Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen

Gesetzestext
korrigiert
Titel: Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1880, Nr. 16, Seite 153 - 168
Fassung vom: 23. Juni 1880
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 30. Juni 1880
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
aus: {{{HERKUNFT}}}
Quelle: Scan auf Commons
Editionsrichtlinien zum Projekt
Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia
Bild
[[Bild:{{{BILD}}}|200px]]
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[Index:|Indexseite]]


[153]

(Nr. 1389.) Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Vom 23. Juni 1880.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Das nachstehende Gesetz regelt das Verfahren zur Abwehr und Unterdrückung übertragbarer Seuchen der Hauschiere, mit Ausnahme der Rinderpest.
Als verdächtige Thiere gelten im Sinne dieses Gesetzes:
Thiere, an welchen sich Erscheinungen zeigen, die den Ausbruch einer übertragbaren Seuche befürchten lassen (der Seuche verdächtige Thiere);
Thiere, an welchen sich solche Erscheinungen zwar nicht zeigen, rücksichtlich deren jedoch die Vermuthung vorliegt, daß sie den Ansteckungsstoff aufgenommen haben (der Ansteckung verdächtige Thiere).
Die Anordnung der Abwehr- und Unterdrückungsmaßregeln und die Leitung des Verfahrens liegt den Landesregierungen und deren Organen ob.
Zur Leitung des Verfahrens können besondere Kommissare bestellt werden.
Die Mitwirkung der Thierärzte, welche vom Staate angestellt sind oder deren Anstellung vom Staate bestätigt ist (beamtete Thierärzte), richtet sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes. An Stelle derselben können im Falle ihrer Behinderung oder aus sonstigen dringenden Gründen andere approbirte Thierärzte zugezogen werden. Die letzteren sind innerhalb des ihnen ertheilten Auftrages befugt und verpflichtet, diejenigen Amtsverrichtungen wahrzunehmen, welche in diesem Gesetze den beamteten Thierärzten übertragen sind.
Die näheren Bestimmungen über das Verfahren, über die Zuständigkeit der Behörden und Beamten und über die Bestreitung der durch das Verfahren entstehenden Kosten sind von den Einzelstaaten zu treffen. [154]
Rücksichtlich der Pferde und Proviantthiere, welche der Militärverwaltung angehören, bleiben die Maßregeln zur Ermittelung und Unterdrückung von Seuchen, soweit davon nur das Eigenthum dieser Verwaltung betroffen wird, den Militärbehörden überlassen.
Dieselben Befugnisse können den Vorständen der militärischen Remontedepots auch rücksichtlich der dazu gehörigen Rindvieh- und Schafbestände, sowie den Vorständen der landesherrlichen und Staatsgestüte rücksichtlich der in diesen Gestüten aufgestellten Pferde von den Landesregierungen übertragen werden.
In den beiden Fällen (Absatz 1 und 2) finden die ferneren Bestimmungen dieses Gesetzes sinngemäße Anwendung.
Die Militärbehörden haben die Polizeibehörden der Garnison, der Kantonnements und des Marschortes von dem Auftreten eines Seuchenverdachts und von dem Ausbruche einer Seuche sofort zu benachrichtigen und von dem Verlaufe sowie dem Erlöschen der Seuche in Kenntniß zu setzen.
In gleicher Weise haben die Vorstände der bezeichneten Remontedepots und Gestüte die Polizeibehörde des Orts zu verständigen, wenn ihnen die Maßregeln zur Ermittelung und Unterdrückung von Seuchen übertragen worden sind.
Dem Reichskanzler liegt ob, die Ausführung dieses Gesetzes und der auf Grund desselben erlassenen Anordnungen zu überwachen.
Tritt die Seuche in einer solchen Gegend des Reichsgebiets oder in solcher Ausdehnung auf, daß von den zu ergreifenden Maßregeln nothwendig die Gebiete mehrerer Bundesstaaten betroffen werden müssen, so hat der Reichskanzler oder ein von ihm bestellter Reichskommissar für Herstellung und Erhaltung der Einheit in den seitens der Landesbehörden zu treffenden oder getroffenen Maßregeln zu sorgen und zu diesem Behufe das Erforderliche anzuordnen, nöthigenfalls auch die Behörden der betheiligten Bundesstaaten unmittelbar mit Anweisungen zu versehen.
Die Behörden der Bundesstaaten sind verpflichtet, sich bei Ausführung der Maßregeln zur Abwehr und Unterdrückung der Seuchen gegenseitig zu unterstützen.

I. Abwehr der Einschleppung aus dem Auslande.

Bearbeiten

a. Einfuhr- und Verkehrsbeschränkungen.

Bearbeiten
Die Einfuhr von Thieren, welche an einer übertragbaren Seuche leiden, ist verboten.
Wenn in dem Auslande eine übertragbare Seuche der Hausthiere in einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfange herrscht oder ausbricht, so kann[155]
1. die Einfuhr lebender oder todter Thiere aus dem von der Seuche heimgesuchten Auslande allgemein oder für bestimmte Grenzstrecken verboten oder solchen Beschränkungen unterworfen werden, welche die Gefahr einer Einschleppung ausschließen oder vermindern;
2. der Verkehr mit Thieren im Grenzbezirk solchen Bestimmungen unterworfen werden, welche geeignet sind, im Falle der Einschleppung einer Weiterverbreitung der Seuche vorzubeugen.
Die Einfuhr- und Verkehrsbeschränkungen sind, soweit erforderlich, auch auf die Einfuhr von thierischen Rohstoffen und von allen solchen Gegenständen auszudehnen, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können.
Von dem Erlasse, der Aufhebung oder Veränderung einer Einfuhr- oder Verkehrsbeschränkung ist unverzüglich dem Reichskanzler Mittheilung zu machen.
Die verfügten Einfuhr- oder Verkehrsbeschränkungen sind ohne Verzug öffentlich bekannt zu machen.

b. Viehrevisionen.

Bearbeiten
Gewinnt die Seuche in einem Nachbarlande eine bedrohliche Ausdehnung, so kann für die Grenzbezirke eine Revision des vorhandenen Viehbestandes und eine regelmäßige Kontrole über den Ab- und Zugang der durch die Seuche gefährdeten Thiere angeordnet werden.

II. Unterdrückung der Viehseuchen im Inlande.

Bearbeiten

1. Allgemeine Vorschriften.

Bearbeiten

a. Anzeigepflicht.

Bearbeiten
Der Besitzer von Hausthieren ist verpflichtet, von dem Ausbruche einer der in §. 10 angeführten Seuchen unter seinem Viehstande und von allen verdächtigen Erscheinungen bei demselben, welche den Ausbruch einer solchen Krankheit befürchten lassen, sofort der Polizeibehörde Anzeige zu machen, auch das Thier von Orten, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Thiere besteht, fern zu halten.
Die gleichen Pflichten liegen demjenigen ob, welcher in Vertretung des Besitzers der Wirthschaft vorsteht, ferner bezüglich der auf dem Transporte befindlichen Thiere dem Begleiter derselben und bezüglich der in fremdem Gewahrsam befindlichen Thiere dem Besitzer der betreffenden Gehöfte, Stallungen, Koppeln oder Weiden.
Zur sofortigen Anzeige sind auch die Thierärzte und alle diejenigen Personen verpflichtet, welche sich gewerbsmäßig mit der Ausübung der Thierheilkunde beschäftigen, ingleichen die Fleischbeschauer, sowie diejenigen, welche gewerbsmäßig mit der Beseitigung, Verwerthung oder Bearbeitung thierischer Kadaver oder thierischer Bestandtheile sich beschäftigen, wenn sie, bevor ein polizeiliches [156] Einschreiten stattgefunden hat, von dem Ausbruche einer der nachbenannten Seuchen oder von Erscheinungen unter dem Viehstande, welche den Verdacht eines Seuchenausbruchs begründen, Kenntniß erhalten.
Die Seuchen, auf welche sich die Anzeigepflicht (§. 9) erstreckt, sind folgende:
1. der Milzbrand;
2. die Tollwuth;
3. der Rotz (Wurm) der Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel;
4. die Maul- und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe, Ziegen und Schweine;
5. die Lungenseuche des Rindviehs;
6. die Pockenseuche der Schafe;
7. die Beschälseuche der Pferde und der Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehs;
8. die Räude der Pferde, Esel, Maulthiere, Maulesel und der Schafe.
Der Reichskanzler ist befugt, die Anzeigepflicht vorübergehend auch für andere Seuchen einzuführen.
Die Landesregierungen sind ermächtigt, für solche Bezirke, in welchen sich der Milzbrand ständig zeigt, von der Anzeigepflicht (§. 9) insoweit zu entbinden, als die Seuche nur vereinzelt auftritt. In diesem Falle müssen die Schutzmaßregeln nach Maßgabe des Gesetzes und der Ausführungs-Instruktion (§. 30) allgemein vorgeschrieben werden.

b. Ermittelung der Seuchenausbrüche.

Bearbeiten
Die Polizeibehörde hat auf die erfolgte Anzeige (§§. 9 und 10) oder wenn sie auf irgend einem andern Wege von dem Ausbruche einer Seuche oder dem Verdachte eines Seuchenausbruchs Kenntniß erhalten hat, sofort den beamteten Thierarzt behufs sachverständiger Ermittelung des Seuchenausbruchs zuzuziehen (vergl. jedoch §. 15). Der Thierarzt hat die Art, den Stand und die Ursachen der Krankheit zu erheben und sein Gutachten darüber abzugeben, ob durch den Befund der Ausbruch der Seuche festgestellt oder der Verdacht eines Seuchenausbruchs begründet ist.
In eiligen Fällen kann derselbe schon vor polizeilichem Einschreiten die sofortige vorläufige Einsperrung und Absonderung der erkrankten und verdächtigen Thiere, nöthigenfalls auch die Bewachung derselben anordnen. Die getroffenen vorläufigen Anordnungen sind dem Besitzer der Thiere oder dessen Vertreter entweder zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung zu eröffnen, auch ist davon der Polizeibehörde sofort Anzeige zu machen.
Auf Ersuchen des Thierarztes hat der Vorsteher des Seuchenorts die vorläufige Bewachung der erkrankten Thiere zu veranlassen. [157]
Wenn über den Ausbruch einer Seuche nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes nur mittelst Zerlegung eines verdächtigen Thieres Gewißheit zu erlangen ist, so kann die Tödtung desselben von der Polizeibehörde angeordnet werden.
Auf die gutachtliche Erklärung des beamteten Thierarztes, daß der Ausbruch der Seuche festgestellt sei, oder daß der begründete Verdacht eines Seuchenausbruchs vorliege, hat die Polizeibehörde die für den Fall der Seuchengefahr in diesem Gesetze und den zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen vorgesehenen, den Umständen nach erforderlichen Schutzmaßregeln zu treffen und für die Dauer der Gefahr wirksam durchzuführen. Hegt die Polizeibehörde Zweifel über die Erhebungen des beamteten Thierarztes, so kann dieselbe zwar die Einziehung eines thierärztlichen Obergutachtens bei der vorgesetzten Behörde beantragen, die Anordnung der erforderlichen Schutzmaßregeln darf jedoch hierdurch keinen Aufschub erleiden.
Ist der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (§. 10 Ziffer 4) durch das Gutachten des beamteten Thierarztes festgestellt, so kann die Polizeibehörde auf die Anzeige neuer Seuchenausbrüche in dem Seuchenorte selbst oder in dessen Umgegend sofort die erforderlichen polizeilichen Schutzmaßregeln anordnen, ohne daß es einer nochmaligen Zuziehung des beamteten Thierarztes bedarf.
Auch ist in solchen Bezirken, in welchen sich der Milzbrand ständig zeigt (§. 11), die Zuziehung des beamteten Thierarztes nicht in jedem Falle dieser Seuche erforderlich.
In allen Fällen, in welchen dem beamteten Thierarzte die Feststellung des Krankheitszustandes eines verdächtigen Thieres obliegt, ist es dem Besitzer desselben unbenommen, auch seinerseits einen approbirten Thierarzt zu diesen Untersuchungen zuzuziehen. Die Anordnung und die Ausführung der Schutzmaßregeln wird hierdurch nicht aufgehalten.
Die vorgesetzte Behörde hat jedoch im Falle erheblicher Meinungsverschiedenheit zwischen dem beamteten Thierarzte und dem von dem Besitzer zugezogenen approbirten Thierarzte über den Ausbruch oder Verdacht einer Seuche, oder wenn aus sonstigen Gründen erhebliche Zweifel über die Richtigkeit der Angaben des beamteten Thierarztes obwalten, sofort ein thierärztliches Obergutachten einzuziehen und dem entsprechend das Verfahren zu regeln.
Alle Vieh- und Pferdemärkte sollen durch beamtete Thierärzte beaufsichtigt werden. Dieselbe Maßregel kann auch auf die von Unternehmern behufs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen oder privaten Räumlichkeiten zusammengebrachten Viehbestände, auf die zu Zuchtzwecken öffentlich aufgestellten männlichen Zuchtthiere, auf öffentliche Thierschauen und auf die durch obrigkeitliche Anordnung [158] veranlaßten Zusammenziehungen von Pferde- und Viehbeständen ausgedehnt werden. Der Thierarzt ist verpflichtet, alle von ihm auf dem Markte oder unter den vorbezeichneten Pferde- und Viehbeständen beobachteten Fälle übertragbarer Seuchen oder seuchenverdächtiger Erscheinungen sogleich zur Kenntniß der Polizeibehörde zu bringen und nach sofortiger Untersuchung des Falles die Anordnung der erforderlichen polizeilichen Schutzmaßregeln zu beantragen.
Liegt Gefahr im Verzuge, so ist der Thierarzt befugt, schon vor polizeilichem Einschreiten die Absonderung und Bewachung der erkrankten und der verdächtigen Thiere anzuordnen.

c. Schutzmaßregeln gegen Seuchengefahr.

Bearbeiten
Im Falle der Seuchengefahr (§. 14) und für die Dauer derselben können, vorbehaltlich der in diesem Gesetze rücksichtlich einzelner Seuchen ertheilten besonderen Vorschriften, je nach Lage des Falles und nach der Größe der Gefahr, unter Berücksichtigung der betheiligten Verkehrsinteressen die nachfolgenden Schutzmaßregeln (§§. 19 bis 29) polizeilich angeordnet werden.
Beschwerden des Besitzers über die von der Polizeibehörde angeordneten Schutzmaßregeln haben keine aufschiebende Wirkung.
1. Die Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung der an der Seuche erkrankten und der verdächtigen Thiere.
Der Besitzer eines der Absonderung oder polizeilichen Beobachtung unterworfenen Thieres ist verpflichtet, auf Erfordern solche Einrichtungen zu treffen, daß das Thier für die Dauer der Absonderung oder Beobachtung die für dasselbe bestimmte Räumlichkeit (Stall, Standort, Hof- oder Weideraum u. s. w.) nicht verlassen kann und außer aller Berührung und Gemeinschaft mit anderen Thieren bleibt.
2. Beschränkungen in der Art der Benutzung, der Verwerthung oder des Transports kranker oder verdächtiger Thiere, der von denselben stammenden Produkte oder solcher Gegenstände, welche mit kranken oder verdächtigen Thieren in Berührung gekommen oder sonst geeignet sind, die Seuche zu verschleppen.
Beschränkungen im Transport der der Seuchengefahr ausgesetzten und solcher Thiere, welche geeignet sind, die Seuche zu verschleppen.
3. Verbot des gemeinschaftlichen Weideganges von Thieren aus verschiedenen Stallungen und der Benutzung bestimmter Weideflächen, ferner der gemeinschaftlichen Benutzung von Brunnen, Tränken und Schwemmen und des Verkehrs mit seuchenkranken oder verdächtigen Thieren auf öffentlichen oder gemeinschaftlichen Straßen und Triften.
Verbot des freien Umherlaufens der Hunde. [159]
4. Die Sperre des Stalles oder sonstigen Standortes seuchenkranker oder verdächtiger Thiere, des Gehöfts, des Orts, der Weide oder der Feldmark gegen den Verkehr mit Thieren und mit solchen Gegenständen, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können.
Die Sperre des Gehöfts, des Orts, der Weide oder der Feldmark darf erst dann verfügt werden, wenn der Ausbruch der Seuche durch das Gutachten des beamteten Thierarztes festgestellt ist.
Die Sperre eines Orts oder einer Feldmark ist nur dann zulässig, wenn die Seuche ihrer Beschaffenheit nach eine größere und allgemeinere Gefahr einschließt, und Thiere in größerer Zahl davon bereits befallen sind. Die Sperre kann auf einzelne Straßen oder Theile des Orts oder der Feldmark beschränkt werden.
Die polizeilich angeordnete Sperre eines Stalles oder sonstigen Standortes, eines Gehöfts oder einer Weide verpflichtet den Besitzer, diejenigen Einrichtungen zu treffen, welche zur wirksamen Durchführung der Sperre vorgeschrieben werden.
5. Die Impfung der der Seuchengefahr ausgesetzten Thiere, die thierärztliche Behandlung der erkrankten Thiere, sowie Beschränkungen in der Befugniß zur Vornahme von Heilversuchen.
Die Impfung oder die thierärztliche Behandlung darf nur in den Fällen angeordnet werden, welche in diesem Gesetze ausdrücklich bezeichnet sind, und zwar nach Maßgabe der daselbst ertheilten näheren Vorschriften.
Die polizeilich angeordnete Impfung erfolgt unter Aufsicht des beamteten Thierarztes oder durch denselben.
6. Die Tödtung der an der Seuche erkrankten oder verdächtigen Thiere.
Dieselbe darf nur in den Fällen angeordnet werden, welche in diesem Gesetze ausdrücklich vorgesehen sind.
Die Vorschrift unverzüglicher Tödtung der an einer Seuche erkrankten oder verdächtigen Thiere findet, wo sie in diesem Gesetze enthalten ist, keine Anwendung aus solche Thiere, welche einer der Staatsaufsicht unterworfenen höheren Lehranstalt übergeben sind, um dort für die Zwecke derselben verwendet zu werden.
Werden Thiere, welche bestimmten Verkehrs- oder Nutzungsbeschränkungen oder der Absperrung unterworfen sind, in verbotwidriger Benutzung oder außerhalb der ihnen angewiesenen Räumlichkeit, oder an Orten, zu welchen ihr Zutritt verboten ist, betroffen, so kann die Polizeibehörde die sofortige Tödtung derselben anordnen.
7. Die unschädliche Beseitigung der Kadaver solcher Thiere, welche an der Seuche verendet, in Folge der Seuche oder in Folge des Verdachts getödtet sind, [160] und solcher Theile des Kadavers kranker oder verdächtiger Thiere, welche zur Verschleppung der Seuche geeignet sind (Fleisch, Häute, Eingeweide, Hörner, Klauen u. s. w.), endlich der Streu, des Düngers oder anderer Abfälle kranker oder verdächtiger Thiere.
8. Die Unschädlichmachung (Desinfektion) der von den kranken oder verdächtigen Thieren benutzten Ställe und Standorte und die Unschädlichmachung oder unschädliche Beseitigung der mit denselben in Berührung gekommenen Geräthschaften und sonstigen Gegenstände, insbesondere auch der Kleidungsstücke solcher Personen, welche mit den kranken Thieren in Berührung gekommen sind.
Erforderlichenfalls kann auch die Desinfizirung der Personen, welche mit seuchenkranken Thieren in Berührung gekommen sind, angeordnet werden.
Die Durchführung dieser Maßregeln muß nach Anordnung des beamteten Thierarztes und unter polizeilicher Ueberwachung erfolgen.
9. Die Einstellung der Vieh- und Pferdemärkte, sowie der öffentlichen Thierschauen innerhalb des Seuchenortes oder dessen Umgegend oder der Ausschluß einzelner Viehgattungen von der Benutzung der Märkte.
10. Die thierärztliche Untersuchung der am Seuchenorte oder in dessen Umgegend vorhandenen, von der Seuche gefährdeten Thiere.

2. Besondere Vorschriften für einzelne Seuchen.

Bearbeiten
Die näheren Vorschriften über die Anwendung und Ausführung der zulässigen Schutzmaßregeln (§§. 19 bis 29) auf die nachbenannten und alle übrigen einzelnen Seuchen werden von dem Bundesrath auf dem Wege der Instruktion erlassen.
Es sollen jedoch bei den hierunter benannten Seuchen, vorbehaltlich der weiter erforderlichen Schutzmaßregeln, nachfolgende besondere Vorschriften Platz greifen.

a. Milzbrand.

Bearbeiten
Thiere, welche am Milzbrande erkrankt oder dieser Seuche verdächtig sind, dürfen nicht geschlachtet werden.
Die Vornahme blutiger Operationen an milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren ist nur approbirten Thierärzten gestattet.
Eine Oeffnung des Kadavers darf ohne polizeiliche Erlaubniß nur von approbirten Thierärzten vorgenommen werden. [161]
Die Kadaver gefallener oder getödteter milzbrandkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden.
Die Abhäutung derselben ist verboten.
Die gleichen Vorschriften finden beim Ausbruche des Milzbrandes unter Wildständen auf die Kadaver des gefallenen oder getödteten Wildes Anwendung.

b. Tollwuth.

Bearbeiten
Hunde oder sonstige Hausthiere, welche der Seuche verdächtig sind, müssen von dem Besitzer oder demjenigen, unter dessen Aufsicht sie stehen, sofort getödtet oder bis zu polizeilichem Einschreiten in einem sicheren Behältnisse eingesperrt werden.
Vor polizeilichem Einschreiten dürfen bei wuthkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren keinerlei Heilversuche angestellt werden.
Das Schlachten wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere und jeder Verkauf oder Verbrauch einzelner Theile, der Milch oder sonstiger Erzeugnisse derselben ist verboten.
Ist die Tollwuth an einem Hunde oder an einem anderen Hausthiere festgestellt, so ist die sofortige Tödtung des wuthkranken Thieres und aller derjenigen Hunde und Katzen anzuordnen, rücksichtlich welcher der Verdacht vorliegt, daß sie von dem wuthkranken Thiere gebissen sind.
Liegt rücksichtlich anderer Hausthiere der gleiche Verdacht vor, so müssen dieselben sofort der polizeilichen Beobachtung unterworfen werden.
Zeigen sich Spuren der Tollwuth an denselben, so ist die sofortige Tödtung auch dieser Thiere anzuordnen.
Ausnahmsweise kann die mindestens dreimonatliche Absperrung eines der Tollwuth verdächtigen Hundes gestattet werden, sofern dieselbe nach dem Ermessen der Polizeibehörde mit genügender Sicherheit durchzuführen ist, und der Besitzer des Hundes die daraus und aus der polizeilichen Ueberwachung erwachsenden Lasten trägt.
Ist ein wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Hund frei umhergelaufen, so muß für die Dauer der Gefahr die Festlegung aller in dem gefährdeten Bezirke vorhandenen Hunde polizeilich angeordnet werden. Der Festlegung ist das Führen der mit einem sichern Maulkorbe versehenen Hunde an der Leine gleich zu erachten. Wenn Hunde dieser Vorschrift zuwider frei umherlaufend betroffen werden, so kann deren sofortige Tödtung polizeilich angeordnet werden. [162]
Die Kadaver der gefallenen oder getödteten wuthkranken oder der Seuche verdächtigen Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden. Das Abhäuten derselben ist verboten.

c. Rotz (Wurm) der Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel.

Bearbeiten
Sobald der Rotz (Wurm) bei Thieren festgestellt ist, muß die unverzüglich Tödtung derselben polizeilich angeordnet werden.
Verdächtige Thiere unterliegen der Absonderung und polizeilichen Beobachtung mit den nach Lage des Falles erforderlichen Verkehrs- und Nutzungsbeschränkungen oder der Sperre (§§. 19 bis 22).
Die Tödtung Verdächtiger Thiere muß von der Polizeibehörde angeordnet werden,
wenn von dem beamteten Thierarzte der Ausbruch der Rotzkrankheit auf Grund der vorliegenden Anzeichen für wahrscheinlich erklärt wird, oder
wenn durch anderweite, den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Maßregeln ein wirksamer Schutz gegen die Verbreitung der Seuche nach Lage des Falles nicht erzielt werden kann, oder
wenn der Besitzer die Tödtung beantragt, und die beschleunigte Unterdrückung der Seuche im öffentlichen Interesse erforderlich ist.
Die Kadaver gefallener oder getödteter rotzkranker Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden.
Das Abhäuten derselben ist verboten.
Die Polizeibehörde hat von jedem ersten Seuchenverdacht und von jedem ersten Seuchenausbruche in einer Ortschaft, sowie von dem Verlaufe und von dem Erlöschen der Seuche dem Generalkommando desjenigen Armeekorps, in dessen Bezirk der Seuchenort liegt, sofort schriftlich Mittheilung zu machen. Befindet sich an dem Seuchenorte eine Garnison, so ist die Mittheilung dem Gouverneur, Kommandanten oder Garnisonältesten zu machen. [163]

d. Lungenseuche des Rindviehs.

Bearbeiten
Die Polizeibehörde hat die Tödtung der nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes an der Lungenseuche erkrankten Thiere anzuordnen und kann auch die Tödtung verdächtiger Thiere anordnen.

e. Pockenseuche der Schafe.

Bearbeiten
Ist die Pockenseuche in einer Schafherde festgestellt, so muß die Impfung aller zur Zeit noch seuchenfreien Stücke der Herde angeordnet werden.
Auf den Antrag des Besitzers der Herde oder dessen Vertreters kann für die Vornahme der Impfung eine Frist gewährt werden, wenn nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes die sofortige Impfung nicht zweckmäßig ist.
Auch kann auf den Antrag des Besitzers oder dessen Vertreters von der Anwendung der Impfung ganz Abstand genommen werden, sofern Maßregeln getroffen sind, welche die Abschlachtung der noch seuchenfreien Stücke der Herde innerhalb 10 Tagen nach Feststellung des Seuchenausbruchs sichern.
Gewinnt die Seuche eine größere Ausdehnung oder ist nach den örtlichen Verhältnissen die Gefahr einer Verschleppung der Seuche in die benachbarten Schafherden nicht auszuschließen, so kann die Impfung der von der Seuche bedrohten Herden und aller in demselben Orte befindlichen Schafe polizeilich angeordnet werden.
Die geimpften Schafe sind rücksichtlich der polizeilichen Schutzmaßregeln den pockenkranken gleich zu behandeln.
Außer in dem Falle polizeilicher Anordnung (§§. 46 und 47) darf eine Pockenimpfung der Schafe nicht vorgenommen werden.

f. Beschälseuche der Pferde und Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehs.

Bearbeiten
Pferde, welche an der Beschälseuche, und Pferde oder Rindviehstücke, welche an dem Bläschenausschlage der Geschlechtstheile leiden, dürfen von dem Besitzer so lange nicht zur Begattung zugelassen werden, als nicht durch den beamteten Thierarzt die vollständige Heilung und Unverdächtigkeit der Thiere festgestellt ist. [164]
Tritt die Beschälseuche in einem Bezirke in größerer Ausdehnung auf, so kann die Zulassung der Pferde zur Begattung für die Dauer der Gefahr allgemein von einer vorgängigen Untersuchung derselben durch den beamteten Thierarzt abhängig gemacht werden.

g. Räude der Pferde, Esel, Maulthiere, Maulesel und der Schafe.

Bearbeiten
Wird die Räudekrankheit bei Pferden, Eseln, Maulthieren, Mauleseln (Sacroptes- oder dermatocoptes Räude) oder Schafen (dermatocoptes Räude) festgestellt, so kann der Besitzer, wenn er nicht die Tödtung der räudekranken Thiere vorzieht, angehalten werden, dieselben sofort dem Heilverfahren eines approbirten Thierarztes zu unterwerfen.

3. Besondere Vorschriften für Schlachtviehhöfe und öffentliche Schlachthäuser.

Bearbeiten
Auf die einer geregelten veterinärpolizeilichen Kontrole unterstellten Schlachtviehhöfe und öffentlichen Schlachthäuser und das daselbst aufgestellte Schlachtvieh finden die vorstehenden Bestimmungen dieses Gesetzes mit denjenigen Aenderungen Anwendung, welche sich aus den nachfolgenden besonderen Vorschriften ergeben.
Wird unter dem daselbst aufgestellten Schlachtvieh der Ausbruch einer übertragbaren Seuche ermittelt, oder zeigen sich Erscheinungen bei demselben, welche nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes den Ausbruch einer solchen Seuche befürchten lassen, so sind die erkrankten und alle verdächtigen Thiere sofort in polizeiliche Verwahrung zu nehmen und von jeder Berührung mit den übrigen auszuschließen.
Soweit die Art der Krankheit es gestattet (vergl. §§. 31, 36, 43), kann der Besitzer des erkrankten oder verdächtigen Schlachtviehs oder dessen Vertreter angehalten werden, die sofortige Abschlachtung desselben unter Aufsicht des beamteten Thierarztes in den dazu bestimmten Räumen vorzunehmen.
Diese Maßregel kann in dringenden Fällen auf alles andere, in der betreffenden Räumlichkeit vorhandene, für die Seuche empfängliche Schlachtvieh ausgedehnt werden.
Nach Feststellung des Seuchenausbruchs können Schlachtviehhöfe oder öffentliche Schlachthäuser für die Dauer der Seuchengefahr gegen den Abtrieb der für die Seuche empfänglichen Thiere abgesperrt werden.
Strengere Absperrungsmaßregeln dürfen nur in dringenden Fällen angewendet werden. [165]

4. Entschädigung für getödtete Thiere.

Bearbeiten
Für die auf polizeiliche Anordnung getödteten oder nach dieser Anordnung an der Seuche gefallenen Thiere muß vorbehaltlich der in diesem Gesetze bezeichneten Ausnahmen eine Entschädigung gewährt werden.
Die Bestimmungen darüber:
1. von wem die Entschädigung zu gewähren und wie dieselbe anzubringen ist,
2. wie die Entschädigung im einzelnen Falle zu ermitteln und festzustellen ist,
sind von den Einzelstaaten zu treffen.
Die in dieser Hinsicht in den Einzelstaaten bereits bestehenden Vorschriften bleiben unberührt. Insoweit solche Vorschriften nicht entgegenstehen, sind die Landesregierungen befugt, zu bestimmen, daß die Entschädigung für getödtete Pferde und Rinder bis zum Eintritt einer anderweiten landesverfassungsmäßigen Regelung durch Beiträge der Besitzer von Pferden und Rindvieh nach Maßgabe der über die Vertheilung und Erhebung der Beiträge von der Landesregierung zu treffenden näheren Anordnung aufgebracht werden.
In allen Fällen sollen jedoch die Vorschriften der §§. 59 bis 64 dieses Gesetzes dabei maßgebend sein.
Als Entschädigung soll der gemeine Werth des Thieres gewährt werden, ohne Rücksicht auf den Minderwerth, welchen das Thier dadurch erleidet, daß es mit der Seuche behaftet ist. Bei den mit der Rotzkrankheit behafteten Thieren hat jedoch die Entschädigung ¾, bei dem mit der Lungenseuche behafteten Rindvieh 1/5 des so berechneten Werths zu betragen.
Auf die zu leistende Entschädigung werden angerechnet:
1. die aus Privatverträgen zahlbare Versicherungssumme, und zwar bei Rotz zu drei Viertel, bei Lungenseuche zu vier Fünfteln, in allen anderen Fällen zum vollen Betrage;
2. der Werth derjenigen Theile des getödteten Thieres, welche dem Besitzer nach Maßgabe der polizeilichen Anordnungen zur Verfügung bleiben.
Die zu leistende Entschädigung wird, sofern ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist, demjenigen gezahlt, in dessen Gewahrsam oder Obhut sich das Thier zur Zeit der Tödtung befand.
Mit dieser Zahlung ist jeder Entschädigungsanspruch Dritter erloschen. [166]
Keine Entschädigung wird gewährt:
1. für Thiere, welche dem Reich, den Einzelstaaten oder zu den landesherrlichen Gestüten gehören;
2. für Thiere, welche, der Vorschrift des §. 6 zuwider, mit der Krankheit behaftet in das Reichsgebiet eingeführt sind;
3. für Thiere, bei welchen nach ihrer Einführung in das Reichsgebiet innerhalb 90 Tagen die Rotzkrankheit oder innerhalb 180 Tagen die Lungenseuche festgestellt wird, wenn nicht der Nachweis erbracht wird, daß die Ansteckung der Thiere erst nach Einführung derselben in das Reichsgebiet stattgefunden hat.
Die Gewährung einer Entschädigung kann versagt werden:
1. für Thiere, welche mit einer ihrer Art oder dem Grade nach unheilbaren und unbedingt tödtlichen Krankheit, mit Ausnahme jedoch des Rotzes und der Lungenseuche, behaftet waren;
2. für das in Schlachtviehhöfen oder in öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte, auf polizeiliche Anordnung geschlachtete oder getödtete Schlachtvieh;
3. für Hunde und Katzen, welche aus Anlaß der Tollwuth getödtet sind (§§. 34, 37 Absatz 1, 38).
Der Anspruch auf Entschädigung fällt weg:
1. wenn der Besitzer der Thiere oder der Vorsteher der Wirthschaft, welcher die Thiere angehören, vorsätzlich oder fahrlässig, oder der Begleiter der auf dem Transporte befindlichen Thiere, oder bezüglich der in fremdem Gewahrsam befindlichen Thiere, der Besitzer des Gehöfts, der Stallung, Koppel oder Weide vorsätzlich, den Vorschriften der §§. 9 und 10 zuwider, die Anzeige vom Ausbruche der Seuche oder vom Seuchen verdacht unterläßt, oder länger als 24 Stunden nach erhaltener Kenntniß verzögert;
2. wenn der Besitzer eines der Thiere mit der Seuche behaftet gekauft oder durch ein anderes Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat und von diesem kranken Zustande beim Erwerbe des Thieres Kenntniß hatte;
3. im Falle des §. 25, oder wenn dem Besitzer oder dessen Vertreter dir Nichtbefolgung oder Uebertretung der polizeilich angeordneten Schutzmaßregeln zur Abwehr der Seuchengefahr zur Last fällt.
Wenn zur Bestreitung der Entschädigungen Beiträge nach Maßgabe des vorhandenen Pferde- und Rindviehbestandes erhoben werden, dürfen diese [167] Beiträge für Thiere, welche dem Reich, den Einzelstaaten oder zu den landesherrlichen Gestüten gehören, und im Falle des §. 62 Nr. 2 für das in Schlachtviehhöfen oder in öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte Schlachtvieh nicht beansprucht werden.

III. Strafvorschriften.

Bearbeiten
Mit Geldstrafe von 10 bis 150 Mark oder mit Haft nicht unter einer Woche wird, sofern nicht nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist, bestraft:
1. wer der Vorschrift des §. 6 zuwider Thiere einführt, welche an einer übertragbaren Seuche leiden.
Neben der Strafe ist auf Einziehung der verbotswidrig eingeführten Thiere zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht.
2. wer der Vorschrift der §§. 9 und 10 zuwider die Anzeige vom Ausbruch der Seuche oder vom Seuchenverdacht unterläßt, oder länger als 24 Stunden nach erhaltener Kenntniß verzögert, oder es unterläßt, die verdächtigen Thiere von Orten, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Thiere besteht, fern zu halten;
3. wer den Vorschriften der §§. 31 bis 33 zuwider an Milzbrand erkrankte, oder der Krankheit verdächtige Thiere schlachtet, blutige Operationen an denselben vornimmt, oder die Kadaver derselben abhäutet oder vorschriftswidrig eine Oeffnung derselben vornimmt, oder es unterläßt, dieselben sofort unschädlich zu beseitigen;
4. wer den zum Schutze gegen die Tollwuth der Hausthiere in den §§. 34, 35, 36 und 39 ertheilten Vorschriften zuwiderhandelt;
5. wer den Vorschriften im §. 43 zuwider die Kadaver gefallener oder getödteter rotzkranker Thiere abhäutet, oder nicht sofort unschädlich beseitigt;
6. wer außer dem Falle polizeilicher Anordnung die Pockenimpfung eines Schafes vornimmt;
7. wer gegen die Vorschrift des §. 50 Pferde, welche an der Beschälseuche, Pferde oder Viehstücke, welche an dem Bläschenausschlage der Geschlechtstheile leiden, zur Begattung zuläßt.
Mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft wird, sofern nicht nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist, bestraft:
1. wer den auf Grund des §. 7 dieses Gesetzes angeordneten Einfuhrbeschränkungen zuwiderhandelt.
Neben der Strafe ist auf Einziehung der verbotswidrig eingeführten Thiere oder Gegenstände zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht. [168]
2. wer den auf Grund des §. 8 dieses Gesetzes polizeilich angeordneten Kontrolmaßregeln zuwiderhandelt;
3. wer den in den Fällen des §. 12 Absatz 2 und des §. 17 Absatz 2 von dem Thierarzte getroffenen vorläufigen Anordnungen zuwiderhandelt;
4. wer den im Falle einer Seuchengefahr polizeilich angeordneten Schutzmaßregeln (§§. 19 bis 28, 38, 51) zuwiderhandelt.
Sind in den Fällen der §§. 65, 66 die Zuwiderhandlungen in der Absicht begangen, sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zuzufügen, so tritt, sofern nicht nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist, Geldstrafe nicht unter 50 bis zu 150 Mark oder Haft nicht unter drei Wochen ein.

IV. Schlußbestimmungen.

Bearbeiten
Das Gesetz, betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen, vom 25. Februar 1876 (Reichs-Gesetzbl. S. 163) wird durch das gegenwärtige Gesetz nicht berührt.
Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1881 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Bad Ems, den 23. Juni 1880.
(L. S.)  Wilhelm.

  Fürst v. Bismarck.