sollen bei Errichtung der Anstalt Bauherstellungen vorgenommen werden, die nach den Vorschriften der Allgemeinen Bauordnung der Genehmigung bedürfen, so ist ein besonderes baupolizeiliches Verfahren durchzuführen. Es ist aber in der Regel die baupolizeiliche Genehmigung nicht eher zu erteilen, als bis über die nachgesuchte Erteilung der Konzession gemäß § 30 Abs. 1 G.O. entschieden ist.
Soll für die wirtschaftliche oder technische Leitung einer genehmigten Anstalt ein anderer Leiter oder Stellvertreter ernannt werden, so ist dies unter Vorlage der im § 38 Ziff. 1 bezeichneten Angaben dem Kreisamt vorher anzuzeigen. Dieses prüft nach Anhören des Kreisgesundheitsamts gemäß § 15 G.O., ob der Stellvertreter die für die Leitung der Anstalt oder der ihm übertragenen Geschäftszweige erforderliche Befähigung besitzt. Von der ergehenden Entschließung ist dem Kreisgesundheitsamt Kenntnis zu geben.
Beim Übergang der Anstalt an einen anderen Unternehmer ist eine neue Konzession nachzusuchen.
Hebammen (§ 30 Abs. 2 G.O.).Zur Ausübung des Hebammenberufs im Großherzogtum sind nur solche Personen befugt, die sich im Besitze eines Prüfungszeugnisses der staatlichen Hebammenlehranstalten in Mainz oder Gießen befinden. Im übrigen behält es bei den Bestimmungen der §§ 39 bis 50 der Medizinalordnung für das Großherzogtum Hessen vom 25. Juni 1861 (Reg.-Bl. S. 281) und der Dienstanweisung für die Hebammen des Großherzogtums sein Bewenden.
Für die Untersagung des Gewerbebetriebs wegen mangelnden Prüfungszeugnisses ist § 8, für die Zurücknahme des Prüfungszeugnisses § 77, 78 dieser Verordnung maßgebend.
Hufbeschlaggewerbe (§ 30a G.O.).Hinsichtlich des Betriebs des Hufbeschlaggewerbes behält es bei den Vorschriften des Gesetzes vom 13. Juni 1885 (Reg.-Bl. S 121) und der hierzu erlassenen Ausführungsverordnung vom 20. März 1905 (Reg.-Bl. S. 127) sein Bewenden.
Für die Untersagung des Gewerbebetriebs und die Zurücknahme des Prüfungszeugnisses gilt § 44 Abs. 2 entsprechend.
Schauspielunternehmer (§ 32 G.O.).Wer das Gewerbe als Schauspielunternehmer betreiben will, hat bei dem Kreisamt, in dessen Dienstbezirk er seinen Wohn- oder Aufenthaltsort hat oder sein Gewerbe zu treiben beabsichtigt, dem Antrag auf Erteilung der Erlaubnis für das bestimmt zu bezeichnende Unternehmen schriftlich einzureichen. Der Antrag soll Angaben enthalten:
1) über Namen, Geburts- und Wohnort, Stand, Alter und seitherige Tätigkeit des Gesuchstellers;
2) über die Vorbildung, die er in künstlerischer Hinsicht für die Leitung eines Schauspielunternehmen erworben hat, wenn tunlich unter Vorlage von Zeugnissen sachverständiger Personen;
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3) über Art, Einrichtung und Umfang des beabsichtigten Unternehmens.
Insbesondere sind anzugeben:
bei stehenden Theatern die Ortslage und die Räumlichkeiten unter Anschluß von Lage- und Bauplänen;
bei Wandertruppen die ungefähre Zahl der Mitglieder und die Bezirke oder Orte, die besucht werden sollen,
in beiden Fällen sodann die Kunstgattungen, denen das Unternehmen gewidmet ist;
4) über die dem Gesuchsteller für die Leitung des beabsichtigten Unternehmens zu Gebot stehenden Geldmittel.
Das Kreisamt prüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für Erteilung der Erlaubnis in sittlicher, künstlerischer und finanzieller Hinsicht vorhanden sind. Zum Ausweis über den Besitz der erforderelichen Mittel wird in der Regel die Hinterlegung einer entsprechenden Sicherheit für die Gagezahlungen genügen. Die Vorzeigung einer bestimmten Geldsumme kann im allgemeinen als ausreichender Nachweis nicht gelten. Insbesondere ist zu beachten, ob der Unternehmer bereits früher, zumal bei einem Theaterunternehmen, seinen finanziellem Verpflichtungen in genügender Weise nachgekommen ist. Soweit die Unzuverlässigkeit des Unternehmers in artistischer, sittlicher oder finanzieller Hinsicht sich nicht schon aus den vorhandenen Unterlagen klar ergibt, ist der Vorstand des Deutschen Bühnenvereins und die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger unter Mitteilung der eingeforderten Unterlagen um eine gutächtliche Auskunft zu ersuchen.
Ergeben sich keine Bedenken, so erteilt das Kreisamt die Erlaubnis für das im Antrag bezeichnete Unternehmen. Soll sich die Erlaubnis gleichzeitig auf Orte erstrecken, die außerhalb des Verwaltungsbezirkes des nach § 46 Abs. 1 zuständigen Kreisamts liegen, so ist das hierfür zuständige Kreisamt zunächst über den Antrag zu hören. Trägt dieses Bedenken gegen die Erlaubniserteilung oder soll das Schauspielunternehmen gleichzeitig auch an Orten außerhalb des Großherzogtums betrieben werden, so ist der Antrag insoweit abzulehnen und dem Antragsteller anheimzugeben, die Erlaubnis für diese Orte bei den hierfür örtlich zuständigen Behörden besonders nachzusuchen. In der Erlaubnisurkunde ist das Unternehmen nach den unter § 46 Ziff. 3 oben erwähnten Gesichtspunkten genau zu bezeichnen und besonders darauf hinzuweisen, daß es zum Betrieb eines anderen oder wesentlich veränderten Unternehmens einer neuen Erlaubnis bedarf.
Trägt das Kreisamt Bedenken, ohne weiteres die Erlaubnis zu erteilen, so legt es das Gesuch dem Kreisausschuß zur Entscheidung vor und gibt dem Gesuchsteller hiervon Nachricht.
Das weitere Verfahren richtet sich nach den §§ 19 Abs. 2 Ziffer I, 22 und 23 dieser Verordnung.
Gast- und Schankwirtschaft, Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus (§ 38 G.O.).Die Erlaubnis zum Betrieb einer Gastwirtschaft verleiht das Recht zur Beherbergung und zum Verabreichen von Getränken aller Art.
Mit dem Gewerbe der Schankwirtschaft ist das Recht, Branntwein zu schänken, nicht ohne weiteres verbunden. Es bedarf daher hierzu stets der besonderen Erlaubnis.
Kaffeewirtschaften sowie der wirtschaftsmäßig betriebene Ausschank nicht geistiger Getränke überhaupt unterliegt der Genehmigungspflicht nach § 33 G.O. Dagegen bedürfen Mostgebereien und Garküchen, mit denen weder Gast- noch Schankwirtschaft verbunden ist, keiner Erlaubnis. Es ist

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aber darüber zu wachen, daß solche Speisewirtschaften nicht derart betrieben werden, daß auf sie § 33 G.O. anzuwenden ist. Das Gleiche gilt für Fremdenpensionen, Logierhäuser und ähnliche Betriebe sowie für Flaschenbiergeschäfte.
Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus ist jeder Vertrieb, der in Mengen unter 2 Liter stattfindet, sofern er nicht in etikettierten versiegelten oder verkapselten Flaschen von mindestens 1/2 Liter erfolgt.
Die Bestimmungen des § 33 Abs. 1, 2, 3, a und Abs. 4 G.O. finden auf alle nicht bereits unter Abs. 5 daselbst fallenden Vereine, einschließlich der schon bestehenden, selbst dann Anwendung, wenn der Betrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt ist. Ausgenommen hiervon sind die militärischen Kasinos und Kantinen, deren Betrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt ist und durch die Militärverwaltung und nicht durch einen Unternehmer erfolgt.
Bedürfnisnachweis.Die Erlaubnis zum Ausschänken von Branntwein oder zum Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus ist stets von dem Nachweis des Bedürfnisses abhängig.
Die Erlaubnis zum Betriebe einer Gastwirtschaft sowie zum Ausschänken von Wein, Bier oder anderen nicht unter die Gattung von Brannwein oder Spiritus fallenden geistigen Getränken ist in Ortschaften mit weniger als 15000 Einwohnern gleichfalls stets, in Ortschaften mit größerer Einwohnerzahl dann von dem Nachweis des Bedürfnisses abhängig, wenn dies durch Ortsstatut (§ 142 G.O.) festgesetzt ist.
Den Anträgen auf Grund des § 33 G.O. ist, insoweit es sich nicht um die Erlaubnis zum Kleinhandel mit Branntwein handelt, eine Handzeichnung und Beschreibung der zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räumlichkeiten in zweifacher Ausfertigung beizufügen.
Die Beifügung der Handzeichnung kann unterbleiben, wenn die den nachstehenden Vorschriften entsprechenden Unterlagen aus Anlaß einer früher erteilten Erlaubnis bei der genehmigenden Behörde bereits vorhanden sind.
Aus den Anlagen muß hervorgehen:
a. der vollständige Name, Stand, Wohnort und der Leumund des Antragstellers,
b. die Bezeichnung des Grundstückes, auf dem das Lokal sich befindet, nach Ortschaft, Straße, Hausnummer oder in sonst ortsüblicher Weise,
c. die Lage und Beschaffenheit der zum Gewerbebetriebe bestimmten Räume einschließlich der Küchenräume, insbesondere in bezug auf Flächeninhalt und Höhe, ferner die Zweckbestimmung der einzelnen Räume und deren Einrichtung im allgemeinen.
Für die Handzeichnung ist ein Maßstab zu wählen, der eine deutliche Anschauung gewährt; der Maßstab ist auf der Zeichnung einzutragen. Die Zeichnungen sind von dem Antragsteller zu unterschreiben.
Nach Bedarf kann die Vorlage eines Lageplans des zum Gewerbebetrieb bestimmten Hauses verlangt werden.
Der Antrag ist bei der Ortspolizeibehörde einzureichen, in deren Bezirk das Gewerbe betrieben werden soll. Diese prüft die Vorlagen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit und legt sie mit gutachtlicher Äußerung über die in § 33 Abs. 2 G.O. bezeichneten Voraussetzungen dem Kreisamt vor.

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Ist die Prüfung der Bedürfnisfrage (§ 50 oben) erforderlich, so hat die Ortspolizeibehörde die zur Würdigung der Verhältnisse notwendigen Erhebungen - erforderlichenfalls durch Anhören geeigneter Sachverständiger zu - veranstalten und das Gesuch mit den erwachsenen Verhandlungen der Gemeindebehörde zur Begutachtung vorzulegen. Gemeindebehörde im Sinne des § 33 Abs. 4 G.O. ist
in Landgemeinden: der Gemeinderat,
in Gemeinden mit Städteordnung: die Stadtverordnetenversammlung oder die von ihr gemäß Art. 131 Abs. 3 der Städteordnung mit der Begutachtung der Bedürfnisfrage besonders betraute Verwaltungsdeputation.
Das Gutachten ist ausreichend zu begründen.
Nach Einlangen des Gutachtens nimmt die Ortspolizeibehörde selbst zur Bedürfnisfrage Stellung und legt die Akten mit ihrer gutächtlichen Äußerung dem Kreisamt vor.
Das Kreisamt vervollständigt erforderlichenfalls die Erhebungen der Ortspolizeibehörde und erteilt, wenn sich keine Bedenken gegen die Stattgabe des Gesuchs ergeben und seine Ansicht über die Bedürfnisfrage mit den Gutachten der Ortspolizeibehörde und der Gemeindevertretung übereinstimmt, die Erlaubnis.
Trägt das Kreisamt Bedenken, die Erlaubnis zu erteilen, oder befindet es sich mit seiner Ansicht über die Bedürfnisfrage im Widerspruch mit den vorgenannten Gutachten, so legt es das Gesuch, unter entsprechender Benachrichtigung des Antragstellers, dem Kreisausschuß und, wenn es sich um ein Gesuch aus einer Gemeinde handelt, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, dem Provinzialausschuß zur Entscheidung vor. Für das weitere Verfahren gelten die §§ 19 Abs. 2, 22 und 23 dieser Verordnung entsprechend. In Fällen, in denen der Kreisausschuß in erster Instanz entschieden hat, ist jedoch gegen das Erkenntnis des Provinzialausschusses ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben. In den Fällen, in denen der Provinzialausschuß in erster Instanz entscheidet, hat dies stets im Verwaltungsstreitverfahren zu geschehen.
Erlaubnisurkunde.Die Erlaubnis ist nicht allgemein für ein Grundstück, sondern nur für bestimmte näher zu bezeichnende Räumlichkeiten zu erteilen.
In der Erlaubnisurkunde sind die Art des Gewerbebetriebs sowie etwaige Einschränkungen genau zu bezeichnen; mit der dem Antragsteller zu behändigenden Ausfertigung ist je ein Stück der eingereichten Zeichnungen nebst Beschreibung durch Schnur und Siegel zu verbinden. Wurde auf Einreichung von Zeichnungen verzichtet, so genügt die Bezugnahme auf die früher erteilte Erlaubnisurkunde. Von dem Inhalt der Erlaubnisurkunde ist der Ortspolizeibehörde Nachricht zu geben.
Singspielhallen u.dgl. (zu § 33a. G.O.)Anträge auf Erteilung der Erlaubnis zum Betriebe des in § 33 a G.O. bezeichneten Gewerbes sind bei dem Kreisamt, in dessen Dienstbezirk das Gewerbe betrieben werden soll, schriftlich unter Beifügung der in § 51 vorstehend bezeichneten Unterlagen einzureichen. Das Kreisamt prüft unter Anstellung der erforderlichen Erhebungen ob keine der in § 33a Abs. 2 daselbst bezeichneten Versagungsgründe vorliegen. Ergeben sich hierbei keine Bedenken, so erteilt es die Erlaubnis.

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Trägt das Kreisamt Bedenken, die Erlaubnis zu erteilen, so legt es unter gleichzeitiger Benachrichtigung des Gesuchstellers den Antrag dem Kreisausschuß zur Entscheidung vor. Für das weitere Verfahren gelten die Vorschriften der §§ 19 Abf. 2 Ziff. 1, 22, 23, 54 dieser Verordnung sinnentsprechend.
Ob einer angebotenen Leistung oder Schaustellung ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft beiwohnt, haben die Behörden auf Grund eigener Prüfung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Der Nachweis eines solchen Interesses wird namentlich bei Lustbarkeiten, die im Umherziehen angeboten werden, vielfach nur durch Vorführung der Leistungen zu erbringen sein. Auch reicht nicht in allen Fällen schon die Feststellung der erforderlichen Begabung und Ausbildung des oder der beteiligten Spieler oder Darsteller sowie der Inhalt der vorgetragenen Stücke hin. Es müssen vielmehr bei der Veranstaltung auch solche Umstände ausgeschlossen sein, welche die künstlerische Leistung und Auffassung von vornherein erheblich schmälern oder den Genuß daran überhaupt nicht aufkommen lassen. So wird bei Singspielen, Gesangs- und deklamatorischen Vorträgen, Schaustellungen von Personen oder theatralischen Darbietungen an Orten, wo sortgesetzt Unruhe und äußere Störungen eintreten, weder auf seiten des Vortragenden noch bei den Zuhörern ein höheres Kunstinteresse obwalten.
Über die Zurücknahme einer nach § 33a G.O. erteiltem Erlaubnis sowie über die Untersagung dieses Gewerbebetriebes auf Grund des Absatzes 3 daselbst entscheidet der Provinzialausschuß. Für das Verfahren gelten die §§ 77, 78 dieser Verordnung.
Zu §§ 33b und 33c G.O.Zur Erteilung der nach § 33b G.O. erforderlichen Erlaubnis ist das Kreisamt oder die von ihm hierzu besonders ermächtigte Ortspolizeibehörde zuständig.
Im übrigen sind die Vorschriften der Verordnung, die Stempelabgaben von öffentlichen Darstellungen und Belustigungen, musikalischen Produktionen und Tanzbelustigungen betreffend, vom 19. Dezember 1899 (Reg.-Bl. S. 1385 ff.) und vom 2. Januar 1901 (Reg.-Bl. S. 147) zu beachten.
Pfandleiher und Pfandvermittler (§34 Abs. 1 und 2 G.O.).In Ortschaften, für die dies durch Ortsstatut (§ 142) festgesetzt wird, ist die Erlaubnis zum Betriebe des Pfandleihgewerbes, das auch den gewerbsmäßigen Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkaufrechts in sich schließt, von dem Nachweis des Bedürfnisses abhängig.
Anträge auf Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb des Pfandleihgewerbes sind durch Vermittlung der Ortspolizeibehörde an das Kreisamt, in dessen Dienstbezirk das Gewerbe betrieben werden soll, zu richten. Bei Weitergabe des Gesuchs hat die Ortspolizeibehörde sich darüber zu äußern, ob Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Nachsuchenden bestehen und im Falle des § 59, ob der Nachweis des öffentlichen Bedürfnisses erbracht erscheint.
Ergeben sich beim Prüfen des Gesuchs keine Bedenken, so fertigt das Kreisamt alsbald die Erlaubnisurkunde aus. Trägt das Kreisamt Bedenken, die Erlaubnis von sich aus zu erteilen, so legt es das Gesuch dem {{SperrSchrift|Kreisausschuß zur Entscheidung vor. Für das weitere Verfahren

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gelten die §§ 19 Abs. 2 Ziff. 1, 22, 23 dieser Verordnung. Die Entscheidung des Provinzialausschusses ist endgültig.
In der Erlaubnisurkunde ist der Pfandleiher ausdrücklich auf die ihm nach § 38 G.O. und der Verordnung, das Gewerbe der Pfandleiher und Trödler betreffend, vom 2. Angust 1899 (Reg.-Bl. S. 421) obliegenden Verpflichtungen hinzuweisen. Abschrift der Erlaubnisurkunde ist der Ortspolizeibehörde zu übersenden.
Handel mit Giften. (zu § 34 Abs. 2 G.O.)Der Handel mit Giften ist durch das Gesetz, den Handel mit Giften betreffend, vom 28. Oktober 1905 (Reg.-Bl. S. 295) und die Verordnung, betreffend den Verkehr mit Giften vom 17. April 1895 (Reg.-Bl S 33) geregelt.
Anträge auf Erteilung der nach Artikel 1 des Gesetzes, den Handel mit Giften betreffend, vom 28. Oktober 1905 erforderlichen Genehmigung sind unter Beischluß einer Handzeichnung über die vorhandenen Verkaufs-, Vorrats- und Arbeitsräume durch Vermittlung der Ortspolizeibehörde bei dem Kreisamt schriftlich einzureichen, in dessen Dienstbezirk das Gewerbe betrieben werden soll. Das Kreisamt ergänzt erforderlichenfalls die für die Feststellung der Zuverlässigkeit des Antragstellers angestellten Erhebungen und legt das Gesuch dem Kreisgesundheitsamt zur Begutachtung vor. Die Zuständigkeit der Behörden und das weitere Verfahren richtet sich nach den §§ 60 Abs. 2, 19 Abs. 2 Ziff. 1, 22 und 23 dieser Verordnung. Abschrift der Genehmigungsurkunde ist dem Kreisgesundheitsamt und der Ortspolizeibehörde zu übersenden.
Untersagung von Gewerbebetrieben (§§ 35, 35a. G.O.)Über die Untersagung der in § 35 G.O. genannten Gewerbebetriebe entscheidet der Provinzialausschuß auf dahingehende Vorlage des Kreisamts im Verwaltungsstreitverfahren. Für das Verfahren gelten die Vorschriften der §§ 77, 78 dieser Verordnung entsprechend.
Die nach § 35 Abs. 5 G.O. zu hörenden Sachverständigen werden für jede Provinz von der Provinzialdirektion ernannt. Soweit es sich um die Begutachtung handwerksmäßiger Betriebe handelt ist die Handwerkskammer vor Ernennung der Sachverständigen zu hören. Die Namen der Sachverständigen sind den Kreisämtern mitzuteilen.
Über Anträge auf Wiederaufnahme eines untersagten Gewerbebetriebs (§ 35 Abs. 6 G O.), hat der Provinzialausschuß im Beschlußverfahren endgültig zu entscheiden.
„Zuständige Behörde“ im Sinne des § 35 Abs. 7 G.O. ist das Kreisamt (vgl. § 7 oben). Wegen der Anmeldung der Drogenhandlungen wird auf § 1 der Verordnung, den Verkehr mit Arzneimitteln außerhalb der Apotheken und dessen Beaufsichtigung betreffend, vom 20. März 1905 (Reg.-Bl. S. 125) verwiesen.
Die von der Großherzoglichen Landesbaugewerkschule zu Darmstadt, der Baugewerk- und Gewerbeschule zu Bingen und der Hoch- und Tiefbauabteilung der Technischen Lehranstalten zu Offenbach ausgestellten Prüfungszeugnisse gelten als Zeugnisse im Sinne des § 35a G.O.
Beeidigung und öffentliche Anstellung von Gewerbetreibenden (§ 36 G.O.)Wegen der Beeidigung und öffentlichen Anstellung der Feldmesser wird auf die Verordnung die Organisation des zur Ausübung der Feldmeßkunst bestellten Personals betreffend, vom 31. August 1874 (Reg.-Bl. S. 505) verwiesen.

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Die Beeidigung und öffentliche Anstellung der Auktionatoren richtet sich nach Abschnitt VI der Verordnung, das Gewerbe der Versteigerer (Auktionatoren) betreffend, vom 17. Oktober 1906 (Reg.-Bl. S. 323).
Die öffentliche Anstellung und Beeidigung von Gewerbetreibenden der im § 36 bezeichneten Art, deren Tätigkeit in das Gebiet des Handels fällt, steht nach Artikel 34 des Gesetzes, die Handelskammern betreffend, vom 6. August 1902 (Reg.-Bl. S. 373) den Handelskammern zu.
Straßengewerbe (§ 37 G.O.).Die Regelung der im § 37 G.O. bezeichneten Straßengewerbe erfolgt durch Polizeiverordnung. In ihr können insbesondere die Voraussetzungen unter denen selbständige Gewerbetreibende, Stellvertreter und Hilfspersonen zu den genannten Gewerbebetrieben zuzulassen oder davon aufzuschließen sind, wie auch die für den Betrieb maßgebenden Verpflichtungen und Beschränkungen festgestellt werden. Das bei Untersagung des Gewerbebetriebs einzuhaltende Verfahren ist nach § 40 Abs. 2 G.O. dahin zu regeln, daß gegen die untersagende Verfügung der Ortspolizeibehörde innerhalb 2 Wochen nach ihrer Zustellung die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zulässig ist, in dem der Provinzialausschuß in zweiter Instanz endgültig entscheidet.
Hinsichtlich der Festsetzung der Taxen bewendet es bei der Bestimmung des § 76 G.O.
Vorschriften für den Gewerbebetrieb der Pfandleiher usw. (§ 38 G.O.)Für den Gewerbebetrieb der Pfandleiher bleiben die Vorschriften der Verordnung, das Gewerbe der Pfandleiher und Trödler betreffend, vom 2. August 1899 (Reg.-Bl. S. 421) maßgebend.
Der Geschäftsbetrieb der Versteigerer (Auktionatoren) ist durch die Verordnung, das Gewerbe der Versteigerer (Auktionatoren) betreffend, vom 17. August 1906 (Reg.-Bl S. 323) geregelt.
Hinsichtlich der Vorschriften über den Geschäftsbetrieb der Händler mit ländlichen Grundstücken wird auf die Bekanntmachung, den gewerbsmäßigen Handel mit ländlichen Grundstücken betreffend, vom 27. Juni 1908 (Reg.-Bl. S. 131) und vom 2. Januar 1909 (Reg.-Bl. S. 1) verwiesen.
Für die Händler mit Sprengstoffen sind neben dem Reichsgesetze gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9. Juni 1884 (R.-G.-Bl. S. 61), in der Fassung der Bekanntmachungen vom 29. April 1903 (R.-G.-Bl. S. 211) und vom 20. Juni 1907 (R.-G.-Bl S. 375) und der Ausführungsbekanntmachung hierzu vom 30. August 1884 (Reg.-Bl S. 203), namentlich Abschnitt IV und V der Verordnung, den Verkehr mit Sprengstoffen betreffend, vom 21. September 1905 (Reg.-Bl. S. 251) und die Bekanntmachung, die Anlage und die Benutzung von Sprengstofflagern betreffend, vom 5. August 1904 (Reg.-Bl. S. 311) maßgebend.
Kehrbezirke der Schornsteinfeger (§ 39 G.O.).Für das Schornsteinfegergewerbe behält es bei den Vorschriften des Regulativs, die Reinigung der Schornsteine betreffend, vom 26. Januar 1875 (Reg.-Bl. S. 85 ff.) und der Bekanntmachung vom 19. Dezember 1896 (Reg.-Bl. S. 212) sowie dem Ministerial-Amtsblatt Nr 13 vom 16. Mai 1906 zu Nr. M d. J. 9247 sein Bewenden.
Sonntagsruhe in Verkaufsstellen (41a G.O.)Wegen des Gewerbebetriebs in offenen Verkaufsstellen an Sonn- und Festtagen wird auf die §§ 141-148 dieser Verordnung verwiesen.

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Ambulanter Gewerbebetrieb. (§ 42b G.O.).Die von den Kreisämtern auf Grund des § 42b Abs. 1 und 4 G.O. erlassenen Bestimmungen sind in der für ortspolizeiliche Vorschriften üblichen Form öffentlich bekannt zu machen sowie den Gerichten und dem Ministerium des Innern mitzuteilen.
Für die Erteilung der Erlaubnis nach § 42b Abs. 2 G.O., für die Zurücknahme einer erteilten Erlaubnis und die Untersagung des Gewerbebetriebs in den Fällen des § 42b Abs. 3 G.O. ist das Kreisamt zuständig. Die Erlaubnis ist nur auf bestimmte Zeit und höchstens auf ein Kalenderjahr durch Ausstellen eines Erlaubnisscheins zu erteilen. Der Schein ist neben der handschriftlich zu vollziehenden Unterschrift mit dem Dienstsiegel der anstellenden Behörde zu versehen. Gegen den die Erlaubnis ablehnendem mit Gründen zu versehenden Bescheid des Kreisamts findet vorbehaltlich der Sonderbestimmungen in § 71 Abs. 1, 2 nachstehend binnen einer Notfrist von 2 Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt. Das gleiche gilt, wenn es sich um die Zurücknahme einer erteilten Erlaubnis oder um die Untersagung eines Gewerbebetriebs in den Fällen des § 42b Abs. 3 Satz 2 G.O. handelt. Im Verwaltungsstreitverfahren entscheidet der Provinzialausschuß in erster und letzter Instanz.
Anordnungen der Kreisämter über die Ausübung des Gewerbebetriebs auf Grund des § 42b Abs. 2 letzter Teil und gegen die Anordnung von Beschränkungen und Verboten gemäß § 42b Abs. 3 Satz 2 G.O. sind nur durch Beschwerde an das Ministerium des Innern anfechtbar.
Über die Erteilung, Versagung und Zurücknahme der Erlaubnisscheine an Ausländer (§ 42b Abs. 4 G.O.) entscheidet das Kreisamt. Gegen dessen Entscheidung ist die Beschwerde an das Ministerium des Innern zulässig.
Soweit die Ortspolizeibehörde von der ihr nach § 42b Abs. 5 G.O. zustehenden Befugnis Gebrauch macht, hat sie einen Erlaubnisschein auszustellen. In dem Schein ist der Vermerk aufzunehmen, daß die Kinder ihn bei Ausübung des Gewerbebetriebs mit sich zu führen haben. Beim Erteilen der Erlaubnis sind die Vorschriften des Gesetzes, betreffend Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben, vom 30. März 1903 (R.-G.-Bl. S. 113) zu beachten. Die Erlaubnis ist unter dem Vorbehalt des Widerrufs zu geben; im Falle der Versagung findet Beschwerde im Aufsichtswege statt.
Verteilung von Druckschriften. (§ 43 G.O.)Die nach § 43 G.O. erforderliche ortspolizeiliche Erlaubnis wird von der Bürgermeisterei oder der an deren Stelle eingerichteten besonderen staatlichen Polizeiverwaltung erteilt. Die Erlaubnis ist regelmäßig zeitlich zu begrenzen. In dem Legitimationsschein ist daher ein Zeitpunkt anzugeben, mit dessen Eintritt der Schein seine Gültigkeit verliert.
Gegen Verfügungen der Ortspolizeibehörde, durch welche die Erlaubnis versagt wird, ist innerhalb 2 Wochen nach Zustellung oder Eröffnung zu Protokoll die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zulässig. Die Entscheidung des Provinzialausschusses ist endgültig.
Die nicht gewerbsmäßige öffentliche Verbreitung von Druckschriften kann nach § 5 des Reichsgesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 (R.-G.-Bl. S. 65) den Personen verboten werden, denen

[69]

nach § 57 Ziff. 1, 2, 4 und den §§ 57a, Ziff. 1 und 2 G.O. der Legitimationsschein versagt werden darf.
Das öffentliche Anschlagen und Anheften von Druckschriften unterliegt den Vorschriften des Artikels 48 des hessischen Gesetzes die Presse betreffend, vom 1. August 1862 (Reg-Bl. S. 295 ff.) mit der durch Artikel 9 des Gesetzes, betreffend den Übergang zu dem Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich usw., vom 19. Oktober 1871 (Reg.-Bl. S. 393 ff., gegebenen Einschränkung. Es dürfen hiernach bei Meidung der gesetzlich angedrohten Strafe Druckschriften ohne Unterschied, ob dies gewerbsmäßig geschieht oder nicht, nur an solchen Stellen öffentlich angeschlagen oder angeheftet werden, die von der Ortspolizeibehörde als hierzu geeignet bezeichnet worden sind. Auf amtliche Bekanntmachungen öffentlicher Behörden ist diese Beschränkung nicht anwendbar.
Legitimationskarten (§44a G.O.Die Legitimationskarten (§ 44a Abs. 1 G.O.) und die Gewerbelegitimationskarten (§ 4a Abs. 6 G.O.) werden von den Kreisämtern ausgestellt. Die Gesuche um Ausstellung dieser Legitimationskarten sind von dem Inhaber des stehenden Gewerbebetriebs, der persönlich oder durch Handlungsreisende, die in seinen Diensten stehen, gemäß § 44 G.O. Warenbestellungen aufsuchen oder Waren aufkaufen will, bei der Ortspolizeibehörde, in deren Bezirk sich der Niederlassungsort des stehenden Gewerbebetriebs befindet, vorzubringen und von dieser mit einer Äußerung darüber dem Kreisamt vorzulegen, ob tatsächlich ein stehender Gewerbebetrieb vorhanden ist und der Reisende für dessen Zwecke tätig sein soll, sowie ob nicht etwa die in §§ 57 Ziff. 1 bis 4 und 57b Ziff. 2 G.O. bezeichneten Voraussetzungen der Versagung vorliegen.
Gegen den Bescheid des Kreisamts, durch den die Ausstellung einer Legitimationskarte an inländische Handlungsreisende versagt oder eine erteilte Legitimationskarte zurückgenommen wird, findet binnen einer Notfrist von 2 Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt. § 70 Abs. 3 letzter Satz gilt entsprechend.
Für die Ausstellung von Gewerbelegitimationskarten an ausländische Handlungsreisende solcher Staaten, mit denen ein Abkommen wegen der Gewerbelegitimationskarten nicht abgeschlossen, denen jedoch das Recht der Meistbegünstigung hinsichtlich des Gewerbebetriebs eingeräumt ist, gelten die Vorschriften der Ziff. II B 2 und 3 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 27. November 1896 (R.-G.-Bl. S. 745).
Vor der Ausstellung ist, abgesehen von den für die Zulassung zum Wandergewerbebetrieb erforderlichen Voraussetzungen nachzuweisen, daß der ausländische Handlungsreisende oder derjenige, in dessen Diensten er reisen will, in seinem Heimatstaat ein stehendes Gewerbe betreibt, für das Waren aufgekauft oder Warenbestellungen gesucht werden sollen. Der Mangel eines festen Wohnsitzes im Inland (§ 57 b G.O.) bildet jedoch keinen Versagungsgrund. Gegen Verfügungen der Kreisämter, durch die die Ausstellung einer Legitimationskarte an ausländische Handlungsreisende versagt oder eine erteilte Legitimationskarte zurückgenommen wird, ist die Beschwerde an das Ministerium des Innern zulässig.
Über sämtliche ausgestellten Legitimationskarten ist von den Kreisämtern ein fortlaufendes jährlich abzuschließendes Verzeichnis zu führen.

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Der Bedarf an Vordrucken für Legitimationskarten und Gewerbelegitimationskarten ist bei eintretendem Bedürfnis rechtzeitig bei der Kanzlei des Ministeriums des Innern, Abteilung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, anzumelden, das die Bestellung und Übersendung veranlaßt.

IV. Schließung gewerblicher Anlagen, Untersagung des Gewerbebetriebs usw.

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Zu §§ 51 und 53 G.O.Über die Untersagung der ferneren Benutzung einer gewerblichen Anlage (§ 51) und die Zurücknahme einer erteilten Approbation, Erlaubnis, Genehmigung, Bestallung oder Gestattung (§53 Abs.1 und 2 G.O.) sowie über die Untersagung des Gewerbebetriebs eines Pfandleihers oder Pfandvermittlers im Sinne des § 53 Abs. 3 G.O. entscheidet der Provinzialausschuß. Dahingehende Anträge beteiligter Behörden oder Privatpersonen sind an das Kreisamt zu richten, sofern dieses nicht von Amts wegen einschreitet. Das Kreisamt hat die zur Feststellung des Tatbestands zweckdienlich scheinenden Erhebungen vorzunehmen. Erachtet es auf Grund dieser Erhebungen die Untersagung oder Entziehung als im öffentlichen Interesse gelegen, so legt es die Akten, sofern im Falle des § 51 G.O. nicht etwa ein gütliches Übereinkommen wegen Änderung der gewerblichen Anlage zustande kommt, mit gutachtlicher Äußerung der Provinzialdirektion zur Vorlage an den Provinzialausschuß im Verwaltungsstreitverfahren vor. Für das weitere Verfahren und die Rechtsmittel gelten die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsrechtspflegegesetzes.
Jede rechtskräftig ausgesprochene Entziehung oder Untersagung ist dem Kreisamt und durch dieses der Ortspolizeibehörde mitzuteilen. Zugleich ist derjenigen Stelle, welche die Approbation, Erlaubnis usw. ausgefertigt hat, eine Abschrift der rechtskräftigen Entscheidung zu übersenden. Die Fortsetzung des untersagten Gewerbebetriebs ist auf dem in den §§ 8, 9 dieser Verordnung vorgeschriebenen Wege zu verhindern.
Die Wiederaufnahme eines nach § 53 Abs. 3 G.O. untersagten Gewerbebetriebs kann der Provinzialausschuß gestatten. Er entscheidet über den Antrag im Beschlußverfahren nach Anhör des Kreisamts. Der Beschluß des Provinzialausschusses ist endgültig. Absatz 1 vorstehend gilt entsprechend.
Zu §§ 53a und 54 Abs. 2 G.O.)Untere Verwaltungsbehörde im Sinne der §§ 53a und 54 Abs. 2 G.O. ist:
1) in Bezirken, in denen auf Grund des Artikels 61 Abs. 2 der Allgemeinen Bauordnung dem Bürgermeister die Erteilung der baupolizeilichen Entscheidung übertragen ist, die Bürgermeisterei;
2) im übrigen das Kreisamt.
Beharrt die untere Verwaltungsbehörde auf Einspruch bei ihrer untersagenden Verfügung, so findet gegen den Bescheid binnen einer Notfrist von 2 Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt. Hierbei entscheidet bei einer Beschwerde gegen einen Bescheid, den die Bürgermeisterei als untere Verwaltungsbehörde erlassen hat, der Kreisausschuß und bei einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Kreisamts der Provinzialausschuß jeweils in erster und letzter Instanz.
Die Einlegung der Rechtsmittel hat keine aufschiebende Wirkung.

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Zu Titel III. Verfahren bei Erteilung der Wandergewerbescheine usw.

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(§§ 55-63 G.O.).

Allgemeines.Zuständig zur Entscheidung über Anträge:
1) auf Erteilung der Wandergewerbescheine (§ 55 Abs. 1 G.O.);
2) auf Ausdehnung eines bereits erteilten Wandergewerbescheins für einen neuen Bezirk (§ 60 Abs. 2 G.O.);
3) auf Erteilung der Erlaubnis zum Mitführen anderer Personen (§ 62 G.O.);
4) auf Genehmigung der Druckschriftenverzeichnisse (§ 56 Abs. 4 G.O.) sowie
5) zur Zurücknahme des Wandergewerbescheins, der Ausdehnung usw.
ist das Kreisamt. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach den §§ 60, 61, 62 G.O.
Gegen den Bescheid des Kreisamts findet binnen einer Notfrist von 2 Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt, es sei denn, daß es sich um einen der in den §§ 60 Abs. 2 und 63 Abs. 2 G.O. bezeichneten Fälle oder um einen Ausländer handelt. In diesen Fällen ist nur die Beschwerde an das Ministerium des Innern zulässig.
In Verwaltungsstreitverfahren entscheidet der Provinzialausschuß in erster und letzter Instanz.
Anträge auf Erteilung von Wandergewerbescheinen oder auf Erteilung der Erlaubnis zum Mitführen anderer Personen beim Gewerbebetrieb im Umherziehen können sowohl bei der Ortspolizebehörde des Wohnortes als auch bei der Ortspolizeibehörde des Aufenthaltsortes angebracht werden. Die Ortspolizeibehörde des Aufenthaltsorts hat, sofern der Antragsteller einen Wohnort im Inlande hat, den Antrag alsbald an die Ortspolizeibehörde des Wohnortes abzugeben.
Anlage I.Vor Weitergabe der Anträge an die zur Entscheidung zuständige Stelle (§ 80) sind die bei der Erteilung des Wandergewerbescheines in Betracht kommenden Verhältnisse des Antragstellers und etwaiger Begleiter nach dem in Anlage I beigefügten Muster festzustellen und alsbald auf der Rückseite der Photographie des Antragstellers dessen Persönlichkeit genau zu vermerken. Auf die gewissenhafte und erschöpfende Beantwortung der unter Ziff. 5 des Musters gestellten Fragen wegen etwaiger Bestrafungen des Antragstellers ist besonders Bedacht zu nehmen.
Die Ortspolizeibehörde des Aufenthaltsorts hat vor Abgabe des Antrages an die Ortspolizeibehörde des Wohnorts (§ 81), soweit dies ohne besondere Weitläufigkeiten ausführbar ist, die zum Ausfüllen des Musters erforderlichen Unterlagen, insbesondere die Personalbeschreibung des Antragstellers und seiner Begleiter, nötigenfalls durch persönliche Vernehmung, festzustellen.
Hat der Antragsteller erst im laufenden Jahre seinen Wohnsitz im Bezirke der Polizeibehörde genommen, so ist von ihr, sofern nach Lage der Sache die Möglichkeit mißbräuchlicher Verwendung des Wandergewerbescheins nicht ausgeschlossen erscheint, durch Nachfrage bei der Polizeibehörde des früheren Wohnorts festzustellen, ob den Antragsteller bereits ein Wandergewerbeschein erteilt worden ist.
Wird der Antrag auf Erteilung eines neuen Scheins von einem Gewerbetreibenden gestellt, der sich bereits im Besitz eines gültigen Wandergewerbescheins befindet, oder sollen Personen mitgeführt

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werden, die bereits früher als seine Begleiter zugelassen waren, so genügt in der Regel eine Bescheinigung, daß seit der Ausstellung des letzten Scheines keine Veränderungen in den Verhältnissen eingetreten sind, namentlich daß keine Bestrafung wegen Verletzung der auf den Gewerbebetrieb im Umherziehen bezüglichen Vorschriften und keine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einer Woche erfolgt sei. Bei allen Anträgen auf Erteilung von Wandergewerbescheinen zum Kessel- und Schirmflicken, zum Pferdehandel, zur Kunstreiterei und dergleichen sowie bei allen Anträgen inländischer Zigeuner hat die Prüfung der persönlichen Verhältnisse jedoch stets nach Maßgabe des in Anlage 1 enthaltenen Musters zu erfolgen. Außerdem soll von Zeit zu Zeit von dem Kreisamt angeordnet werden, daß die Verhältnisse aller Antragsteller unter Zugrundelegung dieses ausführlichen Musters erneut geprüft werden.
Die Anträge sind mit Beschleunigung unter Beischluß der gehörig ausgefüllten und bescheinigten Fragebogen dem zur Entscheidung über den Antrag zuständigen Kreisamt vorzulegen (§ 88). Dieses hat den Inhalt der Anlagen auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen und die etwa erforderlichen Ergänzungen und Berichtigungen herbeizuführen.
Entstehen Zweifel wegen der Richtigkeit der Angaben über die Bestrafungen des Antragstellers oder seiner Begleiter, so sind nötigenfalls die Strafregisterbehörden um Auskunft zu ersuchen.
Versagungsgründe.Von der Bestimmung des § 57b Ziff. 4 G.O., wonach der Wandergewerbeschein versagt werden darf, wenn für den Unterhalt der Kinder des Wandergewerbetreibenden und den Schulunterricht seiner schulpflichtigen Kinder nicht genügend gesorgt ist, ist streng Gebrauch zu machen. Desgleichen ist die Erteilung von Wandergewerbescheinen an inländische Zigeuner nach Möglichkeit zu beschränken. Wenn in einzelnen Fällen in Ermangelung gesetzlicher Versagungsgründe dem Antrag eines inländischen Zigeuners stattgegeben werden muß, so ist seine Zigeunereigenschaft in dem Wandergewerbeschein ausdrücklich zu vermerken oder, falls diese Eigenschaft nicht mit Sicherheit festgestellt ist, der Zusatz aufzunehmen: „Zieht nach Zigeunerart im Land umher“.
Für Gewerbebetriebe, deren Ausübung gegen die guten Sitten verstößt, dürfen Wandergewerbescheine nicht erteilt werden. Mit Rücksicht hierauf sind Wandergewerbescheine zur gewerbsmäßigen Aufführung von Passionsspielen im Umherziehen, zum Wahrsagen usw. zu versagen. Bei Erteilung von Wandergewerbescheinen zu sogenannten anatomisch-pathologischen Museen, Wachsfigurenkabinetten, Kinematographen und dergleichen, die ihrer Zusammensetzung und Zweckbestimmung nach höheren Interessen der Wissenschaft nicht dienen, sowie bei der Ausdehnung solcher in anderen Bundesstaaten ausgestellten Wandergewerbescheine ist auf der zu handschriftlichen Eintragungen freigelassenen Seite des Wandergewerbescheins darauf hinzuweisen, daß Nachbildungen, die das Schamgefühl verletzen, nicht zur Schau gestellt werden dürfen.
Beim Prüfen der Frage, ob für die den Verhältnissen des Verwaltungsbezirkes entsprechende Personenzahl ausreichend Wandergewerbescheine erteilt oder ausgedehnt sind (§ 55 Ziff. 4, § 57 Ziff. 5, § 60 Abs. 2), ist die Zahl der in dem Bezirke für das gleiche oder für verwandte Gewerbe zugelassenen Ausländer mitzuberücksichtigen. Die Bedürfnisfrage ist streng zu prüfen.
Wandergewerbescheine zum Feilbieten von Waren durch Ausspielung usw. (§ 56c) – dazu gehört auch das Ring- und Plattenwerfen – sind nicht zu erteilen. Derartige Wandergewerbescheine

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dürfen lediglich auf das Feilbieten von Waren lauten. Ausnahmen von dem Verbot des § 50c Abs. 1 G.O. kann im Einzelfalle das Kreisamt mit Zustimmung der Ortspolizeibehörde zulassen.
Wandergewerbeschein.Stehen dem Antrag Bedenken nicht entgegen, so fertigt das Kreisamt den Wandergewerbeschein aus. In dem Schein ist das Bild des Antragstellers einzukleben und mit dem Scheine durch Abstempelung derart zu verbinden, daß ein Loslösen und Einfügen eines anderen Bildes sofort erkennbar ist. Ferner ist der Schein neben der handschriftlich zu vollziehenden Unterschrift mit dem Dienstsiegel der ausstellenden Behörde zu versehen. Die Aushändigung des Wandergewerbescheins erfolgt in der Regel durch das Finanzamt unter Erhebung des für die Ausfertigung des Scheins fälligen Urkundenstempels und der nach dem Gesetz, die Besteuerung des Gewerbebetriebs im Umherziehen betreffend, vom 22. Dezember 1900 (Reg.-Bl. S. 1013) und vom 31. März 1909 (Reg.-Bl. S. 99) zu entrichtenden Wandergewerbesteuer. Zu diesem Zweck übersendet das Kreisamt in kurzen Zwischenräumen, mindestens aber allwöchentlich die von ihm ausgestellten Wandergewerbescheine dem für den Wohnsitz des Gesuchstellers zuständigen Finanzamt. In entsprechender Weise ist bei der Ausdehnung von Wandergewerbescheinen zu verfahren, wenn aus dem Schein hervorgeht, daß die Landessteuer noch nicht bezahlt ist. Wird in eiligen Fällen, um den Gewerbebetrieb des Antragstellers nicht zu stören, der Wandergewerbeschein ausnahmsweise von dem Kreisamt an den Gesuchsteller unmittelbar ausgehändigt, so ist dem Finanzamt hiervon Nachricht zu geben.
Die Aushändigung des Wandergewerbescheins hat auch dann durch das Finanzamt zu erfolgen, wenn ein im Großherzogtum wohnender Gewerbetreibender das Gewerbe der im § 55 Ziff. 1 bis 3 G.O. bezeichneten Art nicht im Großherzogtum betreiben will und deshalb eine Gewerbesteuer daselbst zunächst nicht zu entrichten ist.
Für einen im § 55 Abs. 1 Ziff. 1 G.O. bezeichneten Gewerbebetrieb darf in diesem Fall ein Wandergewerbeschein überhaupt nicht ausgestellt werden (§ 61 Abs. 2 G.O.). Bei Ausländern ist § 93 dieser Verordnung zu beachten.
Ablehnung des Antrags, Zurücknahme.Wird der Antrag (§ 80 Abs. 1 Ziff. 1, 2, 3, 4) abgelehnt, oder ein Wandergewerbeschein, eine Erlaubnis usw. zurückgenommen so sind dem Antragsteller in dem schriftlichen Bescheid § 63 G.O.) die Gründe der Versagung mitzuteilen. Die Ortspolizeibehörde ist von der Ablehnung des Antrags in Kenntnis zu setzen.
Ausnahme vom Verbot des § 55a Abs. 2 G.O.Zur Zulassung von Ausnahmen von dem Verbote des Gewerbebetriebs im Umherziehen und des Gewerbebetriebs der in § 42b G.O. bezeichneten Personen an Sonn- und Festtagen ist das Kreisamt zuständig. Im übrigen wird auf § 117 dieser Verordnung verwiesen.
Mitführen von Kindern unter 14 Jahren (§ 62 Abs. 3 bis 5 G.O.Die Erlaubnis zum mitführen von Kindern unter 14 Jahren gemäß § 62 Abs. 5 G.O. ist, sofern es sich nicht um die eigenen Kinder oder Enkel handelt, nur in besonders dringenden Ausnahmefällen zu erteilen.
Die Erlaubnis zum Mitführen schulpflichtiger Kinder ist gemäß § 62 Abs. 1 G.O. stets zu versagen, wenn der ausreichende Unterricht der Kinder nicht durch besondere Vorkehrungen gesichert ist. Vor Erteilung der Erlaubnis ist in der Regel eine Äußerung der Kreisschulkommission einzuholen.

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Wird die Erlaubnis zum Mitführen von Kindern unter 14 Jahren erteilt, so ist auf den zu handschriftlichen Eintragungen freigelassenen Seiten des Wandergewerbescheins zu bemerken, daß die Mitführung nicht zu gewerblichen Zwecken erfolgen darf (§ 62 Abs. 3, § 148 Ziff. 7 G.O.).

Beschränkungen Minderjähriger (§ 60b Abs. 1 G.O.).

An der im Abs. 3 bezeichneten Stelle sind auch etwaige Beschränkungen einzutragen, die minderjährigen Personen auf Grund des § 60b Abs. 1 G.O. auferlegt werden.
Feilbieten von Druckschriften im Umherziehen (§ 56 Abs. 4 G.O.).Wer beim Gewerbebetrieb im Umherziehen Druckschriften feilbieten will, hat dem Kreisamt seines Wohnorts (§ 80) ein Verzeichnis der Druckschriften in zwei Ausfertigungen einzureichen. Zur Prüfung darüber, ob die in dem Verzeichnis aufgeführten Druckschriften in sittlicher oder religiöser Beziehung Ärgernis zu geben geeignet sind, ist der Antragsteller in der Regel zur Vorlage je eines Stücks aufzufordern. Von der Einforderung kann abgesehen werden bei Druckschriften, deren Inhalt allgemein bekannt oder von denen mit Rücksicht auf den Namen des Verfassers, des Verlegers usw. oder aus anderen Gründen angenommen werden kann, daß Verbotsgründe nicht vorliegen. Werke, die in Lieferungen erscheinen, sind in der Regel nur im ganzen und erst dann zum Verkauf im Umherziehen zuzulassen, wenn das Werk vollständig vorliegt. Sind erst einzelne Lieferungen veröffentlicht, so kann die Zulassung des ganzen Werkes ausnahmsweise dann erfolgen, wenn dieses nach der Art des Werks, den bei der Herausgabe beteiligten Personen oder auf Grund anderer Umstände unbedenklich erscheint; andernfalls ist die etwaige Zulassung auf die erschienenen oder vorgelegten Lieferungen zu beschränken.
Zur Erleichterung der Prüfung und um zu verhindern, daß die in einem Bezirk beanstandeten Druckschriften usw. in anderen Verwaltungsbezirken zum Feilhalten im Umherziehen zugelassen werden, wird von dem Sekretariat des Ministeriums des Innern, Abteilung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, ein Verzeichnis über die auf Grund des § 56 Ziff. 12 G.O. vom Feilbieten im Umherziehen ausgeschlossenen Druckschriften usw. geführt. Die Kreisämter haben zu diesem Zweck bis zum 15. Januar jeden Jahres eine Nachweisung über die im abgelaufenen Kalenderjahr vom Feilbieten im Umherziehen rechtskräftig ausgeschlossenen Druckschriften dem Ministerium des Innern einzureichen. Fehlanzeigen sind nicht zu erstatten. Das Verzeichnis wird den Kreisämtern auf Anfordern von dem Sekretariat der vorgenannten Ministerialabteilung übersandt und ist nach dem Gebrauch umgehend zurückzuschicken. In gleicher Weise können die dem Ministerium des Innern von anderen Bundesstaaten mitgeteilten Verzeichnisse den Kreisämtern zur Durchsicht überlassen werden. Die Verzeichnisse der im Königreich Preußen auf Grund des § 56 Ziff. 12 G.O. vom Feilbieten im Umherziehen ausgeschlossenen Druckschriften usw. werden den Kreisämtern wie bisher zugestellt.
Gesuche um Genehmigung von Druckschriftenverzeichnissen sind im beschleunigten Geschäftsgang zu erledigen.
Eine Ausfertigung des Verzeichnisses (§ 91) ist bei den Akten zurückzubehalten, die zweite mit Genehmigungsvermerk versehen dem Antragsteller zurückzugeben insoweit die Druckschriften usw. zum Feilbieten im Umherziehen zugelassen werden.
Gewerbetrieb der Ausländer im Umherziehen (§ 56d G.O.).Für den Gewerbebetrieb der Ausländer im Umherziehen gelten die Vorschriften des Abschnitts II der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 27. November 1896 (R.-G.-Bl. S. 745). Hiernach ist ein Wandergewerbeschein an Ausländer nicht zu erteilen:
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a. wenn ein Bedürfnis zur Ausübung des betreffenden Gewerbes in dem Bezirke der Behörde nicht besteht oder der Bedarf schon anderweit, insbesondere durch Erteilung einer entsprechenden Anzahl von Wandergewerbescheinen an Inländer, gedeckt ist,
b. wenn der Antragsteller Zigeuner ist,
c. wenn der Antragsteller das 25. Lebensjahr noch nicht überschritten hat und nicht bereits für das abgelaufene Jahr einen Wandergewerbeschein für das gleiche Gewerbe erhalten hat,
d. wenn die Persönlichkeit des Antragstellers zu erheblichen polizeilichen Bedenken Anlaß gibt.
Neben diesen besonderen Versagungsgründen greifen mit Ausnahme des § 57b Ziff. 1 G.O. alle Vorschriften Platz, nach denen Inländern der Wandergewerbeschein zu versagen ist oder versagt werden kann.
Zum Gewerbe der Schirm- und Kesselflicker, Drehorgelspieler, Dudelsackpfeifer, der Händler mit Blech- und Drahtwaren und ähnlichen Gegenständen dürfen außerdem nur solche Ausländer zugelassen werden, welche nachweislich in dem vorangegangenen Kalenderjahr einen Wandergewerbeschein für das gleiche Gewerbe erhalten haben.
Wandergewerbescheinverzeichnisse.Über die ausgestellten und ausgedehnten Wandergewerbescheine haben die Kreisamter fortlaufende Verzeichnisse zu führen. Aus ihnen soll mindestens ersichtlich sein: Namen, Wohnort und Staatsangehörigkeit des Gesuchstellers und etwaiger Begleiter, der Gegenstand des Gewerbebetriebs und der Tag der Ausfüllung des Scheins und seiner Abgabe an das Finanzamt. Ist der Wandergewerbeschein ausnahmsweise dem Antragsteller unmittelbar behändigt worden, so ist auch dies in dem Verzeichnis zu vermerken.
Wandergewerbeschein-Formulare.Der Bedarf an Vordrucken der Wandergewerbescheine für das kommende Kalenderjahr ist rechtzeitig bei der Kanzlei des Ministeriums des Innern Abteilung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, anzumelden, das die Lieferung veranlassen wird.
Beaufsichtigung des Wandergewerbes.Bei der Aufsicht über den Gewerbebetrieb im Umherziehen ist der Feststellung der Identität des Besitzers des Wandergewerbescheins mit der im Scheine bezeichneten Persönlichkeit von den Polizeibehörden besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ferner ist darauf zu achten, daß
a. Kinder, für welche die ausdrückliche Erlaubnis zum Mitführen nicht unter genauer Bezeichnung in dem Wandergewerbeschein ausgesprochen ist, nicht mitgeführt werden;
b. eine Vernachlässigung der mitgeführten Kinder hinsichtlich des Unterhalts, der körperlichen und sittlichen Pflege und, soweit sie schulpflichtig sind, hinsichtlich des Unterrichts nicht stattfindet;
c. das Mitführen der im Wandergewerbeschein aufgeführten Kinder unter 14 Jahren nicht zum Zweck ihrer Verwendung im Gewerbebetriebe des Wandergewerbetreibenden namentlich auch nicht zur Mitwirkung bei Vorstellungen umherziehender Künstler niederer Gattung oder zu Schaustellungen als Naturmerkwürdigkeiten (Riesenkinder und dergleichen) erfolgt. Jede Verwendung zu gewerblichen Zwecken ist zu verhindern, soweit nicht besondere Gründe die Überzeugung ergeben, daß es sich im einzelnen Falle nur um eine einmalige, gelegentliche, bei dem Mitführen nicht bezweckte geringe Hilfeleistung handelt.
Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben, vom 30. März 1903 (R.-G.-Bl. S. 113) haben mit Rücksicht auf die für den Gewerbebetrieb im Umherziehen in der Gewerbeordnung ausgesprochenen Verbote und Beschränkungen für das Wandergewerbe keine Bedeutung.
Benutzen Wandergewerbetreibende zum Unterbringen der Familie Wagen oder Buden, so ist deren Zustand und Benutzung in gesundheits- und sittenpolizeilicher Beziehung zu überwachen.

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Werden Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen über das mitführen von Kindern festgestellt, so hat die zuständige Behörde regelmäßig das Strafverfahren und, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, die Zurücknahme des Wandergewerbescheins (§ 58 G.O.) oder der Erlaubnis zum Mitführen der Kinder (§ 62 Abs. 4 und 5 daselbst) herbeizuführen. Demnächst ist der Polizeibehörde des Wohnsitzes, mangels eines solchen der des Aufenthaltsorts des Gewerbetreibenden von der Bestrafung Kenntnis zu geben. Auch ist geeignetenfalls wegen Einleitung der Fürsorgeerziehung das Erforderliche zu veranlassen.
Bei Verfolgung der Zuwiderhandlungen haben die Polizei- und Sicherheitsbeamten von ihrer Befugnis zur vorläufigen Festnahme unterhalb der gesetzlichen Grenzen (vgl. die §§ 127, 113, 112 Nr. 2 und 3 der Strafprozeßordnung) Gebrauch zu machen. Es ist zu beachten, daß unbefugtes Mitführen von Kindern nach erfolgter Bestrafung zum Gegenstand eines neuen Strafverfahrens gemacht werden kann.
Wird der Wandergewerbeschein oder die Erlaubnis zum Mitführen von Kindern zurückgenommen, so ist, sofern der Wandergewerbeschein oder die Erlaubnis von einer anderen höheren Verwaltungbehörde erteilt ist, dieser Mitteilung zu machen.
Die Polizeibehörden haben bei der Vernehmung von Personen, die
a. wegen einer strafbaren Handlung aus Gewinnsucht, gegen das Eigentum oder gegen die Sittlichkeit, wegen eines vorsätzlichen Angriffes auf das leben und die Gesundheit eines Menschen, wegen Land- oder Hausfriedensbruchs, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, wegen vorsätzlicher Brandstiftung, wegen Zuwiderhandlung gegen Verbote oder Sicherungsmaßregeln gegen die Einführung oder Verbreitung ansteckender Krankheiten und von Viehseuchen oder
b. wegen einer Übertretung aus § 361 Ziff. 3 bis 8 und 10 des Strafgesetzbuchs verfolgt werden, alsbald festzustellen, ob sich der Verfolgte im Besitz eines Wandergewerbescheins befindet. Trifft dies zu, so ist das Ergebnis der Feststellung tunlichst unter Angabe der Behörde, die den Schein ausgestellt hat, und der Nummer des Scheines auf einem besonderen Blatte zu vermerken. Der Vermerk ist der zur Zurücknahme des Wandergewerbescheins zuständigen Behörde (§ 61 Abs. 3 G.O.) zu übersenden.
Geht bei einer Polizeibehörde eine Strafnachricht ein, so ist zu prüfen, ob der Bestrafte Inhaber eines Wandergewerbescheines ist. Trifft dies zu, so hat die Polizeibehörde tunlichst unter Angabe der Nummer des Scheins und der Behörde, die den Schein ausgestellt hat, von der erfolgten Bestrafung der zur Zurücknahme des Scheins oder der Erlaubnis zuständigen Behörde (§ 61 Abs. 3 G.O.) Mitteilung zu machen. In den Fällen des Abs. 1, a vorstehend bedarf es der Mitteilung jedoch nur dann, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einer Woche festgesetzt ist.
Gewerbetrieb im Umherziehen ohne Wandergewerbeschein (§§ 59, 59a G.O.). Zuständig zur Untersagung eines Gewerbebetriebs nach § 59 a G.O. ist das Kreisamt. Wegen der Rechtsmittel gelten die Vorschriften des § 89 Abs. 2 und 3 diser Verordnung entsprechend.

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Zu Titel IV.

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§ 100.

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Messen und Märkte (§§ 64 bis 66 G.O.).Für die im § 64 G.O. genannten Messen, Jahr- und Wochenmärkte gilt der Grundsatz der Freiheit des Marktbesuches sowie des Kaufes und Verkaufes auf den Märkten. Gewerberechtliche Beschränkungen sind nur in den in § 64 Abs. 2 und 3, §§ 66, 67, 68 und 69 G.O. ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Die Vorschriften über den Gewerbebetrieb im Umherziehen finden nur insofern Anwendung, als ein Wandergewerbeschein auch für das Darbieten von Lustbarkeiten im Umherziehen erforderlich ist (§ 55 Abs. 2 G.O.).
Spezialmärkte (§ 70 G.O.).Für Märkte, die bei besonderen Gelegenheiten oder für bestimmte Gattungen von Gegenständen gehalten werden (z. B. Weihnachtsmärkte, Viehmärkte, Getreidemärkte, Märkte bei Schützenfesten usw.), gelten die Vorschriften der §§ 64 bis 69 G.O. nur insoweit, als nicht durch die Marktordnung ein anderes bestimmt wird.
Die Vorschriften des § 71 G.O. gelten sowohl für die Messen, Jahr- und Wochenmärkte, wie auch für die besonderen Märkte (Spezialmärkte).

§ 101.

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Messen, Jahr-, Getreide-, Frucht- und Viehmärkte sowie sonstige Märkte für Rohstoffe, die nicht ausschließlich zur Befriedigung örtlicher Bedürfnisse dienen, sondern die auf einen größeren Verkehr berechnet sind, bedürfen zu ihrer Einführung der Genehmigung des Ministeriums des Innern.
Zur Einführung und Abhaltung von Wochenmärkten für den vorzugsweise örtlichen Bedarf, von Trödel-, Weihnachts- und ähnlichen Märkten sowie von den mit Kirchweihen zusammenhängenden Märkten bedarf es in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, der Genehmigung der Bürgermeisterei, im übrigen des Kreisamts. Die gleichen Behörden haben auch über die fernere Gestattung des herkömmlichen Wochenmarktverkehrs mit Handwerkerwaren durch einheimische Verkäufer (§ 64 Abs. 2 G.O.) sowie darüber Bestimmung zu treffen, welche Gegenstände außer den in § 66 G.O. ausgeführten nach Ortsgewohnheit und Bedürfnis in ihrem Dienstbezirk überhaupt oder an welchen Orten zu den Wochenmarktsartikeln gehören.
Die dauernde Verlegung der festgesetzten Meß- und Markttage kann nur von der Behörde genehmigt werden, der die Bewilligung des Marktes selbst zusteht. Die durch vorübergehende Vorkommnisse veranlaßte Verlegung einzelner Märkte der in Abs. 1 bezeichneten Art kann das Kreisamt gestatten.

§ 102.

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Mit Ausnahme der auf Sonntage fallenden Meßtage und der mit Kirchweihen verbundenen Veranstaltungen dürfen Märkte der in § 100 dieser Verordnung bezeichneten Art an Sonn- und Festtagen nur in besonderen Ausnahmefällen abgehalten werden.
Bei der Festsetzung der Marktzeit und der Verkaufszeiten auf Messen ist auf die Bestimmungen über die Sonntagsruhe (§§ 105a ff. G.O.) und über die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern in offenen Verkaufsstellen (§§ 139c ff. G.O.) nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen.

§ 103.

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Marktordnungen (§ 69 G.O.).Für den Erlaß von Marktordnungen (§ 69 G.O.) sind die Vorschriften der Artikel 15, 192 der Landgemeindeordnung und Artikel 64 der Kreis- und Provinzialordnung sowie der Artikel 15, 129b Abs. 2 Ziff. 1, 199 der Städteordnung maßgebend.

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§ 104.

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Erweiterung des Marktverkehrs auf Spezialmärkten (§ 70 Abs. 2 G.O.).Zuständige Behörde“ im Sinne des § 70 Abs. 2 G.O. sind die in § 101 (Abs. 2) dieser Verordnung genannten Behörden.

Zu Titel V.

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§ 105.

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Taxen der Schornsteinfeger (§ 77 G.O.).Wegen der Gebühren der Schornsteinfeger wird auf die Bestimmungen unter Ziff. V des Regulations die Reinigung der Schornsteine betreffend, vom 26. Januar 1875 (Reg.-Bl. S. 85 ff.) in der durch die Bekanntmachung vom 19. Dezember 1896 (Reg.-Bl. S. 212) abgeänderten Fassung verwiesen.

Zu Titel VI.

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I. Innungen.

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(§ 81-100u. G.O.).

§ 106.

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Behörden und Rechtsmittel im allgemeinen.Soweit in Nachstehendem nichts anderes bestimmt ist, werden die Obliegenheiten der „unteren Verwaltungsbehörde“ – „Aufsichtsbehörde“ – in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, durch die Bürgermeisterei, im übrigen durch das Kreisamt ausgeübt.

§ 107.

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In den Fällen der §§ 89 Abs. 4, 89a, 89b, 92c, 94b, 94c Abs. 5, 95 Abs. 4, 96 Abs. 7, 100h, 100o Abs. 1 G.O. entscheidet über Beschwerden gegen ein Erkenntnis, das die Bürgermeisterei als Aufsichtsbehörde erlassen hat, der Kreisausschuß, über Beschwerden gegen ein Erkenntnis, welches das Kreisamt als Aufsichtsbehörde erlassen hat, der Provinzialausschuß im Verwaltungsstreitverfahren jeweils in erster und letzter Instanz.

§ 108.

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Freie Innungen, Errichtung (§§ 82, 83, 84 G.O.).Die Gewerbetreibenden, die zu einer freien Innung zusammentreten wollen, haben den von ihnen vollzogenen Entwurf des Statuts in zwei Ausfertigungen der unteren Verwaltungsbehörde (§ 106) einzureichen, in deren Bezirk die Innung ihren Sitz haben soll und dabei Bevollmächtigte zu bezeichnen, die bis zur Errichtung der Innung zu ihrer Vertretung befugt sein sollen.
In Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, hat die untere Verwaltungsbehörde diese Vorlagen mit einer gutächtlichen Äußerung dem Kreisamte zu übersenden und dabei anzuzeigen,
1) ob in dem Innungsbezirk für diejenigen Gewerbe, welche die Innung umfassen soll, bereits eine freie oder Zwangsinnung besteht und
2) wenn eine solche freie Innung besteht, ob für den Fall der Errichtung der neuen Innung beiden Innungen die Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben möglich sein wird.
Soll der Bezirk der Innung über den Kreis oder über die Grenzen des Staatsgebietes hinausgehen, so hat das Kreisamt zunächst hierzu die Genehmigung des Ministeriums des Innern (§ 82 Abs. 1 und 2 G.O.) einzuholen.

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§ 109.

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Innungsstatut (§ 83, 84 G.O.).Ergeben sich gegen die Genehmigung des Statuts Bedenken, die sich durch Verhandlung mit den Antragstellern nicht beseitigen lassen, so legt das Kreisamt die Verhandlungen dem Kreisausschuß zur Entscheidung vor. Für das Verfahren gilt § 19 Abs. 2 Ziffer 1 entsprechend. Die Entscheidung des Provinzialausschusses ist endgültig.
Wird das Statut genehmigt, so ist die eine Ausfertigung durch Vermittlnng der unteren Verwaltungsbehörde den Bevollmächtigten (§ 108 Abs. 1 oben) auszuhändigen
Nach Drucklegung des Statuts sind 3 Abdrücke der Aufsichtsbehörde einzureichen. Diese gibt der Handwerkskammer unter Übersendung eines Statutabdrucks von der Errichtung der Innung Kenntnis.

§ 110.

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Bei Aushändigung des genehmigten Statuts hat die untere Verwaltungsbehörde die Unterzeichner des Statuts zu einer Versammlung zu berufen, in der die Innung errichtet wird und die Vertreter, sofern die Innungsversammlung aus solchen bestehen soll (§ 92 Abs.3 G.O.), der Innungsvorstand und tunlichst auch die Inhaber der übrigen Innungsämter gewählt werden.

§ 111.

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Vollstreckung der Entscheidungen der Innung und Innungsschiedsgerichte (§ 91b G.O.).Die der Polizeibehörde in § 91b Abs. 5 G.O. zugewiesenen Obliegenheiten sind von dem Kreisamt wahrzunehmen.

§ 112.

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Die Aufsichtsbehörde hat insbesondere
1) über die Zusammensetzung des Vorstandes nach Maßgabe der eingehenden Anzeigen ein Verzeichnis zu führen, in welches jedem Einsicht zu gewähren ist. Auf Grund des Verzeichnisses sind die im § 92b Abs. 2 G.O. erwähnten Bescheinigungen auszustellen;
2) den Innungsvorstand anzuweisen, Zeit und Ort jeder von der Innung zu veranstaltenden Prüfung rechtzeitig anzuzeigen, und von ihrem Recht, zu den Prüfungen einen Vertreter zu entsenden, in der Regel Gebrauch zu machen;
3) ein fortlaufendes Verzeichnis über die im Eigentum der Innung stehenden Grundstücke und deren dingliche Belastung, sowie über die der Innung gehörenden Gegenstände, die einen geschichtlichen, wissenschaftlichen und Kunstwert haben, zu führen.
Bei der Entscheidung von Streitigkeiten über den Ausschluß von Mitgliedern ist zu beachten, daß bei freien Innungen eine Änderung des Bezirks sowie die Verlegung des Wohnsitzes oder des Gewerbebetriebs außerhalb des Bezirks der Innung zum Ausschluß des Mitglieds nur berechtigt, wenn für diese Fälle im Statut die Ausschließung für zulässig oder notwendig erklärt worden ist. :Beschwerden über die Rechtsgültigkeit der Wahlen werden von der Aufsichtsbehörde endgültig entschieden (§ 94 G.O.).

§ 113.

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Auflösung und Schließung (§ 97, 98 G.O.).Beschließt die Innung ihre Auflösung, so hat die Aufsichtsbehörde zu prüfen, ob die Voraussetzungen zutreffen und die Form beobachtet ist, die das Gesetz (§ 96 Abs. 6 G.O.) und das Statut für diesen Fall vorgesehen haben.
In den Fällen des § 97 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 G.O. hat die Aufsichtsbehörde die Innung aufzufordern, binnen einer angemessenen Frist die erforderliche, genau zu bezeichnende Änderung des Statuts zu bewirken oder ihrer Verpflichtung zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nachzukommen.

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Entspricht die Innung der Aufforderung nicht, so ist dem Innungsvorstand eine neue Frist zu setzen und ihm gleichzeitig zu Protokoll zu eröffnen, daß bei abermaliger Versäumung dieser Frist die Schließung der Innung zu gewärtigen sei. Ist auch diese Aufforderung ohne Erfolg, so hat die Aufsichtsbehörde die Verhandlungen dem Kreisausschuß zur Entscheidung vorzulegen. Für das Verfahren und die Rechtsmittel gilt § 19 Abs. 2 Ziff. 1 mit der Maßgabe, daß gegen die Entscheidung des Provinzialausschusses ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben ist.
In den Fällen des § 97 Abf. 1 Ziffer 3 und 4 G.O. ist zunächst dem Innungsvorstand Gelegenheit zur Äußerung zu geben und sodann in der Regel ohne weitere Verhandlung die Sache dem Kreisausschuß zur Beschlußfassung vorzulegen.

§ 114.

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Wird die Auflösung der Innung beschlossen, so liegt die Abwickelung der Geschäfte zunächst dem Vorstand oder dem durch Innungsbeschluß besonders beauftragten Personen ob. Die Aufsichtsbehörde übt hierbei dieselben Befugnisse aus, die ihr bei der laufenden Verwaltung von Angelegenheiten der Innungen zustehen. Wenn jedoch der Vorstand oder die Beauftragten der Innung ihrer Verpflichtung nicht genügen, insbesondere die Gesetze, das Statut oder die Innungsbeschlüsse nicht beachten und wiederholte Anforderungen zur ordnungsmäßigen Abwickelung der Geschäfte unbefolgt lassen, so übernimmt die Aufsichtsbehörde oder ihr Beauftragter die Erledigung der Geschäfte.
Im Fall der Schließung der Innung erfolgt die Abwickelung der Geschäfte durch die Aufsichtsbehörde oder durch ihren Beauftragten.
Nach der Auflösung oder Schließung kann das Ministerium des Innern als höhere Verwaltungsbehörde im Sinne des § 98 Abs. 3 G.O. den mit der Innung verbunden gewesenen Unterstützungskassen, die nicht Innungskrankenkassen waren, Korporationsrechte verleihen. Über das Vermögen aufgelöster oder geschlossener Innungskrankenkassen (§ 73 des Krankenversicherungsgesetzes) ist bis zum Inkrafttreten des 2. Buches der Reichsversicherungsordnung nach Maßgabe des § 47 Abs. 3 bis 6 des Krankenversicherungsgesetzes zu verfügen.

§ 115.

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Zu § 98a Abs. 4 G.O.Streitigkeiten über die Verwendung des Innungsvermögens entscheidet der Kreisausschuß. Für das Verfahren und die Rechtsmittel gilt § 19 Abs. 2 Ziff. 1 mit der Maßgabe, daß gegen die Entscheidung des Provinzialausschusses ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben ist.

§ 116.

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Nebenstatuten (§ 85 G.O.).Die Nebenstatuten sind ausschließlich zur Ordnung derjenigen Einrichtungen bestimmt, die zur Erfüllung der im § 81b Ziff. 3 bis 5 G.O. aufgeführten, durch das Hauptstatut unter die Zwecke der Innung aufgenommenen Aufgaben dienen sollen.
Der Entwurf der Nebenstatuten ist in zwei Exemplaren unter Anschluß einer Ausfertigung des Beschlusses der Innungsversammlung der Aufsichtsbehörde einzureichen. Diese hat darauf zu achten, daß die etwa erforderliche Zuziehung des Gesellenausschusses erfolgt, und sodann die erwachsenen Akten nach Anhör der Gemeindebehörde (§ 4 dieser Verordnung) mit einer gutachtlichen Äußerung dem Kreisamt vorzulegen, falls dieses nicht selbst gleichzeitig Aufsichtsbehörde ist.
Darüber, ob die beabsichtigte Nebeneinrichtung überhaupt oder in der beantragten Form zuzulassen ist, hat das Kreisamt nach freiem Ermessen zu befinden. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob durch die beabsichtigte Einrichtung der Bestand ähnlicher an denselben Orten bereits bestehender

[81]

Organisationen gefährdet wird. Daß das Statut der Innung diese Einrichtungen unter die Ausgaben der Innung aufgenommen hat und mit dieser Bestimmung genehmigt ist, gibt der Innung keinen Anspruch auf Genehmigung des Nebenstatuts. Die Nebenstatuten müssen Vorschriften über die Voraussetzungen und die Form ihrer Aufhebung treffen.
Wird die Genehmigung erteilt, so ist ein Stück des genehmigtem Nebenstatuts dem Innungsvorstand durch Vermittelung der Aufsichtsbehörde auszuhändigen. Nach Drucklegung des Nebenstatuts hat der Innungsvorstand der Aufsichtsbehörde drei Abdrücke vorzulegen.
Für den Fall der Versagung der Genehmigung ist dem Innungsvorstand ein mit Gründen versehener Bescheid zuzustellen, in dem darauf hinzuweisen ist, daß binnen vier Wochen die Beschwerde an das Ministerium des Innern eingelegt werden kann (§ 85 G.O.).

§ 117.

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Abänderung der StatutenBei Abänderung des Innungsstatuts und der Nebenstatuten ist in entsprechender Weise zu verfahren. Der Antrag ist unter Bezugnahme auf den in einer Ausfertigung beizuschließenden Beschluß der Innungsversammlung von dem Innungsvorstand zu stellen.

§ 118.

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Zwangsinnungen. AllgemeinesZwangsinnungen können nur für Gewerbetreibende, die das gleiche Handwerk oder verwandte Handwerke betreiben, gebildet werden.
In der Regel werden nur solche Handwerke als verwandt bezeichnet werden können, die ihrer technischen Natur nach verwandt sind. Abweichend hiervon wird aber auch dann die Bildung einer Zwangsinnung für verwandte Gewerbe zuzulassen sein, wenn Handwerke, die nach strenger Beurteilung zwar als technisch verwandt nicht angesprochen werden können, doch nach ortsüblicher Gewohnheit gleichzeitig betrieben werden und in ihrer Technik einander so nahestehen, daß der Betrieb des einen zugleich ein ausreichendes Verständnis für die technischen Fertigkeiten, den geschäftlichen Betrieb und die wichtigsten Interessen des anderen gewährleistet. In Zweifelsfällen ist die Handwerkskammer gutächtlich zu hören.

§ 119.

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Antrag auf Errichtung (§ 100 G.O.).Der Antrag auf Errichtung einer Zwangsinnung ist bei der unteren Verwaltungsbehörde (§ 106 oben), in deren Bezirk die Zwangsinnung ihren Sitz haben soll, anzubringen und muß enthalten:
die Angabe
1) des Handwerks oder der Handwerker, für welche die Zwangsinnung errichtet werden soll,
2) des Bezirks der Zwangsinnung,
3) der ungefähren Zahl der beteiligten Handwerker,
4) der zur Führung der weiteren Verhandlungen Bevollmächtigten.
Soll die Zwangsinnung nach dem Willen der Antragsteller nur auf Gewerbetreibende beschränkt werden, die der Regel nach Gesellen oder Lehrlinge halten, so muß dies in dem Antrage ausdrücklich gesagt sein; andernfalls ist anzunehmen, daß eine Einschränkung nicht den Wünschen der Antragsteller entspricht.
Der Antrag ist von allen Antragstellern zu unterschreiben. Wird der Antrag von einer freien Innung gestellt, so ist eine Ausfertigung des Beschlusses der Innungsversammlung beizufügen.

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In Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, hat die untere Verwaltungsbehörde den Antrag mit gutächtlicher Äußerung dem Kreisamt einzureichen. Die Äußerung hat sich insbesondere darauf zu erstrecken:
1) ob im Bezirk der beabsichtigten Zwangsinnung freie Innungen für die gleichen Gewerbe bestehen;
2) ob der Bezirk der Zwangsinnung so abgegrenzt ist, daß kein Mitglied durch die Entfernung seines Wohnorts vom Sitze der Innung behindert wird, am Innungsleben teilzunehmen und die Innungseinrichtungen zu benutzen;
3) ob die Zahl der im Bezirke vorhandenen Handwerker, die im Falle der Errichtung der beantragten Zwangsinnung dieser angehören würden, zur Bildung einer leistungsfähigen Innung ausreicht; ein namentliches Verzeichnis der beitrittspflichtigen Gewerbetreibenden ist beizufügen;
4) in welchem Verhältnis die Zahl der Antragsteller zu der Zahl der beteiligten Handwerker im Bezirk der Zwangsinnung überhaupt steht und
5) ob andere Einrichtungen (Vereinigungen, Gewerbevereine usw.) bestehen, durch welche für die Wahrnehmung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der beteiligten Handwerker ausreichende Fürsorge getroffen ist.

§ 120.

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Ergibt sich, daß eine der im § 100 Abs. 4 G.O. bezeichneten Voraussetzungen vorliegt, so kann der Antrag ohne eine Abstimmung herbeizuführen abgelehnt werden. Er ist abzulehnen, wenn das Kreisamt die Überzeugung gewinnt, daß der Bezirk den Anforderungen des § 100 Abs. 1 Ziff. 2 G.O. nicht entspricht, oder die Zahl der Handwerker zur Bildung einer leistungsfähigen Innung nicht ausreicht (§ 100 Abs. 1 Ziff. 3 G.O.), oder wenn die Voraussetzungen des §118 oben nicht zutreffen. Soll sich der Bezirk der Zwangsinnung über den Kreis hinaus erstrecken, so hat das Kreisamt zunächst hierzu die Genehmigung des Ministeriums des Innern gemäß § 82 G.O. einzuholen. Die Genehmigung ist auch erforderlich, wenn die freie Innung, an deren Stelle die Zwangsinnung treten soll, die Genehmigung zur Ausdehnung ihres Bezirks erhalten hatte.

§ 121.

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Liegen mehrere Anträge vor, die hinsichtlich des Bezirks der Zwangsinnung oder hinsichtlich der einzubeziehenden Handwerke oder Handwerker miteinander in Widerspruch stehen, im übrigen aber zu Bedenken der im vorstehenden Paragraph bezeichneten Art keinen Anlaß geben, so ist zunächst der Versuch zu machen, im Wege mündlicher Verhandlung eine Verständigung der Antragsteller über einen Antrag herbeizuführen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so sind die Anträge nacheinander zur Abstimmung zu bringen.
Die Reihenfolge der Abstimmung ist von dem .Kreisamt nach freiem Ermessen zu bestimmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß es der Absicht des Gesetzes entsprechen wird, wenn in erster Linie Zwangsinnungen für ein Handwerk und für den Bezirk einer Gemeinde errichtet werden, und daß sonach Anträge, welche diesen Anforderungen entsprechen oder am meisten nahekommen, den Vorzug verdienen. Andererseits aber wird auch über hiervon abweichende Anträge zur Vermeidung unnötiger Abstimmungen dann zuerst abgestimmt werden können, wenn mit einiger Sicherheit angenommen werden kann, daß sich die Mehrheit der beteiligen Handwerker für sie aussprechen werde. Findet

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ein Antrag die Mehrheit, so werden alle übrigen Antrage gegenstandslos, wovon dem Unterzeichnern Mitteilung zu machen ist.

§ 122.

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Verfahren bei der Abstimmung (§ 100a, 100b G.O.).Zur Ermittelung der Mehrheit der beteiligten Handwerker (§ 100 Abs.1 Ziff. 1 G.O.) hat das Kreisamt einen Kommissar zu bestellen und dies in dem für die amtlichen Bekanntmachungen des Kreisamts bestimmten Blatt zu veröffentlichen.
Der Kommissar erläßt eine {{SperrSchrift|Bekanntmachung über Art und Zeit der Abstimmung nach dem in Anlage II Anlage II. abgedruckten Muster, die von den Bürgermeistereien des Bezirks der Zwangsinnung in ortsüblicher Weise zur Kenntnis der Beteiligten zu bringen ist. Die von den Abstimmenden abgegebenen Erklärungen hat der Kommissar in die Liste (Anlage III) Anlage III. einzutragen. Nach Ablauf der Frist für die Abstimmung hat der Kommissar die Liste zu schließen und während zwei Wochen zur Einsicht und Erhebung etwaiger Einsprüche der Beteiligten öffentlich auszulegen. Zeit und Ort der Auslegung sind mit dem Hinweise darauf öffentlich bekannt zu machen, daß nach Ablauf der Frist angebrachte Einsprüche unberücksichtigt bleiben. Demnächst hat der Kommissar die Listen dem Kreisamt einzureichen, das über die Einsprüche entscheidet.
In einzelnen Fällen wird es zweckmäßig sein, vor Erlaß der Bekanntmachung nach Anlage II Listen aller wahlberechtigter Handwerker unter Anlehnung an das in Anlage III gegebene Formular aufzustellen und in der Bekanntmachung auf diese an einer zu bezeichnenden Stelle auszulegende Liste hinzuweisen. Das Ergebnis der Abstimmung wird dann in die Liste nur bei denjenigen Personen einzutragen sein, die an der Abstimmung sich beteiligten. Ebenso wird es im Interesse aller gehörigen Benachrichtigung der Beteiligten und zur Kontrolle über die Identität der Abstimmenden unter Umständen zweckmäßig sein, neben der ortsüblichen Bekanntmachung noch eine Aufforderung zur Teilnahme an der Abstimmung durch besondere Sehreiben an alle beteiligten Handwerker, soweit sie bekannt sind, zu richten.
Ergibt die Abstimmung, daß sich nicht mehr als die Hälfte aller Abstimmenden für die Einführung des Beitrittszwanges erklärt hat, so hat das Kreisamt den Antragstellern unter Mitteilung des Abstimmungsergebnisses einen ablehnenden Bescheid zuzustellen.
Hat sich jedoch die Mehrheit dafür ausgesprochen, so hat das Kreisamt die Anordnung über die Errichtung der Zwangsinnung zu erlassen. Die Bekanntmachung ist nach dem in Anlage IV Anlage IV. abgedruckten Muster im Amtsverkündigungsblatt zu veröffentlichen.

§ 123.

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Ist die Anordnung über die Errichtung der Zwangsinnung rechtskräftig geworden, so hat die untere Verwaltungsbehörde die Antragsteller zur Einreichung eines Entwurfs des Innungsstatuts aufzufordern. Kommen sie dieser Anforderung innerhalb der gestellten Frist nicht nach, so hat die untere Verwaltungsbehörde ein Innungsstatut zu entwerfen und die in die Zwangsinnung einzubeziehendem Handwerker oder die von diesen zu wählenden Vertreter durch ortsübliche Bekanntmachung zu einer Beschlußfassung über den Entwurf zusammenzuberufen. Das beschlossene Statut ist in zwei Ausfertigungen dem Kreisamt mit dem Antrage auf Genehmigung einzureichen. Ergibt sich bei der Prüfung die Unzweckmäßigkeit einzelner Bestimmungen, so ist auf ihre Abänderung hinzuwirken.
Wird die Genehmigung endgültig versagt, so ist eine erneute Beschlußfassung herbeizuführen und das Ergebnis der Beschlußfassung dem Kreisamt wiederum vorzulegen. Falls die Genehmigung abermals endgültig versagt wird, hat das Kreisamt das Statut mit rechtsverbindlicher Kraft zu erlassen.

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Nach Genehmigung oder Erlaß des Statuts hat die Aufsichtsbehörde unverzüglich die Errichtung der Zwangsinnung gemäß § 110 oben in die Wege zu leiten. Nach Drucklegung sind drei Abdrücke des Statuts der Aufsichtsbehörde einzureichen Diese gibt der Handwerkskammer unter Übersendung eines Statutabdrucks von der Errichtung der Innung Kenntnis. Der Vorstand der Zwangsinnung hat jedem Mitgliede einen Abdruck des Statuts auszuhändigen.

§ 124.

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Schließung der freien Innungen (§§ 110b Abs. 4 100k Abs. 1 G.O.).Mit dem Inkrafttreten der Anordnung über die Errichtung der Zwangsinnung sind die für die gleichen Gewerbezweige bestehenden freien Innungen, deren Sitz sich im Bezirk der Zwangsinnung befindet, durch das Kreisamt zu schließen. Die Aufsichtsbehörde der freien Innung überwacht die Abwickelung der Geschäfte und den Übergang des Vermögens der freien Innung auf die Zwangsinnung. Der Bestand des Vermögens der freien Innung ist durch das Kreisamt in urkundlicher Form festzustellen.

§ 125.

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Zu § 100l G.O.Sind mit einer freien Innung andere Unterstützungskassen als Innungskrankenkassen verbunden gewesen, so hat die Aufsichtsbehörde alsbald nach Veröffentlichung der Anordnung eine Versammlung der in die Zwangsinnung einzubeziehenden Handwerker oder der von ihnen zu wählenden Vertreter einzuberufen, um wegen Übernahme der Kasse auf die Zwangsinnung, jedoch unter Aufhebung eines etwa bestehenden Beitrittszwanges, zu verhandeln. Wird die Übernahme der Kasse beschlossen und von der bisherigen Vertretung der Kasse hierzu die Zustimmung erteilt, so hat die Aufsichtsbehörde gleich nach Errichtung der Zwangsinnung die Änderung des Nebenstatuts herbeizuführen.
Lehnt die Versammlung die Übernahme der Kasse auf die Zwangsinnung ab, oder verweigert die Vertretung der Unterstützungskasse die Zustimmung, so hat die Aufsichtsbehörde die Entschließung des Ministeriums des Innern über die Verleihung der Korporationsrechte an die Kasse einzuholen. Wird die Verleihung abgelehnt, so haben die Aufsichtsbehörde oder ihre Beauftragte das Vermögen der Kasse zur Berichtigung der vorhandenen Schulden und zur Erfüllung der sonstigen Verbindlichkeiten der Kasse zu verwenden. Der Rest ist nach Maßgabe des Nebenstatuts zu behandeln, doch kann, sofern nicht das Nebenstatut eine entgegenstehende Bestimmung enthält, die Vertretung der Kasse beschließen, daß jedem Mitgliede seine Beiträge zurückgezahlt werden sollen. Der hiernach verbleibende Rest ist der Gemeinde, in der die freie Innung ihren Sitz hatte, zur Benutzung für gewerbliche Zwecke zu überweisen.

§ 126.

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Besteht bei der freien Innung eine Innungskrankenkasse (§ 73 des Ktrankenversicherungsgesetzes,, so hat die Aufsichtsbehörde in den Fällen, in denen nach § 100I Abf. 2 G.O. die Schließung der Kasse erfolgen kann, die Entschließung des Kreisamts hierüber herbeizuführen. Erfolgt die Schließung, so ist nach § 47 Abs. 3 bis 6 des Krankenversicherungsgesetzes zu verfahren, andernfalls geht die Kasse mit ihren Rechten und Verbindlichkeiten auf die Zwangsinnung über. Ihre Verwaltung erfolgt, solange nicht das Kreisamt die Abänderungen des Nebenstatuts vollzogen hat, durch die bisherigen Kassenorgane. Verweigern diese die Dienstleistung, so hat die Aufsichtsbehörde die Verwaltung zu übernehmen (§ 45 Abs. 5 des Krankenversicherungsgesetzes). Mit dem Inkrafttreten des zweiten Buchs der Reichsversicherungsordnung richten sich die Rechtsverhältnisse der Innungskrankenkassen nur noch nach der Reichsversicherungsordnung.

[85]

§ 127.

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Bestehen bei der freien Innung gemeinsame Geschäftsbetriebe, so hat die Aufsichtsbehörde die freie Innung alsbald nach Veröffentlichung der Anordnung über die Errichtung der Zwangsinnung darauf hinzuweisen, daß die Umwandlung in eine Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft binnen sechs Monaten erfolgt sein müsse, widrigenfalls der Geschäftsbetrieb geschlossen und das Vermögen nach Vorschrift des Statuts verwendet werde. Nach der Umwandlung ist der abgesonderte Teil des Vermögens durch die Aufsichtsbehörde der Genossenschaft zu überweisen. Wird die Umwandlung abgelehnt, so ist mit dem ausgesonderten Vermögen nach Maßgabe der statutarischen Bestimmungen zu verfahren.
Ist die Aufsichtsbehörde der Ansicht, daß an der Erhaltung des gemeinsamen Geschäftsbetriebes ein über den Kreis der Teilnehmer hinausgehendes öffentliches Interesse besteht, so hat sie alsbald nach Veröffentlichung der Anordnung über die Errichtung der Zwangsinnung einen Beschluß der in diese einzubeziehenden Handwerker oder ihrer Vertreter wegen Fortführung der Geschäftsbetriebe durch die Zwangsinnung herbeizuführen und den die Übernahme aussprechenden Beschluß dem Kreisamt zur Genehmigung vorzulegen. Nach Errichtung der Zwangsinnung ist ein förmlicher Beschluß der Innungsversammlung wegen Übernahme des Geschäftsbetriebes und dessen Genehmigung durch das Kreisamt herbeizuführen.
Kommt ein solcher Beschluß nicht zustande oder wird die Genehmigung versagt, so ist nach Maßgabe der Vorschrift in § 125 Abs. 2 Satz 2 bis 4 vorstehend zu verfahren.

§ 128.

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Ausscheiden aus einer freien Innung (§ 100b Abs. 5, § 100k Abs. 2 G.O.).Bleibt eine freie Innung unter Ausscheidung des in eine Zwangsinnung einbezogenen Teiles ihrer Mitglieder bestehen, so hat die Aufsichtsbehörde zunächst durch Verhandlung mit den Vorständen den Versuch einer Einigung über die Art der Verteilung des Vermögens zu machen und demnächst eine Beschlußfassung der Innungen zu veranlassen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so hat das Kreisamt über die Verteilung unter Berücksichtigung des Verhältnisses der Zahl der ausgeschiedenen Mitglieder zu der Zahl der in der freien Innung verbleibenden Mitglieder zu verfügen.

§ 129.

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§ 100m. G.O.Besteht bei der freien Innung eine Innungs-Krankenkasse, so ist über die Verteilung ihres Vermögens auf eine Verständigung zwischen der Innung und den Ortskrankenkassen (Gemeinde-Krankenversicherung) hinzuwirken. Ist eine solche nicht zu erzielen, so hat das Kreisamt über die Verteilung des Vermögens nach Maßgabe des § 100m G.O. zu bestimmen. Von einer Verteilung des Vermögens wird abzusehen sein, wenn aus der Kasse nur einzelne Mitglieder ausscheiden, oder die bei den Ausscheidenden beschäftigten Personen sich auf eine größere Zahl von Kasseneinrichtungen derart verteilen, daß die auf die einzelnen Einrichtungen entfallenden Anteile der mit der Überweisung verbundenen Mühewaltung nicht entsprechen würden. Nach Inkrafttreten des zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung richten sich die Verhältnisse der Innungskrankenkassen nur noch nach dieser.

§ 130.

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Vor der Entscheidung von Streitigkeiten darüber, ob jemand der Zwangsinnung als Mitglied angehört, ist in allen wichtigen und zweifelhaften Fällen der Handwerkskammer und der Handelskammer Gelegenheit zur gutachtlichen Äußerung zu geben.

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§ 131.

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Aufsicht und NebenstatutenAuf die Beaufsichtigung der Zwangsinnungen finden die Bestimmungen in § 112 Ziff. 1 bis 3 dieser Verordnung mit den aus den §§ 100o und 100s Abs. 5 und 6 G.O. sich ergebenden Abänderungen entsprechende Anwendung.
Für die Nebenstatuten gelten die Bestimmungen in den §§ 116, 117 vorstehend mit der Maßgabe, daß gemeinsame Geschäftsbetriebe nicht errichtet werden dürfen.

§ 132.

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Schließung (§ 100t G.O.).Zu Innungsversammlungen, in denen über Anträge auf Zurücknahme der Anordnung wegen Errichtung der Zwangsinnung (§ 100t G.O.) oder auf Änderung des Innungsbezirks oder des Bestandes (§ 100u G.O.) beschlossen werden soll, hat die Aufsichtsbehörde einen Vertreter zu entsenden. Dabei ist zu beachten, daß an der Abstimmung über Anträge auf Zurücknahme der Anordnung wegen Errichtung der Zwangsinnung nur die beitragspflichtigen Mitglieder teilnehmen dürfen.
Gegen die von dem Kreisamt nach § 100t Abs. 3 G.O. angeordnete Schließung einer Zwangsinnung ist nach Abs. 5 daselbst die Beschwerde an das Ministerium des Innern zulässig. Bei Schließung einer Zwangsinnung auf Grund des § 100t. Abs. 6 G.O. ist nach § 113 dieser Verordnung zu verfahren.
Erfolgt die Schließung der Zwangsinnung auf den im § 97 Abs. 1 Ziffer 2 bis 4 G.O. angeführten Gründen, so hat nach Rechtskraft der Entscheidung das Kreisamt bekannt zu machen, daß die Anordnung über die Errichtung der Zwangsinnung außer Kraft getreten ist. Auf die Abwickelung der Geschäfte und die Verwendung des Vermögens finden die Bestimmungen des §114 Abs. 2 und 3 oben mit den aus § 100t Abs. 4 G.O. sich ergebenden Änderungen Anwendung.
Höhere Verwaltungsbehörde im Sinne des § 100t. Abs. 4 letzter Satz G.O. ist das Ministerium des Innern, Abteilung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe.

II. Innungsausschüsse.

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(§§ 101, 102 G.O.)

§ 133.

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Statut (§ 101 G.O.).Der Entwurf des Statuts des Innungsausschusses ist in zwei Ausfertigungen unter Anschluß der Beschlüsse der Innungen, die den Innungsausschuß errichten wollen, dem Kreisamte, in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, durch Vermittlung der Aufsichtsbehörde (Bürgermeisterei) einzureichen.
Das Statut muß Bestimmungen treffen über:
1) Namen, Zweck und Sitz des Innungsausschusses;
2) die Bedingungen der Aufnahme und des Ausscheidens;
3) die Bildung und Befugnisse des Vorstandes und der Versammlung des Innungsausschusses;
4) die Beiträge;
5) die Voraussetzungen und die Formen der Abänderung des Statuts und der Auflösung des Innungsausschusses.
Das Statut darf keine Bestimmungen enthalten, die mit den gesetzlichen Zwecken des Innungsausschusses nicht in Verbindung stehen oder gesetzlichen Vorschriften zuwiderlaufen.

[87]

§ 134.

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Schließung (§ 102 G.O.).Zuständig zur Schließung eines Innungsausschusses ist der Kreisausschuß. Für das Verfahren gilt § 113 Abs. 2 oben entsprechend.

III. Handwerkskammer.

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(§ 103-103q G.O.)

§ 135.

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AllgemeinesFür das Großherzogtum besteht die „Handwerkskammer zu Darmstadt“. Wegen des Statuts sowie wegen der Wahlordnungen für die Handwerkskammer und für den Gesellenausschuß der Handwerkskammer wird auf die Bekanntmachung vom 12. Dezember 1899 (Reg.-Bl. S. 349 ff.), abgeändert durch die Bekanntmachungen vom 28. August 1902 (Reg.-Bl. S. 437) und vom 8. Juli 1903 (Reg.-Bl. S. 298) verwiesen.

§ 136.

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Zuständigkeitsbestimmungen Soweit im einzelnen nachstehend nichts Anderes bestimmt ist, werden in den Fällen der §§ 103-103q G.O. und der in ihnen angerufenen anderen Gesetzesparagraphen die Obliegenheiten der {{SperrSchrift|höheren Verwaltungsbehörde – Aufsichtsbehörde – {{SperrSchrift|von dem Ministerium des Innern, Abteilung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe wahrgenommen. Gegen die gemäß § 103c Abs. 2 (§ 94b), § 103g Abs. 3 Ziff. 5, § 103h Abs. 2, § 103I G.O. ergehenden Verfügungen, Anordnungen und Entscheidungen dieser Ministerialabteilung ist binnen 4 Wochen die Beschwerde an das Ministerium des Innern zulässig.

§ 137.

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Unter „Aufsichtsbehörde“ im Sinne des § 103n Abs. 1 (§ 89 Abs. 4) G.O. sowie „untere Verwaltungsbehörde“ im Sinne des § 103n. Abs. 2 G.O. ist in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, die Bürgermeisterei, im übrigen das Kreisamt zu verstehen, in deren Bezirk der Schuldner von Beiträgen (Gebühren) seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat. Wegen des Verfahrens bei Beschwerden gegen die auf Grund des § 103n Abs. 2 G.O. erlassenen Straffestsetzungen der unteren Verwaltungsbehörde - Aufsichtsbehörde - gilt § 107 dieser Verordnung entsprechend. Die rechtskräftig erkannten Geldstrafen find von der unteren Verwaltungsbehörde der Steuerkontrolle zur Vereinnahmung zu überweisen. Für das etwa notwendig werdende Beitreibungsverfahren sind die Vorschriften des Gesetzes, das Verfahren der Zwangsvollstreckung im Verwaltungswege betr. vom 30. September 1893 (Reg.-Bl. S. 265), maßgebend.
Über Beschwerden wegen Nichtgenehmigung oder nur bedingungsweiser Genehmigung de Haushaltsplanes entscheidet das Ministerium des Innern.

IV. Innungsverbände.

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(§§ 101 - 104n G.O.)

§ 138.

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ZuständigkeitsbestimmungenHöhere Verwaltungsbehörde – Aufsichtsbehörde – im Sinne der §§ 104-104m G.O. ist das Kreisamt. Gegen dessen Anordnungen, Verfügungen und Entscheidungen ist in den Fällen

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der §§ 104b Abs. 3, 104d Abs. 2 Ziff. a und b, 104f Abs. 3, 104k Abs. 2 und 3 und 104n Abs. 3 G.O. die Beschwerde an das Ministerium des Innern zulässig.

§ 139.

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Errichtung und Aufsicht.Wird die Errichtung eines Innungsverbandes beschlossen, so ist das für ihn entworfene Statut in zwei Ausfertigungen mit den Beschlüssen der Innungen dem Kreisamt einzureichen, in dessen Verwaltungsbezirk der Innungsverband seinen Sitz haben soll. Dieses gibt die Vorlagen sofern der Bezirk des Innungsverbands sich über den Kreis hinaus erstrecken soll, mit gutächtlicher Äußerung an das Ministerium des Jnnern ab; andernfalls trifft es selbst Entscheidung. Der die Genehmigung versagende Bescheid des Kreisamts kann durch Beschwerde bei dem Ministerium des Innern angefochten werden.
Aufsichtsbehörde ist das Kreisamt, in dessen Verwaltungsbezirk der Innungsvorstand seinen Sitz hat.
Anträge auf Verleihung der Rechtsfähigkeit gemäß § 104g G.O. sind durch Vermittelung der Aufsichtsbehörde dem Ministerium des Innern einzureichen.
Die Kreisämter haben die Bildung von Innungsverbänden der in den §§ 104 Abs. 1 und 104b Abs. 1, a G.O. genannten Art dem Ministerium des Innern unter Anschluß des genehmigten Verbandsstatuts sowie unter Angabe der Mitglieder des Verbandsvorstands anzuzeigen. Über etwaige Änderungen der Organisation dieser sowie der nach § 104b Abs. 1, b G.O. gebildeten Innungsverbände ist ebenfalls dem Ministerium des Innern jeweils zu berichten.

Zu Titel VII.

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I. Sonntagsruhe.

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(§§ 41a, 55a, 105a bis 105i G.O.)

§ 140.

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Allgemeines (§ 105a Abs. 2 G.O.).Durch die nachstehenden Vorschriften sollen nur die Grenzen, über die hinaus Sonntagsarbeit nicht zuzulassen ist, festgelegt werden. Innerhalb dieser Grenzen ist nur soviel Sonntagsarbeit zu gestatten, als nach den örtlichen Verhältnissen geboten erscheint. Sollte das Bedürfnis hervortreten, innerhalb der gesetzlichen Grenzen über das nachstehend festgesetzte Maß hinaus Sonntagsarbeit zu gestatten, so ist zuvor die Genehmigung des Ministeriums des Innern einzuholen.
Welche Tage als Festtage gelten, bestimmt sich nach der Verordnung vom 31. August 1895, die Ausführung der Genwerbeordnung, insbesondere die Bestimmung der Festtage im Sinne der § 105a ff. G.O. betreffend (Reg.-Bl. S. 161).

a. Sonntagsruhe im Handelsgewerbe.

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(§§ 14a, 55a, 105b Abs. 2, 105c, 105e G.O.).

§ 141.

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AutomatenDie selbsttätigen Verkaufsapparate (Automaten), durch die Konfitüren, Zigarren, Streichhölzer und ähnliche Waren abgesetzt werden, sind offene Verkaufsstellen im Sinne des § 41a G.O. Die Besitzer der Automaten haben daher geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die Entnahme der feilgebotenen

[89]

Gegenstände während der Zeit, in der die Verkaufsstellen allgemein oder in dem in Frage kommenden Geschäftszweige geschlossen sein müssen, unmöglich zu machen. Diese Beschränkungen gelten aber nicht für solche Automaten, deren Benützung nur den in Gast- und Schankwirtschaften sich aufhaltenden Gästen möglich ist, sofern durch die Automaten nur Gegenstände, deren Verkauf in den Rahmen des Schankwirtschaftsgewerbes fällt, und zwar nur in so geringen Mengen verabfolgt werden, daß es sich um einen Verkauf zum Gebrauch oder Genuß an Ort und Stelle handelt.

§ 142.

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Handelsgewerbe in Verbindung mit Schankwirtschaftsbetrieb. Konditoren, Kleinhändler mit Branntwein, Metzger, Bäcker und andere Gewerbetreibende mit offenen Verkaufsstellen, die gleichzeitig eine Erlaubnis zum Betriebe der Schankwirtschaft besitzen, sind hinsichtlich ihres Handelsgewerbes den gleichen Beschränkungen wie die übrigen Inhaber offener Verkaufsstellen unterworfen. Wenn sie daher ihre Verkaufsstellen unzulässigerweise für den Handelsverkehr offen halten, so ist ihre Bestrafung auf Grund des § 146a G.O. herbeizuführen. Dasselbe gilt für die an und für sich nicht den Vorschriften über die Sonntagsruhe unterliegenden Apotheken, insoweit sie sich mit dem Verkauf anderer Waren als Arzneimittel und sonstiger Gegenstände der Krankenpflege befassen. Es ist darauf hinzuwirken, daß soweit möglich auch räumlich eine Trennung des Betriebes der Schankwirtschaft von dem kaufmännischen Betriebe durch Schaffung besonderer Räumlichkeiten und Eingänge für jeden der Betriebe erfolgt.

§ 143.

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Festlegung der zulässigen Beschäftigungszeit (§ 105b Abs. 2 G.O.).Die Feststellung der 5 Stunden, während derer im Handelsgewerbe an Sonn- und Festtagen die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern und der Gewerbebetrieb in offenen Verkaufsstellen zulässig ist, erfolgt durch das Kreisamt, für Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, durch die {{SperrSchrift|Bürgermeisterei{{SperrSchrift| oder die an ihrer Stelle eingerichtete besondere staatliche Polizeiverwaltung, sofern nicht die Beschäftigungszeit im Handelsgewerbe durch statutarische Bestimmung eingeschränkt ist. Hierbei ist die zulässige Beschäftigungszeit, und zwar einheitlich für alle Zweige des Handelsgewerbes, auf die Stunden von 6 Uhr vormittags bis 1 Uhr nachmittags, unter Freilassung von 2 Stunden für den Hauptgottesdienst, festzusetzen. Abweichungen hiervon sind nur für solche Orte zuzulassen, die von der benachbarten Landbevölkerung zur Besorgung ihrer Einkäufe an Sonn- und Festtagen besucht zu werden pflegen. Für diese kann die Beschäftigungszeit auf die Stunden von 7 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags hinausgerückt werden.
Bei den kirchlichen Behörden ist darauf hinzuwirken, daß insbesondere in den Landorten der Hauptgottesdienst möglichst frühzeitig (keinesfalls später als 10 Uhr) gelegt wird, der Nachmittagsgottesdienst aber in solchen Gemeinden, für welche die Beschäftigungszeit bis 2 Uhr nachmittags erstreckt wird, frühestens zu dieser Stunde beginnt.
Für Städte und Orte mit ausgebreiteter Landkundschaft kann die regelmäßige fünfstündige Beschäftigungszeit an Sonn- und Festtagen ausnahmsweise bis 1 Uhr nachmittags hinausgerückt werden, wenn sich infolge bestehender und nicht leicht zu beseitigender Kauf- und anderer Gewohnheiten der Bevölkerung oder nur mit Rücksicht auf die in dem angrenzenden Gebiet benachbarter Bundesstaaten getroffenen Bestimmungen das Bedürfnis nach einer späteren Schlußzeit oder längeren Beschäftigungszeit für die sonntägliche Beschäftigung ergibt.
Es ist darauf hinzuwirken, daß nur die Handelsgewerbe mit Ladenbetrieb von der zugelassenen fünfstündigen Beschäftigung Gebrauch machen, alle übrigen Handelsgewerbe aber mit einer

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zwei- bis dreistündigen Beschäftigung ihrer Gehilfen usw. an Sonn- und Festtagen, entweder vor oder nach der für den Hauptgottesdienst bestimmten Zeit, sich begnügen.

§ 144.

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Abweichend von vorstehendem darf die fünfstündige Beschäftigungszeit nur festgesetzt werden:
1) für die Zeitungsspedition durch Verlegung auf die Vormittagsstunden, derart daß der Schluß spätestens um 91/2 Uhr vormittags eintritt;
2) für den Handel mit Blumen und Kränzen nicht über 1 Uhr nachmittags hinaus;
3) für den gesamten Handelsverkehr in Badeorten, Luftkurorten und Orten mit starkem Touristenverkehr während der Dauer der Saison, dem örtlichen Bedürfnis entsprechend, aber nicht über 5 Uhr nachmittags.
Es ist jedoch die für den Hauptgottesdienst festgesetzte Zeit jedenfalls freizulassen.

§ 145.

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Zulassung einer längeren Beschäftigungszeit (§ 105b G.O.).Für die Zulassung einer verlängerten Beschäftigungszeit für die letzten 4 Wochen vor Weihnachten sowie für einzelne Sonn- und Festtage, an denen örtliche Verhältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr erforderlich machen, sind die in § 143 Abs. 1 oben bezeichneten Behörden zuständig. Bei der Bestimmung der Sonn- und Festtage, für die eine verlängerte Beschäftigungszeit zugelassen werden soll, ist zu prüfen,
1) ob die vermehrte Beschäftigungszeit für alle Zweige des Handelsgewerbes zu gestatten oder auf einzelne Zweige zu beschränken ist;
2) um wieviel Stunden eine Überschreitung der fünfstündigen Beschäftigungszeit zuzulassen ist.
Hierbei ist daran festzuhalten, daß die Beschäftigung nicht über 7 Uhr abends hinaus zugelassen werden darf. Für keinen Ort ist an mehr als jährlich 6 Sonn- oder Festtagen eine verlängerte Beschäftigungszeit zuzulassen.

§ 146.

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Ausnahmen auf Grund des § 105e G.O.Ausnahmen sollen unter Berücksichtigung des § 105c Abs. 3, 4 G.O. von den Kreisämtern nur in folgendem Umfange zugelassen werden:
1) Für die Sonn- und Festtage, an denen gesetzlich eine fünfstündige Beschäftigungszeit zulässig ist.
a. Der Verkauf von Back– und Konditorwaren, von Fleischwaren und Milch darf schon von einer früheren Stunde an und auch während der für den Gottesdienst freizuhaltenden 2 Stunden und außerdem bis zu 2 Stunden des Nachmittags oder Abends gestattet werden;
b. der Handel mit Blumen und Kränzen darf während der Wintermonate (Oktober bis einschließlich März) in der Zeit von 7 Uhr vormittags bis 1 Uhr nachmittags, während der Sommermonate (April bis einschließlich September) in der Zeit von 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags, in beiden Fällen ausschließlich der für den Hauptgottesdienst bestimmten 2 Stunden, gestattet werden;
c. der Handel mit Tabak, Zigarren und zugehörigen Rauchutensilien darf in der Zeit von 11 Uhr vormittags bis 7 Uhr abends, jedoch nur für solche Läden, in denen keine anderen als die bezeichneten Gegenstände zum Verkauf gelangen, zugelassen werden.

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Von der unter b und c gegebenen Befugnis ist nur für solche Orte Gebrauch zu machen, an denen entweder infolge bestehender und nicht leicht zu beseitigender Kauf- und anderer Gewohnheiten der in Betracht kommenden Bevölkerung oder mit Rücksicht auf die in dem angrenzenden Gebiet benachbarter Bundesstaaten getroffenen Bestimmungen das Bedürfnis zur Festsetzung einer späteren Schlußzeit oder längeren Beschäftigungszeit für die sonntägliche Beschäftigung hervorgetreten ist;
d. der Verkauf von (natürlichem und künstlichem) Roheis darf in der Zeit vom 15. April bis 15. Oktober an allen Sonn- und Festtagen bis mittags 1 Uhr stattfinden.
2) Für den ersten Weihnachts-, Oster- und Pfingsttag:
a. Der Handel mit Back- und Konditorwaren, mit Fleischwaren, Milch und Blumen darf von 5 Uhr morgens bis 12 Uhr mittags, jedoch mit Ausschluß der für den Hauptgottesdienst festgesetzten Unterbrechung, gestattet werden;
b. der Handel mit Kolonialwaren, mit Tabak und Zigarren sowie mit Bier und Wein darf während 2 Stünden außerhalb der für den Hauptgottesdienst festgesetzten Zeit, jedoch nicht über 12 Uhr mittags hinaus, zugelassen werden;
c die Zeitungsspedition kann, wie unter § 144 Ziff. 1 dieser Verordnung zugelassen, geregelt werden;
d. der Verkauf von (natürlichem und künstlichem) Roheis; wie unter Ziff. 1d vorstehend.

§ 147.

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Ausnahmen von dem Verbot des § 55a G.O.Zur Zulassung von Ausnahmen von dem Verbot des Gewerbebetriebs im Umherziehen und des Gewerbebetriebs der in § 42b G.O. bezeichneten Personen an Sonn- und Festtagen ist das Kreisamt zuständig; von der ihm zustehenden Befugnis hat es nur in beschränktem Umfange Gebrauch zu machen.
Das Feilbieten von Waren auf öffentlichen Straßen und Plätzen an Sonn- und Festtagen ist nur da zuzulassen, wo es bisher schon üblich war, jedoch tunlichst mit Ausschluß der für den Gottesdienst am Vor- und Nachmittag bestimmten Stunden. Die Erlaubnis ist auf Obst, Backwaren und sonstige Lebens- und Genußmittel zu beschränken, und jedenfalls in allen Fällen zu versagen, in denen die Art und Weise des Verkaufs zu gesundheitlichen Bedenken Anlaß gibt. Außerdem kann das Feilbieten von Blumen und geringwertigen Gebrauchsgegenständen bei besonderen Gelegenheiten (öffentlichen Festen und dergleichen) und für Orte mit an Sonn- und Festtagen regelmäßig gesteigertem Fremdenverkehr unter obiger Beschränkung oder für bestimmte Stunden zugelassen werden.

§ 148.

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Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen über die Sonntagsruhe.Unter Oberaufsicht der Kreisämter wird die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften über die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, von den Ortspolizeibehörden, in den übrigen Gemeinden von den Ortspolizeibehörden und der Gendarmerie ausgeübt.
Der Befolg der Vorschriften ist durch besondere, von Zeit zu Zeit vorzunehmende Revisionen und bei jeder sich sonst darbietenden Gelegenheit sorgfältig zu überwachen. Werden Zuwiderhandlungen festgestellt, so ist Strafanzeige zu erstatten.

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b. Sonntagsruhe im Gewerbebetrieb mit Ausnahme des Handelsgewerbes.

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(§ 105a, 105b Abs. 1, 105c bis 105i G.O.)

§ 149.

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Allgemeines (§§ 105, 105b Abs. 1, 105g, 105h Abs. 1 und 105i G.O.).Das in § 105b Abs. 1 G.O. ausgesprochene Verbot der Sonntagsarbeit gilt nicht für die Land- und Forstwirtschaft, die Viehzucht, den Garten- und Weinbau, den Geschäftsbetrieb der Apotheker (hinsichtlich der Apothekergehilfen und Lehrlinge), die Ausübung der Heilkunde und der schönen Künste und die im § 6 Abs. 1 Satz 1 G.O. bezeichneten Gewerbe.
Ferner sind kraft besonderer Vorschrift von dem Verbot der Sonntagsarbeit ausgenommen Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe, Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen und sonstige Lustbarkeiten sowie die Verkehrsgewerbe (§ 105i G.O.).
In den Handelsgewerben, in denen beim Ladenverkauf an den Waren Änderungs- oder Zurichtungsarbeiten vorgenommen werden (in Handelsgeschäften der Hutmacher, Blumenhändler, Fleischer. in Putz- und Konfektionsgeschäften und dergl.), ist die Beschäftigung mit diesen Arbeiten als Beschäftigung im Handelsgewerbe zu betrachten und deshalb an Sonn- und Festtagen während der für das betreffende Handelsgewerbe freigegebenen Zeit gestattet, wenn es sich um geringfügige Hantierungen handelt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Kaufabschluß sofort erledigt zu werden pflegen und auf deren Erledigung der Käufer in der Regel wartet. Als zum Handelsgewerbe gehörig ist auch die Zustellung der gekauften und bestellten Waren an die Kunden sowie die Vornahme der erforderlichen Zurichtungsarbeiten (wie das Einteilen und Abwiegen der Waren und dergl.) zu rechnen.

§ 150.

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Verboten ist an Sonn- und Festtagen jede Art der Beschäftigung von Arbeitern „im Betriebe“ der unter § 105b Abs. 1 G.O. fallenden Gewerbe, also im Betriebe von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Brüchen und Gruben, von Hüttenwerken, Fabriken und Werkstätten, von Zimmerplätzen und Bauhöfen, von Werften und Ziegeleien.
Durch die Worte „im Betriebe“ ist zum Ausdruck gebracht, daß das Verbot nicht nur räumlich für die Betriebsstätte, in der sich der Gewerbebetrieb regelmäßig abzuwickeln pflegt, sondern für jede zu dem Gewerbebetriebe gehörige Tätigkeit gelten soll. So dürfen z. B. Monteure, Schlosser-, Glaser-, Maler-, Tapezier-, Barbiergehilfen während der Sonntagsruhe auch außerhalb der Betriebsstätte nicht beschäftigt werden, soweit nicht etwa die betreffenden Arbeiten nach den Vorschriften der § 105c bis 105f G.O. statthaft sind.
Das Verbot der Sonntagsarbeit gilt auch für „Bauten aller Art“, d. h. für Hoch-, Tief-, Wege-, Eisenbahn- und Wasserbauten sowie für Erdarbeiten, sofern diese nicht lediglich Ausfluß eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, des Garten- und Weinbaues sind, ferner nicht nur für Neubauten, sondern auch für Ausbesserungs- und Instandhaltungsarbeiten, z. B. auch für das Schornsteinfegergewerbe.

§ 151.

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Das Verbot der Sonntagsarbeit gilt für gewerbliche Arbeiter im weitesten Sinne, also nicht nur für Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter und andere im Betriebe beschäftigte Handarbeiter, sondern auch für Betriebsbeamte, Werkmeister und Techniker (§ 133a G.O.).

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Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe soll mindestens dauern:
für einzelne Sonn- und Festtage 24 Stunden, für zwei aufeinanderfolgende Sonn- und Festtage 36 Stunden,
für das Weihnacht- Oster- und Pfingstfest 48 Stunden.
Diese Ruhezeiten müssen auch in solchen Betrieben, die an Werktagen ununterbrochen mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht arbeiten, gewährt werden, soweit nicht etwa für diese Betriebe gemäß §§ 105c bis 105e G.O. Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbeit Platz greifen. Während aber in Betrieben, die nur bei Tage oder in unregelmäßigen Schichten zu arbeiten pflegen, die Ruhezeit stets von 12 Uhr nachts an gerechnet werden soll, kann in Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht die Ruhezeit schon frühestens um 6 Uhr abends des vorhergehenden Werktags und spätestens erst um 6 Uhr morgens des Sonn- oder Festtages beginnen, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht.
Für alle Fälle gilt die Vorschrift, daß die Ruhezeit an zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Festtagen stets bis 6 Uhr abends des zweiten Tages dauern muß. Demnach beträgt bei zwei aufeinanderfolgenden Festtagen die Ruhezeit in Betrieben, die keine regelmäßigen Tag- und Nachtschichten haben, nicht nur 36 Stunden, sondern mindestens 42 Stunden (von der Mitternachtsstunde vor dem ersten Tage bis 6 Uhr abends des zweiten Tages).

§ 152.

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Während im Handelsgewerbe, soweit es in offenen Verkaufsstellen betrieben wird, auch die Sonntagsarbeit der Arbeitgeber Beschränkungen unterliegt (§ 41a G.O.), ist in den hier in Rede stehenden Gewerben den Arbeitgebern und selbständigen Gewerbetreibenden die Sonntagsarbeit durch die Vorschriften der Gewerbeordnung nicht verwehrt, es sei denn, daß Vorschriften der in § 41 G.O. erwähnten Art erlassen sind (vergl. hierzu unten § 171).
Indessen ist es der Landesgesetzgebung vorbehalten, die Arbeit an Sonn- und Festtagen in größerem Umfange, als dies in der Gewerbeordnung geschehen, einzuschränken, d. h. nicht nur für die Arbeiter eine ausgedehntere als die in der Gewerbeordnung vorgesehene Sonntagsruhe vorzuschreiben, sondern auch die gewerbliche Arbeit von selbständigen Gewerbetreibenden an Sonn- und Festtagen ganz oder teilweise zu untersagen (§ 105h Abs. 1 G.O.). Unberührt bleiben daher die landesgesetzlichen Vorschriften über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage (zu vergl. insbes. Art. 224 ff. des Polizeistrafgesetzes).

§ 153.

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Ausnahmen von den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 105c bis 105f und 105h Abs. 2 G.O.Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbeit treten ein:
1) kraft gesetzlicher Vorschrift (§ 195c Abs. 1 bis 3 G.O.),
2) kraft der vom Bundesrat auf Grund des § 105d G.O. erlassenen Vorschriften,
3) kraft der von der höheren Verwaltungsbehörde auf Grund des § 105e G.O. getroffenen Bestimmungen,
4) kraft der von der unteren Verwaltungsbehörde auf Grund des § 105c Abf. 4 und des § 105f G.O. erteilten besonderen Erlaubnis,
5) kraft der von der Landeszentralbehörde auf Grund des § 105h Abs. 2 G.O. erteilten Bewilligungen.

§ 154.

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Soweit nach den folgenden Bestimmungen der §§ 155-172 in Betrieben, in denen in der Regel mindestens 10 Arbeiter beschäftigt werden – abgesehen von den in § 154 Abs. 1 G.O. erwähnten

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Ausnahmen - und für die in den §§ 151 Abs. 2 und 154a G.O. bezeichneten gewerblichen Anlagen Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbeit Platz greifen, sind in diesen Betrieben bei der Beschäftigung von Arbeiterinnen außer den allgemeinen Bedingungen, an welche die Zulassung der Sonntagsarbeit geknüpft ist, auch noch die Vorschriften des § 137 G.O. und die auf Grund der §§ 139 und 139a dortselbst erlassenen Bestimmungen zu beachten.
Da in den vorstehend bezeichneten Betrieben die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter an Sonn- und Festtagen im allgemeinen verboten ist (§ 136 Abs. 1 G.O.) und Ausnahmen von diesem Verbot nur auf Grund der §§ 139 und 139a G.O. zugelassen werden können, so dürfen jugendliche Arbeiter in diesen Betrieben auch zu den nach den §§ 155-172 nachstehend zulässigen Sonntagsarbeiten nur insoweit herangezogen werden, als diese Beschäftigung auf Grund des § 139 und des § 139a G.O. an Sonn- und Festtagen ausdrücklich gestattet ist.
Hinsichtlich der Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern an Sonn- und Festtagen in Werkstätten mit Motorbetrieb und der Kleider- und Wäschekonfektion, in denen in der Regel weniger als 10 Arbeiter beschäftigt werden (§ 154 Abs. 3, 4 G.O.), sind neben der Verordnung vom 9. Juli 1900 (R.-G.-Bl. S. 565) die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 13. Juli 1900 (R.-G.-Bl.S. 500) und die Verordnung vom 31. Mai 1897 (R.-G.-Bl. S. 459) in der Fassung der Verordnung vom 17. Februar 1904 (R.-G.-Bl. S. 62) zu beachten.

§ 155.

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Ausnahmen kraft gesetzlicher Vorschrift (§ 105c G.O.).Unter diejenigen Arbeiten, auf die das Verbot der Sonntagsarbeit kraft Gesetzes keine Anwendung findet, werden im § 105c G.O. an erster Stelle solche Arbeiten gerechnet, die in Notfällen oder im öffentlichen Interesse unverzüglich vorgenommen werden müssen. Zu den „Arbeiten in Notfällen“ gehören solche Arbeiten, die zur Beseitigung eines Notstandes oder zur Abwendung einer Gefahr sofort vorgenommen werden müssen, ferner aber auch dringende Arbeiten, die durch Todesfälle, Erkrankungen, unvorhergesehene, erhebliche geschäftliche Zwischenfälle usw. erforderlich werden und nicht wohl auf den nachfolgenden Werktag verschoben werden können; dagegen kann nicht etwa schlechthin die Erledigung eiliger Arbeiten hierher gerechnet werden. Unter „öffentlichem Interesse“ ist nicht nur das Interesse des Staates oder der Gemeinde, sondern auch dasjenige des Publikums (z. B. Laternenanzünden) zu verstehen.
Die Befugnis, Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten, durch die der regelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden Betriebes bedingt ist, Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme des vollen werktägigen Betriebes abhängig ist, sowie solche Arbeiten vorzunehmen, die zur Verhütung des Verderbens von Rohstoffen oder des Mißlingens von Arbeitserzeugnissen erforderlich sind, ist davon abhängig gemacht, daß die gemannten Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können (§ 105c Abs. 1 Ziff. 3, 4 G.O.). Die Möglichkeit ihrer Vornahme an Werktagen ist nach den Umständen des einzelnen Falles und den besonderen Verhältnissen der einzelnen Betriebe zu beurteilen. Die Befugnis zur Ausführung der bezeichneten Arbeiten wird für den einzelnen Gewerbetreibenden nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß andere Betriebe derselben Gattung, deren Einrichtungen indessen wesentlich verschieden sind, der Sonntagsarbeit nicht bedürfen. Wohl aber finden die Bestimmungen keine Anwendung, wenn und sobald es dem Gewerbetreibenden möglich ist, ohne erhebliche Unzuträglichkeiten für den Betrieb oder die Arbeiter und ohne unverhältnismäßige Opfer sich so einzurichten, daß er ohne Sonntagsarbeit auskommen kann.
Die Bestimmungen des § 105c G.O. finden auch auf solche Betriebe Anwendung, für die nach den §§ 105d bis 105f und 105h dortselbst besondere Ausnahmen zugelassen sind.

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§ 156.

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Werden Arbeiter an Sonn- und Festtagen mit Arbeiten beschäftigt, die kraft gesetzlicher Vorschrift zulässig sind, so müssen die Gewerbetreibenden in das im § 105c Abs. 2 G.O. bezeichnete Verzeichnis für jeden einzelnen Sonn- und Festtag, an dem eine solche Beschäftigung stattgefunden hat, die Zahl der beschäftigten Arbeiter, die Dauer der Beschäftigung durch Angabe der Länge der Arbeitsstunden sowie der Art der vorgenommenen Arbeiten eintragen.
In das Verzeichnis sind alle in § 105c bezeichneten Arbeiten einzutragen, die während der in dem Betriebe einzuhaltenden sonn- und festtäglichen Betriebsruhe vorgenommen werden, mag die letztere ganz oder nur teilweise auf den Sonn- oder Festtag fallen und mag sie 24 oder nur 12 oder abwechselnd 12 und 36 Stunden dauern. An zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Festtagen sind nur die Arbeiten einzutragen, die während der in § 105b Abs. 1 G.O. vorgeschriebenen 36 stündigen Betriebsruhe stattfinden.
Für Arbeitgeber, die zahlreiche Arbeiter beschäftigen, empfiehlt es sich, das Verzeichnis nach dem in Anlage VAnlage V. gegebenen Muster zu führen.
Beim Eintrag der Art der vorgenommenen Arbeiten genügt es - sofern es sich nicht um die Bewachung der Betriebsanlagen sowie um die Beaufsichtigung des Betriebes handelt - nicht, die Arbeiten allgemein nach der in den Ziffern 1 bis 5 des Abs. 1 des § 105c G.O. gegebenen Bezeichnung anzuführen. Vielmehr muß aus den Einträgen die Art der Arbeit soweit zu ersehen sein, daß beurteilt werden kann, ob sie unter die in § 105c Abs. 1 Ziff. 1 bis 5 dortselbst bezeichneten Arbeiten fällt.
Die Einträge müssen für jeden Sonn- und Festtag spätestens am folgenden Wochentag vorgenommen werden.

§ 157.

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Während die in § 105c Abs. 1 Ziff. 1, 2 und 5 G.O. bezeichneten Arbeiten ohne Beschränkung vorgekommen werden können, müssen den Arbeitern, die mit den unter Ziff. 3 und 4 bezeichneten Arbeiten an Sonntagen länger als drei Stunden beschäftigt oder hierdurch am Besuch des Gottesdienstes gehindert werden, die im Abs. 3 des § 105c dortselbst bezeichneten Ruhezeiten am zweiten oder dritten Sonntage gewährt werden. Die Wahl, ob Sonntagsruhe am zweiten oder dritten Sonntag zu gewähren sei, steht den Arbeitgebern zu. Für die Beschäftigung an den nicht auf einen Sonntag fallenden Festagen braucht ein Ausgleich durch Freilassung von der Arbeit am zweiten oder dritten Sonntag nicht gewährt zu werden.

§ 158.

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Die Bürgermeisterei oder die an deren Stelle besonders eingerichtete staatliche Polizeiverwaltung darf auf besonderem Antrag eine allwöchentlich zu gewährende 24stündige Wochentagsruhe anstatt der im vorstehenden Paragraphen erwähnten Ruhe am zweiten oder dritten Sonntag nur unter der Voraussetzung zulassen, daß die Arbeiter am Besuche des Gottesdienstes nicht gehindert werden (§ 105c Abs. 4 G.O.). Außerdem ist die Genehmigung in der Regel nur zu erteilen, wenn die Durchführung der Ruhe am zweiten oder dritten Sonntag mit unverhältnismäßigen Opfern oder mit erheblichen Unzuträglichkeiten für den Betrieb oder die Arbeiter verbunden sein würde.
Die Genehmigungsverfügung ist schriftlich nach Anhör der Gewerbeinspektion zu erlassen. Sie muß bestimmen, für wieviel Arbeiter, für welche Arbeiten und unter welchen Bedingungen die

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Ausnahme bewilligt wird. Die Genehmigung ist, sofern sich die Aufnahme aus mehr als vier Sonntage erstreckt, nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs zu erteilen. Endlich ist darauf hinzuweisen, daß eine Abschrift der Genehmigungsverfügung innerhalb der Betriebsstätte an einer den Arbeitern leicht zugänglichen Stelle angehängt werden muß.
Die in Absatz 1 genannten Behörden haben von jeder bewilligten Ausnahme dem Kreisamt durch Mitteilung einer Abschrift des Genehmigungsbescheids alsbald schriftlich Anzeige zu erstatten. Sie haben die erteilten Genehmigungen in ein Verzeichnis einzutragen, das nach dem in Anlage VIAnlage VI. beigefügten Muster anzulegen ist.
Das Verzeichnis oder eine Abschrift davon ist spätestens bis zum 5. Januar jeden Jahres dem Kreisamt einzureichen und von diesem der Gewerbeinspektion zur Benutzung bei Erstattung des Jahresberichts mitzuteilen. Erforderlichenfalls hat das Kreisamt zuvor auf Grund der ihm erstatteten Anzeigen über Ausnahmebewilligungen zunächst auf entsprechende Vervollständigung des Verzeichnisses hinzuwirken.

§ 159.

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Ausnahmen für Betriebe, in denen Arbeiten vorkommen, die ihrer Natur nach eine Unterbrechung oder einen Aufschub nicht gestatten, sowie für Kampagne- und Saisonindustrien (§ 105d G.O.). Umfang und Bedingungen der auf Grund des § 105d G.O. durch den Bundesrat zugelassenen Ausnahmen ergeben sich aus der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 5. Februar 1895 (R.-G.-Bl. S. 12 ff.) und den dazu ergangenen Nachträgen. „Polizeibehörde“ und „untere Verwaltungsbehörde“ im Sinne dieser Bestimmungen ist die Ortspolizeibehörde (§ 5 dieser Verordnung).
Wenn in einer gewerblichen Anlage mehrere verschiedene Betriebe vereinigt sind, wie z. B. Hochofenwerke und Eisengießereien, so greifen für die einzelnen Betriebsteile die für sie bestimmten Ausnahmevorschriften Platz.

§ 160.

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In den Bestimmungen des Bundesrats sind nur die auf Grund des § 105d G.O zugelassenen Sonntagsarbeiten aufgezählt, dagegen nicht diejenigen Arbeiten, die nach § 105c Abs. 1 daselbst an Sonn- und Festtagen kraft gesetzlicher Vorschrift vorgenommen werden können. Bei Beurteilung der Frage, welche Arbeiten nach § 105c Abs. 1 G.O. als gesetzlich gestattet anzusehen sind, kommt es wesentlich auf die Verhältnisse der einzelnen Betriebe (räumliche Ausdehnung, Fabrikationsart u. dergl.) an; vergl. auch § 155 oben.

§ 161.

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Die Bestimmungen des Bundesrats knüpfen die Gestattung von Sonntagsarbeiten an Bedingungen, die den Arbeitern ein Mindestmaß von Ruhe sichern. Wenn nicht im einzelnen Falle Gefahr im Verzuge ist, dürfen die Arbeiter während dieser Ruhezeit zu keinerlei Arbeit, auch nicht zu den im § 105c Abs. 1 G.O. bezeichneten Arbeiten, herangezogen werden.
In allen Fällen, in denen nach den Bestimmungen des Bundesrats den Arbeitern mindestens Ruhezeiten gemäß § 105c Abs. 3 G.O. zu gewähren sind, ist gleichzeitig der Bürgermeisterei oder der an deren Stelle besonders bestellten staatlichen Polizeiverwaltung die Ermächtigung erteilt, entsprechend der Bestimmung im Abs. 4 des § 105c an Stelle der Ruhe an jedem zweiten oder dritten Sonntag eine allwöchentlich zu gewährende 24 stündige Ruhezeit an einem Werktage zuzulassen, sofern die Arbeiter am Besuche des sonntäglichen Gottesdienstes nicht behindert werden.
In das nach § 158 vorstehend zu führende Verzeichnis sind diese Ausnahmebewilligungen nicht einzutragen.

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§ 162.

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Ausnahmen für Gewerbe zur Befriedigung täglicher oder an Sonn- und Festtage besonders hervortretender Bedürfnisse (§ 105e Abs. 1 G.O.).Zur Zulassung von Ausnahmen auf Grund des § 105e Abs. 1 G.O. für Gewerbe zur Befriedigung täglicher oder an Sonn- und Festtagen besonders hervortretender Bedürfnisse ist das Kreisamt zuständig. Gegen dessen Entscheidung ist die Beschwerde an das Ministerium des Innern zulässig. Die Bewilligung von Ausnahmen der genannten Art ist in dem für die amtlichen Bekanntmachungen des Kreisamts bestimmten Blatt zu veröffentlichen. In der Regel (siehe § 163 unten) sind diese Ausnahmen nur für die nachstehend unter a bis n benannten Gewerbe und nicht in größerem Umfange oder unter leichteren Bedingungen, als im Folgenden angegeben, zulässig.
a. Blumenbindereien: Es kann die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen mit dem Binden von Blumen und Pflanzen, Winden von Kränzen und dergleichen während der für den Verkauf von Blumen in offenen Verkaufsstellen freigegebenen Stunden und erforderlichenfalls auch schon für 2 Stunden vor dem Beginn des Verkaufs, aber nicht während der Zeit des Hauptgottesdienstes, gestattet werden.
Bedingung: Wenn die Sonntagsarbeiten länger als 3 Stunden dauern, so sind die Arbeiter entweder an jedem dritten Sonntag für volle 36 Stunden, oder an jedem zweiten Sonntag mindestens in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends, oder in jeder Woche während der zweiten Hälfte eines Arbeitstages, und zwar spätestens von 1 Uhr nachmittags ab, von jeder Arbeit freizulassen.
b. Gasanstalten und Elektrizitätswerke. Es kann die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen mit Arbeiten, die für den Betrieb unerläßlich sind, gestattet werden.
Bedingung: Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe hat mindestens zu dauern: entweder für jeden zweiten Sonntag 24 Stunden, oder für jeden dritten Sonntag 36 Stunden, oder, sofern an den übrigen Sonntagen die Arbeitsschichten nicht länger als 12 Stunden dauern für jeden vierten Sonntag 36 Stunden. Ablösungsmannschaften dürfen je 12 Stunden vor oder nach ihrer regelmäßigen Beschädigung zur Arbeit nicht verwendet werden. Die den Ablösungsmannschaften zu gewährende Ruhe muß das Mindestmaß der den abgelösten Arbeitern gewährten Ruhe erreichen.
c. Bäckerei- und Konditoreigewerbe:
1) Die Beschäftigung von Arbeitern kann an allen Sonn- und Festtagen während 10 Stunden gestattet werden.
Bedingung: Jedem Arbeiter ist an jedem Sonn- und Festtag eine ununterbrochene Ruhe von 14 Stunden in Bäckereien, von 12 Stunden in Konditoreien zu gewähren. Der Beginn dieser Ruhezeit ist in Bäckereien frühestens von 12 Uhr nachts, spätestens von 9 Uhr morgens, in Konditoreien frühestens von 12 Uhr nachts, spätestens von 12 Uhr mittags ab zu rechnen. Ferner ist jedem Arbeiter mindestens an jedem dritten Sonntage die zum Besuche des Gottesdienstes erforderliche Zeit freizugeben.
2) Diejenigen Arbeiter, denen nach Ziff. 1 eine Ruhezeit von 14 (12) Stunden zusteht, dürfen während dieser Ruhezeit beschäftigt werden:
in Bäckereien mit Arbeiten, die zur Vorbereitung der Wiederaufnahme der regelmäßigen Arbeit am nächsten Tage notwendig sind, sofern sie nach 6 Uhr abends stattfinden und nicht länger als 1 Stunde dauern,
in Konditoreien mit der Herstellung und dem Austragen leicht verderblicher Waren, die unmittelbar vor dem Genusse hergestellt werden müssen (Eis, Cremes u. dergl.).
Bedingung: Sind in Konditoreien Arbeiter noch nach 12 Uhr mittags beschäftigt worden, so müssen sie an einem der nächsten 6 Werktage von mittags 12 Uhr ab von jeder Arbeit freigelassen werden.
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3) Für Gemeinden, in denen die Bäcker ortsüblich an Sonn- und Festtagen für ihre Kunden das Ausbacken der von diesen bereiteten Kuchen besorgen, kann gestattet werden, daß in jedem Betrieb ein über 16 Jahre alter Arbeiter mit jenen Arbeiten während höchstens drei Vormittagsstunden über die unter 1 freigegebene Zeit hinaus beschäftigt wird.
4) Für Betriebe, in denen sowohl Bäckerwaren als Konditorwaren hergestellt werden, ist die Beschäftigung solcher Arbeiter, welche an Sonn- und Festtagen ausschließlich mit der Herstellung von Konditorwaren beschäftigt werden, nach den Bestimmungen für Konditoreien, die Beschäftigung der übrigen Arbeiter nach den Bestimmungen für Bäckereien zu regeln.
5) Als Bäckerware ist dasjenige Backwerk zu behandeln, das herkömmlich unter Verwendung von Hefe oder Sauerteig ohne Beimischung von Zucker zum Teig hergestellt wird. Indessen kann das Kreisamt darüber Bestimmung treffen, ob abweichend hiervon eine Ware ortsüblich zu den Bäckerwaren zu rechnen ist.
d. Fleischereigewerbe: Es kann die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen für 3 Stunden, die bis zum Beginn der für den Hauptgottesdienst festgesetzten Unterbrechung der Verkaufszeit im Handelsgewerbe reichen dürfen, gestattet werden. Wo nach den besonderen örtlichen Verhältnissen diese dreistündige Arbeitszeit nicht ausreichen sollte, können ausnahmsweise noch zwei weitere vor den Beginn des Hauptgottesdienstes fallende Stunden freigegeben werden.
Bedingung: wie zu a.
e. Barbier- und Friseur-Gewerbe: Es kann die Beschäftigung, von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen im allgemeinen nur bis 2 Uhr nachmittags, darüber hinaus aber noch bis zu höchstens 3 Stunden insoweit gestattet werden, als sie ausnahmsweise bei der Vorbereitung von öffentlichen Theatervorstellungen und Schaustellungen oder in der sogenannten Karnevalszeit (vom 1. Januar bis Fastnacht) erforderlich ist.
Bedingung: Wenn die Sonntagsarbeiten länger als 3 Stunden dauert, so sind die Arbeiter entweder an jedem dritten Sonntag für volle 36 Stunden oder an jedem zweiten Sonntag mindestens in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends oder in jeder Woche während der zweiten Hälfte eines Arbeitstages, und zwar spätestens von 1 Uhr nachmittags ab, von jeder Arbeit freizulassen. Wenn die Arbeiter durch die Sonntagsarbeit am Besuch des Gottesdienstes behindert werden, so ist ihnen an jedem dritten Sonntag die zum Besuch des Gottesdienstes erforderliche Zeit freizugeben.
f. Wasserversorgungs-Anstalten: Es kann die Beschädigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen mit Arbeiten, die für den Betrieb unerläßlich sind, gestattet werden.
Bedingnng: Bei bloßem Tagesbetrieb wie zu e, bei ununterbrochenem Betrieb wie zu b.
9. Badeanstalten: Es kann die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen mit Arbeiten, die für den Betrieb unerläßlich sind, gestattet werden.
Bedingung für Badeanstalten, welche nicht nur in der wärmeren Jahreszeit betrieben werden: wie zu e.
Auf die Verabreichung von Bädern zu Heilzwecken finden die Bestimmungen über die Sonntagsruhe keine Anwendung.
h. Zeitungsdruckereien:
1) Es kann die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen, mit Ausnahme des zweiten Weihnachts-, Oster- und Pfingstfeiertages, bis 6 Uhr morgens zur Herstellung der Morgenausgabe gestattet werden.

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Bedingung: Nach Herstellung dieser Ausgabe muß der Betrieb bis um 6 Uhr morgens des folgenden Werktages ruhen.
2) Soweit der Vertrieb der Zeitungen nicht durch besondere Spediteure stattfindet, sondern einen Teil des Zeitungsdruckereibetriebes bildet, können dafür die nach § 114 oben für die Zeitungsspedition zulässigen Arbeitszeiten gewährt werden.
Bedingung: Beim Vertrieb der Zeitungen an Sonn- und Festtagen dürfen Personen, die bei der Herstellung der Morgenausgabe beschäftigt gewesen sind, nicht verwendet werden.
i. Photographische Anstalten: Es kann die Beschäftigung von Arbeitern gestattet werden:
1) an den letzten 4 Sonntagen vor Weihnachten zum Zwecke der Aufnahme von Porträts, des Kopierens und Retuschierens für 10 Stunden, bis spätestens 7 Uhr abends,
2) an allen übrigen Sonn- und Festtagen zum Zwecke der Aufnahme von Porträts in der Zeit vom 1. April bis 30. September für 6 Stunden bis spätestens um 5 Uhr nachmittags; in der übrigen Zeit des Jahres für 5 Stunden bis spätestens um 3 Uhr nachmittags.
Die Ausnahme unter 2) findet keine Anwendung auf den ersten Weihnachts-, Oster- und Pfingstfeiertag.
Bedingung: wie zu e.
k. Gewerbe der Garköche: Es kann die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen gestattet werden.
Bedingung: wie zu e.
l. Bierbrauereien; Eisfabriken; Molkereien: Es kann die Versorgung der Kundschaft mit Bier, Roheis und Molkereiprodukten an Sonn- und Festtagen während der für den Handel mit diesen Gegenständen freigegebenen Stunden gestattet werden.
m. Mineralwasserfabriken und Mineralbrunnenbetriebe: Es kann während der wärmeren Jahreszeit für 3 Stunden vor Beginn des Hauptgottesdienstes die Vornahme von Arbeiten zur Versorgnng der Kundschaft gestattet werden.
n. Bekleidungs- und Reinigungsbetriebe mit handwerksmäßigem Betriebe: Die Ablieferung bestellter Arbeiten an die Kunden kann bis zum Beginn des Hauptgottesdienstes gestattet werden.

§ 163.

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Die Kreisämter haben für die vorstehend aufgeführten Gewerbe nur soviel Sonntagsarbeit zu gestatten, als nach den örtlichen Verhältnissen geboten erscheint. Durch die dortselbst getroffenen Bestimmungen soll also nur das Höchstmaß der zulässigen Ausnahmen und das Mindestmaß der zu gewährenden Ruhezeiten festgesetzt werden.
Im übrigen sind die allgemeinen Bestimmungen unter Ziffer 1 bis 6 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 3. April 1901 (R.-G.-Bl. S. 117) genau zu beachten. Sie kommen sowohl bei Ausnahmen von den Vorschriften des § 105b Abf. 1 G.O., als auch bei Ausnahmen von den Vorschriften des § 105b Abs. 2 G.O. in Betracht.

§ 164.

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Unter besonderen Verhältnissen, z. B. bei Truppenzusammenziehungen, größeren Volksfesten, Ausstellungen, Märkten, Wallfahrten oder während der Karnevalszeit kann das Kreisamt zur Befriedigung

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der hierdurch gesteigerten Bedürfnisse der Bevölkerung für einzelne Ortschaften oder Bezirke vorübergehend oder zwar in regelmäßiger Wiederkehr aber für kurze Zeit weiterreichende Ausnahmen als die in § 162 vorgesehenen zulassen. Von jeder Ausnahmeregelung dieser Art ist dem Ministerium des Innern umgehend Anzeige zu machen.
Sollte in Zukunft das Bedürfnis hervortreten, weiterreichende Ausnahmen als die vorgesehenen für die Dauer zuzulassen, so hat das Kreisamt vor der Zulassung die Genehmigung des Ministeriums des Innern einzuholen.

§ 165.

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Ausnahmen für Betriebe mit Wind oder unregelmäßiger Wasserkraft (§ 105 e Abs. 1 und 3 G.O.).Bei der Bewilligung von Ausnahmen auf Grund des § 105e G.O. für die mit Wind oder unregelmäßiger Wasserkraft arbeitenden Betriebe sind die Bestimmungen der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 3. April 1901 (R.-G.-Br S. 117) genau zu beachten.
Zuständig für Bewilligung von Ausnahmen ist das Kreisamt, und zwar auch dann, wenn es sich um der Aufsicht der Bergbehörden unterstehende Betriebe handelt.
Für Zulassung der Ausnahmen kommen zwei Verfahren in Frage:
a. Einerseits ist das Kreisamt befugt, nach Lage der örtlichen Verhältnisse allgemein Ausnahmen für bestimmte Betriebsarten, Verwaltungsgebiete oder Wasserläufe zuzulassen, sowie einzelnen, nach Art, Einrichtung oder Lage des Betriebs der besonderen Regelung bedürftigen Unternehmungen Ausnahmen zu gewähren (§ 105e Abs. 1 G.O.).
b. Andererseits ist jeder Triebwerksbesitzer berechtigt, für seinen Betrieb in einem nach den Vorschriften der §§ 20 und 21 G.O. sich regelnden Verfahren besondere Ausnahmen zu erwirken (§ 105e Abs. 3 G.O.).

§ 166.

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Bei Zulassung von Ausnahmen der in § 165 Abs. 3,a bezeichneten Art ist unter den mit Wasserkraft arbeitenden Betrieben zwischen den Wassergetreidemühlen einerseits und den übrigen mit unregelmäßiger Wasserkraft arbeitenden Betrieben andererseits zu unterscheiden.
Es kann die Beschäftigung von Arbeitern mit Arbeiten, von denen der ungehinderte Fortgang des Triebwerks abhängig ist, und die nicht an Werktagen vorgenommen werden können, mit Ausschluß des ersten Weihnachts-, Oster- und Pfingsttages, gestattet werden:
a. für die mit unregelmäßiger Wasserkraft arbeitenden Betriebe, mit Ausnahme der Getreidemühlen, an nicht mehr als 12 Sonn- und Festtagen im Jahre,
b. für Getreidewassermühlen, an nicht mehr als 26 Sonn- und Festtagen im Jahre.
Weitergehende Ausnahmen sind nur dann zuzulassen, wenn dies mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage oder sonstige eigenartige Verhältnisse der in Betracht kommenden Betriebe oder Betriebsarten geboten erscheint.
Die Sonn- und Festtage, an denen eine Beschädigung von Arbeitern stattfinden darf, sind zweckmäßig mit Rücksicht auf die wechselnden Witterungsverhältnisse nicht von vornherein festzusetzen, sondern es wird deren Auswahl dem Betriebsunternehmer selbst zu überlassen sein, wobei das nachstehend erwähnte, von dem Gewerbetreibenden zu führende Verzeichnis als Kontrolle dient.
Die Sonn- oder Festtagsarbeiten sind von dem Gewerbetreibenden mit den im § 105c Abs. 2 G.O. bezeichneten Angaben über die Zahl der beschäftigten Arbeiter, die Dauer ihrer Beschäftigung, sowie die Art der vorgenommenen Arbeiten in das daselbst vorgeschriebene Verzeichnis einzutragen (vergl. oben § 156).

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Den Triebwerksbesitzern, denen Ausnahmen bewilligt werden, ist hiervon besondere Mitteilung zu machen. Hierbei empfiehlt es sich, darauf hinzuweisen, daß die Ausnahmebewilligung jederzeit ganz oder teilweise widerrufen werden kann, und ferner vorzuschreiben, daß der Bescheid über die Ausnahmebewilligung von dem Betriebsinhaber an der Betriebsstätte aufzubewahren und auf Erfordern den Polizeibeamten, sowie den Gewerbeaufsichtsbeamten vorzuzeigen ist.
Fälle, in denen es zweifelhaft ist, ob ein ausgleichswerter Ausfall von Arbeitszeit durch die Unregelmäßigkeit der Wasserkraft verursacht wird, oder ob überhaupt die Wasserkraft eine unregelmäßige ist, oder ob beim Nebeneinanderwirken von Wasserkraft und anderen Triebkräften die erstere als die vorwiegende anzusehen ist, sind in dem nachstehend erörterten Verfahren zum Austrag zu bringen.

§ 167.

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Das Verfahren in Fällen des § 105 Abs. 3,b richtet sich nach folgenden Bestimmungen:
1) Der Antrag des Triebwerksbesitzers auf Gewährung von Ausnahmen nach § 105e G.O. ist bei dem Kreisamt, in dessen Bezirk sich die Anlage befindet, zu stellen.
2) Auf dem Antrag muß folgendes zu ersehen sein:
a. Die Zahl der Sonn- und Festtage, sowie der Arbeiter, für welche die Beschäftigung gestattet werden soll;
b. die durchschnittliche Zahl der Tage, an denen in den vorausgegangenen 3 Jahren der Betrieb infolge der Störungen des als Triebkraft benutzten Gewässers entweder ganz eingestellt oder wesentlich eingeschränkt werden mußte, oder nur durch Zuhilfenahme einer anderen Triebkraft aufrechterhalten werden konnte. Die Ursache der Störung ist anzugeben;
c. die neben der Wasserkraft etwa zur Verwendung gelangende andere Triebkraft (Dampf, Gas usw.), sowie das Stärkeverhältnis der beiden in Pferdekräften ausgedrückt. Dabei ist anzuführen ob die neben der Wasserkraft benützte Kraft lediglich beim Versagen der ersteren, oder neben dieser ständig oder vorübergehend wirkt;
d. bei vorübergehender Benutzung einer anderweiten Triebkraft neben der Wasserkraft die Zahl der Tage, an denen dies nach dem Durchschnitt der letzten 3 Jahre der Fall war.
e. der durchschnittliche Tagesaufwand für die an Stelle oder neben der Wasserkraft benutzte Triebkraft.
3) Auf Grund dieser Unterlagen hat das Kreisamt nach Anhören der Gewerbeinspektion und erforderlichenfalls der Kulturinspektion darüber zu befinden, ob die beantragte Ausnahme zuzulassen ist. Trägt das Kreisamt Bedenken, die Ausnahme zu bewilligen so legt es die Verhandlungen dem Kreisausschuß zur Beschlußfassung gemäß § 19 Abs. 2 Ziff. I dieser Verordnung vor. Die Entscheidung des Provinzialausschusses ist endgültig.
4) Für den Widerruf einer Ausnahmebewilligung, die auf Grund einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse erfolgen kann, ist die Behörde zuständig, welche die Bewilligung erteilt hat. Für die Anfechtung des mit Gründen zu versehenden Beschlusses gilt Ziff. 3 Satz 2 entsprechend.

§ 168.

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Von den bewilligten Ausnahmen oder deren Widerruf ist der Gewerbeinspektion und der Ortspolizeibehörde Kenntnis zu geben. Allgemeine, für bestimmte Betriebsarten, Verwaltungsgebiete oder

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Wasserläufe zugelassene Ausnahmen sind ferner in dem für die amtlichen Bekanntmachungen des Kreisamts bestimmten Blatt zu veröffentlichen.

§ 169.

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Durch die Zulassung von Ausnahmen für Getreidemühlen werden nach dem in § 152 vorstehend angeführten Grundsatz die Vorschriften des Artikel 225 des Polizeistrafgesetzes nicht berührt. Sofern daher an den Sonn- und Festtagen, für die auf Grund der vorstehenden Bestimmungen für eine Getreidemühle Ausnahmen bewilligt sind, ausnahmsweise das Bedürfnis hervortreten sollte, auch in der Zeit von 8 bis 11 Uhr vormittags zu mahlen, so ist hierzu die besondere Erlaubnis des Kreisamts einzuholen.
Ausnahmen zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens (§ 105f G.O.).Anträge auf Gestattung von Ausnahmen nach § 105f G.O. sind von der hierfür zuständigen Bürgermeisterei oder der an deren Stelle besonders eingerichteten staatlichen Polizeiverwaltung möglichst schleunig zu erledigen. Der Unternehmer darf die Sonntagsarbeiten vor Eingang der Erlaubnis nicht vornehmen lassen.
Die Ausnahmen dürfen nur vorübergehend auf bestimmte Zeit und ferner nur unter folgenden zwei Voraussetzungen bewilligt werden:
a. das Bedürfnis zur Sonntagsarbeit darf trotz Aufwendung gehöriger Sorgfalt nicht vorherzusehen gewesen sein;
b. der durch den Ausfall der Sonntagsarbeit drohende Schaden muß unverhältnismäßig, alsv so erheblich sein, daß demgegenüber die Beeinträchtigung, welche die Sonntagsruhe der Arbeiter durch die Ausnahmegestattung erfährt, nicht entscheidend ins Gewicht fallen kann.
Ausnahmen nach § 105f G.O. sind der Regel nach nicht für den ersten Weihnachts-, Oster- oder Pfingstfeiertag zuzulassen. Bei Bewilligung der Ausnahmen ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Dauer der Beschäftigung der Arbeiter an den einzelnen Sonn- und Festtagen tunlichst beschränkt wird. Bei mehr als fünfstündiger Beschäftigungsdauer ist erforderlichenfalls vorzuschreiben, daß die Bestimmungen in § 105c Abs. 3 oder Abs. 4 G.O. oder die oben in § 162, e angegebenen Bedingungen beobachtet werden.
Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich, wenn irgend angängig nach Anhören der Gewerbeinspektion zu erlassen. Er muß ersehen lassen, für wieviel Arbeiter, für welche Arbeiten und unter welchen Bedingungen die Ausnahme bewilligt wird. Die Genehmigung darf, sofern sich die Ausnahme auf mehr als vier aufeinanderfolgende Sonn- und Festtage erstreckt, nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erteilt werden. Endlich ist in der Verfügung darauf hinzuweisen, daß eine Abschrift des Bescheids innerhalb der Betriebsstätte an einer den Arbeitern leicht zugänglichen Stelle ausgehängt werden muß.
Die in Absatz 1 genannten Behörden haben dem Kreisamt und der Gewerbeinspektion eine Abschrift des Genehmigungsbescheids alsbald mitzuteilen und der letzteren von der etwaigen Ablehnung gestellter Anträge Kenntnis zu geben. Die erteilten Genehmigungen sind in ein Verzeichnis einzutragen, das nach dem in Aulage VIIAnlage VII. gegebenen Formular anzulegen ist.
Das Verzeichnis oder eine Abschrift davon ist bis spätestens zum 5. Januar jeden Jahres dem Kreisamt einzureichen und von diesem der Gewerbeinspektion zur Benutzung bei Erstattung des Jahresberichts mitzuteilen. Erforderlichenfalls hat das Kreisamt zuvor auf Grund der

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ihm erstatteten Anzeigen über Ausnahmebewilligungen zunächst die Vervollständigung des Verzeichnisses zu veranlassen.

§ 171.

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Ausdehnung der Sonntagsruhe auf Grund des § 41b G.O.Wird bei dem Keisamt Antrag gemäß § 41b G.O. gestellt so ist bis zum Erlaß von Bestimmungen des Bundesrats darüber, welche Gewerbetreibende als „beteiligt“ anzusehen sind, und in welchem Verfahren die erforderliche Zahl von Gewerbetreibenden festzustellen ist, in folgender Weise zu verfahren:
Die zuständigen Bürgermeistereien sind aufzufordern, dem Kreisamt vollständige Listen der als „beteiligt“ anzusehenden Gewerbetreibenden vorzulegen. Alsdann ist in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften in § 122 dieser Verordnung zu verfahren. Über etwaige Einsprüche ist von dem Kreisamt zu entscheiden. Ergibt die Abstimmung, daß sich weniger wie zwei Drittel der Beteiligten für Einschränkung des Gewerbebetriebs ausgesprochen haben, so ist dem von den Antragstellern zur Führung der Verhandlungen zu bestellenden Bevollmächtigten unter Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses ein ablehnender Bescheid zuzustellen. Haben sich dagegen mindestens zwei Drittel der Beteiligten für Einschränkung des Gewerbebetriebs ausgesprochen, so ist dementsprechend Anordnung zu treffen und diese unter Bezugnahme aus § 41b G.O. in dem für die amtlichen Bekanntmachungen des Kreisamts bestimmten Blatt zu veröffentlichen oder den Antragstellern ablehnender Bescheid zuzustellen.

§ 172.

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Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen über die Sonntagsruhe.Unter Oberaufsicht der Kreisämter wird die Aufsicht über die Durchführung der Sonntagsruhe im Gewerbebetrieb in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, von den Ortspolizeibehörden, in den übrigen Gemeinden von den Ortspolizeibehörden und der Gendarmerie ausgeübt
Die besonderen Rechte und Pflichten der Gewerbeaufsichtsbeamten hinsichtlich der von diesen auf Grund bestehender oder noch zu erlassender Dienstanweisungen zu entfaltenden Aufsichtstätigkeit werden durch Vorstehendes nicht berührt.
Die Ortspolizeibehörden haben die Durchführung der Vorschriften durch besondere, bei den Gewerbeunternehmern von Zeit zu Zeit, mindestens einmal jährlich, vorzunehmende ordentliche Revisionen und bei jeder sonst sich darbietenden Gelegenheit sorgfältig zu überwachen.
Bei den Revisionen sind folgende Punkte festzustellen:
1) Ist das nach § 105c Abs. 2 G.O. (§§ 156 und 166 dieser Verordnung) vorgeschriebene Verzeichnis vorhanden und ordnungsmäßig geführt?
2) Sind in Betrieben, die von den Bestimmungen des Bundesrats oder von den auf Grund des § 105e G.O. zur Befriedigung täglicher Bedürfnisse zugelassenen Ausnahmen Gebrauch machen die vorgeschriebenen Aushänge der Ausnahmevorschriften vorhanden?
3) Für den Fall, daß zur Zeit der Revision eine Beschäftigung nach der Ausnahmevorschrift in § 105c Abs. 4 oder § 105f G.O. stattfindet, sind die vorgeschriebenen Aushänge vorhanden?
4) Stimmt die Beschäftigung der Arbeiter mit den erlassenen Ausnahmevorschriften überein, werden insbesondere die Arbeiter nicht länger als zulässig beschäftigt, und werden die in den Genehmigungsbedingungen vorgeschriebenen Ruhezeiten gewährt?
Nach jeder Revision ist auf dem unter 1 bezeichneten Verzeichnis und auf dem unter 2 und 3 bezeichneten Aushängen ein Revisionsvermerk zu machen.

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In Fällen, in denen es der Ortspolizeibehörde zweifelhaft ist, ob die Beschäftigung von Arbeitern mit den gesetzlichen oder Ausnahmevorschriften in Einklang steht, hat sie vor Erstattung der Strafanzeige das Gutachten der Gewerbeinspektion einzuholen.

II. Beschäftigung Minderjähriger, Arbeitsbücher, Arbeitszeugnisse, Lohnbücher, Lohnzahlung.

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(§§ 106 bis 115a G.O.)

§ 173.

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Zwang zur Entlassung von Arbeitern und 18 Jahren (§ 106 Abs. 2 G.O.).Die in § 106 Abs. 2 G.O. vorgesehene polizeiliche Befugnis wird auf Antrag oder von Amtswegen in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, von der Bürgermeisterei oder besonders eingerichteten staatlichen Polizeiverwaltung, im übrigen von dem Kreisamt ausgeübt. Wegen Anfechtung der polizeilichen Maßnahme gilt § 8 Abs. 3 dieser Verordnung entsprechend.

§ 174.

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Arbeitsbücher und Arbeitszeugnisse im allgemeinen.Gemeindebehörde“ im Sinne der §§ 107 Abs. 1, 108 und 113 G.O. ist die Bürgermeisterei. „Polizeibehörde“ im Sinne der §§ 108, 109 daselbst die Bürgermeisterei oder die an deren Stelle besonders eingerichtete staatliche Polizeibehörde oder der staatlich bestellte Polizeibeamte.
Eines Arbeitsbuches bedürfen die nicht mehr zum Besuche der Volksschule verpflichteten minderjährigen gewerblichen Arbeiter ohne Unterschied des Geschlechts. Ob die Arbeiter ausdrücklich als „Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge oder Fabrikarbeiter“ angenommen sind, oder nur tatsächlich als solche beschäftig werden, ob sie von Handwerkern oder von größeren Gewerbeunternehmern angenommen sind, ob sie in deren Behausung, ob sie in Werkstätten, in Fabriken, im Freien, insbesondere auch auf Bauplätzen und bei Bauten arbeiten, ist unerheblich.
Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken sowie Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge sind nach § 154 Abs. 1 und 2 G.O. zur Führung eines Arbeitsbuchs nicht verpflichtet.

§ 175.

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Die Notwendigkeit des Besitzes einer Arbeitskarte für Kinder, die in gewerblichen Betrieben beschäftigt werden, richtet sich nach den Vorschriften des Kinderschutzgesetzes vom 30. März 1903 (R.-G.-Bl. S. 113).

§ 176.

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Personen, die nach der Ansicht der Behörde vermöge der Art ihrer Beschäftigung eines Arbeitsbuchs nicht bedürfen, ist die Ausstellung eines solchen, wenn sie von ihnen beantragt wird, in der Regel nicht zu verweigern.

§ 177.

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Beschaffung der Arbeitsbücher.Die Arbeitsbücher werden von den Ortspolizeibehörden (§ 5 oben) ausgestellt. Ihr Format, Papier und Druck ist von dem Reichskanzler festgestellt.
Die Arbeitsbücher für männliche Arbeiter müssen einen blauen, diejenigen für weibliche einen braunen Umschlag haben.
Die Arbeitsbücher und Arbeitsbücher-Duplikate sind von den Ortspolizeibehörden auf Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung von der von dem Ministerium des Innern mit der Lieferung

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beauftragten Buchdruckerei zu beziehen. Es empfiehlt sich gemeinsamer Bezug durch Vermittlung der Kreisämter. Die Ortspolizeibehörden haben dafür zu sorgen, daß sie stets im Besitze eines genügenden Vorrats von Vordrucken sind.

§ 178.

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Verzeichnis.Über die ausgestellten Arbeitsbücher hat die Ortspolizeibehörde ein für jedes Kalenderjahr abschließendes Verzeichnis nach dem in Anlage VIIIAnlage VIII. gegebenen Muster zu führen.

§ 179.

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Ausstellung (§§ 108 ff. G.O.).Die Ortspolizeibehörde hat Arbeitsbücher nur für solche gewerbliche Arbeiter auszustellen, die in dem Gemeindebezirk entweder ihren letzten dauernden Aufenthalt gehabt oder, falls ein solcher im Gebiet des Reichs nicht stattgefunden hat, ihren ersten deutschen Arbeitsort gewählt haben (§ 108 G.O.). Die Ausstellung eines Arbeitsbuches darf überdies nur erfolgen, wenn glaubhaft gemacht wird,
daß für den Arbeiter bis dahin ein Arbeitsbuch noch nicht ausgestellt,
oder daß das für ihn ausgestellte Arbeitsbuch vollständig ausgefüllt, oder nicht mehr brauchbar, oder verloren gegangen oder vernichtet ist,
oder daß von dem Arbeitgeber unzulässige Merkmale, Eintragungen oder Vermerke in oder an dem Arbeitsbuche gemacht sind,
oder daß von dem Arbeitgeber ohne rechtmäßigen Grund die Aushändigung des Arbeitsbuches verweigert wird (§ 108, 109, 112 G.O.).

§ 180.

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Antrag.Wird der Antrag auf Ausstellung eines Arbeitsbuches nicht von dem gesetzlichen Vertreter gestellt, so hat die Ortspolizeibehörde den Nachweis zu fordern, daß er dem Antrage zustimmt. Kann die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht beschafft werden, oder wird sie ohne genügenden Grund und zum Nachteil des Arbeiters verweigert, so ist der Nachweis zu verlangen, daß die Bürgermeisterei des Ortes, in dem der Arbeiter seinen letzten dauernden Aufenthalt gehabt hat, oder in Ermangelung eines solchen innerhalb des Deutschen Reiches seinen ersten deutschen Arbeitsort gewählt hat, die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ergänzt hat (§ 108 G.O.).
Der Nachweis ist durch Beibringung einer mündlichen oder schriftlichen Erklärung des gesetzlichen Vertreters, oder durch eine schriftliche Bescheinigung der Bürgermeisterei zu erbringen. Daß die Erklärung des gesetzlichen Vertreters nicht zu beschaffen sei, wird in der Regel nur dann anzunehmen sein, wenn der letztere körperlich oder geistig unfähig ist, eine Erklärung abzugeben, oder wenn sein Aufenthalt unbekannt oder der Art ist, daß ein mündlicher oder schriftlicher Verkehr mit ihm nicht möglich ist. Die Ergänzung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters hat, wo sie gesetzlich begründet erscheint, die Bürgermeisterei als Gemeindebehörde schriftlich auszusprechen und mit Unterschrift und Siegel zu versehen.

§ 181.

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Bestehen Zweifel, ob der Arbeiter zum Besuch der Volksschule nicht mehr verpflichtet ist, so ist darüber eine Bescheinigung des Vorsitzenden des Schulvorstandes des Ortes zu fordern, in dem der Arbeiter die Volksschule zuletzt besucht hat. Sofern Jahr, Tag und Ort der Geburt des Arbeiters nicht anderweit feststehen, ist die Vorlage einer Geburtsurkunde, als deren Ersatz ein Taufschein oder ein roter Impfschein angesehen werden kann, zu verlangen.

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§ 182.

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Die Ausstellung des Arbeitsbuches erfolgt durch Ausfüllen der beiden ersten Seiten des Vordrucks. Die Nummer des Arbeitsbuches muß mit der laufenden Nummer des Verzeichnisses der Arbeitsbücher (§ 178 oben) übereinstimmen. Das Arbeitsbuch darf erst ausgehändigt werden, wenn alle Spalten des Verzeichnisses ausgefüllt sind, und das Buch selbst von dem Arbeiter unterschrieben worden ist (§ 110 G.O.).

§ 183.

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Neue Arbeitsbücher.Wird die Ausstellung eines neuen Arbeitsbuches an Stelle eines früheren bei der Ortspolizeibehörde beantragt, so hat diese festzustellen, von welcher Behörde und in welchem Jahre das letztere ausgestellt war, ob es vollständig ausgefüllt oder unbrauchbar geworden, oder verloren gegangen oder vernichtet ist. Das Ergebnis dieser Feststellung ist in das neue Arbeitsbuch auf Seite 2 unten und im Verzeichnis der Arbeitsbücher (§ 178 oben) in Spalte 7 einzutragen (§ 109 Abs. 2 G.O.).
Ist das frühere Arbeitsbuch vollständig ausgefüllt oder unbrauchbar geworden, so ist es auf der letzten Seite durch den Vermerk „gemäß § 109 der Gewerbeordnung abgeschlossen“, unter Beisetzung des Siegels, Datums und der Unterschrift der Behörde zu schließen (§ 109 Abs. 1 G.O.)
Die Ausstellung des neuen Arbeitsbuches ist der Behörde, die das frühere Arbeitsbuch ausgestellt hat, unter Angabe des Jahres der Ausstellung anzuzeigen und von dieser in ihrem Verzeichnisse der Arbeitsbücher unter der Rubrik „Bemerkungen“ zu vermerken. Die Ausstellung eines neuen Arbeitsbuches kann auch dann nicht verweigert werden, wenn das frühere Arbeitsbuch von dem Inhaber absichtlich unbrauchbar gemacht oder vernichtet ist. In diesem Falle ist aber die Bestrafung des Arbeiters nach § 150 Ziff. 3 G.O. herbeizuführen. Desgleichen ist die Bestrafung des Arbeitgebers oder seines bevollmächtigten Betriebsleiters nach § 146 Ziff. 3 und 150 Ziff. 2 G.O. herbeizuführen sofern unzulässige Eintragungen oder Vermerke in das Arbeitsbuch gemacht worden sind oder ohne rechtmäßigen Grund seine Aushändigung verweigert wird.

§ 184.

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Gebühren (§ 109).Die Ortspolizeibehörde hat die Arbeitsbücher kosten- und stempelfrei zu liefern und auszustellen. Nur für die Ausstellung eines neuen Arbeitsbuches an Stelle eines unbrauchbar gewordenen verloren gegangenen oder vernichteten ist eine Gebühr von 50 Pfennig (§ 109 Abs. 2 G.O.) zu erheben. In diesen Fällen sind Vordrucke von Arbeitsbüchern zu verwenden, denen der Vermerk „Duplikat - 50 Pfennig“ vorgedruckt ist. Ist die Ausstellung eines neuen Arbeitsbuches durch Verschulden des Arbeitgebers notwendig geworden, so ist die Gebühr von dem Arbeitgeber einzuziehen (§ 112 Abs. 1 G.O.). Die Gebühren sind in die Gemeindekasse zu vereinnahmen.

§ 185.

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Aushändigung.Bei Arbeitern unter 16 Jahren ist das Arbeitsbuch an den gesetzlichen Vertreter auszuhändigen. Bei Arbeitern über 16 Jahre hat dies dann zu geschehen, wenn der gesetzliche Vertreter es ausdrücklich verlangt. Mit Genehmigung der Bürgermeisterei des im § 108 G.O. bezeichneten Ortes kann die Aushändigung auch an die zur gesetzlichen Vertretung nicht berechtigte Mutter oder einen sonstigen Angehörigen oder an den Arbeiter selbst erfolgen.
Diese Genehmigung ist insbesondere in solchen Fällen zu erteilen, in denen die Aushändigung des Arbeitsbuchs an den gesetzlichen Vertreter wegen dessen Abwesenheit oder Erkrankung schwer zu bewirken ist oder wegen mangelnder geistiger oder sittlicher Qualifikation des gesetzlichen Vertreters

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zum Nachteil des minderjährigen Arbeiters gereichen würde. An „sonstige Angehörige“ des Arbeiters soll das Arbeitsbuch in der Regel nur dann ausgehändigt werden, wenn der Aushändigung an die zur gesetzlichen Vertretung nicht berechtigte Mutter Gründe der vorbezeichneten Art oder andere triftige Gründe entgegenstehen. An den Arbeiter selbst ist die Aushändigung des Arbeitsbuchs nur zu genehmigen wenn auch gegen die Angehörigen Bedenken der erwähnten Art vorliegen. Unter „Angehörigen“ sind solche Verwandte oder Hausgenossen des minderjährigen Arbeiters zu verstehen, die an Stelle des gesetzlichen Vertreters tatsächlich die Pflege und Fürsorge für ihn ausüben.

§ 186.

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Arbeitszeugnisse (§ 113 G.O.).Ein Zeugnis über die Art und Dauer der Beschäftigung sowie über Führung und Leistungen kann sowohl der minderjährige Arbeiter selbst als auch sein gesetzlicher Vertreter verlangen. Das Arbeitszeugnis ist dem Arbeiter unmittelbar zu behändigen, und zwar auch dann, wenn er das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sofern nicht der gesetzliche Vertreter verlangt, daß die Aushändigung an ihn geschehe. Gegen den Willen des letzteren darf das Arbeitszeugnis an den minderjährigen Arbeiter nur dann ausgehändigt werden, wenn die Bürgermeisterei als zuständige Gemeindebehörde die Erlaubnis hierzu erteilt hat. Diese Genehmigung darf sie nur dann geben, wenn die Aushändigung an den gesetzlichen Vertreter wegen mangelnder geistiger oder sittlicher Qualifikation des letzteren oder aus anderen Gründen zum offenbaren Nachteil des Arbeiters gereichen würde.

§ 187.

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Beglaubigung der Eintragungen in den Arbeitsbüchern.Auf Verlangen des Arbeiters hat die Ortspolizeibehörde die Eintragungen im Arbeitsbuche sowie etwaige Arbeitszeugnisse kosten- und stempelfrei zu beglaubigen. Die Beglaubigung erstreckt sich nur auf die Unterschrift des Arbeitgebers und darf ausgestellt werden, wenn die Richtigkeit dieser Unterschrift feststeht. Außerdem kann die Beglaubigung nur dann verweigert werden, wenn der Behörde bekannt ist, daß die Einträge zweifellos unrichtig sind.

§ 188.

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Lohnbücher (§ 114a. G.O.).Die Führung von Lohnbüchern ist bis jetzt von dem Bundesrat für die Betriebe der Kleider- und Wäschekonfektion vorgeschrieben. (Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 9. Dezember 1902, R.-G.-Bl. S. 295).

§ 189.

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Lohnzahlung (§ 115a G.O.).„Untere Verwaltungsbehörde“ im Sinne des § 115a G.O. ist das Kreisamt. Lohn- und Abschlagszahlungen in Gast- und Schankwirtschaften oder Verkaufsstellen sind nur auf Antrag des Arbeitgebers und nur in Fällen dringenden Bedürfnisses zu genehmigen. Ein solches ist in der Regel nur anzunehmen für kleinere, nicht ständige Betriebe, wenn eine zur Vornahme der Lohnzahlungen geeignete Räumlichkeit auf der Betriebsstätte oder in deren Nähe nicht vorhanden ist, und ohne unverhältnismäßige Kosten nicht beschafft werden kann. Auch ist die Genehmigung an die Bedingung zu knüpfen, daß die ausgelöhnten Arbeiter nicht zur Entnahme von Speisen und Getränken oder Waren verleitet werden.
Die Erlaubnis ist schriftlich und unter dem ausdrücklichen Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs zu erteilen. Für größere Bauten und ständige Betriebe ist die Erlaubnis zu versagen.

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§ 190.

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Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen über die Arbeitsbücher, Lohnzahlung usw.Die Durchführung der Vorschriften über die Arbeitsbücher (§ 106 bis 115a G.O.) ist von den Gewerbeinspektionen und unter Oberaufsicht der Kreisämter von den Ortspolizeibehörden durch besondere Revisionen zu überwachen.

III. Fortbildungs- und Fachschulen.

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§ 191.

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Zu § 120 G.O.Die den gewerblichen Arbeitern von den Gewerbeunternehmern zum Besuche der Fortbildungsschule freizugebende Zeit wird, sofern sich ein Bedürfnis hierzu ergibt, von der Bürgermeisterei festgesetzt. festgesetzt. Sie hat ihren Festsetzungen den von dem Schulvorstand festgestellten Stundenplan zugrunde zu legen und die Zeit so zu bemessen, daß die Schüler rechtzeitig und ordnungsmäßig gekleidet zum Unterricht erscheinen können.
Über Anträge auf Anerkennung des Unterrichts einer Innungs- oder anderen Fortbildungs- oder Fachschule als Ersatz des allgemeinen Fortbildungsschulunterrichts entscheidet das Großherzogliche Ministerium des Innern, Abteilung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, im Einvernehmen mit der Abteilung für Schulangelegenheiten.
„Zuständige Behörde“ im Sinne des § 120 Abs. 5 G.O. ist der Schulvorstand oder das Kuratorium der Fortbildung- oder Fachschule.

IV. Polizeiliche Anordnungen auf Grund der §§ 120d, 120f und 147 Abs. 1 Ziff. 4 und Abs. 4 G.O.

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§ 192.

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Die den Polizeibehörden durch die § 120d und 120f Abs. 2 G.O. überwiesenen Befugnisse werden vorbehaltlich der in den §§ 196, 200 getroffenen besonderen Bestimmungen in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, von den Bürgermeistereien oder, soweit in solchen Gemeinden besondere staatliche Polizeiverwaltungen eingerichtet sind, von diesen, im übrigen von den Kreisämtern wahrgenommen.
Zur Entscheidung über die nach § 120d Abs. 4 (§ 120f Abs. 3) G.O. zulässige Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde sind die unmittelbar vorgesetzten Dienststellen zuständig.

a. Anordnungen auf Grund des § 125d G.O. =

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§ 193.

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Allgemeine Vorschriften.Vor Erlaß von Anordnungen zur Durchführung der §§ 120a bis 120c G.O. haben die Polizeibehörden die Gewerbeinspektion und erforderlichen Falles das Kreisgesundheitsamt zu hören. Die Anordnung ist unter Bezugnahme auf § 120d G.O. und nicht etwa unter Berufung auf die Vorschritten in Art. 66 der Kreis- und Provinzialordnung oder Artikel 129b Abs. 2 Ziff. 3 der Städteordnung zu erlassen. Soweit es sich nicht um die Beseitigung dringender, das Leben oder die Gesundheit der Arbeiter bedrohender Gefahren handelt, ist für die Ausführung der Anordnung eine angemessene Frist zu setzen.

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Die Anordnungen sind schriftlich oder durch Eröffnen zu Protokoll unter Hinweis auf die Strafvorschrift in § 147 Abs. 1 Ziffer 1 G.O. und erforderlichen Falles unter Androhung der in dem nachstehenden § 194 und in § 147 Abs. 4 G.O. vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sowie unter entsprechender Rechtsmittelbelehrung (§ 192 Abs. 2) zu erlassen. Von den Verfügungen ist der Gewerbeinspektion und, wenn sie zur Verhütung von Unfällen erlassen werden, auch der Berufsgenossenschaft, welcher der Betrieb augehört, unverzüglich Kenntnis zu geben (§ 872 der Reichsversicherungsordnung).

§ 194.

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Kann die zu erzwingende Handlung durch Dritte ausgeführt werden, so ist die Polizeibehörde befugt, sie durch Dritte auf Kosten des Schuldigen ausführen zu lassen.
Persönlicher Zwang kann nur angewendet werden, wenn, soweit und solange die zu treffenden Maßregeln ohne solchen undurchführbar sind.
Sind durch die zwangsweise Ausführung einer polizeilichen Verfügung Kosten entstanden, so hat sie die Polizeibehörde nach eingetretener Rechtskraft der Verfügung festzusetzen. Die Anforderung der festgesetzten Kosten erfolgt durch den Verband, in dessen Interesse die polizeiliche Verfügung ergangen ist. Sie kann innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen, von der erfolgten Zustellung an gerechnet, mit Klage im Verwaltungsstreitverfahren angefochten werden. Zuständig in erster und letzter Instanz ist der Provinzialausschuß. Die Beitreibung rechtskräftig angeforderter Kosten erfolgt unter entsprechender Anwendung der Artikel 127 bis 130 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes.

§ 195.

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Wird der Erlaß einer polizeilichen Anordnung auf Grund des § 120d G.O. von der Gewerbeinspektion beantragt, so hat die Polizeibehörde in der Regel binnen 2 Wochen diesem Antrag zu entsprechen oder der Gewerbeinspektion etwaige gegen die Anordnung bestehende Bedenken mitzuteilen. Wird eine Verständigung über die zu treffende Anordnung nicht erzielt, so hat die Polizeibehörde die Verhandlungen der ihr unmittelbar vorgesetzten Dienststelle zur Entscheidung vorzulegen.

§ 196.

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Vor Eintritt der Rechtskraft dürfen die auf Grund des § 120d G.O. erlassenen Anordnungen nur dann zur Ausführung gebracht werden, wenn sie ohne Nachteil für das Gemeinwohl oder eine erhebliche Gefährdung des Lebens, der Gesundheit oder der Sittlichkeit der Arbeiter nicht ausgesetzt bleiben können.
Wird die Fortsetzung des Betriebs einer gewerblichen Anlage auf Grund des § 147 Abs. 4 G.O. ganz oder teilweise polizeilich untersagt, so ist dem Ministerium des Innern alsbald zu berichten.

§ 197.

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Sondervorschriften im Zusammenhang mit Baugesuchen.Handelt es sich um den Erlaß von Anordnungen auf Grund des § 120d G.O., die mit einem gleichzeitig eingereichten Baugesuch in Verbindung stehen, so treten an die Stelle der in § 192 Abs 1 genannten Behörden die Baupolizeibehörden. (Artikel 64 der Allgemeinen Bauordnung.)

[110]

§ 198.

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Die Baupolizeibehörden haben in allen Fällen, in denen es sich um Bauten zu gewerblichen Zwecken mit Einschluß von Lagerräumen handelt, vor Erteilung der baupolizeilichen Erlaubnis zum Neubau, Umbau oder der Erweiterung der gewerblichen Anlage das Baugesuch mit den dazu gehorigen Plänen der Gewerbeinspektion zur Äußerung darüber mitzuteilen, ob besondere Einrichtungen im Interesse der Sicherheit der Betriebsstätte sowie der Gesundheit und Sittlichkeit der Arbeiter zu treffen sind.
Die Begutachtung der Baugesuche ist nach Möglichkeit zu beschleunigen; § 17 dieser Verordnung gilt entsprechend.

§ 199.

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Die Baupolizeibehörden haben auf Grund des Gutachtens der Gewerbeinspektion vor Erlaß des Baubescheids zu prüfen, welche besonderen baulichen Einrichtungen mit Rücksicht auf die Art und den Umfang des in Frage stehenden Betriebs von dem Gewerbeunternehmer zu verlangen sind. Sie werden versuchen, im Wege der Verständigung eine sachgemäße Abänderung des Baugesuchs durch den Unternehmer zu erreichen. Wird auf diesem Wege der gewünschte Erfolg nicht erzielt, so ist, sofern dies von der Gewerbeinspektion nach Lage der Sache für erforderlich erachtet wird, dem Gewerbeunternehmer durch eine besondere, gleichzeitig mit dem Baubescheid zu erlassende Verfügung auf Grund des § 120d G.O. die Herstellung derjenigen besonderen Einrichtungen aufzugeben, die zur Durchführung der in den § 120a bis 120c G.O. enthaltenen Grundsätze erforderlich und nach der Beschaffenheit der Anlage ausführbar erscheinen. Für die Form und den Inhalt der Verfügung und ihre Durchführung gelten die §§ 193 Abs. 2, 194, 195, 196 entsprechend.
In dem Baubescheid selbst sind Anordnungen der in § 120d G.O. erwähnten Art in der Form von Bedingungen für die Bauerlaubnis nicht aufzunehmen.

§ 200.

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Arbeitsschutzvorschriften bei Bauausführungen.Soweit es sich um den Erlaß von Verfügungen auf Grund des Gesetzes, den Arbeiterschutz und die Unfallverhütung bei Bauten betreffend, vom 8. Juli 1911 (Reg.-Bl. S. 246) und der Ausführungsverordnung hierzu vom 15. Februar 1912 (Reg.-Bl. S. 30) handelt, gelten für die Zuständigkeit der Behörden und das einzuhaltende Verfahren die Vorschriften der letztgenannten Verordnung.

b. Anordnungen auf Grund des § 120f Abs. 2 G.O.

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§ 201.

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Vor Erlaß von Anordnungen auf Grund des § 120f Abs. 2 G.O. für einzelne Betriebe, in denen durch übermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, sind neben der Gewerbeinspektion das Kreisgesundheitsamt sowie beteiligte Gewerbetreibende und Arbeiter von der Polizeibehörde (§ 192) zu hören. Die Verfügung ist schriftlich unter Hinweis auf die Strafbestimmung in § 147 Abs. 1 Ziff. 4 G.O. zu erlassen und in Abschrift der Gewerbeinspektion und der Ortspolizeibehörde mitzuteilen
Wird der Erlaß von Anordnungen der genannten Art von der Gewerbeinspektion beantragt, so gilt § 195 entsprechend.

[111]

V. die Verhältnisse der Lehrlinge und Gesellen.

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(§ 120 ff. G.O.)

§ 202.

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Entziehung der Befugnis zum Halten von Lehrlingen (§§ 126a, 18 Abs. 1 G.O.)."Untere Verwaltungsbehörde" im Sinne der §§ 126a Abs. 3 und 128 Abs. 1 G.O. ist in Gemeinden. auf welche die Städteordnung Anwendung findet, die Bürgermeisterei, im übrigen das Kreisamt.

§ 203.

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Wird auf Grund des § 126a G.O. einem Lehrherrn die Befugnis zum Halten oder Anleiten von Lehrlingen entzogen, so ist ausdrücklich zu bestimmen, ob die Befugnis dauernd oder für welche Zeit sie entzogen wird. In minder schweren Fällen kann die untere Verwaltungsbehörde sich zunächst auf eine Verwarnung des Lehrherrn beschränken.
Gegen die auf Grund des § 126a Abs. 3 und § 128 Abs. 1 G.O. erlassenen Verfügungen ist binnen einer Notfrist von 2 Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zulässig Hierbei entscheidet über Klagen, die gegen eine Verfügung der Bürgermeisterei gerichtet sind, der Keisausschuß, über Klagen, die sich gegen eine Verfügung, die das Kreisamt erlassen hat, richten, der Provinzialausschuß jeweils in erster und letzter Instanz. Ist die Verfügung rechtskräftig geworden, so hat die untere Verwaltungsbehörde der Ortspolizeibehörde und der Handwerkskammer von der Anordnung Nachricht zu geben.
Beglaubigung der Lehrlingszeugnisse (§ 127c G.O.).,,Gemeindebehörde" im Sinne des § 127c G.O. ist die Bürgermeisterei.

§ 205.

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Zwangsweise Zurückführung der Lehrlinge (§ 127d G.O.).'Die der "Polizeibehörde" übertragenen Befugnisse sind vorbehaltlich der Sondervorschrift in Abs 1 von der Bürgermeisterei oder der an deren Stelle besonders eingerichteten Polizeiverwaltung auszuüben, in deren Dienstbezirk das Lehrverhältnis besteht.
Wird von dem Lehrherrn Antrag auf Zurückführung des Lehrlings gestellt, so ist zunächst zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere ob nicht das Lehrverhältnis durch gerichtliches Urteil für aufgelöst erklärt oder dem Lehrling durch einstweilige Verfügung gestattet ist, die Lehre zu verlassen, ob keiner der in §§ 127b und 127e G.O. bezeichneten Gründe des einseitigen Rücktritts vorliegt und ob seit dem Antritt des Lehrlings nicht eine Woche verflossen ist.
Erscheint hiernach der Antrag gerechtfertigt, so ist der Lehrling sofort durch schriftliche Verfügung unter Hinweis auf die gesetzlichen Zwangsmittel zur Rückkehr aufzufordern und im Falle des Ungehorsams nach dem Schlußsatze des § 127d G.O. zu verfahren. Für die Kosten der polizeilichen Zurückführung haftet der Polizeibehörde gegenüber der Lehrherr.
Hält sich der Lehrling in einer anderen Gemeinde auf oder soll die Rückkehr durch Androhung von Geldstrafe oder Haft erzwungen werden, so ist dem Kreisamt Vorlage zu machen. Für die Anfechtung der von diesem angedrohten oder in Vollzug gesetzten Zwangsmaßregeln und das hierbei einzuhaltende Verfahren gelten die Vorschriften des Artikels 66 Abs. 3, 5, 6 und 7 der Kreis- und Provinzialordnung.

[112]

§ 206.

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Verleihung der Befugnis zum Anleiten von Lehrlingen (§§ 129, 129a G.O.).„Untere Verwaltungsbehörde“ im Sinne der §§ 129, 129a G.O., des Artikels 7 des Reichsgesetzes vom 20. Juli 1897 und des Artikels II des Reichsgesetzes vom 30. Mai 1908 ist in Gemeinden, auf welche die Stadteordnung Auwendung findet, die Bürgermeisterei, im übrigen das Kreisamt.

§ 207.

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Zu § 129b G.O.Die der Ortspolizeibehörde in § 129b G O. beigelegte Befugnis ist in Gewemden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, von der Bürgermeisterei oder der an deren Stelle besonders eingerichteten staatlichen Polizeiverwaltung, im übrigen von dem Kreisamt auf Antrag der Ortspolizeibehörde wahrzunehmen
Der polizeiliche Zwang erfolgt durch Erlaß eines Polizeibefehls nach Maßgabe des Artikels 129 Abs. 2 Ziff. 3 der Städteordnung oder des Artikels 66 der Kreis- und Provinzialordnung, auf dessen Erlaß in Landgemeinden von der Bürgermeisterei beim Kreisamt anzutragen ist.

§ 208.

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Zu §§ 130a Abs. 2, 131b Abs. 2, 133 Abs. 4 und 5 G.O.„Höhere Verwaltungsbehörde“ im Sinne der §§ 130a Abs. 2, 131b Abs 2, 133 Abs.4, 5 G.O. ist das Ministerium des Innern, Abteilung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe.

§ 209.

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Zu § 131 G.O.Von der in § 131 Abs. 2 G.O. den Landes-Zentralbehörden erteilten Befugnis ist durch Bekanntmachung vom 30. September 1908 (Reg.-Bl. Beil. S. 233) Gebrauch gemacht.

VI. Die Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter in Betrieben, in denen in der Regel mindestens 10 Arbeiter beschäftigt werden, mit Ausnahme der Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker.

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(§ 133g bis 139b G.O.)

a. Besondere Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftigt werden.

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Arbeitsordnungen (§§ 133h, 134a bis 134h G.O.)

§ 210.

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Allgemeines.„Untere Verwaltnngsbehörde“ im Sinne der §§ 134b Abs. 1 Ziff. 2, 134c, 134f und 134g G.O. ist das Kreisamt.
Eine Arbeitsordnung muß für jeden Betrieb erlassen werden, in dem in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftigt werden. Bei Ermittelung dieser Zahl werden nicht angerechnet:
a. Arbeiter, die wegen außergewöhnlicher Häufung der Arbeit oder aus anderen Gründen nur vorübergehend angenommen werden;
b. die Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker.
Die Arbeitsordnung sowie jeder Nachtrag zu ihr ist binnen 3 Tagen nach dem Erlaß in 2 Ausfertigungen dem Kreisamt einzureichen. Der Vorlage ist die in § 131c Abs. 1 G.O. näher bezeichnete Erklärung beizufügen.

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Eine dieser Ausfertigungen hat das Kreisamt alsbald der zuständigen Gewerbeinspektion zur gutachtlichen Äußerung mitzuteilen.

§ 211.

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Prüfung der Arbeitsordnung.Das Kreisamt hat auf Grund der Gutachten der Gewerbeinspektion die Arbeitsordnungen und die Nachträge dahin zu prüfen, ob sie vorschriftsmäßig erlassen sind und ob ihr Inhalt nicht etwa den gesetzlichen Vorschriften (§ 134a bis 134c G.O.) zuwiderläuft. Ergeben sich hierbei Anstände, so ist nach § 134f G.O. zu verfahren.
Bei jeder Arbeitsordnung und jedem Nachtrag ist insbesondere zu prüfen:
1) ob die Vorschrift des § 134d G.O. über das Anhören der großjährigen Arbeiter oder eines Arbeiterausschusses beachtet ist, und sofern nur ein ständiger Arbeiterausschuß gehört ist, ob dieser den Vorschriften des § 134b entspricht;
2) ob die Arbeitsordnung alle in § 134b Abs. 1 G.O. unter Ziff. 1-4 geforderten Vorschriften enthält.
Für Anfang und Ende der Arbeitszeit (§ 134b Ziff. 1 G.O., müssen bestimmte Zeitpunkte festgesetzt sein. Es ist also z. B. unzulässig, in der Arbeitsordnung zu bestimmen, „daß die Arbeit morgens zwischen 6 und 8 Uhr beginnt und abends zwischen 7 und 9 Uhr endet“. Dagegen können Beginn und Ende der Arbeitszeit nach den Jahreszeiten verschieden festgesetzt werden. Auch kann bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen von der regelmäßigen Dauer und Lage der Arbeitszeit vorübergehend abgewichen werden kann;
3) ob die etwa vorgesehenen Aufkündigungsfristen für beide Teile gleich bemessen sind (§ 122 G.O.).
Kündigungsfristen (§ 134b Ziff. 3 G.O.) können mit einzelnen Arbeitern abweichend von der Arbeitsordnung vereinbart werden; dagegen müssen die besonderen Entlassungsgründe in der Arbeitsordnung im einzelnen genau bezeichnet werden;
4) ob die Vorschriften für großjährige Arbeiter sich auf deren Verhalten im Betrieb beschränken;
5) ob die Strafvorschriften nicht das Ehrgefühl oder die guten Sitten verletzen, ob die Geldstrafen nicht die gesetzlich zulässige Höhe übersteigen und wie die Strafgelder und die nach § 134 Abs. 1 G.O. verwirkten Lohnbeträge verwendet werden.
Es ist zulässig und ausreichend, wenn in der Arbeitsordnung nur der Höchstbetrag der Strafe festgesetzt ist, im Einzelfall aber die Höhe der Strafe vom Arbeitgeber bemessen wird. - Die allgemeine Angabe, daß die Strafgelder und Lohnbeträge „zum Besten der Arbeiter des Betriebs“ verwendet werden sollen, genügt nicht. Die Art ihrer Verwendung ist vielmehr bestimmt zu bezeichnen. Die Zuwendung von Strafgeldern an eine Ortskrankenkasse stellt eine Verwendung zum Besten der Arbeiter des Betriebs, wie sie § 134b Abs. 2 G.O. verlangt, nicht dar. Gegen den Willen des Unternehmers kann jedoch nicht verlangt werden, daß auch die nach § 134 Abs. 1 G.O. verwirkten Lohnbeträge zum Besten der Arbeiter verwendet werden.

§ 212.

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Das Kreisamt hat zwar die Arbeitsordnung weder zu bestätigen noch zu genehmigen, kann aber jederzeit die Beseitigung gesetzwidriger Vorschriften aus der Arbeitsordnung anordnen. Hierbei empfiehlt es sich, in zweifelhaften Fällen den Unternehmer zunächst lediglich auf die bestehenden

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Zweifel und Bedenken aufmerksam zu machen, auf eine entsprechende Änderung der Arbeitsordnung hinzuwirken und die Anordnung einer Abänderung für den Fall vorzubehalten, daß sich später das Vorhandensein einer Gesetzwidrigkeit zweifellos herausstellen sollte, da nur in diesem Fall ein Einschreiten gemäß § 134f G.O. zulässig ist. Vorschriften, die zwar nicht gesetzwidrig sind, aber der Billigkeit widersprechen, sind nur im Wege gütlicher Einwirkung zu beseitigen.
Gegen Anordnungen des Kreisamts auf Grund des § 134f Abs. 2 G.O. findet binnen 2 Wochen die Beschwerde an das Ministerium des Innern statt.

b. Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens 10 Arbeiter beschäftigt werden.

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Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern (§ 134i bis 139a G.O.).

§ 213.

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Allgemeines, Anzeigepflicht (§ 138 G.O.).Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter dürfen in Betrieben, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden und in diesen Betrieben gleichstehenden Anlagen (Abs.2) nicht beschäftigt werden, bevor der Arbeitgeber der Ortspolizeibehörde (§§ 5, 6 oben) die in § 138 G.O. vorgeschriebene Anzeige gemacht hat.
Als Anlagen, die den Betrieben mit mindestens zehn Arbeitern gleichstehen, sind anzusehen:
1) gemäß §§ 154 Abs. 2 und 154a G.O.:
a. Ziegeleien und über Tage betriebene Brüche und Gruben, wenn darin in der Regel mindestens fünf Arbeiter beschäftigt werden;
b. Hüttenwerke, Zimmerplätze, andere Bauhöfe, Werften und Werkstätten der Tabakindustrie, auch wenn in ihnen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden;
c. Bergwerke, Salinen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch betriebene Brüche oder Gruben, auch wenn in ihnen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden;
2) gemäß § 154 Abs. 3 G.O. und Art. 4, II des Reichsgesetzes vom 28. Dezember 1908 (R.-G.-Bl. S. 667) nach Maßgabe der Verordnung vom 9. Juli 1900 und der Bekanntmachung vom 13. Juli 1900 (R.-Bl. S.65 ff.) Werkstätten mit weniger als zehn Arbeitern, in denen durch elementare Kraft bewegte Triebwerke nicht bloß vorübergehend verwendet werden und in denen der Arbeitgeber nicht ausschließlich zu seiner Familie gehörige Personen beschäftigt;
3) gemäß § 154 Abs. 4 G.O. nach Maßgabe der Verordnungen vom 31. Mai 1897 (R.-G.-Bl. S. 459) und vom 17. Februar 1914 (R.-G.-Bl. S. 62) Werkstätten mit weniger als zehn Arbeitern,
a. in denen die Anfertigung oder Bearbeitung von Männer- und Knabenkleidern (Röcken, Hosen, Westen, Mänteln u. dergl.) im großen erfolgt,
b. in denen Frauen- und Kinderkleidung (Mäntel, Kleider, Umhänge n. dergl.) im großen oder auf Bestellung nach Maß für den persönlichen Bedarf der Besteller angefertigt oder bearbeitet wird,
c. in denen Frauen- und Kinderhüte besetzt ( garniert) werden,
d. in denen die Anfertigung oder Bearbeitung von weißer und bunter Wäsche im großen erfolgt.

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§ 214.

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Form der Anzeige.Die Anzeige (§ 213 Abs. 1) ist schriftlich zu erstatten und muß ersehen lassen, ob in dem Betriebe Kinder unter 14 Jahren, junge Leute beiderlei Geschlechts zwischen 14 und 16 Jahren und Arbeiterinnen über 16 Jahre oder welche dieser drei Arbeiterklassen beschäftigt werden sollen. Jede Anzeige ist von der Ortspolizeibehörde darauf zu prüfen, ob sie alle im § 138 Abf. 1 G.O. vorgeschriebenen Angaben enthält. Ist dies nicht der Fall, so ist sie zum Vervollständigung zurückzugeben. Eine Angabe der Namen der Arbeiter ist nicht erforderlich.
Die Anzeigen sowie die später etwa eingehenden Veränderungsanzeigen sind der zuständigen Gewerbeinspektion alsbald in Abschrift mitzuteilen, die Urschriften aber zu den für jeden Betrieb besonders zu führenden Akten der Ortspolizeibehörde zu nehmen.

§ 215.

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Ausnahmen von der Anzeigepflicht.Von der Anzeigepflicht sind unbeschadet der den Gewerbetreibenden etwa auf Grund besonderer Polizeiverordnungen obliegenden Verpflichtungen befreit.
1) vollständig:
a. die im § 154 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 G.O. bezeichneten Betriebe,
b. die Motorwerkstätten der Bäcker und Konditoren, sofern sie weniger als 10 Arbeiter beschäftigen,
c. die Getreidemühlen mit Motorbetrieb, sofern sie weniger als 10 Arbeiter beschäftigen, mit Aufnahme derjenigen, in denen ausschließlich oder vorwiegend Dampf verwendet wird;
2) hinsichtlich der männlichen jugendlichen Arbeiter:
a. die Motorwerkstätten mit weniger als 10 Arbeitern, sofern sie zum Handwerk gehören,
b. alle nicht unter 1 b fallenden Betriebe der Bäcker und solcher Konditoren, welche neben Konditorwaren auch Backwaren herstellen, sofern sie nicht in regelmäßiger Tag- und Nachtschicht arbeiten, für die Arbeiter, die unmittelbar bei der Herstellung von Waren beschäftigt sind.
Die Anzeigepflicht ist vereinfacht:
1) für die übrigen Motorwerkstätten mit weniger als 10 Arbeitern, indem die Angabe der Lage der Werkstätte und die Art des Betriebs genügt, und
2) für die Konfektionswerkstätten mit weniger als 10 Arbeitern, indem für diese nur die Angabe über die Lage der Werkstätte verlangt werden kann.

§ 216.

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Die Ortspolizeibehörde hat auf Grund der Anzeigen nach den in den Anlagen IX und XAnlage IX und X. enthaltenen Mustern je ein Verzeichnis der in ihrem Bezirk gelegenen Betriebe zu führen, die Arbeiterinnen über 16 Jahre oder jugendliche Arbeiter beschäftigen. Diese Verzeichnisse sind der Gewerbeinspektion auf Ersuchen zur Einsicht vorzulegen.

§ 217.

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Arbeitgeber, welche die in § 138 G.O. vorgeschriebene Anzeige gemacht haben, sind von der Ortspolizeibehörde darauf hinzuweisen, daß sie in den Räumen, in denen Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, den in § 138 Abs. 2 G.O. vorgeschriebenen Auszug aus den Vorschriften

[116]

der Gewerbeordnung (Anlage XI)Anlage XI und XII.und, sofern sie jugendliche Arbeiter beschäftigen, außerdem das ebenda erwähnte Verzeichnis der jugendlichen Arbeiter nach dem in Anlage XII gegebenen Muster aushängen müssen.
Für die in § 213 Abs 2 Ziff. 2 oben bezeichneten Werkstätten mit Motorbetrieb, in denen in der Regel weniger als 10 Arbeiter bescheinigt werden, treten, insoweit sie nicht als Handwerksbetriebe (II, B, 10 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 13. Juli 1900) hinsichtlich der Beschäftigung männlicher jugendlicher Arbeiter von der Verpflichtung zum Aushang überhaupt befreit sind, unter Fortfall des Verzeichnisses (Anlage XII) an die Stelle des in Abs. 1 bezeichneten Auszugs Auszüge nach dem Muster in den Anlagen XIa und XIb.Anlage XIa, XIb
Für die in § 213 Abs. 2 Ziff. 3 oben aufgeführten Konfektionswerkstätten finden die Vorschriften des Abs. 1 mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Anhangs (Anl. XI) ein Auszug nach dem Muster in Anlage XIcAnlage XIc zu treten hat.

§ 218.

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Mitgabe von Arbeit zur Verrichtung außerhalb des Betriebs(§ 137a G.O.).„Polizeibehörde“ im Sinne des § 137a Abs. 3, 4 G.O. ist die Bürgermeisterei oder die an deren Stelle besonders eingerichtete staatliche Polizeiverwaltung.

Ausnahmen von den Vorschriften des § 135 Abs. 2 und 3 und der §§ 136, 137 Abs. 1 bis 4 G.O. für einzelne Betriebe (§§138a und 139 G.O.)

§ 219.

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Allgemeines.Für einzelne Betriebe können Ausnahmen von den Vorschriften des § 135 Abs. 2 und 3, der §§ 136, 137 Abs. 1 bis 4 G.O. zugelassen werden, und zwar
a. wegen außergewöhnlicher Häufung der Arbeit:
eine Verlängerung der Arbeitszeit von Arbeiterinnen über 16 Jahre an den Wochentagen außer Sonnabend bis 9 Uhr abends und bis zu zwölf Stunden, vorausgesetzt, daß die zu gewährende ununterbrochene Ruhezeit nicht weniger als zehn Stunden beträgt (§ 138 Abs. 1-4 G.O.);
b. bei den in § 105c Abs. 1 Nr. 3 und 4 G.O. bezeichneten Arbeiten:
eine Beschäftigung der Arbeiterinnen über 16 Jahre, die kein Hauswesen zu besorgen haben und eine Fortbildungsschule nicht besuchen, an Sonnabenden und Vorabenden von Festtagen von 5 Uhr nachmittags bis 8 Uhr abends, vorausgesetzt, daß diese Arbeiterinnen am folgenden Sonn- oder Festtage arbeitsfrei bleiben (§ 38a Abs.5. G.O.);
c. wegen Unterbrechung des regelmäßigen Betriebs durch Naturereignisse oder Unglücksfälle:
eine Verlängerung der Arbeitszeit, Erlaubnis zur Nachtarbeit, Beschränkung der Pausen und der ununterbrochenen Ruhezeit für die jugendlichen und weiblichen Arbeiter (§ 139 Abs. 1 G.O.);
d. wegen der Natur des Betriebs oder aus Rücksichten auf die Arbeiter:
Erlaubnis zur Nachtarbeit und zur Arbeit an Vorabenden von Sonn- und Festtagen sowie Abkürzung und Wegfall der Pausen für jugendliche und weibliche Arbeiter, jedoch ohne Überschreitung der gesetzlichen Arbeitsdauer, ohne Einschränkung der

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ununterbrochenen Ruhezeit und Gewährung von Pausen von zusammen mindestens einstündiger Dauer für jugendliche Arbeiter, wenn sie länger als 6 Stunden beschäftigt werden (§ 139 Abs. 2 G.O.).
Diese Vorschriften gelten auch für die in § 213 Abs. 2 unter 1 oben ausgeführten Betriebe. Wegen der Werkstätten mit Motorbetrieb und der Konfektionswerkstätten in denen in der Regel weniger als 10 Arbeiter beschäftigt werden, wird auf die Sondervorschriften in den §§ 239, 240 dieser Verordnung verwiesen.

§ 220.

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Die in § 138a G.O. der höheren und unteren Verwaltungsbehörde zugewiesenen Befuguisse sind von dem Kreisamt wahrzunehmen. Zur Bewilligung der in § 139 Abs. 1 Satz 2 G.O. der unteren Verwaltungsbehörde vorbehaltenen Ausnahmen ist die Ortspolizeibehörde (§ 5, 6) zuständig.

§ 22I.

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Verlängerung der Arbeitszeit wegen außergewöhnlicher Häufung der Arbeit (§ 138a Abs. 1 bis 4 G.O.).Der schriftliche Antrag auf Zulassung der Überarbeit wegen „außergewöhnlicher Häufung der Arbeit“ ist unmittelbar oder durch Vermittelung der Ortspolizeibehörde an das Kreisamt zu richten. Mangelhafte Anträge sind zur Vervollständigung zurückzugeben. Erforderlichenfalls ist die Richtigkeit der tatsächlichen Angaben festzustellen. Vor seiner Entscheidung hat das Kreisamt die Gewerbeinspektion auf kürzestem Wege gutächtlich zu hören. Die dreitägige Frist für den von dem Kreisamt zu erteilenden Bescheid beginnt mit dem Zeitpunkt des Eingangs des den gesetzlichen Vorschriften völlig entsprechenden Antrags.

§ 222.

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Für höchstens 40 Tage im Kalenderjahr kann die Überarbeit genehmigt werden, ohne daß ein Ausgleich in der übrigen Zeit des Jahres einzutreten braucht. Soll aber die Überarbeit auch nur für einen Tag über 40 Arbeitstage hinaus genehmigt werden, so muß auch für die bereits gestatteten 40 Tage ein Ausgleich eintreten. Für mehr als 50 Tage darf die Erlaubnis zur Überarbeit nicht erteilt werden.

§ 223.

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Unternehmer, die für mehr als 40 Arbeitstage im Kalenderjahr die Erlaubnis zur Überarbeit nachsuchen, haben einen Betriebsplan für das ganze Kalenderjahr einzureichen, der für den Betrieb oder die Betriebsabteilung die Arbeitszeit der Arbeiterinnen über 16 Jahre an allen Betriebstagen ersehen läßt.
Sonn- und Festtage sowie die Tage, für die auf Grund des § 139 Abs. 1 G.O. eine längere als die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit gestattet worden ist, sind bei der nach § 138a Abs. 2 daselbst vorzunehmenden Berechnung des Durchschnitts der Betriebstage außer Ansatz zu lassen. Maßgebend ist für die sogenannten Kampagne-Industrien, die nur während eines Teils des Jahres in Betrieb sind, der Durchschnitt der Betriebstage, d. h. der Tage, an denen ein regelmäßiger Betrieb stattfindet.
Die Genehmigung für mehr als 40 Arbeitstage im Kalenderjahr darf nur unter der Bedingung erteilt werden, daß in dem Betrieb oder in der Betriebsabteilung für die Betriebstage des Kalenderjahres, die nicht auf Vorabende von Sonn- und Festtagen fallen, die durchschnittliche Arbeitszeit 10 Stunden nicht übersteigt.

[118] ==== § 224. ====

Der Bescheid auf die nach den vorstehenden §§ 221 bis 223 gestellten Anträge ist schriftlich zu erteilen. Abschriften des Erlaubnisbescheides sind alsbald der Ortspolizeibehörde und der Gewerbeinspektion zuzustellen.
In dem Genehmigungsbescheid ist zweifelsfrei hervorzuheben, daß den Arbeiterinnen eine ununterbrochene Ruhezeit von 10 Stunden gewährt werden muß.
Bei der Genehmigung ist ferner, abgesehen von besonderen, im einzelnen Falle zu stellenden Bedingungen, stets ausdrücklich der Widerruf für den Fall vorzubehalten, daß die Grenzen und Bedingungen der Überarbeit nicht eingehalten werden oder daß, Unzuträglichkeiten aus der Überarbeit entstehen sollten. Ist die Genehmigung auf Grund eines Betriebsplanes erfolgt, so ist außerdem zu fordern, daß der Betriebsplan mit dem Genehmigungsvermerk in den Räumen ausgehängt wird, in denen Arbeiterinnen über 16 Jahre beschäftigt werden.
Werden die gemachten Auflagen durch Verschulden des Unternehmers oder einer von ihm zur Leitung des Betriebes oder zur Beaufsichtigung bestellten Person nicht eingehalten, so ist in der Regel die Genehmigung sofort zu widerrufen und die Bestrafung wegen Zuwiderhandlung gegen § 137 G.O. auf Grund des § 146 Abs. 1 Ziff. 2 Abs. 2 daselbst herbeizuführen.

§ 225.

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Das Kreisamt hat über die Fälle, in denen die Erlaubnis zur Überarbeit auf Grund des § 138a Abs. 1 bis 4 G.O. erteilt wurde, ein Verzeichnis zu führen, das nach dem in Anlage XIIIAnlage XIII gegebenen Muster anzulegen und nach Kalenderjahren und Betrieben zu führen ist. An dieses Verzeichnis ist auch die Zahl derjenigen Betriebstage aufzunehmen, für die der Bundesrat oder der Reichskanzler Überarbeit gestattet hat.
Den Gewerbeinspektionen ist auf Verlangen jederzeit Einsicht in die Verzeichnisse der Kreisämter zu gestatten.

§ 226.

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Beschäftigung von Arbeiterinnen über 16 Jahre an den Vorabenden der Sonn- und Festtage bis 8 Uhr abends (§ 138a Abs. 5 G.O.).Die Vorschrift des § 138 Abs. 5 G.O. bezweckt in erster Linie, die Arbeiterinnen über 16 Jahre durch die Erlaubnis zur Überarbeit an Vorabenden von Sonn- und Festtagen von der sonst notwendigen, nach § 105c Abs. 1 Nr. 3 und 4 daselbst gesetzlich zugelassenen Sonntagsarbeit frei zu machen. Bei der Entschließung über die Ausnahmegesuche ist hierauf besonders zu achten.
Die Genehmigung zu den genannten Arbeiten kann auf Antrag in geeigneten Fällen für eine größere Anzahl von genau bezeichneten Vorabenden von Sonn- und Festtagen im voraus auf Widerruf erteilt werden.

§ 227.

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Der schriftliche, nach Anhör der Gewerbeinspektion zu erlassende Bescheid des Kreisamts mußdie einzelnen Arbeiten bezeichnen und die Arbeiterinnen namhaft machen, für welche die von der gesetzlichen Regel abweichende Beschäftigung gestattet wird. Er ist mach dem in Anlage XIVAnlage XIV gegebenen Muster zu erlassen. Abschrift des Erlaubnisbescheids ist der Gewerbeinspektion und der Ortspolizeibehörde mitzuteilen.Die Erlaubnis ist von dem Kreisamt in ein Verzeichnis einzutragen, das nach dem in Anlage XVAnlage XV gegebenen Muster anzulegen und nach Kalenderjahren und Betrieben zu führen ist. In dieses sind

[119]

auch die Genehmigungen aufzunehmen, die von dem Kreisamt oder der Ortspolizeibehörde in ihrer Eigenschaft als untere Verwaltungsbehörde auf Grund des § 139 Abs. 1 G.O. zur Beschäftigung von Arbeiterinnen an den Vorabenden von Sonn- und Festtagen nach 5 Uhr nachmittags erteilt werden(vergl. auch § 228 unten). Ferner ist einzutragen die Zahl der Vorabende von Sonn- und Festtagen, für die nach § 139 G.O. vom Kreisamt als höheren Verwaltungsbehörde oder von dem Reichskanzler oder nach § 139a G.O. von dem Bundesrat Überarbeit bewilligt worden ist.
Das Verzeichnis ist der Gewerbeinspektion auf Wunsch zur Einsicht vorzulegen.

§ 228.

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Ausnahmen wegen Unterbrechung des regelmäßigen Betriebs durch Naturereignisse oder Unglücksfälle (§ 139 Abs. 1 und 3 G.O.).Haben Naturereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Betrieb einer Anlage unterbrochen und werden infolgedessen Ausnahmen von den in § 135 Abs. 2 und 3, §§ 136, 137 Abs. 3 bis 4 G.O.vorgesehenen Beschränkungen gewünscht (§ 139 Abs. 1 G.O), so ist der Antrag entweder unmittelbar oder durch Vermittlung der Ortspolizeibehörde an das Kreisamt zu richten, es sei denn, daß ein Fall der in dem nachstehenden § 230 bezeichneten Art vorliegt und die Ortspolizeibehörde in ihrer Eigenschaft als untere Verwaltungsbehörde auf Antrag von der ihr zustehenden Befugnis der Ausnahmebewilligung Gebrauch zu machen berechtigt und gewillt ist. Der Antrag muß den Grund, aus dem die Erlaubnis beantragt wird, die Zahl der in Betracht kommenden Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeiter sowie den Zeitraum angeben, für den die Ausnahme stattfinden soll.

§ 229.

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Ausnahmen sind nur für einzelne Betriebe und nur auf besonderen Antrag zulässig. Triffteine Betriebsunterbrechung mit einer außergewöhnlichen Häufung der Arbeit zusammen, so ist auf Antrag § 130 G.O. anzuwenden, der weitergehendere Ausnahmen als § 138a G O. gestattet. War bereits auf Grund des § 138a G.O. Überarbeit für erwachsene Arbeiterinnen über 40 Tage hinaus genehmigt und fällt die Betriebsunterbrechung in die Zeit des Ausgleiches mit verminderter Arbeitszeit, so kann auf Grund des § 139 G.O eine längere Arbeitszeit, als in dem bereits genehmigten Betriebsplan vorgesehen war, gestattet werden.

§ 230.

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Die Ortspolizeibehörde hat in ihrer Eigenschaft als untere Verwaltungsbehörde (§ 220) in Fällen eines nach § 228 Satz 1 oben vorschriftsmäßig bei ihr gestellten Antrags von ihrer Befugnis,Ausnahmen für einzelne Betriebe auf die Dauer von höchstens 14 Tagen zu gestatten, nur in dringenden Fällen Gebrauch zu machen. Solche Fälle sind in der Regel nur dann anzunehmen,wenn es sich darum handelt, mit Hilfe der außerordentlichen Verwendung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern eine durch Naturereignisse oder Unglücksfälle herbeigeführte wesentliche Unterbrechung des regelmäßigen Betriebes schleunigst wieder zu beseitigen oder einen zur Verhütung von Unglücksfällen erforderlichen außerordentlichen Betrieb zu ermöglichen. Werden in Fällen dieser Art Ausnahmen für länger als 14 Tage beantragt, so hat die Ortspolizeibehörde zwar schleunigst an das Kreisamt zu berichten, kann aber die ihr erforderlich erscheinenden Ausnahmen vorläufig bis zur Dauer von 14 Tagen gestatten.

§ 231.

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Werden die Ausnahmen nur beantragt, um den durch die Unterbrechung verursachten Verlust an Betriebszeit wieder einzubringen, so ist stets die Entscheidung des Kreisamts einzuholen.

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Hierbei sind zunächst die Tatsachen, auf die sich der Antrag stützt, insbesondere auch der Verlust an Betriebszeit, der dem Unternehmer durch die Unterbrechung erwachsen ist, sofort festzustellen und die hierüber aufgenommenen Verhandlungen dem Kreisamte vorzulegen, das, soweit die Ausnahme für einen 4 Wochen nicht übersteigenden Zeitraum beantragt wird, über den Antrag entscheidet.

§ 232.

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Soweit es sich nicht um Ausnahmen in besonders dringenden Notfällen oder für wenige Tage handelt, sind bei Gestattung der Ausnahmen folgende Grenzen einzuhalten:
1) innerhalb 24 Stunden darf die Arbeitszeit der Kinder 8 Stunden, die der jungen Leute 11 Stunden und die der Arbeiterinnen über 16 Jahre 12 Stunden ausschließlich der Pausen nicht übersteigen;
2) zwischen zwei Arbeitsschichten muß eine Ruhezeit liegen, die für Kinder mindestens 12 Stunden, für Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter mindestens 10 Stunden beträgt;
3) die Tag- und Nachtschichten müssen wöchentlich wechseln. Jede Schicht muß durch eine oder mehrere Pausen in der Gesamtdauer von mindestens einer Stunde unterbrochen sein;
4) an Sonn- und Festtagen darf die Beschäftigung nicht in die Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends fallen.

§ 233.

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Anträge auf Gestattung von Ausnahmen der in den vorstehenden §§ 228 bis 232 erwähnten Art sind schriftlich und, soweit dies die Eilfertigkeit der Sache gestattet, nach vorherigem Anhören der Gewerbeinspektion zu bescheiden. Im Fall der Genehmigung muß der Bescheid die Ausnahmen und ihre Dauer genau angeben. Wird wegen Dringlichkeit des Gesuchs die Ausnahmeerlaubnis mündlich oder auf telephonischem Wege erteilt, so ist der Bescheid durch Übersendung eines schriftlichen Erlaubnisscheins zu bestätigen und die Ortspolizeibehörde gleichzeitig telephonisch zu benachrichtigen.
Abschriften des Genehmigungsbescheids sind alsbald der Ortspolizeibehörde und der Gewerbeinspektion und, wenn der Bescheid von der Ortspolizeibehörde in ihrer Eigenschaft als untere Verwaltungsbehörde erlassen ist, alsbald nach Erlaß dem Kreisamt und der Gewerbeinspektion zu übersenden.

§ 234.

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Anträge auf Gestattung von Ausnahmen für einen Zeitraum von mehr als 4 Wochen hat das Kreisamt nach eingehender Sachuntersuchung mit gutächtlichem Bericht möglichst zeitig dem Ministerium des Innern vorzulegen. Hält das Kreisamt die Anträge für begründet, so kann es die erforderlichen Ausnahmen bis zur Dauer von 4 Wochen vorläufig selbst gestatten. Ob dies geschehen, ist bei Vorlage an das Ministerium des Innern anzugeben.

§ 235.

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Ausnahmen wegen der Natur des Betriebes oder aus Rücksicht auf die Arbeiter (§ 139 Abs. 2 und 3 G.O.)Eine anderweite Regelung auf Grund des § 139 Abs. 2 G.O. kann nur für einzelne Anlagen und nur auf Antrag gestattet werden. Zum Erlaß von Ausnahmen für gewisse Gewerbezweige des ganzen Reiches oder bestimmter Bezirke ist nach § 139a Abs. 1 Ziff. 3 G.O. nur der Bundesrat zuständig.

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Anträge auf Zulassung von Ausnahmen sind unter Angabe der Abänderungen die gewünscht werden, der Gründe, die den Antrag veranlassen, und der Zahl der Kinder, jungen Leute und Arbeiterinnen über 16 Jahre, für die die Abänderungen beantragt werden, unmittelbar oder durch Vermittlung der Ortspolizeibehörde an das Kreisamt zu richten. Bedingen die beantragten Aufnahmen eine Änderung der Arbeitsordnung, so ist die nach § 134d G.O. einzuholende Äußerung der großjährigen Arbeiter oder des ständigen Arbeiterausschusses beizufügen.
Vor seiner Entschließung hat das Kreisamt über die Anträge die Gewerbeinspektion gutächtlich zu hören.

§ 237.

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Soll von den Vorschriften über die Pausen abgewichen werden, so ist die anderweite Regelung, sofern sie zulässig erscheint, von dem Kreisamt durch schriftlichen Bescheid „bis auf weiteres“ zu gestatten. Der Bescheid muß enthalten:
1) die genaue Bezeichnung der Anlage oder der Betriebsabteilungen, für welche die Abänderungen gestattet werden;
2) die gestattete Regelung der Beschäftigung;
3) die etwaigen besonderen Bedingungen, von denen die ausnahmsweise Regelung abhängig gemacht wird;
4) die Vorschrift, daß Beginn und Ende der Arbeitszeit, wie sie durch den Bescheid geregelt sind, soweit es sich um jugendliche Arbeiter handelt, in dem auszuhängenden Verzeichnisse (Anlage XII), soweit es sich um Arbeiterinnen über 16 Jahre handelt, auf der in den Betriebsräumen aushängenden Tafel (§ 138 Abs. 2 G.O., Anlage XI) angegeben werden müssen;
5) den Hinweis, daß die Ausnahmeerlaubnis zurückgenommen werden wird, falls die Bedingungen nicht eingehalten werden oder Unzuträglichkeiten aus ihr entstehen sollten.
Abschriften des Bescheids sind der Gewerbeinspektion und der Ortspolizeibehörde mitzuteilen.

§ 238.

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Sollen sich die beantragten Abweichungen nicht aus die Arbeitspausen beschränken, so hat das Kreisamt die Anträge vollständig zu erörtern und sodann mit dem Gutachten der Gewerbeinspektion und seiner eigenen gutächtlichen Äußerung dem Ministerium des Innern zur weiteren Veranlassung vorzulegen.

§ 239.

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Ausnahmen für Motor-Werkstätten mit weniger als 10 Arbeitern.Für Werkstätten mit Motorbetrieb, in denen in der Regel weniger als 10 Arbeiter beschäftigt werden, gelten nach der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 13. Juli 1900 (R.-G.-Bl. S. 566) hinsichtlich der Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern abgesehen von den daselbst vorgesehenen allgemeinen Erleichterungen folgende Ausnahmen:
1) a. In Motorwerkstätten die nicht ausschließlich oder vorwiegend unregelmäßige Wasserkraft benutzen und in Schleifer- und Poliererwerkstätten der Glas-, Stein- und Metallverarbeitung dürfen Arbeiterinnen über 16 Jahre an 40 Tagen im Jahre bis zu 13 Stunden täglich und bis 10 Uhr abends beschäftigt werden.
b. In Werkstätten mit Wasserbetrieb, in denen ausschließlich oder vorwiegend unregelmäßige Wasserkraft als Triebkraft benutzt wird, mit Ausnahme der Schleifer- und

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Poliererwerkstätten der Glas-, Stein- und Metallverarbeitung, dürfen Arbeiterinnen über 16 Jahre an 40 Tagen im Jahre bis 10 Uhr abends beschäftigt werden.
Bei der Berechnung der nach a und b zulässigen Überarbeitstage kommt jeder Tag in Anrechnung, an dem auch nur eine Arbeiterin über die allgemein zulässige Dauer der Arbeitszeit hinaus beschäftigt ist. Gewerbetreibende, die von der ihnen hiernach zustehenden Befugnis Gebrauch machen, sind jedoch verpflichtet, ein Verzeichnis anzulegen, in das jeder Tag, an dem Überarbeit stattgefunden hat, noch am Tage der Überarbeit einzutragen ist. Das Verzeichnis ist auf Erfordern jederzeit der Ortspolizeibehörde sowie dem Gewerbeaufsichtsbeamten vorzulegen.
2) Die in § 138a Abs. 1 bis 4 G.O. vorgesehenen Ausnahmen wegen außergewöhnlicher Häufung der Arbeit finden auf die in § 213 Abs. 2 Ziff. 2 bezeichneten Motorwerkstätten keine Anwendung. Es können indessen in ihnen ohne Beschränkung auf gesetzlich bestimmte Gründe nach II. A. Ziff. 8 Abs. 1 bis 3 und III. Ziff. 16 Abs. 1 der Bekanntmachung vom 13. Juli 1900 von dem Kreisamt weitergehende Ausnahmen von den Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen über 16 Jahre für mehr als 40 Tage zugelassen werden. Aus dem Antrag, der schriftlich zu stellen ist, muß der Grund, aus dem die Erlaubnis beantragt wird, die Zahl der in Betracht kommenden Arbeiterinnen, der Umfang der beabsichtigten Überarbeit und der Zeitraum, in dem sie stattfinden soll, ersichtlich sein. Im übrigen finden für das Verfahren die §§ 221, 224, 225 dieser Verordnung sinngemäß Anwendung. Das Kreisamt hat die Fälle, in denen die Erlaubnis erteilt worden ist, in das Verzeichnis einzutragen, das es nach dem Muster in Anlage XIIIMuster XIII. führt.
3) Für die in § 138a Abs. 5 G.O. vorgesehene Ausnahme ist durch II A. Ziff. 8 Abs. 4 der Bekanntmachung vom 13. Juli 1900 Ersatz geschaffen, indem hiernach die Beschäftigung von Arbeiterinnen über 16 Jahre, die kein Hauswesen zu besorgen haben und eine Fortbildungsschule nicht besuchen, bei den im § 105c Abs. 1 Ziff. 3, 4 G.O. bezeichneten Arbeiten an den Vorabenden der Sonn- und Festtage bis 8 1/2 Uhr abends von dem Kreisamt gestattet werden kann. Diese Vorschrift findet nur auf Werkstätten der oben unter Ziff. 1 a, nicht aber auf solche der unter Ziff. 1 b bezeichneten Art Anwendung, weil in den letzteren Arbeiterinnen über 16 Jahre ohne Beschränkung täglich bis 8 1/2 Uhr abends beschäftigt werden dürfen. Bei der Bewilligung von Ausnahmen haben die Vorschriften in den §§ 226, 227 dieser Verordnung mit der Maßgabe Anwendung zu finden, daß in das nach dem Muster der Anlage XVaMuster XVa. zu führende Verzeichnis auch die Genehmigungen einzutragen sind, die vom Kreisamt oder der Ortspolizeibehörde auf Grund der unter Ziff. 1 nachstehend angegebenen Vorschriften zur Beschädigung von Arbeiterinnen an den Vorabenden von Sonn- und Festtagen erteilt werden. Im übrigen ist der Erlaubnisbescheid von dem Arbeitgeber lediglich zu verwahren und nicht, wie in § 138 Abs. 4 G.O. vorgeschrieben, in Abschrift in der Betriebsstätte auszuhängen.
4) Die in § 139 G.O. vorgesehenen Ausnahmen finden auf sämtliche Motorwerkstätten mit weniger als 10 Arbeitern nach Maßgabe der Vorschriften unter II. A. Ziff. 9 und III Ziff. 16 Abs. 2 der Bekanntmachung vom 13. Juli 1900 Anwendung. Hiernach ist das Folgende zu beachten:
a. Den Vorschriften in § 139 Abs. 1 und 3 G O. entsprechend können Ausnahmen auf besonderen Antrag für einzelne Werkstätten auf die Dauer von 4 Wochen

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und länger durch das Kreisamt, in dringenden Fällen sowie Verhütung von Unglücksfällen auf die Dauer von höchstens 2 Wochen durch die Ortspolizeibehörde gestattet werden. Hierbei sind die Vorschriften in den §§ 228, 230, 232 dieser Verordnung sinngemäß anzuwenden.
b. Entsprechend den in § 139 Abs. 2 und 3 G.O. vorgesehenen Ausnahmen kann auf besonderen Antrag für einzelne Werkstätten eine von den allgemeinen Bestimmungen abweichende anderweitige Regelung der Arbeitszeit der jugendlichen Arbeiter und der Arbeiterinnen über 16 Jahre sowie der diesen zu gewährenden Pausen durch das Kreisamt gestattet werden. Hierbei ist nach den Vorschriften in den §§ 236, 237 dieser Verordnung zu verfahren.

§ 240.

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Ausnahmen für Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion mit weniger als 10 Arbeitern (§ 154a G.O.).In den Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion, in denen in der Regel weniger als 10 Arbeiter beschäftigt werden (§ 213 Abs. 2 Ziffer 3), dürfen unter den in § 6 der Verordnungen vom 31. Mai 1897 und 17. Februar 1901 bezeichneten Bedingungen Arbeiterinnen über 16 Jahre an 60 Tagen im Jahre bis zu 13 Stunden täglich und bis 10 Uhr abends beschäftigt werden. Gewerbebetriebe, die von dieser Vergünstigung Gebrauch machen, haben an einer in die Augen fallenden Stelle der Werkstatträume eine nach dem Muster in Anlage XVIMuster XVI. zu führende Tafel auszuhängen, auf der jeder Überarbeitstag vor Beginn der Überarbeit einzutragen ist. Eine weitergehende Ausnahmebewilligung auf Grund des § 138a G.O. ist nicht zulässig. Jedoch gelten auch für diese Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion die im § 139 G.O. vorgesehenen Ausnahmen mit der Maßgabe, daß die daselbst der höheren Verwaltungsbehörde und dem Reichkanzler vorbehaltenen Befugnisse von dem Kreisamt als der unteren und höheren Verwaltungsbehörde i. S. des § 7 der oben erwähnten Bekanntmachungen ausgeübt. werden.
Für das Verfahren gelten die §§ 228 bis 238 sinnentsprechend.

Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften über Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeiten (§ 139b G.O.).

§ 241.

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Die Durchführung der Vorschriften über die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern ist von den Ortspolizeibehörden und den Gewerbeinspektionen zu überwachen.
Die Ortspolizeibehörde hat jede gewerbliche Anlage, die den Vorschriften der §§ 135 bis 139 aa G.O. unterliegt und in der Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, alljährlich mindestens einmal zu besichtigen. Wiederholte Revisionen hat sie nach Bedürfnis und insbesondere dann vorzunehmen,, wenn der Verdacht einer gesetzwidrigen Beschäftigung von Arbeiterinnen oder jugendlichen Arbeitern vorliegt. Bei jeder Besichtigung sind folgende Punkte festzustellen:
1) Wie groß ist die Zahl der in der revidierten Anlage zurzeit beschäftigten Arbeiter
a. zwischen 16 und 21 Jahren,
b. zwischen 14 und 16 Jahren,
c. unter 14. Jahren?
In den Rubriken a, b und c sind die ermittelten Zahlen getrennt nach Geschlechtern festzustellen. Außerdem ist die Zahl der Arbeiterinnen über 21 Jahre zu ermitteln.
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2) Sind sämtliche Minderjährigen Arbeiter mit vorschriftsmäßig ausgefüllten Arbeitsbüchern versehen?
3) Ist in den Arbeitsräumen, in denen Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, der Auszug aus den gesetzlichen Vorschriften ausgehängt?
4) Stimmen die regelmäßige tägliche Arbeitszeit, die Arbeitszeit an den Vortagen der Sonn- und Festtage, die Mittagspause und die ununterbrochene Ruhezeit der Arbeiterinnen mit den gesetzlichen Vorschriften (§ 137 Abs. 1 bis 4 G.O.) und mit der der Ortspolizebehörde erstatteten Anzeige überein?
5) Wird den Arbeiterinnen über 16 Jahre, die ein Hauswesen zu besorgen haben, auf ihren Antrag eine 1½ stündige Mittagspause gewährt?
6) Wird der Vorschrift des § 137 Abs. 6 G.O. entsprochen wonach Arbeiterinnen vor und nach der Niederkunft im ganzen während 8 Wochen nicht beschäftigt werden dürfen und ist bei ihrem Wiedereintritt in die Beschäftigung der Ausweis beigebracht, daß seit ihrer Niederkunft wenigstens 6 Wochen verstrichen sind?
7) Ist in den Arbeitsräumen, in denen jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, das Verzeichnis der jugendlichen Arbeiter ausgehängt?
8) Stimmen die Angaben dieses Verzeichnisses über Arbeitszeit und Pausen mit der der Ortspolizeibehörde gemachten Anzeige überein?
9) Stimmen die in dem Verzeichnis eingetragenen jugendlichen Arbeiter mit dem Befunde und mit den vom Arbeitgeber verwahrten Arbeitsbüchern überein?
10) Stimmen Arbeitszeit, Pausen und die ununterbrochene Ruhezeit der jugendlichen Arbeiter mit den gesetzlichen Vorschriften und den auf dem Verzeichnisse eingetragenen Angaben überein?

§ 242.

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In Anlagen, für die Ausnahmen nach Maßgabe der §§ 138a, 139, 139a Abs. 1 Nr. 2 bis 5 und des § 154 Abs. 3 und 4 G.O. nachgelassen oder Beschränkungen nach Maßgabe der §§ 120e und 139a Abs. 1 Ziff. 1 daselbst vorgeschrieben sind, ist bei der Revision festzustellen, ob die Beschäftigung der Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeiter im Einklang mit den erlassenen besonderen Vorschriften stattfindet.
Anlagen, die auch in der Zeit zwischen 8 Uhr abends und 6 Uhr morgens oder an Sonn- und Festtagen betrieben werden, sind von Zeit zu Zeit bei Nacht oder an Sonn- und Festtagen zu revidieren. Anlagen, in denen Arbeiterinnen über 16 Jahre beschäftigt werden, und insbesondere auch an den Vorabenden der Sonn- und Festtage nach 5 Uhr nachmittags und an den übrigen Wochentagen nach Schluß der angezeigten Arbeitszeit zu revidieren.
Werden jugendliche Arbeiter beschäftigt, so ist auf den in den Arbeitsräumen aushängenden Verzeichnissen (§ 217 oben) Tag und Stunde der Revision zu vermerken.

§ 243.

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Nach jeder Revision ist von der Ortspolizeibehörde unter Angabe des Datums die festgestellte Anzahl der Kinder, der jungen Leute, der Arbeiterinnen zwischen 16 und 21 Jahren und der Arbeiterinnen über 21 Jahre in die von ihr nach Anlage IX und X Anlage IX u. Xgeführten Verzeichnis einzutragen. In gleicher Weise sind die gegen Besitzer von gewerblichen Anlagen oder gegen deren

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Betriebsleiter und Aufsichtsbeamten wegen Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern rechtskräftig verhängten Strafen in diesen Verzeichnissen zu vermerken.
Alljährlich im Monat Dezember haben die Ortspolizeibehörden dem Kreisamt die nach Anlage IX und XAnl. IX u. X. geführten Verzeichnisse in Urschrift zur Einsichtnahme vorzulegen. Diese Verzeichnisse sind der Gewerbeinspektion auf Ersuchen mitzuteilen.

VII. Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter in offenen Verkaufsstellen.

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(§§ 139c ff. G.O.)

§ 244.

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Allgemeines. Zu den offenen Verkaufsstellen im Sinne des Titels VII Abschnitt VI G.O. sind alle Betriebe zu rechnen, auf die der § 41 a G.O. Anwendung findet, also nicht nur die offenen Verkaufsstellen der firmenberechtigten Kaufleute, sondern auch die der Minderkaufleute im Sinne des § 4 des Handelsgesetzbuchs.

§ 245.

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Ausnahmen von den gesetzlichen Bestimmungen über die Mindestruhezeit und die Mittagspause (§ 130d Ziff. 3 G.O.).Von der Ermächtigung, für jährlich höchstens 30 Tage die Vorschriften des § 139c G.O. über die den Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern in offenen Verkaufsstellen und den dazu gehörenden Schreibstuben (Kontoren) und Lagerräumen zu gewährende Mindestruhezeit und Mittagspause außer Anwendung zu setzen, haben die Ortspolizeibehörden nur nach Maßgabe des örtlichen Bedürfnisses Gebrauch zu machen. Dabei ist davon auszugehen, daß das Höchstmaß der 30 Tage nur ausnahmsweise erforderlich sein wird. In Frage kommen namentlich die Tage vor dem Weihnachtsfeste, vor den übrigen großen Festen und in der Zeit der Messen und Märkte.
Die erweiterte Beschäftigungszeit kann sowohl allgemein wie für einzelne Geschäftszweige, nicht aber für bestimmte einzelne Geschäfte zugelassen werden.

§ 246.

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Die Ortspolizeibehörde hat für die Tage, an denen alljährlich regelmäßig ein gesteigerter Geschäftsverkehr und ein Bedürfnis nach Überbeschäftigung stattfindet, die Regelung im voraus zu treffen. Hierbei ist darauf Bedacht zu nehmen, daß nicht schon alle 30 vom Gesetze für eine erweiterte Beschäftigung der Angestellten zugelassenen Tage durch die Festsetzung erschöpft werden, sondern ein Teil dieser Tage für unvorhergesehene Fälle aufgespart bleibt. Vor der Festsetzung sind die Gemeindevertretung, geeignete am Orte bestehende Vertretungen der beteiligten Geschäftsinhaber und Angestellten (Handelskammern, Detallistenvereine, Handlungsgehilfenvereinigungen) und in Ermangelung solcher einzelne geeignete Auskunftspersonen zu hören. Die Festsetzung ist von der Ortspolizeibehörde öffentlich bekannt zu machen und dem Kreisamt alljährlich in Abschrift einzureichen. Bei Abänderungen der Festsetzung ist in gleicher Weise zu verfahren.
Die Kreisämter haben darauf zu achten, daß von der gesetzlichen Befugnis nicht über das Maß des örtlichen Bedürfnisses hinaus Gebrauch gemacht wird.

§ 247.

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Ladenschluß. Gesetzlicher Landenschluß (§ 139e G.O.). Von der den Ortspolizeibehörden erteilten Ermächtigung, den gesetzlichen Ladenschluß für offene Verkaufsstellen an jährlich höchstens 40 Tagen bis spätestens 10 Uhr abends hinauszuschieben, ist nur für solche Orte, für die das Kreisamt keine Bestimmung gemäß § 139e Abs. 2

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Ziff. 3 G.O. (§ 248 nachstellend) getroffen hat und nur insoweit Gebrauch zu machen, als nach Lage der örtlichen Verhältnisse die Zeit bis 9 Uhr abends an einzelnen Tagen zur Befriedigung des kaufenden Publikums, insbesondere zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, nicht ausreicht. In Frage kommen vornehmlich die Tage vor dem Weihnachtsfeste und - insbesondere für Gemeinden mit stärkerer Arbeiterbevölkerung - die Sonnabende. Bei der Zulassung der Ausnahmen ist darauf hinzuwirken, daß sich das Publikum allmählich daran gewöhnt, seine Einkäufe regelmäßig in der Zeit bis 9 Uhr abends zu bewirken. Die Zahl der Tage, an denen ein späterer Ladenschluß bis 10 Uhr abends gestattet wird, ist daher mit der Zeit zu beschränken.
Die Regelung muß für alle offenen Verkaufsstellen einheitlich erfolgen. Im übrigen finden die Bestimmungen des § 246 dieser Verordnung entsprechende Anwendung.

§ 248.

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Dem Ermessen der Kreisämter bleibt die nähere Bestimmung darüber überlassen, inwieweit für Städte, die nach der jeweilig letzten Volkszählung weniger als 2000 Einwohner haben, und für ländliche Gemeinden, sofern sich in diesen der Geschäftsverkehr vornehmlich auf einzelne Tage der Woche oder auf einzelne Stunden des Tages beschränkt, Ausnahmen von dem gesetzlichen Ladenschlusse zuzulassen sind. In Frage kommt namentlich die Sommer- oder Erntezeit, in welcher für die Landwirtschaft vielfach ein Bedürfnis besteht, insbesondere in Lebensmittelgeschäften in früher Morgenstunde oder in später Abendstunde Einkäufe zu machen.

§ 249.

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Vereinbarter Ladenschluß (§ 139f G.O.).Darüber, ob und in welchem Umfange dem Antrag auf Erlaß der im § 139f Abs. 1 und 2 G.O. bezeichneten Anordnung zu entsprechen ist, haben die Kreisämter zu befinden. Dabei ist zu prüfen, welche Ausnahmen von dem 8 Uhr-Ladenschluß für bestimmte Tage oder Geschäftszweige, etwa erforderlich sind. Solche Ausnahmen können, sofern sie sich später als notwendig herausstellen, auch nachträglich zugelassen werden. Es empfiehlt sich, die Ausdehnung des Ladenschlusses so zu regeln, daß für verwandte Geschäftszweige die Zeit des Ladenschlusses gleich ist. Das Kreisamt ist auch zur Aufhebung der Anordnung befugt.

§ 250.

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Wegen des Abstimmungsverfahrens wird auf die Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend das Verfahren bei Anträgen auf Verlängerung der Ladenschlußzeit, vom 25. Januar 1902 (R.-G.-Bl. S. 38) verwiesen. ,,Gemeindebehörde" im Sinne des § 2 Abs. 1 dieser Bekanntmachung ist die Bürgermeisterei.

§ 251.

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Gemeinschaftliche Bestimmungen (§ 139f Abs. 4 G.O.). Die Ortspolizeibehörden werden ermächtigt, das Feilbieten von Waren auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen und an anderen öffentlichen Orten während der Zeit des vereinbarten Ladenschlusses an Werktagen in folgendem Umfange zuzulassen:
a. das Feilbieten von Back- und Konditoreiwaren, von Mineralwasser und Limonade, sowie von Blumen, Streichhölzern, Ansichtspostkarten und geringwertigen Gebrauchsgegenständen, insoweit es bisher schon während dieser Zeit üblich war;
b. das Feilbieten von Lebensmitteln, Blumen, geringwertigen Gebrauchsgegenständen, Erinnerugszeichen und kleinen Spielzeugen und ähnlichen Gegenständen bei öffentlichen Festen, Truppenzusammenziehungen und sonstigen außergewöhnlichen Gelegenheiten.
Für die Sonn- und Festtage gelten die Bestimmungen in § 147 dieser Verordnung.

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Auf den Verkauf von Waren während der Ladenschlußzeit durch Automaten oder durch Konditoren, Kleinhändler mit Branntwein, Metzger. Bäcker und andere Gewerbetreibende mit offenen Verkaufsstellen, die gleichzeitig Schankwirtschaft betreiben, finden die Bestimmungen in den §§ 141 und 142 dieser Verordnung entsprechende Anwendung.

§ 252.

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Polizeiliche Anordnung (§§ 139g, 147 Abs. 4 G.O.).Auf Grund des § 139g G.O. können polizeiliche Verfügungen nur für einzelne offene Verkaufsstellen erlassen werden. Voraussetzung des Erlasses einer solchen Versügung ist, daß die Maßnahme, die angeordnet werden soll,
a. eine derartige Einrichtung und Unterhaltung der Geschäftsräume und der für den Geschäftsbetrieb bestimmten Vorrichtungen und Gerätschaften, sowie eine derartige Regelung des Geschäftsbetriebs und der Arbeitszeit bezweckt, daß die Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter gegen eine Gefährdung ihrer Gesundheit, soweit die Natur des Betriebs es gestattet, geschützt werden und die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes gesichert wird (§ 139 Abs. 1 G.O.),
b. nach der Beschaffenheit der einzelnen offenen Verkaufsstelle überhaupt ausführbar erscheint (§ 139g Abs. 2 in Verbindung mit § 120d Abs. 3 G.O.)
Für die Zuständigkeit der Behörden und für das Verfahren gelten die Vorschriften der §§ 192 bis 199 oben mit der Maßgabe entsprechend, daß in erster Linie das Kreisgesundheitsamt und nur in solchen Fällen, in denen es für notwendig oder zweckmäßig gehalten wird, auch die Gewerbeinspektion zur Mitwirkung heranzuziehen ist.

§ 253.

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Vorschriften des Bundesrats (§ 139h G.O.).Für die Einrichtung von Sitzgelegenheit für Angestellte in offenen Verkaufsstellen ist die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 28. November 1900 (R.-G.-Bl. S. 1033) maßgebend.

§ 254.

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Arbeitsordnungen für offene Verkaufsstellen (§ 139k G.O.).Eine Arbeitsordnung muß für jede offene Verkaufsstelle in welcher in der Regel mindestens 20 Gehilfen und Lehrlinge beschäftigt sind, erlassen werden. Bei Ermittlung dieser Zahl werden die Gehilfen, die wegen außergewöhnlicher Häufung der Arbeit oder aus anderen Gründen nur vorübergehend angenommen wurden, nicht mitgezählt.
Auf die Einreichung der Arbeitsordnungen und Nachträge zu solchen sowie auf die weitere Behandlung der gemachten Vorlagen, die Zuständigkeit der Behörden und die zulässigen Rechtsmittel finden die Vorschriften in den §§ 210 bis 212 dieser Verordnung entsprechende Anwendung.
Bei jeder Arbeitsordnung und jedem Nachtrag hat das Kreisamt insbesondere zu prüfen:
a. ob die Vorschrift des § 134d Abs. 1 G.O. über die Anhör der großjährigen Gehilfen und der Lehrlinge beobachtet ist;
b. ob die Arbeitsanordnung alle im ersten Absatz des § 134b G.O. unter Ziffer 1 bis 4 geforderten Bestimmungen enthält;
c. ob die etwa vorgesehenen Aufkündigungsfristen für Handlungsgehilfen, abgesehen von dem Falle des § 68 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs, für beide Teile gleich bemessen sind und auch sonst den Vorschriften der §§ 67 bis 69 des Handelsgesetzbuchs entsprechen;
d. ob die Bestimmungen für großjährige Angestellte sich auf deren Verhalten im Betrieb beschränken;
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e. ob die Strafbestimmungen nicht das Ehrgefühl oder die guten Sitten verletzen, ob die Geldstrafen die gesetzlich zulässige Höhe nicht übersteigen und in welcher Weise die Strafgelder zum Besten der Arbeiter verwendet werden. Im übrigen wird auf die Vorschrift in § 211 Ziff. 5 dieser Verordnung verwiesen.
Auf Arbeitsordnungen die vor dem 1. Oktober 1899 erstmalig erlassen sind, finden die Vorschriften des § 134d Abs. 1 und 134e Abs. 1 G.O über die Anhör der Angestellten keine Anwendung. Dies gilt für die vor dem 1. Oktober 1899 erlassenen Arbeitsordnungen auch dann, wenn sie nach diesem Zeitpunkt, aber vor dem 1. Oktober 1900 abgeändert oder vollständig umgearbeitet worden sind. § 134d Abs. 1 und § 134c Abs. 1 G.O. gelten dagegen für alle seit dem 1. Oktober 1899 erstmalig erlassenen Arbeitsordnungen und auf alle Nachträge, durch die nach dem 1. Oktober 1900 seither erlassene Arbeitsordnungen abgeändert worden sind.

§ 256.

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Aufsicht.Die Aufsicht über die Ausführung der die Beschäftigung der Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter sowie den Ladenschluß betreffenden Bestimmungen (§ 139c bis 139f G.O.), der Vorschriften über die den Geschäftsinhabern nach den §§ 139g und 139h G.O. obliegenden Pflichten und der die Arbeitsordnungen betreffenden Bestimmungen (§ 139k G.O.) wird unter Oberaufsicht der Kreisämter in Gemeinden, auf welche die Städteordnung Anwendung findet, von den Ortspolizeibehörden, im übrigen von den Ortspolizeibehörden und der Gendarmerie ausgeübt. Das den Gewerbeinspektionen wegen Durchführung der Vorschriften in § 139k G.O. selbständig zustehende Aufsichtsrecht wird hierdurch nicht berührt.
Der Befolg der Vorschriften über die den Angestellten zu gewährende Mindestruhezeit und Mittagspause und über den Ladenschluß sowie der auf Grund des § 139h G.O. erlassenen Vorschriften ist bei jeder sich darbietenden Gelegenheit zu überwachen.. Von Zeit zu Zeit haben die Polizeibehörden durch besondere Revisionen festzustellen, daß die offenen Verkaufsstellen während der Zeit des Ladenschlusses für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sind.

VIII. Die auf Grund gesetzlich erteilter Ermächtigung durch Kaiserliche Verordnung oder vom Bundesrat erlassenen Ausführungsbestimmungen.

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(§§ 120c, 139a, 139h, 154 G.O.).

§ 257.

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Soweit im einzelnen Falle nicht anders bestimmt ist, richtet sich die Zuständigkeit der Behörden nach den in den §§ 1 bis 6 dieser Verordnung aufgestellten Grundsätzen. Unter dem gleichen Vorbehalt sind die in den oben genannten Ausführungsbestimmungen der "unteren Verwaltungsbehörde" und der "Polizeibehörde" zugewiesenen Befugnisse von den Kreisämtern wahrzunehmen.

Zu Titel IX, X, Schlußbestimmungen.

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§ 258.

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Statutarische Bestimmungen(§ 142 G.O.).Beim Erlaß statutarischer Bestimmungen sind je nach Lage des Falles neben den besonderen Vorschriften des § 142 G.O. die Art. 15 der Städteordnung und der Landgemeindeordnung und die Art. 12, 18 Abs. 4, 94 der Kreis- und Provinzialordnung zu beachten.

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Die Auswahl beteiligter Gewerbetreibender und Arbeiter, die nach § 142 G.O. zu hören sind, hat nach Benehmen mit der Handwerks- oder der zuständigen Handelskammer zu erfolgen. Sofern geeignete Persönlichkeiten nicht zur Verfügung stehen, soll in der Regel auf die Beisitzer der Gewerbegerichte. der Versicherungsämter, die Mitglieder der Arbeiterausschüsse oder die Vorstandsmitglieder der Krankenkassen zurückgegriffen werden.

§ 259.

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Zu § 144a G.O.).Für den Erlaß und die Durchführung von Zwangsmaßnahmen auf Grund des § 144a G.O., sowie für die Zuständkeit der Behörden gilt § 207 dieser Verordnung.

§ 260.

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Schließung gewerblicher Anlagen und Betriebseinstellung (§ 147 Abs. 3, 4 G.O.).Die den Polizeibehörden in § 147 Abs. 3 und 4 G.O. zugewiesenen Befugnisse sind von den in den §§ 8 Abs. 3, 192 dieser Verordnung bezeichneten Behörden wahrzunehmen. Wegen des Verfahrens wird auf die §§ 9, 193 bis 196, 252 oben verwiesen.

§ 261.

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Unter Verwaltung des Reichs stehende Betriebe (§ 155 Abs. 3 G.O.).Für folgende unter Reichsverwaltung stehende Betriebe sind die Befugnisse und Obliegenheiten der Polizeibehörden, der unteren und höheren Verwaltnngsbehörden übertragen:
1) für die Betriebe der Artilleriedepots in Darmstadt und Mainz auf die 4. Artillerie-Depot-Direktion in Darmstadt;
2) für die Konservenfabrik in Mainz auf die Intendantur des 3. Armeekorps in Berlin;
3) für die Garnison-Waschanstalten auf dem Truppenübungsplatz Darmstadt, in Gießen und Worms auf die Intendantur des 18. Armeekorps in Frankfurt. a.M.;
4) für die Proviantämter Darmstadt und Mainz auf die Intendantur des 18. Armeekorps in Frankfurt a. M.

§ 262.

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Schlußbestimmungen.Vorstehende Verordnung tritt am 1. April 1912 in Kraft und an die Stelle der Vollzugsverordnung zur Gewerbeordnung vom 22. September 1900 (Reg.-Bl. S. 845) und der sie ergänzenden Verordnungen vom 20. März 1902 (Reg.-Bl. S. 138), vom 28. Oktober 1905 (Reg.-Bl. S. 296), vom 20. August 1906 (Reg.-Bl. S. 281), vom 14. März und 9. September 1908 (Reg.-Bl. S. 82, 259, vom 24 März 1910 (Reg.-Bl. S. 131) und vom 8. April 1911 (Reg.-Bl. S. 65). Mit dem gleichen Tage werden die Ausführungsanweisung zu den Titeln VI ff. G.O. vom 10. Dezember 1900 (Reg.-Bl. v. 1901 S. 1) in der Fassung der Bekanntmachungen vom 29. April und vom 2. Dezember 1902 (Reg.-Bl. S. 174, 559), vom 10. Juni und 5. Dezember 1903 (Reg.-Bl. S. 293, 369), vom 18. September 1905 (Reg.-Bl. S. 245), vom 20. November 1906 (Reg.-Bl. S. 356), vom 23. Dezember 1909 (Reg.-Bl. S. 337) und vom 21. Februar 1910 (Reg.-Bl. S. 17) die Bekanntmachung, betreffend den Vollzug der Kaiserl. Verordnung vom 31. Mai 1897 (R.-G.Bl. S. 459), betr. die Ausdehnung der §§ 135 bis 139 und des § 139b G.O. auf die Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion, vom 15. Dezember 1900 (Reg.-Bl 1901 S. 192, und die zugehörige Anweisung zur Ausführung der Kaiserl. Verordnungen vom 31. Mai 1897 (R.-G.-Bl. S. 459, und vom 17. Februar 1904 (R.-G.-Bl. S. 62), betr die Ausdehnung der §§ 135 bis 139, § 139b G.O.

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auf die Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion, vom 1. Juni 1904 (Reg.-Bl. S. 191), sowie die Bekanntmachung, betr. den Vollzug der Kaiserl. Verordnung, die Inkraftsetzung der in § 154 Abs. 3 G.O. getroffenen Bestimmungen betr., vom 9. Juli 1900 und der Bekanntmachung, die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats über die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern und von Arbeiterinnen in Werkstätten mit Motorbetrieb betr., vom 13. Juli 1900 (R.-G.-Bl. S. 565 ff.), vom 15. Dezember 1900 und die zugehörige Ausführungsanweisung vom gleichen Tage (Reg.-Bl. 1901, S. 157 ff.) aufgehoben.
Verwaltungsstreitsachen in gewerblichen Angelegenheiten die beim Inkrafttreten dieser Verordnung anhängig sind, werden in dem seitherigen Verfahren erledigt.
Darmstadt, den 20. März 1912.
Großherzogliches Ministerium des Innern.
von Hombergk
Pfeiffer.