Gesetz, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld / Anlage 4. Erbschaftssteuergesetz

Gesetzestext
korrigiert
Titel: Erbschaftssteuergesetz.
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Art:
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1906, Nr. 31, Seite 654-674
Fassung vom: 3. Juni 1906
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 11. Juni 1906
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Anlage 4.


Erbschaftssteuergesetz.


______________


Gegenstand der Erbschaftssteuer.

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Gegenstand der Erbschaftssteuer ist der Erwerb von Todes wegen.
Als Erwerb von Todes wegen gilt, außer demjenigen, was durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder als Pflichtteil erworben wird:
1. ein Erwerb, auf welchen die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes Anwendung finden, sowie dasjenige, was durch eine nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes als Verfügung von Todes wegen zu beurteilende Schenkung erworben wird;
2. ein Erwerb, welcher infolge der Vollziehung einer durch Verfügung von Todes wegen angeordneten Auflage oder infolge der Bewirkung einer Leistung, von welcher der Erblasser einen Erwerb von Todes wegen abhängig gemacht hat, oder, sofern der Erwerb der Genehmigung einer Behörde bedarf, infolge der Vollziehung einer Anordnung dieser Behörde erlangt wird.
Als Erwerb von Todes wegen ist außerdem anzusehen:
1. was durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet wird, daß es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll;
2. was als Abfindung für einen Erbverzicht (§§ 2346, 2352 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) oder für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses gewährt wird.
Als Erwerb von Todes wegen sind ferner anzusehen:
1. was durch den Eintritt eines Lehens- oder Fideikommißfalls erworben wird;
2. Bezüge aus Familienstiftungen, sofern sie infolge Todesfalls an den stiftungsmäßig oder gesetzlich dazu Berufenen gelangen, sowie der Erwerb des Vermögens einer solchen Stiftung, sofern das Vermögen infolge Erlöschens der Stiftung an den stiftungsmäßig oder gesetzlich dazu Berufenen gelangt;
3. Vermögensvorteile, die auf Grund eines von dem Erblasser geschlossenen Vertrags unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar erworben werden; [655]
4. was als Abfindung für den Verzicht auf einen Erwerb der unter Nr. 1, 2 bezeichneten Art gewährt wird.
Für die Steuerpflicht an Kindesstatt angenommener Personen und ihrer Abkömmlinge, soweit sich auf diese die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken, gelten außerdem folgende besondere Vorschriften:
Als Erwerb von Todes wegen ist auch anzusehen:
1. ein Erwerb, auf welchen die für den Pflichtteilsanspruch geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes Anwendung finden;
2. was durch eine Zuwendung unter Lebenden erworben wird, sofern die Zuwendung von dem Erwerber bei einer Erbauseinandersetzung mit anderen Abkömmlingen des Zuwendenden nach gesetzlicher Vorschrift oder auf Grund einer bei der Zuwendung getroffenen Anordnung des letzteren zur Ausgleichung zu bringen sein würde.
Im Falle der Fortsetzung der ehelichen Gütergemeinschaft (§§ 1483 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ist nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft der einem anteilsberechtigten Abkömmling an dem Gesamtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft zustehende Anteil Gegenstand der Erbschaftssteuer in gleicher Weise, wie wenn der erstverstorbene Ehegatte zur Zeit der Beendigung der Gütergemeinschaft gestorben und der Anteil an dem Gesamtgute der gesetzliche Erbteil des Abkömmlinges wäre. Als Erwerb von Todes wegen ist auch eine Zuwendung anzusehen, die einem anteilsberechtigten Abkömmling unter Lebenden gemacht wird, soweit die Zuwendung bei der Auseinandersetzung zur Ausgleichung kommen würde, sowie eine Abfindung, die einem Abkömmlinge dafür gewährt wird, daß er vor oder nach dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf seinen Anteil am Gesamtgute verzichtet.

Räumliche Herrschaft des Gesetzes.

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Bewegliches Vermögen ist der Erbschaftssteuer unterworfen, wenn derjenige, aus dessen Vermögen der Erwerb anfällt (Erblasser), zur Zeit seines Todes oder, sofern der Erwerb bei seinen Lebzeiten anfällt, zur Zeit des Anfalls an den Erwerber ein Deutscher war und zugleich einem Bundesstaat angehörte. Soweit sich das Vermögen im Auslande befindet, wird auf Antrag die in dem auswärtigen Staate erweislich gezahlte Abgabe auf die Erbschaftssteuer angerechnet; soweit es sich in einem deutschen Schutzgebiete befindet, unterliegt es der Erbschaftssteuer nicht, wenn der Erblasser zu der bezeichneten Zeit seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Schutzgebiete hatte.
In den Fällen des § 3 Nr. 1, 2 ist im Sinne dieses Gesetzes als Erblasser der zuletzt Berechtigte anzusehen. [656]
Von dem Vermögen eines ausländischen Erblassers wird die Steuer erhoben, wenn er zur Zeit seines Todes oder, sofern der Erwerb bei seinen Lebzeiten anfällt, zur Zeit des Anfalls an den Erwerber seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Bundesstaate hatte, jedoch nur insoweit, als sich das Vermögen im Inlande befindet.
Das im Inlande befindliche Vermögen eines ausländischen Erblassers, welcher zu dem nach Abs. 1 maßgebenden Zeitpunkte weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Bundesstaate hatte, unterliegt der Steuer, wenn es einem Erwerber anfällt, der zur Zeit des Anfalls im Inlande seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der Steuerpflichtige hat das Recht des Abzugs einer für denselben Erwerb im Ausland entrichteten Steuer.
Die Steuer wird insoweit nicht erhoben, als in dem Heimatstaate des Erblassers im umgekehrten Falle in Ansehung der von dem Erwerb aus dem Vermögen eines Deutschen zu entrichtenden Erbschaftssteuer Ermäßigung oder Befreiung gewährt wird.
Unter Zustimmung des Bundesrats kann der Reichskanzler zum Zwecke der Ausgleichung oder der Vermeidung einer Doppelbesteuerung Abweichungen von den Vorschriften des Abs. 1 anordnen.
Auf das Vermögen eines Deutschen, der einem Bundesstaate nicht angehörte, finden die Vorschriften der Abs. 1, 2 entsprechende Anwendung.
Von inländischen Grundstücken ist die Erbschaftssteuer zu erheben, ohne Unterschied, ob der Erblasser Deutscher oder Ausländer war und ob er im Inlande seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder nicht.
Grundstücke, die sich im Auslande befinden, gehören nicht zur steuerpflichtigen Masse.
Den Grundstücken stehen Berechtigungen gleich, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten.
Ein Gegenstand, für den von einer deutschen Behörde ein zur Eintragung des Berechtigten bestimmtes Buch oder Register geführt wird, gilt als im Inlande befindlich. Ein Anspruch gilt als im Inlande befindlich, wenn für die Klage ein deutsches Gericht zuständig ist.
In den Fällen der §§ 5 bis 8 kommen Schulden und Lasten, welche nur auf einem steuerfreien oder nur auf einem steuerpflichtigen Teile der Masse [657] haften, behufs der Berechnung der Steuer bei demjenigen Teile in Abzug, auf welchem sie haften.
Schulden und Lasten, welche sowohl auf dem steuerfreien als auf dem steuerpflichtigen Teile der Masse haften, kommen von dem letzteren nur nach dem Verhältnisse dieses Teiles zur gesamten Masse in Abzug.
In das Grundbuch eingetragene Schulden, für welche der Eigentümer zugleich persönlich haftet, gelten zunächst als Lasten des Grundstücks und kommen nur rücksichtlich des durch das Grundstück nicht gedeckten Betrags bei der übrigen Masse in Anrechnung.

Betrag der Erbschaftssteuer.

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Die Erbschaftssteuer beträgt:
I. vier vom Hundert:
1. für leibliche Eltern;
2. für voll- und halbbürtige Geschwister sowie für Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern;
II. sechs vom Hundert:
1. für Großeltern und entferntere Voreltern;
2. für Schwieger- und Stiefeltern;
3. für Schwieger- und Stiefkinder;
4. für Abkömmlinge zweiten Grades von Geschwistern;
5. für uneheliche, von dem Vater anerkannte Kinder und deren Abkömmlinge;
6. für an Kindes Statt angenommene Personen und deren Abkömmlinge, soweit sich auf diese die Wirkungen der Annahme an Kindes Statt erstrecken;
III. acht vom Hundert:
1. für Geschwister der Eltern;
2. für Verschwägerte im zweiten Grade der Seitenlinie;
IV. zehn vom Hundert in den übrigen Fällen, soweit es sich nicht um einen Erwerb der im § 12 bezeichneten Art handelt.
Übersteigt der Wert des Erwerbes den Betrag von
  20.000 Mark, so wird das 11/10 fache,
übersteigt er den Betrag von
  30.000 Mark, so wird das 12/10 fache,
  50.000 Mark, so wird das 13/10 fache,
  75.000 Mark, so wird das 14/10 fache,
  100.000 Mark, so wird das 15/10 fache,
  150.000 Mark, so wird das 16/10 fache,
  200.000 Mark, so wird das 17/10 fache,
  300.000 Mark, so wird das 18/10 fache,
  400.000 Mark, so wird das 19/10 fache,
  500.000 Mark, so wird das 2 fache,
  600.000 Mark, so wird das 21/10 fache,
  700.000 Mark, so wird das 22/10 fache,
  800.000 Mark, so wird das 23/10 fache,
  900.000 Mark, so wird das 24/10 fache,
  1.000.000 Mark, so wird das 25/10 fache,
[658]
der im Abs. 1 bestimmten Sätze erhoben.
Die im Abs. 2 geregelte Steigerung beginnt bei den Steuerpflichtigen der I. Klasse erst, wenn der Wert des Erwerbes den Betrag von 50.000 Mark übersteigt, mit dem im Abs. 2 für diesen Wert bestimmten Satze.
Übersteigt der Wert des Erwerbes eine der im Abs. 2 bezeichneten Wertgrenzen, so wird der Unterschiedsbetrag zwischen dem nach Abs. 2 anzuwendenden höheren Satze und demjenigen der vorangehenden Wertklasse nur insoweit erhoben, als er aus der Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrags des Erwerbes gedeckt werden kann.

Befreiungen.

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Von der Erbschaftssteuer befreit bleiben:
1. ein Erwerb von nicht mehr als 500 Mark;
2. ein Erwerb in Gemäßheit des § 1969 des Bürgerlichen Gesetzbuchs;
3. die Befreiung von einer Schuld, sofern der Erblasser sie mit Rücksicht auf die Notlage des Schuldners angeordnet hat und eine Notlage auch durch den Erbfall im wesentlichen nicht beseitigt wird, soweit nicht die Steuer aus der Hälfte eines neben der erlassenen Forderung dem Bedachten zukommenden Anfalls gedeckt werden kann;
4. ein Erwerb, der anfällt:
a) ehelichen Kindern und solchen Kindern, welchen die rechtliche Stellung ehelicher Kinder zukommt – jedoch mit Ausschluß der an Kindes Statt angenommenen Kinder –, sowie eingekindschafteten Kindern;
b) unehelichen Kindern aus dem Vermögen der Mutter oder der mütterlichen Voreltern;
c) Abkömmlingen der zu a, b bezeichneten Kinder;
d) Ehegatten;
e) den im § 10 I. 1, II. 1, 5, 6 aufgeführten Personen, sofern der Wert des Erwerbes den Betrag von 10.000 Mark nicht übersteigt;
f) den im § 10 I. 2, II. 2, 3 bezeichneten Personen, sofern er in Kleidungsstücken, Betten, Wäsche, Haus- und Küchengerät [659] besteht, diese Gegenstände nicht zum Gewerbebetrieb oder zum Verkaufe bestimmt waren und der Wert des Erwerbes dieser Art den Betrag von 5.000 Mark nicht übersteigt; auf den Abzug der Schulden und Lasten von dem Werte der bezeichneten Gegenstände finden die Vorschriften des § 9 entsprechende Anwendung;
g) leiblichen Eltern, Großeltern und entfernteren Voreltern, soweit der Erwerb in Sachen besteht, die sie ihren Abkömmlingen durch Schenkung oder Übergabevertrag zugewandt hatten;
h) Personen, die in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnisse zum Erblasser gestanden haben, sofern der Wert des Erwerbes den Betrag von 3.000 Mark nicht übersteigt;
5. ein Erwerb, der anfällt Familienstiftungen auf Grund eines in einer Verfügung von Todes wegen bestehenden Stiftungsgeschäfts.
Die Erbschaftssteuer beträgt fünf vom Hundert:
1. für einen Erwerb, der anfällt inländischen Kirchen;
2. für einen Erwerb, der anfällt solchen inländischen Stiftungen, Gesellschaften, Vereinen oder Anstalten, die ausschließlich kirchliche, mildtätige oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, sofern ihnen die Rechte juristischer Personen zustehen;
3. für Zuwendungen, die ausschließlich kirchlichen, mildtätigen oder gemeinnützigen Zwecken innerhalb des Deutschen Reichs oder der deutschen Schutzgebiete gewidmet sind, sofern die Verwendung zu dem bestimmten Zwecke gesichert und die Zuwendung nicht auf einzelne Familien oder bestimmte Personen beschränkt ist;
4. für einen Erwerb, der anfällt Kassen oder Anstalten, welche die Unterstützung der zu dem Erblasser in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnisse stehenden Personen, sowie der Familienangehörigen solcher Personen bezwecken. Das Gleiche gilt, wenn der Erwerb anfällt Kassen oder Anstalten, welche die Unterstützung von Personen sowie deren Familienangehörigen bezwecken, die zu einem wirtschaftlichen Unternehmen, bei dem der Erblasser beteiligt war, in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnisse stehen.
Unter Kirchen (Abs. 1, Nr. 1) und kirchlichen Zwecken (Abs. 1, Nr. 2 und 3) sind alle inländischen öffentlich zugelassenen Religionsgesellschaften, denen die Rechte juristischer Personen zustehen, sowie die Zwecke solcher Religionsgesellschaften zu verstehen.
Vermögensvorteile von nicht mehr als 5.000 Mark sind in den Fällen des Abs. 1 von der Erbschaftssteuer befreit. [660]
Die in den Abs. 1, 3 bezeichneten Vergünstigungen können zu Gunsten ausländischer Stiftungen, Gesellschaften, Vereine und Anstalten der im Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Art, zu Gunsten solcher Zuwendungen, die den dort unter Nr. 3 bezeichneten Zwecken im Auslande zu dienen bestimmt sind, und zu Gunsten ausländischer Kassen und Angestellten der dort unter Nr. 4 bezeichneten Art zugestanden werden, sofern der ausländische Staat dem Deutschen Reiche gegenüber die gleiche Rücksicht übt.
Die Entscheidung darüber, ob Zwecke der in den Abs. 1 Nr. 2, 3 und im Abs. 4 bezeichneten Art vorliegen, erfolgt durch die Landesregierung.
Von der Entrichtung der Erbschaftssteuer befreit sind der Landesfürst und die Landesfürstin.
Im Sinne des § 10 Abs. 2, des § 11 Nr. 1, 4e, f, h und des § 12 Abs. 3 sind mehrere einem Erwerber seitens desselben Erblassers innerhalb fünf Jahren zugefallene Vermögensvorteile der in den §§ 1 bis 3 gedachten Art als ein Erwerb anzusehen, wenn anzunehmen ist, daß die Art und Weise der Zuwendung nur zur Vermeidung des höheren Steuersatzes oder zur Erlangung der Steuerfreiheit gewählt worden ist.
Übersteigt der Wert des Erwerbes die im § 11 Nr. 1, 4e, f, h und im § 12 Abs. 3 bezeichneten Beträge, so wird die Steuer nur insoweit erhoben, als sie aus der Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrags gedeckt werden kann.
Soweit Grundstücke, die dauernd land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, einschließlich der dazu gehörenden, denselben Zwecken dienenden Gebäude und des Zubehörs, den Gegenstand des Erwerbes bilden, wird ein Viertel des auf diesen Teil des Erwerbes entfallenden, nach den Vorschriften dieses Gesetzes berechneten Steuerbetrags nicht erhoben.
Für Steuerpflichtige der Klasse 1 (§ 10 Abs. 1 I.) tritt Befreiung von der Steuer ein, soweit im Laufe der dem Anfalle vorhergehenden fünf Jahre die Grundstücke Gegenstand eines nach diesem Gesetze steuerpflichtigen Erwerbes geworden sind. Ermäßigung der Steuer auf die Hälfte tritt ein, soweit der frühere Steuerfall zwar mehr als fünf Jahre, aber nicht über zehn Jahre zurückliegt. Die Befreiung oder Ermäßigung tritt nicht ein, wenn die Grundstücke innerhalb des bezeichneten Zeitraums gegen Entgelt an Personen veräußert worden sind, die nicht dem Veräußerer gegenüber in einem die Befreiung von der Erbschaftssteuer begründenden Verhältnisse stehen.
Auf den Abzug der Schulden und Lasten von dem Werte der Grundstücke finden die Vorschriften des § 9 entsprechende Anwendung. [661]

Ermittelung des Wertes der Masse.

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Der Ermittelung des Betrags der Masse wird der Wert zur Zeit des Anfalls zu Grunde gelegt.
Bei Grundstücken der im § 15 Abs. 1 bezeichneten Art wird der Ertragswert zu Grunde gelegt. Als Ertragswert gilt das Fünfundzwanzigfache des Reinertrags, den die Grundstücke nach ihrer bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nachhaltig gewähren können.
Bei Nutzungen oder Leistungen, die entweder ausdrücklich oder durch anderweitige die Dauer begrenzende Umstände auf bestimmte Zeit beschränkt sind, ist der Gesamtwert unter Abrechnung der Zwischenzinsen durch Zusammenzählung der einzelnen Jahreswerte zu berechnen. Der Gesamtwert darf den zum gesetzlichen Zinssatze kapitalisierten Jahreswert nicht übersteigen. Bei immerwährenden Nutzungen wird das Fünfundzwanzigfache des einjährigen Betrags, bei Nutzungen von unbestimmter Dauer, sofern nicht die Vorschriften der §§ 18, 19 Anwendung finden, das Zwölfundeinhalbfache des einjährigen Betrags als Wert angenommen.
Der Wert von Leibrenten oder anderen auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Nutzungen, einschließlich des im § 3 Nr. 1 bezeichneten Erwerbes, wird nach dem Lebensalter der Person, mit deren Tode das Bezugsrecht erlischt, berechnet, und zwar wird als Wert bei einem Alter
1. bis zu 25 Jahren das 20 fache,
2. von mehr als 25 bis zu 35 Jahren das 18 fache,
3. von mehr als 35 bis zu 45 Jahren das 16 fache,
4. von mehr als 45 bis zu 55 Jahren das 14 fache,
5. von mehr als 55 bis zu 65 Jahren das 12 fache,
6. von mehr als 65 bis zu 70 Jahren das 10 fache,
7. von mehr als 70 bis zu 75 Jahren das 8 fache,
8. von mehr als 75 bis zu 80 Jahren das 6 fache,
9. von mehr als 80 Jahren das 4 fach des Wertes einjährigen Nutzung angenommen.
Ist jedoch die Nutzung oder Leistung
im Falle des Abs. 1 Nr. 1 schon innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren,
im Falle des Abs. 1 Nr. 2 schon innerhalb eines Zeitraums von 9 Jahren, [662]
im Falle des Abs. 1 Nr. 3 schon innerhalb eines Zeitraums 8 Jahren,
im Falle des Abs. 1 Nr. 4 schon innerhalb eines Zeitraums von 7 Jahren,
im Falle des Abs. I Nr. 5 schon innerhalb eines Zeitraums von 6 Jahren,
im Falle des Abs. 1 Nr. 6 schon innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren,
in den Fällen des Abs. 1 Nr. 7 bis 9 schon innerhalb eines Zeitraums von 4 Jahren
nach dem Anfall erloschen, so wird ihr Wert nach Maßgabe der wirklichen Dauer bestimmt und die gezahlte Steuer bis auf den diesem Werte entsprechenden Betrag erstattet. In gleicher Weise wird, wenn die steuerpflichtige Masse um den nach Abs. 1 berechneten Wert einer Nutzung oder Leistung geringer veranlagt war, im Falle des früheren Erlöschens der Nutzung oder Leistung ein entsprechender Steuerbetrag nacherhoben.
Hängt die Dauer der Nutzungen von der Lebenszeit mehrerer Personen ab, so ist, wenn das Bezugsrecht mit dem Tode der zuerst versterbenden Person erlischt, das Lebensalter der ältesten Person, wenn das Bezugsrecht mit dem Tode der letztversterbenden Person erlischt, das Lebensalter der jüngsten Person maßgebend.
Der einjährige Betrag der Nutzung eines Geldbetrags ist, wenn er nicht anderweit feststeht, zu vier vom Hundert anzunehmen.

Bedingter Erwerb.

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Vermögen, dessen Erwerb von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, unterliegt der Besteuerung erst bei dem Eintritte der Bedingung; für den Steuerbetrag muß jedoch auf Verlangen des Erbschaftssteueramts (§ 34) Sicherheit geleistet werden.
Vermögen, das unter einer auflösenden Bedingung erworben ist, wird, abgesehen von den Nutzungen von unbestimmter Dauer (§§ 17 bis 19), wie unbedingt erworbenes behandelt. Tritt die Bedingung ein, so wird die gezahlte Steller bis auf den der wirklichen Bereicherung entsprechenden Betrag erstattet.

Bedingte Belastung.

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Lasten, die den Wert der steuerpflichtigen Masse vermindern, werden, soweit sie von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängen, nicht berücksichtigt. [663] Tritt die Bedingung ein, so wird die gezahlte Steuer bis auf den der veränderten Rechtslage entsprechenden Betrag erstattet.
Lasten, deren Fortdauer von einer auflösenden Bedingung abhängt, werden, sofern sie nicht nach den in den §§ 17 bis 19 enthaltenen Grundsätzen behandelt werden können, wie unbedingte in Abzug gebracht. Tritt die Bedingung ein, so wird ein entsprechender Steuerbetrag nacherhoben. Das Erbschaftssteueramt kann Sicherheitsleistung für diesen Anspruch fordern.
Für zweifelhafte Lasten gilt das Gleiche wie für Lasten, die von einer aufschiebenden Bedingung abhängen.
Die Vorschriften der §§ 21, 22 finden entsprechende Anwendung, wenn der Erwerb oder die Last von einem Ereignis abhängt, das nur hinsichtlich des Zeitpunkts seines Eintritts ungewiß ist.

Unsichere Rechte.

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Ungewisse oder unsichere Rechte und andere zur sofortigen Wertermittelung nicht geeignete Gegenstände kommen mit ihrem mutmaßlichen Werte in Ansatz, den der Steuerpflichtige in Vorschlag zu bringen hat. Findet keine Einigung statt, so kann das Erbschaftssteueramt von dem ihm angemessen erscheinenden Werte die Steuer einziehen und die Berichtigung des Wertansatzes sowie die entsprechende Nachforderung oder Erstattung der Steuer bis zum Ausgange derjenigen Verhandlungen vorbehalten, von welchen die Bezahlung der Forderung oder die Wertermittelung abhängt.
Sind bei der Berechnung der Steuer unbekannte Ansprüche der Masse oder an die Masse außer Berücksichtigung geblieben, so hat, wenn sie später zur Verwirklichung gelangen, die der veränderten Sachlage entsprechende Ausgleichung durch Nacherhebung oder Erstattung der Steuer zu erfolgen.

Erwerb von Vermögen ohne die Nutzung.

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Vermögen, dessen Nutzung einem andern als dem Steuerpflichtigen zusteht, wird um den nach den Vorschriften der §§ 17ff. berechneten Wert der Nutzung geringer veranlagt.
Der Steuerpflichtige kann verlangen, daß die Versteuerung bis zum Erlöschen des Nutzungsrechts ausgesetzt bleibt. In diesem Falle findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung. Das Erbschaftssteueramt kann die Leistung einer Sicherheit für die zu entrichtende Erbschaftssteuer fordern. [664]
Wenn im Falle des Abs. 2 das mit dem Nutzungsrechte belastete Vermögen vor dem Erlöschen des Nutzungsrechts im Wege der Erbfolge auf eine andere Person übergeht, so wird die Erbschaftssteuer für diesen Übergang nicht erhoben, vielmehr tritt die gleiche Behandlung ein, wie wenn derjenige, dem das Vermögen zur Zeit des Erlöschens des Nutzungsrechts gehört, das Vermögen unmittelbar von dem ursprünglichen Erblasser erworben hätte.
Bei der Einsetzung eines Nacherben (§§ 2100 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs) wird der Vorerbe als Nießbraucher, der Nacherbe als Erbe des herauszugebenden Vermögens behandelt.
Ist die Einsetzung des Nacherben auf dasjenige beschränkt, was beim Tode des Vorerben noch vorhanden sein wird, so haben sowohl der letztere von dem vollen Betrage des Erwerbes als der Nacherbe von dem vollen Betrage des an ihn herauszugebenden Vermögens nach ihrem Verhältnisse zum Erblasser die Steuer zu entrichten. Die von dem Vorerben entrichtete Steuer wird für den Teil der Erbschaft, für den der Nacherbe steuerpflichtig ist, auf Antrag insoweit erstattet, als sie den Betrag übersteigt, den der Vorerbe als Nießbraucher geschuldet haben würde. Diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Vorerbe zur freien Verfügung berechtigt ist.
Dem Falle der Nacherbfolge steht der Fall des Nachvermächtnisses gleich.

Berechnung der Erbschaftssteuer.

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Die Erbschaftssteuer wird nach dem ganzen Erwerbe jedes einzelnen Beteiligten für diesen besonders unter Berücksichtigung seines Verhältnisses zum Erblasser berechnet.
Der Steuerbetrag wird auf volle Mark nach unten abgerundet.
Die Erbschaftssteuer wird von dem Betrage berechnet, um welchen der Erwerber durch den Anfall bereichert worden ist.
Die infolge des Anfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse gelten als nicht erloschen.
Bei der Feststellung des Wertes des Nachlasses kommen behufs der Berechnung der von einem Erben zu entrichtenden Erbschaftssteuer als Nachlaßverbindlichkeiten insbesondere auch in Abzug die Kosten der Beerdigung des Erblassers einschließlich der Kosten der landesüblichen, kirchlichen und bürgerlichen Leichenfeierlichkeiten und der Kosten eines angemessenen Grabdenkmals, die gerichtlichen [665] und außergerichtlichen Kosten- der Regelung des Nachlasses und der für die Masse geführten Rechtsstreite. Die Erbschaftssteuer wird nicht in Abzug gebracht.
Ist eine Zuwendung unter einer Auflage gemacht, die in Geld veranschlagt werden kann, so ist die Zuwendung nur insoweit steuerpflichtig, als sie den Wert der Leistung übersteigt.

Haftung für die Erbschaftssteuer.

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Die Erbschaftssteuer ist von dem Erwerber, bei einer Zuwendung der im § 12 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Art jedoch von dem mit der Zuwendung Beschwerten zu entrichten. Im letzteren Falle kann die Steuer, sofern sich nicht aus der Anordnung ein anderes ergibt, auf die Zuwendung angerechnet werden. Für die Steuer haftet die ganze steuerpflichtige Masse; auf Verlangen muß aus dieser in den Fällen der §§ 21 bis 23 Sicherheit geleistet werden.
Neben dem Erwerber oder dem mit der Zuwendung Beschwerten (Abs. 1) haftet der Erbe in Höhe des Wertes des aus der Erbschaft Empfangenen für die Steuer als Gesamtschuldner. Sind mehrere Erben vorhanden, so haftet jeder in gleicher Weise auch für die von den Miterben zu entrichtende Steuer. Auf Nachforderungen erstreckt sich diese Haftung nicht.
Gesetzliche Vertreter sowie Bevollmächtigte der Steuerpflichtigen, Testamentsvollstrecker, Nachlaßpfleger und Verwalter von Familienstiftungen haften persönlich für die Steuer, wenn sie die Erbschaft, einzelne Erbteile, Vermächtnisse, Schenkungen, Bezüge aus der Familienstiftung usw. vor der Berichtigung oder Sicherstellung der darauf entfallenden Erbschaftssteuer ausantworten und die Beitreibung von den Steuerpflichtigen nicht erfolgen kann.
Auf Nachforderungen erstreckt sich diese Haftung nicht.
Die Vorschriften der Abs. 1, 2 finden in den Fällen des § 6 auf diejenigen, in deren Gewahrsam sich das Vermögen des Erblassers befindet, entsprechende Anwendung.

Zuständigkeit für Erhebung und Verwaltung der Erbschaftssteuer.

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Für die Erhebung der Erbschaftssteuer ist der Bundesstaat zuständig, in welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes oder, sofern der Erwerb bei seinen Lebzeiten anfällt, zur Zeit des Anfalls an den Erwerber seinen Wohnsitz gehabt hat. Hatte der Erblasser in mehreren Bundesstaaten einen Wohnsitz, so ist der [666] Staat zuständig, in welchem der Wohnsitz liegt, an dem er sich zuletzt aufgehalten hat.
Soweit die Steuer von einem Grundstücke (§ 7 Abs. 1, 3) zu entrichten ist, ist der Bundesstaat zuständig, in welchem sich das Grundstück befindet.
Hatte der Erblasser keinen Wohnsitz im Inlande, so ist im Falle des § 5 Abs. 1 der Bundesstaat, welchem er angehört hat, in den Fällen des § 6 Abs. 1, 5 der Bundesstaat, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, für die Erhebung der Steuer zuständig. Im Falle des § 6 Abs. 2 ist für die Zuständigkeit der Wohnsitz oder der Aufenthalt des Erwerbers maßgebend.
Bestehen zwischen mehreren Bundesstaaten Meinungsverschiedenheiten über ihre Zuständigkeit, so bestimmt auf Anrufen eines dieser Bundesstaaten der Bundesrat den für die Erhebung der Steuer zuständigen Staat.
Die Verwaltung des Erbschaftssteuerwesens wird durch die von der Landesregierung hierzu bestimmten Steuerstellen (Erbschaftssteuerämter) geführt. Diese unterstehen anderen, gleichfalls von der Landesregierung zu bestimmenden Behörden (Oberbehörden) und letztere der obersten Landesfinanzbehörde.
Die Reichsbevollmächtigten für Zölle und Steuern haben in Ansehung der Verwaltung der Erbschaftssteuer dieselben Rechte und Pflichten, welche ihnen in Ansehung der Zölle und Verbrauchssteuern beigelegt sind.
In denjenigen Staaten, in welchen die Geschäfte der Oberbehörde für die Erbschaftssteuer anderen Behörden als den Zolldirektivbehörden übertragen sind, werden der Umfang und die Art der Tätigkeit der Reichsbevollmächtigten vom Reichskanzler im Einvernehmen mit der beteiligten Bundesregierung geregelt.
Unter Zustimmung des Bundesrats kann der Reichskanzler die Wahrnehmung der Geschäfte der Reichsbevollmächtigten, soweit das Erbschaftssteuerwesen in Betracht kommt, anderen Beamten übertragen.

Anmeldung des Erwerbes.

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Jeder, dem ein steuerpflichtiger Erwerb von Todes wegen (§§ 1 bis 4) anfällt, ist verpflichtet, ihn binnen einer Frist von drei Monaten oder, wenn er sich bei dem Beginne der Frist im Ausland aufhält, binnen einer Frist von sechs Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfalle dem zuständigen Erbschaftssteueramte schriftlich anzumelden.
Einer Anmeldung bedarf es nicht, wenn der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht oder einem deutschen Notar eröffneten Verfügung von Todes wegen beruht. [667]

Erbschaftssteuererklärung.

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Auf Verlangen des Erbschaftssteueramts und innerhalb einer von diesem zu bestimmenden Frist hat der zur Anmeldung eines Erwerbes von Todes wegen Verpflichtete dem Amte eine Erbschaftssteuererklärung einzureichen. Die Frist muß mindestens einen Monat betragen. Die Erklärung muß ein vollständiges Verzeichnis der zu der steuerpflichtigen Masse gehörenden Gegenstände unter Angabe ihres Wertes und der in Abzug zu bringenden Verbindlichkeiten oder Lasten sowie eine Darlegung der für die Steuerpflicht in Betracht kommenden Verhältnisse enthalten.
Für die Erklärung kann ein besonderes Muster vorgeschrieben werden.
Die Erbschaftssteuererklärung ist unter der Versicherung zu erstatten, daß die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht sind.
Die in den §§ 36, 37 bezeichneten Verpflichtungen gelten auch für Testamentsvollstrecker, Nachlaßpfleger und gesetzliche Vertreter der Erwerber in Ansehung der ihrer Verwaltung unterliegenden Gegenstände. Die im § 36 bezeichneten Fristen beginnen für diese Personen nicht vor der Übernahme der Verwaltung.
Sind mehrere Personen zur Erstattung der Anmeldung verpflichtet, so kommt die von einem Verpflichteten bewirkte Anmeldung auch den übrigen zustatten, sofern der diesen angefallene Erwerb daraus erkennbar ist.
Den Erbschaftssteuerämtern sind seitens der nachbenannten Behörden und Beamten die folgenden Mitteilungen zu machen:
1. seitens der Standesämter
von den eingetretenen Sterbefällen,
2. seitens der Gerichte
von den ergangenen Todeserklärungen,
3. seitens der Gerichte und Notare
von den von ihnen beurkundeten Schenkungen und den von ihnen eröffneten Verfügungen von Todes wegen,
4. seitens der Gerichte und Verwaltungsbehörden
von den zu ihrer Kenntnis gelangenden Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes. [668]
Die Gerichte und die Notare haben den Erbschaftssteuerämtern auf Verlangen die Einsicht in die den Nachlaß betreffenden Verhandlungen zu gestatten.
Jeder, dem ein Erwerb von Todes wegen anfällt, ist zur Erteilung der von dem Erbschaftssteueramte geforderten Auskunft über die den Erwerb betreffenden tatsächlichen Verhältnisse insoweit verpflichtet, als diese für die Festsetzung der Steuer von dem an ihn selbst oder an andere Beteiligte gelangten Erwerb erheblich sind. Diese Vorschrift findet auf die im § 38 bezeichneten Personen entsprechende Anwendung.
Auf Verlangen müssen dem Erbschaftssteueramte die sich auf den Erwerb beziehenden Urkunden zur Einsicht vorgelegt werden.
Das Erbschaftssteueramt entscheidet nach freier Überzeugung darüber, ob die von dem Steuerpflichtigen behaupteten Schulden sowie die von ihm behaupteten Umstände, auf Grund deren Abzüge von der Masse gemacht oder Teile aus der Masse ausgeschieden werden sollen, vorhanden sind.
Zur Befolgung seiner Anordnungen kann das Erbschaftssteueramt die Verpflichteten durch Ordnungsstrafen anhalten, auch kann das Amt die zur Erledigung der Anordnungen erforderlichen Maßregeln auf Kosten der Säumigen treffen. Die einzelne Ordnungsstrafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen.
Trägt das Erbschaftssteueramt Bedenken, die Wertangabe (§ 37) als richtig anzunehmen, so hat es hiervon dem Steuerpflichtigen unter Bezeichnung der beanstandeten Punkte und unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Gegenerklärung Mitteilung zu machen. Erfolgt innerhalb der gesetzten Frist keine Gegenerklärung oder führen die Verhandlungen nicht zu einer Einigung, so ist das Erbschaftssteueramt befugt, selbständig den Wert zu ermitteln und danach die Steuer zu erheben.
Die Kosten der Wertermittelung fallen dem Steuerpflichtigen zur Last, wenn der ermittelte Wert den von dem Steuerpflichtigen angegebenen Wert um mehr als ein Drittel übersteigt. Die etwa gezahlten Kosten werden erstattet, wenn im Verwaltungsweg oder im Rechtswege die Ermäßigung des Wertes auf einen Betrag erfolgt, bei dem die Verpflichtung zum Kostenersatze nicht begründet sein würde.

Pauschversteuerung.

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Die oberste Landesfinanzbehörde ist ermächtigt, auf Antrag des Steuerpflichtigen von der genauen Ermittelung der Masse und der Vorlegung eines [669] Verzeichnisses (§ 37) ganz oder zum Teil abzusehen und einen Pauschbetrag für die Erbschaftssteuer anzunehmen, auch die Pauschversteuerung solcher Anfälle, deren Versteuerung sonst noch ausgesetzt bleiben müßte, zu gestatten.

Erbschaftssteuerbescheid.

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Ist die Erbschaftssteuer berechnet, so erteilt das Erbschaftssteueramt einen Erbschaftssteuerbescheid, welcher den Betrag der steuerpflichtigen Masse, die einzelnen Erwerbsanfälle, das Verhältnis der Erwerber zum Erblasser und die Beträge der von ihnen zu entrichtenden Steuer angibt und zugleich die Anweisung zur Entrichtung der Steuer innerhalb einer zu bestimmenden Frist enthält. Die Frist muß mindestens einen Monat betragen. Der Steuerbescheid muß die Punkte bezeichnen, in denen er von der Steuererklärung abweicht.
Die Verzögerung der Auseinandersetzung der Erben darf die Entrichtung der Steuer nicht aufhalten, soweit diese aus dem Nachlaß entnommen werden kann.
Die Beschwerde gegen den Steuerbescheid ist binnen einer Frist von zwei Monaten bei dem Erbschaftssteueramt anzubringen. Es genügt auch die Einlegung bei der Oberbehörde (§ 34). Die Frist beginnt mit der Zustellung des Bescheids. Aber die Beschwerde entscheidet, sofern ihr nicht das Erbschaftssteueramt abhilft, die Oberbehörde.
Gegen die Entscheidung der Oberbehörde ist das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde zulässig. Die weitere Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Monaten seit der Zustellung einzulegen. Sie kann bei der Oberbehörde, bei dem Erbschaftssteueramt oder bei der obersten Landesfinanzbehörde eingelegt werden.
Über die weitere Beschwerde entscheidet, soweit ihr nicht die Oberbehörde abhilft, die oberste Landesfinanzbehörde.
Verspätete Beschwerden sind zuzulassen, wenn die Steuerbehörde zu der Annahme gelangt, daß der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten.
Der Steuerbescheid und die auf Beschwerde ergehende Entscheidung der Oberbehörde müssen, sofern die Oberbehörde der Beschwerde nicht abhilft, eine Belehrung über das dagegen zulässige Rechtsmittel enthalten.
Die Beschwerde und die weitere Beschwerde haben keine ausschiebende Wirkung.

Stundung.

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In den Fällen, in denen die sofortige Einziehung der Steuer mit erheblichen Härten für den Steuerpflichtigen verbunden sein würde, ist die Steuer, [670] nötigenfalls gegen Sicherheitsleistung, zu stunden, auch die Entrichtung in Teilbetragen zu gestatten.
Soweit der Erwerb aus Grundstücken besteht, ist dem Steuerpflichtigen, nötigenfalls gegen ausreichende Sicherung, nach Maßgabe des von ihm zu stellenden Antrags die Abführung der Steuer in höchstens zehn Jahresteilbeträgen zu gestatten, sofern nicht seine Vermögensverhältnisse eine mit sofortiger Einziehung der Steuer verbundene Härte ausschließen. Die Stundungsbewilligung kann zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen der Stundung wegfallen. Als ausreichende Sicherheitsleistung gilt die Eintragung einer Sicherungshypothek für die Steuerforderung auf die bezeichneten Grundstücke, sofern der Hypothek andere Rechte als die zur Zeit des Anfalls bestehenden nicht vorgehen. Soweit die Bestellung einer Hypothek an einem Grundstück in der Art zulässig ist, daß Befriedigung aus dem Grundstücke lediglich im Wege der Zwangsverwaltung gesucht werden muß, genügt die Bestellung einer solchen Hypothek.

Zwangsvollstreckung.

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Wenn der Steuerpflichtige ein Deutscher ist, so ist zum Zwecke der Einziehung der Erbschaftssteuer die Zwangsversteigerung eines Grundstücks ohne seine Zustimmung nicht zulässig.

Strafen.

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Ist die gesetzliche Verpflichtung zur Einreichung der Erbschaftssteueranmeldung oder Erbschaftssteuererklärung innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht erfüllt, so unterliegt der Verpflichtete einer Geldstrafe im zwei- bis vierfachen Betrage der Erbschaftssteuer von dem betreffenden Erwerb oder, wenn der Betrag der Steuer nicht ermittelt werden kann, einer Geldstrafe bis zu 20.000 Mark.
Ist nach den obwaltenden Umständen anzunehmen, daß die rechtzeitige Erfüllung der Verpflichtung nicht in der Absicht, die Erbschaftssteuer zu hinterziehen, unterlassen worden ist, so tritt statt der im Abs. 1 vorgesehenen Strafe eine Ordnungsstrafe bis zu 150 Mark ein.
Die gleiche Ordnungsstrafe tritt ein für Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die zu seiner Ausführung erlassenen Bestimmungen, die im Gesetze mit keiner besonderen Strafe bedroht sind.
Die Einziehung der Steuer erfolgt unabhängig von der Bestrafung.
Die Vorschriften des § 49 finden Anwendung auf denjenigen, welcher wissentlich zu einem steuerpflichtigen Erwerbe gehörende Gegenstände, zu deren [671] Angabe er verpflichtet ist, verschweigt oder über die Tatsachen, welche die Steuerpflichtigkeit, die Höhe des Steuersatzes oder des Steuerbetrags bestimmen, wissentlich unrichtige Angaben macht.
Eine Bestrafung findet jedoch nicht statt, wenn der Verpflichtete vor erfolgter Strafanzeige oder bevor eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet ist, aus freien Stücken seine Angaben berichtigt.

Strafverfahren.

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Hinsichtlich des Verwaltungsstrafverfahrens, der Strafmilderung und des Erlasses der Strafe im Gnadenwege sowie hinsichtlich der Strafvollstreckung und der Verjährung der Strafverfolgung kommen, auch für die von der Zollgrenze ausgeschlossenen Gebietsteile, die sich auf die Zollstrafen beziehenden Vorschriften mit der Maßgabe zur Anwendung, daß an die Stelle der Hauptzollämter und Zolldirektivbehörden die Erbschaftssteuerämter und Oberbehörden (§ 34) treten.
Die festgesetzten Geldstrafen fallen der Staatskasse des Bundesstaats zu, von dessen Behörden die Strafentscheidung getroffen ist.

Umwandlung der Geldstrafen.

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Die Umwandlung einer nicht beizutreibenden Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe findet nicht statt. Auch ist, wenn der Verurteilte ein Deutscher ist, die Zwangsversteigerung eines Grundstücks ohne seine Zustimmung nicht zulässig.
Das Verfahren in Erbschaftssteuerangelegenheiten ist kosten-, gebühren- und stempelfrei. Für das Strafverfahren bewendet es bei den sonst geltenden Vorschriften.

Verjährung der Erbschaftssteuer.

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Der Anspruch der Staatskasse auf die Erbschaftssteuer verjährt in zehn Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem der Anspruch auf die Steuer entstanden ist, im Falle einer Sicherheitsleistung für die Steuer jedoch nicht vor dem Ablaufe des Jahres, in welchem die Sicherheit erlischt. [672]

Schenkungen unter Lebenden.

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Schenkungen unter Lebenden unterliegen der gleichen Steuer wie der Erwerb von Todes wegen mit der Maßgabe, daß an Stelle der Verhältnisse des Erblassers und des Erwerbers die Verhältnisse des Schenkers und des Beschenkten berücksichtigt werden.
Als ein Erwerb durch Schenkung gilt auch ein Erwerb, der infolge der Vollziehung der einer Schenkung beigefügten Auflage oder infolge der Bewirkung einer Leistung, von welcher der Schenker eine Schenkung abhängig gemacht hat, oder, sofern die Schenkung der Genehmigung einer Behörde unterliegt, infolge der Vollziehung einer Anordnung dieser Behörde erlangt wird.
Einer Schenkung unter Lebenden steht gleich das in einem Stiftungsgeschäft unter Lebenden von dem Stifter zugesicherte und auf die Stiftung übergegangene Vermögen.
Auf die Erhebung und Verwaltung der Steuer finden, soweit nicht nachstehend ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über die Erbschaftssteuer Anwendung.
Eine Befreiung von der Steuer tritt außer in den Fällen des § 11, des § 12 Abs. 3 und des § 13 bei Schenkungen an Bedürftige zum Zwecke ihres Unterhalts oder ihrer Ausbildung oder bei dem schenkungsweise erfolgten Erlasse von Forderungen, die durch Gewährung von Mitteln für solche Zwecke begründet sind, sowie dann ein, wenn durch die Schenkung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird. Eine Befreiung tritt ferner ein bei Schenkungen beweglicher Sachen im Werte von nicht mehr als 3.000 Mark an Personen der im § 10 I bis III bezeichneten Art, sofern die Sachen dem persönlichen Gebrauche des Beschenkten oder seiner Familienangehörigen zu dienen bestimmt sind. Im übrigen wird die Steuerpflicht nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Schenkung zur Belohnung oder unter einer Auflage gemacht oder in die Form eines lästigen Vertrags gekleidet wird.
Der Anmeldung der Schenkung (§ 36) bedarf es nicht, wenn die Schenkung gerichtlich oder notariell beurkundet ist.
Die entrichtete Steuer ist zu erstatten, soweit das Geschenk wegen eines auf Gesetz beruhenden Rückforderungsrechts hat herausgegeben werden müssen, ferner wenn die Herausgabe nach Maßgabe des § 528 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgewendet worden ist oder wenn der Schenker die Erfüllung des schenkweise erteilten Versprechens auf Grund des § 519 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verweigert hat. [673]

Rechtsweg.

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In Ansehung der nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu entrichtenden Steuern ist der Rechtsweg zulässig; über die Frage jedoch, ob Stundung in Gemäßheit des § 47 eintreten soll, entscheidet endgültig die Steuerbehörde. Die Klage muß binnen einer Frist von sechs Monaten erhoben werden. Die Frist beginnt mit der Zahlung oder Stundung der Steuer; kann jedoch die gänzliche oder teilweise Erstattung der gezahlten oder die gänzliche oder teilweise Niederschlagung der gestundeten Steuer wegen eines nachträglich eingetretenen Ereignisses verlangt werden, so beginnt die Frist erst mit dem Eintritte dieses Ereignisses.
Auf den Lauf der im Abs. 1 bezeichneten Fristen finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206, 207 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
Für die Berechnung der Fristen dieses Gesetzes sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung maßgebend.
Zuständig für die im Abs. 1 vorgesehene Klage sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich die Landgerichte. Für die Revision sowie für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte ist das Reichsgericht zuständig.

Zuschläge zu der Steuer.

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Den Bundesstaaten bleibt überlassen, für eigene Rechnung Zuschläge zu der nach den Vorschriften dieses Gesetzes veranlagten Steuer zu erheben.

Besondere Steuer von Abkömmlingen und Ehegatten.

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Den Bundesstaaten bleibt ferner überlassen, in Ansehung der nach § 11 Nr. 4a bis e von der Erbschaftssteuer befreiten Personen für den Erwerb von Todes wegen sowie für Schenkungen unter Lebenden Abgaben zu erheben, von Kindern, denen die rechtliche Stellung ehelicher Kinder zukommt, und eingekindschafteten Kindern sowie von Abkömmlingen solcher Kinder jedoch nur insoweit, als die gleichen Abgaben auch von ehelichen Kindern erhoben werden.

Übergangsvorschriften.

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Die Vorschriften der Landesgesetze, welche die Erhebung einer Abgabe von dem den Gegenstand der Erbschaftssteuer bildenden Erwerbe von Todes wegen [674] (§§ 1 bis 4) sowie von Schenkungen unter Lebenden (§ 55) oder den über solche Schenkungen ausgestellten Urkunden betreffen, treten insoweit außer Kraft, als den Bundesstaaten nicht die Erhebung besonderer Abgaben (§ 59) überlassen ist.
Die Steuerpflicht für einen Erwerb, der bereits zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes begründet ist, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen.

Schlußvorschrift.

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Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erläßt der Bundesrat.


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