Gesetz über das Domänenvermögen 1919 (Baden)
[179] Nr. 21
Badisches
Gesetzes- und Verordnungs - Blatt
Ausgegeben zu Karlsruhe, Mittwoch den 9. April 1919.
Inhalt.Gesetze: über die Auseinandersetzung bezüglich des Eigentums an dem Domänenvermögen; betreffend die Volksabstimmung über die Verfassung vom 21. März 1919 und über die Fortdauer der Nationalversammlung. Verordnung: des Staatspräsidenten und des Ministers des Innern: die Bestimmung des 1. Mai als gebotener Festtag betreffend. Gesetz(Vom 25. März 1919.)
über die Auseinandersetzung bezüglich des Eigentums an dem Domänenvermögen.
Das badische Volk hat durch die verfassunggebende Nationalversammlung am 25. März 1919 folgendes Gesetz beschlossen: Artikel 1.Die Auseinandersetzung mit dem Hause des bisherigen Landesherrn über das Eigentum an dem Domänenvermögen erfolgt nach dem anliegenden Vertrag. Artikel 2.Das Finanzministerium wird ermächtigt, den nach § 1 Ziffer 7 des Vertrags zu entrichtenden Betrag aus dem unverzinslichen Darlehen des Domänengrundstocks an die Amortisationskasse zu entnehmen. Artikel 3.Dieses Gesetz tritt mit der Verkündung in Kraft. Mit seinem Inkrafttreten wird das Zivillistegesetz vom 3. März 1854 sowie das Apanagengesetz vom 21. Juli 1839 aufgehoben. Artikel 4.Das Staatsministerium ist mit dem Vollzug beauftragt. [Verkündung]Dieses Gesetz wird hiermit im Namen des badischen Volkes verkündet. Karlsruhe, den 7. April 1919. Das Staatsministerium. Geiß. [180] Anlage.Zwischen dem badischen Staat und dem vormaligen Großherzoglichen Haus wird über die Auseinandersetzung bezüglich des Eigentums an dem Domänenvermögen folgender Vertraggeschlossen: § 1.Dem Großherzog werden aus dem Domänenvermögen als Privateigentum zugeschieden:
Außerdem wird dem Großherzog und der Großherzogin für ihre Lebensdauer der in der Anlage 2 verzeichnete Waldbesitz auf dem Kaltenbronn und dem Gernsberg nebst zugehörigen landwirtschaftlichen Grundstücken und Gebäuden zum sicherheitsfreien Nießbrauch überlassen. Zum Schutze der Grabkapelle verpflichtet sich der Staat, einen Geländestreifen nach Maßgabe der Anlage 3 von der Überbauung auszuschließen und in einem würdigen Zustande zu erhalten. § 2.Der Großherzog ist berechtigt, den lebenslänglichen Nießbrauch an allen oder auch einzelnen der in § 1 Ziffer 1 bis 4 bezeichneten Vermögensteile seiner Gemahlin durch Verfügung von Todeswegen zu überweisen. Die in § 1 Ziffer 1 bis 4 bezeichneten Vermögensteile vererben sich nur im ehelichen Mannsstamm des Großherzoglichen Hauses. Beim Erlöschen des Mannsstammes fallen die[181] selben an den badischen Staat zurück unbeschadet eines etwa für die Großherzogin bestehenden Nießbrauchs. Das gleiche tritt ein, wenn der oder die nach dem vorigen Absatz berufenen Erben mit ihrem Erblasser in einen so entfernten Grade verwandt sind, daß sie sich nach den Vorschriften der Reichs- oder Landesgesetze von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Die in § 1 Ziffer 1 bis 4 bezeichneten Vermögensteile können nur mit Genehmigung des Landtags veräußert oder belastet werden. Der badische Staat hat, auch wenn der Landtag der Veräußerung zustimmt, für die weitere Zukunft ein im Grundbuch einzutragendes Vorkaufsrecht nach §§ 1094 ff. B. G. B. Über die in § 1 Ziffer 5, 6 und 7 bezeichneten Vermögensteile steht dem Großherzog nach Befriedigung der auf Ziffer 7 verwiesenen Ansprüche der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses die freie Verfügung zu. § 3.Großherzogin Luise von Baden erhält zur Befriedigung ihrer Ansprüche an das Hausvermögen für ihre Lebensdauer standesmäßige Wohnung nach näherer Bestimmung des Großherzogs in einem der in § 1 Ziffer 1 bis 3 näher bezeichneten Schlösser, und aus der Staatskasse das bisherige Wittum[1] von jährlich 150 000 Mark. § 4.Die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Vertrages im Dienste des Großherzogs und der Großherzogin stehenden, mit Anspruch auf Ruhegehalt angestellten noch dienstfähigen Beamten und Bediensteten, die in den Dienst der badischen Staatsverwaltung überzutreten wünschen, übernimmt der Staat soweit möglich unmittelbar in entsprechende etatmäßige Stellen der Staatsverwaltung unter Wahrung ihrer Gehaltsbezüge und Anwartschaften. Beamte und Bedienstete, zu deren Verwendung sich vorerst keine etatmäßige Stelle findet, werden unter gleichzeitiger Verwendung als nichtetatmäßige Beamte oder mit dem Vorbehalt ihrer späteren Einberufung nach Maßgabe des § 33 des Beamtengesetzes einstweilen zuruhegesetzt. Beamte und Bedienstete, bei denen die Voraussetzungen des § 29 des Beamtengesetzes gegeben sind, werden nach Maßgabe des § 34 ff. des Beamtengesetzes in den Ruhestand versetzt, wobei sie in jeder Beziehung den Beamten der Staatsverwaltung gleich behandelt werden. Auf die zuruhegesetzten Beamten findet der § 51 des Beamtengesetzes Anwendung. Personen, die im Dienste des Großherzogs oder der Großherzogin ohne Anspruch auf Ruhegehalt verwendet waren und zu deren weiterer Verwendung in ihrem Dienste keine Gelegenheit gegeben ist, kann ein Unterstützungsgehalt nach § 46 des Beamtengesetzes bewilligt werden. Der Staat übernimmt ferner die unter der Regierung des bisherigen Großherzogs erwachsenen Pensionen, Unterstützungsgehälter und Teuerungsbeihilfen an Pensionäre und Witwen, sowie die Hinterbliebenenversorgung zuruhegesetzter Hofbeamter. Jede den zuruhegesetzten Staatsbeamten und den Hinterbliebenen von Staatsbeamten künftig bewilligte Verbesserung [182] ihrer Bezüge kommt auch den zuruhegesetzten Hofbeamten und den Hinterbliebenen von Hofbeamten zugute. Außerdem tritt der Staat in die Verpflichtung der Hofbeamtenwitwenkasse und der Hoftheaterpensionsanstalt gegen Übernahme des Vermögens dieser Anstalten ein. Soweit den zuruhegesetzten Beamten und Hinterbliebenen von Beamten des Staates nach den Bestimmungen des Etatgesetzes Beihilfen gewährt werden können, soll dies auch bei den auf Grund dieses Vertrages zuruhegestzten Hofbeamten und Hinterbliebenen von Hofbeamten zulässig sein. Werden Beamte und Bedienstete des Großherzogs und der Großherzogin, die aus dem Dienste der badischen Staatsverwaltung hervorgegangen sind, nach Vollzug der Auseinandersetzung zuruhegesetzt, so trägt die Staatskasse denjenigen Teil des Ruhegehalts, der sich nach dem Verhältnis der Staatsdienstzeit und nach Maßgabe des Staatsdienste erreichten Einkommensanschlags ergibt. Auf die Zuruhesetzung der Beamten und Bediensteten der Großherzogin Luise bei Auflösung ihres Hofhaltes und auf die Versorgung der Hinterbliebenen sowie bezüglich der Übernahme bewilligter Pensionen finden die vorstehenden Bestimmungen entsprechende Anwendung. § 5.Der Genuß des in § 2 Absatz 1 des Apanagengesetzes vom 21. Juli 1839 bezeichneten Hausfideikommisses (sogenannte Pfälzer Höfe) fällt an den Staat zurück. § 6.Die in § 59 der Verfassung vom 22. August 1818 vorbehaltenen Rechte des Regenten und seiner Familie an den Domänen sind durch die vorstehenden Bestimmungen abgelöst. Die Domänen sind fortan freies und auschließliches Staatseigentum. § 7.Bezüglich der im Privateigentum des Großherzogs stehenden Kunstwerke in der Kunsthalle in Karlsruhe und im Schloß Favorite ist die Erklärung der Generalintendanz der Zivilliste vom 18. März maßgebend. § 8.Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche ausgeglichen.
Anlage 1 zum VertragVerzeichnis
der dem Großherzog als Privateigentum überwiesenen Grundstücke.
A. Gemarkung Baden-Baden.
[184] B. Gemarkung Badenweiler.
[185] Anlage 2 zum VertragDarstellung
des dem Großherzog und der Großherzogin zum Nießbrauch überlassenen
domäneneigenen Waldbesitzes.
1. Kaltenbronn.
2. Gernsberg.
Anlage 3 zum Vertrag.Plan der Waldfläche, die in der Umgebung der Grabkapelle im Fasanengarten unüberbaut bleiben soll. *)
*) Nicht beigedruckt. Anmerkungen (Wikisource) |
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