Gesetz, betreffend Versorgung der Kriegsinvaliden und der Kriegshinterbliebenen

Gesetzestext
korrigiert
Titel: Gesetz, betreffend Versorgung der Kriegsinvaliden und der Kriegshinterbliebenen.
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Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1901, Nr. 23, Seite 193 - 199
Fassung vom: 31. Mai 1901
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 8. Juni 1901
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[193]

(Nr. 2770,) Gesetz, betreffend Versorgung der Kriegsinvaliden und der Kriegshinterbliebenen. Vom 31. Mai 1901.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1. Bearbeiten

Die Versorgung derjenigen Personen des Soldatenstandes und Beamten der Militär- und Marineverwaltung, welche durch die von deutschen Staaten vor 1871 oder von dem Deutschen Reiche geführten Feldzüge invalide geworden sind (Kriegsinvalide), sowie der Hinterbliebenen aus solchen Feldzügen (Kriegshinterbliebene) bemißt sich nach den in den folgenden Paragraphen getroffenen Bestimmungen.
Gleiches gilt von den Angehörigen der Kaiserlichen Schutztruppen und deren Hinterbliebenen.
Ob eine militärische Unternehmung im Sinne dieses Gesetzes als ein Feldzug anzusehen ist, bestimmt der Kaiser.

I. Offiziere, Sanitätsoffiziere, Ingenieure der Marine, Feldwebelleutnants und Deckoffiziere. Bearbeiten

§. 2. Bearbeiten

Die Pension wird den Offizieren bis zu anderweiter gesetzlicher Regelung nach den bisherigen Bestimmungen gewährt. [194]

§. 3. Bearbeiten

Die Kriegszulage (§. 12 des Gesetzes vom 27. Juni 1871, Reichs-Gesetzbl. S. 275) ist für alle als Kriegsinvalide Anerkannten zuständig und beträgt monatlich:
a) 100 Mark für Offiziere vom Hauptmann abwärts,
b) 60 Mark für Offiziere höheren Dienstgrads.

§. 4. Bearbeiten

Die Verstümmelungszulage (§. 13 des Gesetzes vom 27. Juni 1871) beträgt für jede Verstümmelung 90 Mark monatlich ohne die Einschränkung im Abs. 2 des angeführten §. 13.

§. 5. Bearbeiten

Kriegsinvaliden Offizieren, deren jährliches Gesammteinkommen 3.000 Mark nicht erreicht, wird vom Ersten des Monats ab, in welchem sie das 55. Lebensjahr vollenden, eine Zulage (Alterszulage) bis zur Erreichung dieses Betrags gewährt. Die Zulage wird bereits früher gewährt, sobald dauernde völlige Erwerbsunfähigkeit vorhanden ist.

II. Unteroffiziere und Gemeine. Bearbeiten

§. 6. Bearbeiten

Die Pension der Unteroffiziere und Gemeinen beträgt je nach dem Grade der Erwerbsunfähigkeit monatlich in der
1. Klasse
Mark.
2. Klasse
Mark.
3. Klasse
Mark.
4. Klasse
Mark.
a) für Feldwebel 100 75 45 30
b) für Sergeanten 75 60 36 24
c) für Unteroffiziere 65 50 30 20
d) für Gemeine 60 45 27 18.
Die Beträge der Pension 5. Klasse bleiben wie bisher.

§. 7. Bearbeiten

Die Kriegszulage (§. 71 des Gesetzes vom 27. Juni 1871) beträgt monatlich:
für die Ganzinvaliden       15 Mark,
für die Halbinvaliden 10 Mark.

§. 8. Bearbeiten

Die Verstümmelungszulage (§. 72 des Gesetzes vom 27. Juni 1871) beträgt für jede Verstümmelung 27 Mark monatlich ohne die Einschränkung im Abs. 3 des angeführten §. 72. [195]

§. 9. Bearbeiten

Neben den nach §. 6 erhöhten Pensionen ist die Zulage für Nichtbenutzung des Civilversorgungsscheins sowie die Anstellungsentschädigung nur für diejenigen Unteroffiziere zuständig, welche den Anspruch auf den Civilversorgungsschein durch zwölfjährigen aktiven Dienst erworben haben.

§. 10. Bearbeiten

Ganzinvaliden, deren jährliches Gesammteinkommen 600 Mark nicht erreicht, wird vom Ersten des Monats ab, in welchem sie das 55. Lebensjahr vollenden, eine Zulage (Alterszulage) bis zur Erreichung dieses Betrags gewährt. Die Zulage wird bereits früher gewährt, sobald dauernde völlige Erwerbsunfähigkeit vorhanden ist.

III. Beamte. Bearbeiten

§. 11. Bearbeiten

Die Kriegszulage beträgt monatlich für die oberen Beamten:
a) 100 Mark, wenn die Pension der eines Hauptmanns oder eines Offiziers niederen Dienstgrads entspricht;
b) 60 Mark, wenn die Pension der eines Offiziers höheren Dienstgrads entspricht;
für die Unterbeamten 15 Mark.

§. 12. Bearbeiten

Die Verstümmelungszulage wird den oberen Beamten nach den Sätzen für Offiziere (§. 4), den Unterbeamten nach den Sätzen für Unteroffiziere und Gemeine (§. 8) gewährt.

§. 13. Bearbeiten

Die Alterszulage wird den oberen Beamten in gleicher Weise wie den Offizieren (§. 5), den Unterbeamten wie den Unteroffizieren und Gemeinen (§.10) gewährt.

IV. Hinterbliebene. Bearbeiten

§. 14. Bearbeiten

Die jährliche Versorgung der Hinterbliebenen wird gemäß den nachfolgenden Bestimmungen festgesetzt.
Die Versorgung ist zuständig:
1. wenn der Kriegstheilnehmer an erlittener Verwundung oder äußerer Kriegsdienstbeschädigung verstorben ist: ohne Rücksicht auf die Zeit des Todes;
2. wenn der Kriegstheilnehmer im Laufe des Krieges erkrankt ist oder eine innere Dienstbeschädigung erlitten hat: sofern er in Folge der Krankheit oder Dienstbeschädigung vor Ablauf eines Jahres nach dem Friedensschlusse verstorben ist. [196]
Für die Hinterbliebenen von Theilnehmern an den vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beendeten Feldzügen ist dabei Bedingung, daß die Ehe vor dem Jahre 1901 geschlossen gewesen ist.

§. 15. Bearbeiten

A. Wittwenbeihülfe Bearbeiten

(§§. 41, 94 und 95 des Gesetzes vom 27. Juni 1871).

Diese beträgt für:
1. die Wittwe eines Generals oder in Generalsstellung stehenden Offiziers 2.000 Mark,
2. die Wittwe eines Stabsoffiziers 1.600 Mark,
3. die Wittwe eines Offiziers vom Hauptmann abwärts oder eines Deckoffiziers 1.200 Mark,
4. die Wittwe eines Feldwebels, Vicefeldwebels oder der diesen Dienstgraden gleichstehenden Militärpersonen oder Unterbeamten 600 Mark,
5. die Wittwe eines Sergeanten, Unteroffiziers oder der diesen Dienstgraden gleichstehenden Militärpersonen oder Unterbeamten 500 Mark,
6. die Wittwe eines Gemeinen 400 Mark.

B. Erziehungsbeihülfe Bearbeiten

(§§. 42 und 96 des Gesetzes vom 27. Juni 1871).

Diese beträgt für:
1. jedes vaterlose Kind
a) eines Generals oder eines Stabsoffiziers in Generals- oder Regimentskommandeur-Stellung,
      falls gesetzliches Wittwengeld zuständig 150 Mark,
      anderenfalls 200 Mark,
b) eines jeden anderen Offiziers oder eines Deckoffiziers 200 Mark,
c) eines Soldaten vom Feldwebel abwärts oder eines Unterbeamten [197] 168 Mark;
2. jedes elternlose Kind
a) eines Generals oder eines Stabsoffiziers in Generals- oder Regimentskommandeur-Stellung,
      falls gesetzliches Waisengeld zuständig 225 Mark,
      anderenfalls 300 Mark,
b) eines jeden anderen Offiziers oder eines Deckoffiziers 300 Mark,
c) eines Soldaten vom Feldwebel abwärts oder eines Unterbeamten 240 Mark;

C. Elternbeihülfe Bearbeiten

(§§. 42 und 96 des Gesetzes vom 27. Juni 1871).

Diese beträgt für:
1. den Vater oder den Großvater, die Mutter oder die Großmutter eines Offiziers oder Deckoffiziers 450 Mark,
2. den Vater oder den Großvater, die Mutter oder die Großmutter eines Soldaten vom Feldwebel abwärts oder eines Unterbeamten 250 Mark,
Die Beihülfe für Eltern oder Großeltern wird gewährt, wenn ihr Lebensunterhalt ganz oder überwiegend durch den Verstorbenen zur Zeit seines Todes bestritten worden war und solange die Hülfsbedürftigkeit dauert.

§. 16. Bearbeiten

Erreicht das jährliche Gesammteinkommen der Wittwe
eines Generals (§.15 A 1) nicht 3.000 Mark,
eines anderen Offiziers mit Ausnahme der Feldwebelleutnants nicht 2.000 Mark,
eines Feldwebelleutnants oder Deckoffiziers nicht 1.500 Mark,
so werden die zuständigen Wittwenbeihülfen bis zur Erreichung dieser Sätze erhöht.

§. 17. Bearbeiten

Den Wittwen von Kriegsinvaliden werden, auch wenn der Tod des Ehegatten nicht eine Folge der Kriegsdienstbeschädigung ist, Wittwenbeihülfen in der Art gewährt, daß das jährliche Gesammteinkommen
a) die Wittwe eines Generals (§. 15 A 1) 3.000 Mark,
b) der Wittwe eines anderen Offiziers mit Ausnahme der Feldwebelleutnants 2.000 Mark,
c) der Wittwe eines Feldwebelleutnants oder Deckoffiziers 1.500 Mark,
d) der Wittwe eines Feldwebels, Vicefeldwebels oder der diesen Dienstgraden gleichstehenden Militärpersonen oder Unterbeamten 600 Mark,
e) der Wittwe eines Sergeanten, Unteroffiziers oder der diesen Dienstgraden gleichstehenden Militärpersonen oder Unterbeamten 500 Mark,
f) der Wittwe eines Gemeinen 400 Mark,
beträgt.

§. 18. Bearbeiten

Für die Höhe des Versorgungsgeldes der Hinterbliebenen von oberen Beamten ist das zuletzt bezogene pensionsfähige Militärdiensteinkommen dieser Beamten dergestalt maßgebend, daß, je nachdem es dem pensionsfähigen Diensteinkommen einer der im §. 15 A 1 bis 3 erwähnten Militärdienstgrade am nächsten gestanden hat, auch die für Hinterbliebene dieses Dienstgrads zuständigen Sätze gewährt werden.
§. 17 findet entsprechende Anwendung. [198]

V. Allgemeine Bestimmungen. Bearbeiten

§. 19. Bearbeiten

Soweit dieses Gesetz nicht ein Anderes bestimmt, bleiben die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen in Kraft. Die nach denselben zuständigen Gebührnisse und Bewilligungen werden auf die nach diesem Gesetze bewilligten Bezüge angerechnet. Die Mehrbeträge werden als Zuschüsse gewährt.

§. 20. Bearbeiten

Die Zuschüsse (§. 19 letzter Satz) stehen den Bezügen gleich, welche das Gesetz vom 27. Juni 1871 nebst Abänderungen und Ergänzungen gewährt, und unterliegen denselben gesetzlichen Bestimmungen.
Bei Anstellung und Beschäftigung im Civildienste sind diese Zuschüsse jedoch nicht der Kürzung unterworfen und beim Ausscheiden aus dem Civildienste mit einer Civilpension auf diese nicht in Anrechnung zu bringen.
Die Zuschüsse bleiben bei der Veranlagung zu den Steuern und anderen öffentlichen Abgaben jeder Art außer Ansatz; sie sind weder der Pfändung unterworfen noch bei der Ermittelung, ob und zu welchem Betrag ein Einkommen der Pfändung unterliegt, zu berechnen.
Bei Berechnung des Wittwen- und Waisengeldes nach den Gesetzen vom 20. April 1881 (Reichs-Gesetzbl. S. 85), vom 17. Juni 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 237) und vom 17. Mai 1897 (Reichs-Gesetzbl. S. 455) bleiben die Zuschüsse unberücksichtigt.

§. 21. Bearbeiten

Auf die Theilnehmer an der zur Zeit des Erlasses dieses Gesetzes gegen China gerichteten Expedition kommen seine Bestimmungen zur Anwendung.
In welchem Umfang und bis zu welchem Zeitpunkte dieses stattzufinden hat, sowie unter welchen Voraussetzungen eine Doppelrechnung der Dienstzeit erfolgt, bestimmt der Kaiser.

§. 22. Bearbeiten

Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden sinngemäße Anwendung:
1. auf diejenigen Personen des Soldatenstandes und Beamten (§. 1), welche im Dienste durch Schiffbruch invalide geworden sind, sowie die Hinterbliebenen der aus gleichem Anlasse Verstorbenen vorgedachter Klassen;
2. auf die kriegsinvaliden Offiziere, Beamten und Mannschaften der früheren schleswig-holsteinschen Armee und Marine sowie auf deren Hinterbliebene;
3. auf das fortan auf dem Kriegsschauplatze befindliche Personal der freiwilligen Krankenpflege sowie auf diejenigen Deutschen, welche sich in einem Dienst- oder Vertragsverhältnisse bei dem Reichsheere, der [199] Kaiserlichen Marine und den Kaiserlichen Schutztruppen auf dem Kriegsschauplätze befinden.
Soweit denselben nicht ein höherer militärischer Rang ausdrücklich verliehen ist, erhalten sie beziehungsweise ihre Hinterbliebenen die für Gemeine ausgeworfenen Sätze.

§. 23. Bearbeiten

Den elsaß-lothringischen Landesangehörigen, welche als Offiziere, Beamte und Mannschaften im Feldzug 1870 bis 1871 im französischen Heere kriegsinvalide und später Deutsche geworden sind, sowie deren Hinterbliebenen, können vom 1. April 1901 ab Beihülfen bis zum Betrage der durch dieses Gesetz gewährten Gebührnisse bewilligt werden. Beihülfen dieser Art können auch die später Deutsche gewordenen Hinterbliebenen von elsaß-lothringischen Landesangehörigen erhalten, welche den Feldzug 1870–1871 im französischen Heere mitgemacht haben und in diesem Feldzuge gefallen oder in Folge desselben gestorben sind.
Nähere Bestimmungen über das Verfahren bei der Bewilligung und der Festsetzung der Beihülfen trifft der Reichskanzler.
Auf diese Beihülfen findet §. 20 Abs. 3 Anwendung.

§. 24. Bearbeiten

Soweit die Bezüge der Personen, welche unter dieses Gesetz fallen, nach den bestehenden Bestimmungen aus den Mitteln des Reichs-Invalidenfonds zu decken sind, werden auch die in diesem Gesetze vorgesehenen Zuschüsse aus dem Reichs-Invalidenfonds bestritten. Die für das Rechnungsjahr 1901 erforderlichen Deckungsmittel dürfen aus dessen Kapitalbeständen bis zum Betrage von 14.600.000 Mark über den im Reichshaushalts-Etat für dieses Rechnungsjahr ausgebrachten Kapitalzuschuß (Kapitel 18 Titel 2 der Einnahmen) flüssig gemacht werden.
Dem Königreiche Bayern wird zur Bestreitung der gleichartigen Ausgaben, mit Ausnahme der in Folge des Krieges 1870/71 erwachsenen, alljährlich eine Summe überwiesen, welche sich nach der Höhe des thatsächlichen Aufwandes für Angehörige des Reichsheeres und deren Hinterbliebene, im Verhältnisse der Kopfstärke des Königlich bayerischen Militärkontingents zu jener der übrigen Theile des Reichsheeres bemißt.

§. 25. Bearbeiten

Dies Gesetz tritt vom 1. April 1901 ab in Kraft. Nachzahlungen für eine rückliegende Zeit finden nicht statt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 31. Mai 1901.
(L. S.)  Wilhelm.

  Graf von Bülow.