Gesetz, betreffend den Spielkartenstempel

Gesetzestext
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Titel: Gesetz, betreffend den Spielkartenstempel.
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1878, Nr. 21, Seite 133 - 139
Fassung vom: 3. Juli 1878
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 6. Juli 1878
Inkrafttreten: 1. Januar 1879
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(Nr. 1254.) Gesetz, betreffend den Spielkartenstempel. Vom 3. Juli 1878.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Spielkarten unterliegen einer nach Vorschrift dieses Gesetzes zu erhebenden, zur Reichskasse fließenden Stempelabgabe, welche beträgt:
0,30 Mark für jedes Kartenspiel von 36 oder weniger Blättern,
0,50 Mark für jedes andere Spiel.
Spielkarten, welche unter amtlicher Kontrole in das Ausland ausgeführt werden, unterliegen der Abgabe nicht.
Gegen Entrichtung der im §. 1 bestimmten Abgabe erfolgt die Abstempelung der Karten.
Wer Spielkarten in das Bundesgebiet einbringt oder vom Auslande eingehende ungestempelte Spielkarten daselbst empfängt, ist verpflichtet, dieselben nach Menge der Spiele und deren Blätterzahl mit der Angabe, ob sie zum Verbleibe im Inlande oder zur Durchfuhr bestimmt sind, beim Eingange beziehungsweise Empfange der Steuerbehörde anzumelden und nach deren Anweisung die zum Verbleibe im Inlande bestimmten Spielkarten zur Abstempelung gegen Entrichtung der gesetzlichen Stempelsteuer vorzulegen. [134]
Die Errichtung von Spielkartenfabriken ist nur in Orten gestattet, wo sich eine zur Wahrnehmung der steuerlichen Aufsicht geeignete Zoll- oder Steuerbehörde befindet.
Die Fabrikation von Spielkarten darf nur in den von der zuständigen Steuerbehörde des betreffenden Bundesstaats genehmigten Räumen betrieben werden.
Diese Vorschrift findet auf den Fortbetrieb der bereits bestehenden Kartenfabriken in den bisher benutzten Fabrikräumen keine Anwendung.
Die Inhaber bereits bestehender Kartenfabriken müssen der Steuerbehörde nach Maßgabe der desfalls zu ertheilenden Vorschriften über ihren Fabrikbetrieb Anzeige machen.
Außerhalb der Fabrikräume, insbesondere in den Wohnungen der Arbeiter, darf nur das Koloriren der Kartenblätter und zwar mit Genehmigung der Steuerbehörde und unter Beachtung der vorgeschriebenen Kontrolmaßregeln ausgeführt werden.
Die Kartenfabriken stehen unter steuerlicher Kontrole und unterliegen den steuerlichen Revisionen.
Was die Inhaber von Kartenfabriken hinsichtlich der Fabrikeinrichtung, Fabrikation, Stempelung, Aufbewahrung und Versendung von Spielkarten, sowie hinsichtlich der Buchführung, der bei der Steuerbehörde zu machenden Meldungen und des Einzelverkaufs von Spielkarten zu beobachten haben, wird durch ein besonderes Regulativ vorgeschrieben.
Für die Abführung der Steuern können Fristen bis zur Dauer von drei Monaten gegen Sicherheitsstellung bewilligt werden.
Steuererlaß oder Ersatz kann nur von der obersten Finanzbehörde des betreffenden Bundesstaats und nur für inländische Karten in dem Falle gewährt werden, wenn gestempelte Kartenspiele bei der Verpackung oder Aufbewahrung in den dazu bestimmten Fabrikräumen durch einen unverschuldeten Zufall zum Gebrauch untauglich geworden sind, und hiervon binnen 24 Stunden unter Einlieferung der verdorbenen Kartenspiele, sofern dieselben durch den Zufall nicht ganz verloren gegangen, der Steuerbehörde Anzeige gemacht wird.
Der Handel mit Spielkarten, welche nach den Bestimmungen in den §§. 1 und 2 gestempelt worden sind, unterliegt, unbeschadet der nach §. 6 bezüglich der Spielkartenfabrikanten zu treffenden Bestimmungen, nur den allgemeinen gewerbepolizeilichen und gewerbesteuerlichen Vorschriften. [135]
Die Händler mit Spielkarten sind indessen verbunden, den mit der Steueraufsicht betrauten Beamten und Bediensteten ihre Vorräthe an Spielkarten zum Nachweise, daß solche mit dem gesetzlichen Stempel versehen sind, auf Verlangen vorzuzeigen.
Diejenigen, bei welchen revidirt wird, und deren Gewerbsgehülfen sind verbunden, den revidirenden Beamten diejenigen Hülfsdienste zu leisten oder leisten zu lassen, welche erforderlich sind, um die ihnen obliegenden Geschäfte in den vorgeschriebenen Grenzen zu vollziehen.
Spielkarten, welche der Vorschrift dieses Gesetzes zuwider mit dem erforderlichen Stempel nicht versehen sind, unterliegen der Einziehung, gleichviel wem sie gehören und ob gegen eine bestimmte Person Anklage erhoben wird.
Wer der Vorschrift dieses Gesetzes zuwider Karten, welche mit dem erforderlichen Stempel nicht versehen sind, feilhält, veräußert, vertheilt, erwirbt, damit spielt oder solche wissentlich in Gewahrsam hat, verfällt für jedes Spiel in eine Strafe von dreißig Mark.
Wirthe und andere Personen, welche Gäste halten, haben dieselbe Strafe verwirkt, wenn in ihren Wohnungen oder Lokalen mit ungestempelten Karten gespielt und nicht nachgewiesen wird, daß dies ohne ihr Wissen geschehen sei.
Die Nichterfüllung einer der nach §. 3 dem Einbringer bezw. Empfänger vom Auslande eingehender Spielkarten obliegenden Verpflichtungen wird mit der im §. 10 bestimmten Strafe geahndet. Wird jedoch nachgewiesen, daß der Beschuldigte die Stempelsteuer nicht habe hinterziehen können oder wollen, so findet nur eine Ordnungsstrafe von drei bis dreißig Mark statt.
Wenn eine Person, welche den Handel mit Spielkarten betreibt, Karten, die mit dem erforderlichen Stempel nicht versehen sind, gegen die Vorschriften dieses Gesetzes feilhält, veräußert oder in Gewahrsam hat oder die dem Einbringer bezw. Empfänger vom Auslande eingehender Karten nach §. 3 obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt, so soll gegen dieselbe die nach §. 10 oder 11 verwirkte Geldstrafe in keinem Fall auf einen geringeren Betrag als fünfhundert Mark festgesetzt werden, soweit nicht nach §. 11 eine bloße Ordnungsstrafe einzutreten hat. [136]
Die §. 275, 1 des Strafgesetzbuchs angedrohte Strafe kommt neben den in diesem Gesetze angedrohten Strafen zur Anwendung.
Wer die Fabrikation von Spielkarten ohne vorgängige Genehmigung der zuständigen Behörde oder in anderen, als den genehmigten oder angesagten Räumen (§. 5) vornimmt, verfällt neben Einziehung der Geräthe, Materialien und bereits verfertigten oder in der Anfertigung begriffenen Spielkarten in eine Geldstrafe von fünfzehnhundert Mark. Sind bereits mehr als fünfzig Spiele verfertigt, so wird für jedes weitere Spiel die Geldstrafe um dreißig Mark erhöht.
Wer vor erfolgter Anzeige bei der Steuerbehörde mit der Fabrikation von Spielkarten in den genehmigten oder angesagten Räumen beginnt, hat, sofern nicht die Vorschrift im §. 14 Anwendung findet, Geldstrafe von zehn bis fünfzehnhundert Mark verwirkt.
Werden gegen die Vorschriften des nach §. 6 zu erlassenden Regulativs die in einer Fabrik gefertigten Karten den revidirenden Steuerbeamten nicht vollständig angegeben und vorgelegt oder ungestempelte Karten ohne Mitwirkung der Steuerbehörde versendet, so hat dieses Verfahren die Einziehung der nicht angegebenen oder der versendeten Karten und die in §. 13 verordnete Geldstrafe zur Folge.
Die Entfernung überzähliger Karten aus der Fabrik oder der Ausschußblätter, bevor letztere nach Vorschrift des betreffenden Regulativs (§. 6) unbrauchbar gemacht worden sind, ist, sofern nicht nach Vorstehendem eine höhere Strafe eintritt, mit einer Geldstrafe von dreißig bis hundertundfünfzig Mark zu belegen.
Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die zu dessen Ausführung erlassenen Vorschriften, welche mit keiner besonderen Strafe in diesem Gesetze belegt sind, ziehen eine Ordnungsstrafe von drei bis dreißig Mark nach sich.
Die Umwandlung der nicht beizutreibenden Geldstrafen in Freiheitsstrafen erfolgt gemäß §§. 28 und 29 des Strafgesetzbuchs.
Kartenfabrikanten und -Händler haben für die von ihren Dienern, Lehrlingen, Gewerbsgehülfen, Gesinde und Familienmitgliedern nach diesem Gesetze verwirkten Geldstrafen subsidiarisch zu haften. [137]
Wird nachgewiesen, daß das Vergehen ohne ihr Wissen verübt worden, so haften sie nur für die Spielkartenabgabe.
Hinsichtlich des administrativen und gerichtlichen Strafverfahrens wegen der Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz, hinsichtlich der Strafmilderung und des Erlasses der Strafe im Gnadenwege kommen die Vorschriften, nach welchen sich das Verfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze, wo solche nicht in Kraft bestehen, gegen die Gesetze über die indirekten Abgaben richtet, zur Anwendung.
Alle auf Grund dieses Gesetzes erkannten Geldstrafen und eingezogenen Gegenstände fallen dem Fiskus desjenigen Staats zu, von dessen Behörden die Strafentscheidung erlassen ist.
Die Strafverfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über den Spielkartenstempel, sowie der Anspruch auf Nachzahlung der hinterzogenen Abgaben verjährt in drei Jahren.
Die Erhebung und Verwaltung des Spielkartenstempels erfolgt durch die Zoll- und Steuerbehörden und -Beamten nach näherer Vorschrift des Bundesraths. Außer diesen haben alle diejenigen Staats- oder Kommunalbehörden, -Beamten und -Bediensteten, denen eine Polizeigewalt anvertraut ist, die Verpflichtung, die Verfolgung der zu ihrer Kenntniß gelangenden Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz zu veranlassen.
Bezüglich der Vollstreckbarkeit und des Vollstreckungsverfahrens werden die Spielkartenstempelabgaben den Landesabgaben gleich geachtet.
Die Reichsbevollmächtigten und Stationskontrolöre üben in Bezug auf die Ausführung dieses Gesetzes dieselben Rechte und Pflichten, welche sie bezüglich der Erhebung und Verwaltung der Zölle und der gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern zu üben haben.
An Erhebungs- und Verwaltungskosten werden jedem Bundesstaate fünf Prozent der in seinem Gebiete zur Erhebung gelangenden Stempelabgaben von Spielkarten vergütet. [138]
Von dem Zeitpunkte ab, mit welchem dies Gesetz in Wirksamkeit tritt, ist der Gebrauch von anderen als mit dem Reichsstempel versehenen Spielkarten, vorbehaltlich der im dritten Absatze zugelassenen Ausnahme, nicht weiter gestattet.
Kartenfabrikanten und -Händler und Inhaber öffentlicher Lokale haben bei Vermeidung der in den §§. 12 und 14 verordneten Strafe ihren Gesammtvorrath an Spielkarten der Steuerbehörde nach näherer Vorschrift des Bundesraths anzumelden. Auf die zu entrichtende Reichsstempelabgabe ist der Betrag der von den nachzustempelnden Karten bereits entrichteten landesgesetzlichen Abgabe abzurechnen.
Andere Personen können die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in ihrem Besitze befindlichen Spielkarten, soweit sie mit einem gleich hohen oder höheren Landesstempel, als dem Reichsstempel versehen sind, auch ferner gebrauchen, soweit sie aber ungestempelt oder mit einem geringeren Landesstempel, als dem Reichsstempel versehen sind, innerhalb einer dreimonatlichen Frist bei der Steuerbehörde mit dem Reichsstempel versehen lassen. Sie haben dabei in denjenigen Theilen des Bundesgebiets, in welchen keine Besteuerung der Spielkarten bestand, die im §. 1 bestimmte Abgabe, im übrigen Bundesgebiete nur den etwaigen Mehrbetrag dieser Abgabe über die entrichtete Landessteuer zu erlegen.
Ueber die Theilung des Ertrages der Nachsteuer zwischen der Reichskasse und den Kassen der einzelnen Bundesstaaten entscheidet der Bundesrath.
Was in den §§. 10 und 12 bezüglich nicht vorschriftsmäßig gestempelter Spielkarten verordnet ist, findet auch auf nach den bisherigen Landesgesetzen gestempelte Spielkarten, deren anderweite Stempelung nach Vorschrift des §.24 nicht stattgefunden hat, Anwendung.
Für die von der Zollgrenze ausgeschlossenen Theile des Bundesgebiets wird der Bundesrath bestimmen:
1. welcher Steuerstelle die daselbst eingeführten Spielkarten anzumelden, und in welcher Weise die Erfüllung der Pflicht zur Anmeldung, sowie der Ausgang der zur Ausfuhr oder Durchfuhr durch das Bundesgebiet angemeldeten Spielkarten zu kontroliren ist (§. 3);
2. inwieweit eine Ueberwachung der Ausführung dieses Gesetzes durch Reichsbeamte stattzufinden hat, und in welcher Weise die Einnahme an Spielkartenstempel zu verwalten und zur Reichskasse abzuführen ist (§. 22);
3. unter welchen Bedingungen Großhändlern ein Lager ungestempelter Spielkarten bewilligt werden darf;
4. in welcher Weise der Handel mit Spielkarten zu kontroliren ist (§. 8). [139]
Mit den hiernach etwa angeordneten Abweichungen finden die Bestimmungen dieses Gesetzes auch in den Zollausschlüssen des Bundesgebiets Anwendung.
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1879 in Kraft.
Von diesem Zeitpunkte ab werden Landesstempelabgaben von Spielkarten nicht mehr erhoben.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais bei Potsdam, den 3. Juli 1878.
 Im Allerhöchsten Auftrage Seiner Majestät des Kaisers:
(L. S.)   Friedrich Wilhelm, Kronprinz.

  In Vertretung des Reichskanzlers.
  Hofmann.