Gesetzestext
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Titel: Branntweinsteuergesetz.
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Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1909, Nr. 39, Seite 661–695
Fassung vom: 15. Juli 1909
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 20. Juli 1909
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(Nr. 3633.) Branntweinsteuergesetz. Vom 15. Juli 1909.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt:

Erster Abschnitt. Branntweinverbrauchsabgabe.

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§ 1. Gegenstand.

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Der im Inlande hergestellte Branntwein unterliegt einer in die Reichskasse fließenden Verbrauchsabgabe.

§ 2. Höhe.

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Die Verbrauchsabgabe beträgt von der innerhalb des Kontingents (§§ 24 bis 41) hergestellten Alkoholmenge 1,05 Mark, von der außerhalb des Kontingents hergestellten Menge 1,25 Mark für das Liter Alkohol.
Obstbrennereien (§ 12) und Brenner der im § 41 bezeichneten Art entrichten für Branntwein, den sie aus selbsterzeugtem Obst, Wein, Most oder aus Rückständen davon (Trester, Hefe) oder aus Beeren und Wurzeln herstellen, bei einer Jahreserzeugung von nicht mehr als 30 Liter Alkohol eine um zwei Zehntel ermäßigte Verbrauchsabgabe. Die Vorschriften im § 40 Abs. 1 und § 41 sind entsprechend anzuwenden. [662]

§ 3. Befreiung.

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Von der Verbrauchsabgabe befreit bleibt:
1. Branntwein, der ausgeführt wird;
2. Branntwein, der zu gewerblichen Zwecken einschließlich der Essigbereitung, zu Putz-, Heizungs-, Koch- oder Beleuchtungszwecken verwendet wird, nach näherer Bestimmung des Bundesrats;
3. der Schwund bei der unter amtlicher Überwachung erfolgten Reinigung, Lagerung und Versendung von Branntwein.
Die Befreiung von der Verbrauchsabgabe tritt nach näherer Bestimmung des Bundesrats auch dann ein, wenn durch elementare Ereignisse oder unverschuldete Vorgänge Branntwein vernichtet worden oder unbrauchbar geworden ist, sowie in allen Fällen, in denen überwiegende Gründe der Billigkeit für eine Befreiung sprechen.
Der Bundesrat wird ermächtigt, auch solchen Branntwein von der Verbrauchsabgabe freizulassen, der in öffentlichen Kranken-, Entbindungs- und ähnlichen Anstalten oder in öffentlichen wissenschaftlichen Lehranstalten verwendet wird.

§ 4. Vergütung.

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Bei der Ausfuhr von Trinkbranntweinen aus dem freien Verkehre sowie von Erzeugnissen, zu deren Herstellung Branntwein aus dem freien Verkehre verwendet worden ist, wird nach näherer Bestimmung des Bundesrats eine Vergütung der Verbrauchsabgabe gewährt.

§ 5. Fälligkeit.

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Die Verbrauchsabgabe ist zu entrichten, sobald der Branntwein aus der amtlichen Überwachung in den freien Verkehr tritt.

§ 6. Person des Zahlungspflichtigen.

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Zur Entrichtung der Abgabe ist verpflichtet, wer den Branntwein zur freien Verfügung erhält.

§ 7. Stundung.

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Die Abgabe kann gegen Sicherheitsbestellung auf sechs Monat, ohne Sicherheitsbestellung auf drei Monate gestundet werden.
Als Sicherheit ist auch die Verpfändung von Branntwein anzusehen, der sich in einem Branntweinlager unter amtlichem Mitverschlusse befindet. [663]

§ 8. Haftung des Branntweins.

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Der Branntwein haftet ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter für die darauf ruhende Verbrauchsabgabe und kann, solange diese nicht entrichtet ist, von der Verwaltungsbehörde mit Beschlag belegt oder zurückbehalten werden.

§ 9. Verjährung.

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Ansprüche auf Zahlung und Erstattung von Verbrauchsabgabe verjähren in einem Jahre von dem Tage des Eintritts der Zahlungspflicht oder der Zahlung ab. Der Anspruch auf Nachzahlung hinterzogener Gefälle verjährt in drei Jahren.
Die Verjährung wird durch jede von der zuständigen Behörde zur Geltendmachung des Anspruchs gegen den Zahlungspflichtigen gerichtete Handlung unterbrochen.

§ 10. Landwirtschaftliche Brennereien.

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Als landwirtschaftliche Brennereien gelten Brennereien, die ausschließlich Kartoffeln oder Getreide verarbeiten und bei deren Betriebe die sämtlichen Rückstände in einer oder mehreren den Eigentümern oder Besitzern der Brennerei gehörenden oder von ihnen betriebenen Wirtschaften verfüttert werden und der erzeugte Dünger vollständig auf dem den Eigentümern oder Besitzern der Brennerei gehörenden oder von ihnen bewirtschafteten Grund und Boden verwendet wird.
In den nach dem 1. September 1902 betriebsfähig hergerichteten Brennereien müssen außerdem die zur Verarbeitung kommmden Rohstoffe an Kartoffeln und Getreide, mit Ausnahme von Roggen, Weizen, Buchweizen, Hafer und Gerste, in der Hauptsache von den Eigentümern oder Besitzern der Brennerei selbst gewonnen sein. Bei Genossenschaftsbrennereien, die als solche nach dem 1. September 1902 entstanden sind, müssen ferner die so gewonnenen Rohstoffe in der Hauptsache von den einzelnen Teilnehmern nach Verhältnis ihrer Beteiligung an der Brennerei geliefert und außerdem die sämtlichen Betriebsrückstände von den Teilnehmern in diesem Verhältnisse verfüttert werden. Der Bundesrat wird ermächtigt, im Falle von Mißernten und für Genossenschaftsbrennereien, die vor dem 1. September 1907 als solche bestanden haben, Ausnahmen zu gestatten.
Nach näherer Bestimmung des Bundesrats kann der Brennereibetrieb als landwirtschaftlicher auch dann behandelt werden, wenn Schlempe oder Dünger vorübergehend veräußert oder wenn neben Kartoffeln und Getreide im Zwischenbetriebe nichtmehlige Stoffe allein verarbeitet werden. [664]

§ 12. Obstbrennereien.

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Als Obstbrennereien gelten Brennereien, die ausschließlich Obst, Beeren oder Rückstände davon verarbeiten.
Die für Obstbrennereien gegebenen Vorschriften sind in gleicher Weise auf Brennereien anzuwenden, die Wein, Weinhefe, Most, Wurzeln oder Rückstände davon oder von der Bierbereitung ausschließlich oder neben Obst, Beeren oder Rückständen davon verarbeiten.

§ 13. Gewerbliche Brennereien.

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Als gewerbliche Brennereien sind alle Brennereien, welche Hefe erzeugen, sowie diejenigen anzusehen, welche weder zu den landwirtschaftlichen Brennereien noch zu den Obstbrennereien und den diesen gleichgestellten Brennereien gehören. Jedoch gelten solche Brennereien, die bereits vor dem 1. April 1909 als landwirtschaftliche Brennereien mit Hefenerzeugung betrieben sind, auch fernerhin als landwirtschaftliche Brennereien, solange sie die Bedingungen der §§ 10, 11 erfüllen.

§ 14. Verschlußbrennereien.

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Die Brennereien sind gemäß den §§ 82 bis 88 einzurichten (Verschlußbrennereien), soweit nicht in den §§ 15, 17 Ausnahmen vorgesehen sind.

§ 15. Abfindung der Brennereien.

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Brennereien, die in einem Betriebsjahre nicht mehr als 10 Hektoliter Alkohol herstellen (Kleinbrennereien), können abgefunden werden, sofern sie vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes betriebsfähig hergerichtet sind; auf sie finden alsdann die Vorschriften der §§ 5, 6, 82 bis 93 keine Anwendung. Die Verbrauchsabgabe ist nach näherer Bestimmung des Bundesrats von derjenigen Alkoholmenge, welche aus dem angemeldeten Maischbottichraum oder der zur Verarbeitung auf Branntwein angemeldeten Stoffmenge hergestellt oder welche während der erklärten Abtriebszeit mit der zum Gebrauche bestimmten Brennvorrichtung nach ihrer Leistungsfähigkeit gewonnen werden kann, im voraus durch die Verwaltungsbehörde bindend festzusetzen und, soweit nicht Stundung eintritt, drei Monate nach Herstellung des Branntweins vom Brennereibesitzer zu entrichten. Die sofortige Einziehung ist zulässig, wenn der Zahlungspflichtige in Vermögensverfall gerät.
In gleicher Weise können nach näherer Bestimmung des Bundesrats auf Antrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes betriebsfähig hergerichtete Brennereien abgefunden werden, die in einem Betriebsjahre mehr als 10 Hektoliter, aber nicht mehr als 30 Hektoliter Alkohol erzeugen. [665]
Die Landesregierung kann gestatten, daß der in einer abgefundenen Brennerei erzeugte Branntwein unter Abstandnahme von der Erhebung der Verbrauchsabgabe unter amtliche Überwachung gestellt wird.
In besonderen Fällen ist Abfindung mit der Maßgabe zulässig, daß die Mindestmenge des zur Abfertigung vorzuführenden Alkohols (§§ 97, 98) festgesetzt wird.

§ 18. Amtliche Überwachung.

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Der Branntwein und seine Herstellung unterliegen zum Zwecke der Erhebung der Verbrauchsabgabe der amtlichen Überwachung.
Unter amtlicher Überwachung stehender Branntwein darf mit Begleitschein versendet, in amtlich zu verschließende Lager aufgenommen und in amtlich überwachten Anstalten gereinigt werden. Der Bundesrat ordnet die Ausführung und bestimmt auch die Bedingungen und Überwachungsmaßnahmen, unter denen der Branntwein zum Zwecke der Ausfuhr weiter bearbeitet werden darf.
Die amtliche Überwachung der Brennereien, Lager, der Reinigungsanstalten und sonstigen Gewerbsanstalten, in denen unter amtlicher Überwachung stehender Branntwein verarbeitet wird, erfolgt, unbeschadet der Vorschriften in den §§ 103 bis 105, gebührenfrei.
Für die Überwachung der Arbeiten in einem Branntweinlager unter amtlichem Mitverschlusse werden Gebühren nicht erhoben.

§ 21. Vergällung, des Branntweins.

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Die Vergällung (Denaturierung) des Branntweins erfolgt unter amtlicher Überwachung; sie ist entweder vollständig, das heißt eine solche, die an sich als genügend erachtet wird, den Branntwein zum Trinkgebrauch unverwendbar zu machen, oder unvollständig, das heißt eine solche, neben der weitere Maßnahmen zur Verhütung der mißbräuchlichen Verwendung des Branntweins zu treffen sind.

§ 22. Übergangsabgabe.

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Von dem aus dem freien Verkehre derjenigen Teile des deutschen Zollgebiets, welche nicht zur Branntweinsteuergemeinschaft gehören, eingehenden [666] Branntweine werden, soweit er nicht nachweislich verzollt worden ist, an Übergangsabgabe 1,50 Mark für das Liter Alkohol erhoben. Die Abgabe wird nicht gestundet.

§ 23. Verwaltungskosten.

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Für die Erhebung und Verwaltung der Verbrauchsabgabe wird den Bundesstaaten nach näherer Bestimmung des Bundesrats eine Vergütung von 8 Hundertteilen der Gesamteinnahme gewährt.

Zweiter Abschnitt. Kontingent.

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§ 24. Gesamtkontingent.

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Das im Brennereibetriebsjahr 1907/08 nach den Vorschriften des bisherigen Branntweinsteuergesetzes festgesetzte Gesamtkontingent bleibt bis zum 30. September 1918 in Geltung. Anderweit festgesetzt wird das Gesamtkontingent zuerst im Betriebsjahr 1917/18 und demnächst in jedem zehnten Jahre für die folgenden zehn Betriebsjahre (Kontingentsabschnitt) nach dem Durchschnitte der Branntweinmengen, die innerhalb der letzten drei Jahre in den verbrauchsabgabenpflichtigen Inlandsverbrauch übergegangen sind.
Übersteigt in einem Betriebsjahre die Menge des unter Anrechnung auf das Kontingent hergestellten Branntweins die Menge des gegen Entrichtung der Verbrauchsabgabe in den Inlandsverbrauch gelangten Branntweins, so kann der Bundesrat das Gesamtkontingent für das folgende Betriebsjahr, erforderlichenfalls auch je für ein weiteres Betriebsjahr desselben Kontingentsabschnitts, auf die zuletzt bezeichnete Branntweinmenge herabsetzen.
Von der nach §§ 24, 25 zum niedrigeren Abgabensatze zugelassenen Jahresmenge Branntwein (Gesamtkontingent) wird der Anteil, der im Königreiche Bayern, im Königreiche Württemberg, im Großherzogtume Baden und in den Hohenzollernschen Landen hergestellt werden darf, in der Weise ermittelt, daß jedem der bezeichneten Staaten und Landesteile auf den Kopf seiner Bevölkerung zwei Drittel derjenigen Litermenge Alkohol zugeteilt werden, welche sich auf den Kopf der Gesamtbevölkerung der Branntweinsteuergemeinschaft ergibt, wenn das Gesamtkontingent nach der Kopfzahl der letzteren verteilt wird. Bei den hiernach erforderlichen Berechnungen sind die bei der letzten Volkszählung ermittelten Bevölkerungsziffern zu Grunde zu legen. [667]
Die Festsetzung der Jahresmenge, die von der einzelnen Brennerei zu dem niedrigeren Abgabensatze hergestellt werden darf (Einzelkontingent), erfolgt durch die Landesbehörden.

§ 27. Einzelkontingente.

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1. Allgemeine Vorschriften.
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Landwirtschaftliche Brennereien und Obstbrennereien, die zum gewerblichen Betriebe (§ 13) übergehen, dürfen Branntwein zu dem niedrigeren Abgabensatze nicht herstellen. Bei landwirtschaftlichen Brennereien, die zur Hefenerzeugung übergehen, tritt jedoch nur eine Kürzung des Kontingents (§§ 33, 39) ein.
Landwirtschaftliche Brennereien und Obstbrennereien, die in einem Betriebsjahre nicht mehr als 10 Hektoliter Alkohol herstellen, werden zum Kontingente nicht veranlagt und dürfen ihr gesamtes Erzeugnis zum niedrigeren Abgabensatze herstellen.
2. Festsetzung der Einzelkontingente.
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Die im Betriebsjahr 1907/08 nach den Vorschriften des bisherigen Branntweinsteuergesetzes festgesetzten Kontingente bleiben, unbeschadet der Vorschriften in den §§ 25, 39, bis zum 30. September 1918 in Geltung. Für den folgenden Kontingentsabschnitt erfolgt die Neufestsetzung im Betriebsjahr 1917/18. Demnächst werden von zehn zu zehn Jahren für die einzelnen am Kontingente bereits beteiligten Brennereien und für die inzwischen entstandenen landwirtschaftlichen Brennereien (§ 10) und Obstbrennereien (§ 12), mit Ausnahme der Kleinbrennereien, die Jahresmengen Branntwein, die sie zu dem niedrigeren Abgabensatze herstellen dürfen, neu bemessen. Die Neufestsetzung erfolgt im Laufe des letzten Jahres des jeweiligen Kontingentsabschnitts für die folgenden zehn Betriebsjahre.

§ 30. Regelmäßiges Verfahren.

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Für die am Kontingente bereits beteiligten Brennereien werden die von ihnen in den letzten zehn Betriebsjahren durchschnittlich zum niedrigeren Abgabensatze hergestellten Alkoholmengen in Rechnung gestellt.
Bei Brennereien, die in einem oder mehreren der zehn Jahre ihre Kontingente überhaupt nicht oder nicht vollständig hergestellt haben, werden für diese Jahre gleichwohl die vollen den Kontingenten entsprechenden Alkoholmengen als hergestellt angenommen, wenn wenigstens in zwei von den zehn Jahren die Kontingente vollständig hergestellt worden sind. [668]
Bei Obstbrennereien werden die ihren Kontingenten entsprechenden Alkoholmengen auch dann als hergestellt angenommen, wenn diese in den letzten zehn Betriebsjahren überhaupt nicht oder nicht vollständig hergestellt worden sind.
Die für die einzelne Brennerei in Rechnung zu stellende Alkoholmenge wird,
1. wenn eine dickmaischende Getreidebrennerei während der letzten zehn Betriebsjahre zur Hefenerzeugung nach dem Wiener Verfahren übergegangen ist, um drei Siebentel, wenn sie zur Hefenerzeugung nach dem Würzeverfahren (Lüftungsverfahren) übergegangen ist, um zwei Drittel,
2. wenn eine Brennerei, die zuvor andere Stoffe als Getreide verarbeitet hat, in dieser Zeit zur Hefenerzeugung nach dem Wiener Verfahren übergegangen ist, um die Hälfte, wenn sie zur Hefenerzeugung nach dem Würzeverfahren übergegangen ist, um zwei Drittel, und wenn sie zur Getreideverarbeitung ohne Hefenerzeugung übergegangen ist, um ein Achtel,
3. wenn eine Brennerei in dieser Zeit von der Hefenerzeugung nach dem Wiener Verfahren zur Hefenerzeugung nach dem Würzeverfahren übergegangen ist, um die Hälfte
gekürzt. Hat der Übergang nur teilweise stattgefunden, so erfolgt Kürzung zu einem entsprechenden Teile. Bei Wiederholung eines Betriebswechsels derselben Art findet eine nochmalige Kürzung nur insoweit statt, als die Änderung der Betriebsart bei der früheren Kürzung noch nicht berücksichtigt ist.

§ 34. Veranlagung zum Kontingente.

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Die Veranlagung zum Kontingente findet statt:
1. für die bis zum Beginne des letzten Jahres des jeweiligen Kontingentsabschnitts neu entstandenen und betriebsfähig hergerichteten landwirtschaftlichen Brennereien und Obstbrennereien;
2. für diejenigen am Kontingente bereits beteiligten landwirtschaftlichen Brennereien, deren wirtschaftliche Lage durch Verringerung oder Vergrößerung der regelmäßig beackerten oder sonst landwirtschaftlich genutzten Fläche während der letzten zehn Betriebsjahre eine wesentliche Veränderung erfahren hat;
3. für diejenigen landwirtschaftlichen Brennereien, welche als dickmaischende Getreidebrennereien am Kontingente beteiligt waren und im Laufe der letzten zehn Jahre dauernd zur Verarbeitung von Kartoffeln übergegangen sind; [669]
4. für diejenigen landwirtschaftlichen Brennereien, bei deren früherer Veranlagung wesentliche Veränderungen der landwirtschaftlich genutzten Fläche unberücksichtigt geblieben sind;
5. auf Antrag des Brennereibesitzers für diejenigen landwirtschaftlichen Brennereien, deren Kontingent in einem besonders starken Mißverhältnisse zu ihrer landwirtschaftlich genutzten Fläche, zu dem wirtschaftlichen Bedürfnis und zu dem Kontingente wirtschaftlich gleichgestellter Brennereien, welche in demselben Verwaltungsbezirke gelegen sind, steht.
Für die im § 34 bezeichneten Brennereien ist nach dem Umfang ihrer Betriebseinrichtungen, bei landwirtschaftlichen Brennereien unter Berücksichtigung der beackerten oder sonst landwirtschaftlich genutzten Fläche und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse sowie des Betriebsumfanges anderer am Kontingente beteiligter Brennereien, nach Anhörung von zwei Sachverständigen aus den Kreisen der Besitzer landwirtschaftlicher Brennereien diejenige Alkoholmenge zu ermitteln, deren jährliche Herstellung als angemessen zu erachten ist. Von dieser Menge ist derjenige Teil in Rechnung zu stellen, welcher dem Verhältnis entspricht, das in den ohne Veranlagung am Kontingente zu beteiligenden Brennereien derselben Art zwischen ihrer Gesamterzeugung und der von ihnen zum niedrigeren Abgabensatze hergestellten Alkoholmenge während der letzten zehn Jahre durchschnittlich bestanden hat.
Falls die auf Grund der §§ 30 bis 35 in Rechnung zu stellende Alkoholmenge 150.000 Liter übersteigt, wird sie um ein Zehntel, falls sie 100.000 Liter übersteigt, wird sie um ein Zwanzigstel, jedoch nicht unter den Betrag von 100.000 Liter herabgesetzt. Bei landwirtschaftlichen Genossenschaftsbrennereien, die als solche bereits am 1. April 1895 bestanden haben, wird die in Rechnung zu stellende Alkoholmenge, auch wenn sie 150.000 Liter übersteigt, nur um ein Zwanzigstel, jedoch nicht unter den Betrag von 100.000 Liter herabgesetzt.
Die auf Grund der §§ 34, 35 in Rechnung zu stellende Alkoholmenge darf im Falle einer Neubeteiligung am Kontingent oder einer Kontingentserhöhung für eine landwirtschaftliche Brennerei 40.000 Liter, für eine Obstbrennerei 6.000 Liter nicht überschreiten.
Die auf Grund der §§ 33 bis 37 neu zugeteilten Kontingente sind bei der nächsten Neubemessung auch für das letzte Jahr des vorangegangenen Kontingentsabschnitts in Rechnung zu stellen. [670]

Die im § 33 für den Fall der Neufestsetzung der Einzelkontingente vorgesehenen Kontingentsminderungen sind, unbeschadet der endgültigen Festsetzung der Kontingente am Schlusse jedes Abschnitts, nach den dort bezeichneten Grundsätzen schon am Schlusse jedes Betriebsjahrs vorzunehmen.

Obstbrennereien, denen ein Kontingent überhaupt nicht oder nur in Höhe von 10 Hektoliter Alkohol zugewiesen ist, dürfen für jedes Jahr des Kontingentsabschnitts bis zu 10 Hektoliter Alkohol zum niedrigeren Abgabensatz in beliebigen Jahren dieses Abschnitts herstellen.
Obstbrennereien der im § 12 Abs. 1 angegebenen Art, die ein Kontingent von mehr als 10, aber nicht mehr als 50 Hektoliter Alkohol haben, dürfen diejenige Kontingentsmenge, welche sie in einem Betriebsjahre nicht abgebrannt haben, im nächsten oder nächstfolgenden Betriebsjahr innerhalb des Kontingentsabschnitts mitabbrennen. Ebenso dürfen Obstbrennereien dieser Art das Kontingent eines Jahres mit dem der folgenden zwei Jahre innerhalb desselben Kontingentsabschnitts, unbeschadet der Vorschrift im § 25, im voraus abbrennen.

§ 41. Branntweinerzeugung auf einer fremden Brennvorrichtung.

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Wollen Besitzer von selbsterzeugtem Obste, Weine oder von selbstgewonnenen Trestern sowie von Beeren und Wurzeln diese Stoffe auf einer fremden Brennvorrichtung verarbeiten, weil sie eine eigene Brennvorrichtung nicht haben, so darf ihnen dazu nach näherer Bestimmung des Bundesrats gestattet werden, für jedes Jahr des Kontingentsabschnitts bis zu 50 Liter Alkohol zum niedrigeren Verbrauchsabgabensatz in beliebigen Jahren dieses Abschnitts herzustellen.

Dritter Abschnitt. Betriebsauflage.

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§ 42. Höhe.

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Außer der Verbrauchsabgabe wird von der erzeugten Alkoholmenge eine Betriebsauflage erhoben, und zwar für die Erzeugung: [671]
bis zu 50 Hektoliter       4,00 Mark
über 50 bis 100 Hektoliter 4,50 Mark
über 100 bis 150 Hektoliter 5,00 Mark
über 150 bis 200 Hektoliter 5,50 Mark
über 200 bis 300 Hektoliter 6,00 Mark
über 300 bis 400 Hektoliter 6,50 Mark
über 400 bis 600 Hektoliter 7,00 Mark
über 600 bis 800 Hektoliter 7,50 Mark
über 800 bis 1.000 Hektoliter 8,00 Mark
über 1.000 bis 1.200 Hektoliter 8,50 Mark
über 1.200 bis 1.400 Hektoliter 9,00 Mark
über 1.400 bis 1.600 Hektoliter 9,50 Mark
über 1.600 bis 1.800 Hektoliter 10,00 Mark
über 1.800 bis 2.000 Hektoliter 10,50 Mark
über 2.000 bis 2.200 Hektoliter 11,00 Mark
über 2.200 bis 2.400 Hektoliter 11,50 Mark
über 2.400 bis 2.600 Hektoliter 12,00 Mark
über 2.600 bis 2.800 Hektoliter 12,50 Mark
über 2.800 bis 3.000 Hektoliter 13,00 Mark
über 3.000 Hektoliter 14,00 Mark
vom Hektoliter Alkohol.
Die Betriebsauflage (§ 42) erhöht sich:
1. während der Monate, in denen eine Brennerei mit Hefenerzeugung betrieben wird, um 3 Mark,
2. bei landwirtschaftlichen Brennereien, die im Laufe des Betriebsjahrs Kartoffeln oder Mais verarbeiten, für den in der Zeit vom 16. Juni bis einschließlich 15. September hergestellten Branntwein, unbeschadet der Vorschrift in Nr. 1, um 3 Mark,
3. bei gewerblichen Brennereien, unbeschadet der Vorschrift in Nr. 1, um 4 Mark
für das Hektoliter Alkohol;
4. bei solchen am Kontingente beteiligten Brennereien, die Rübenstoffe (Melasse, Rüben oder Rübensaft) oder Zellstoffe verarbeiten, sofern sie in einem Betriebsjahr eine Alkoholmenge herstellen, die das im Betriebsjahr 1894/95 innegehabte Kontingent um mehr als ein Fünftel übersteigt, unbeschadet der Vorschriften in Nr. 1 und 3, um 3 Mark für jedes weitere Hektoliter Alkohol;
5. bei den nach dem 30. Juni 1895 betriebsfähig hergerichteten und den neu entstehenden Brennereien, die Rüben- oder Zellstoffe verarbeiten, unbeschadet der Vorschriften in Nr. 1 und 3, um 5 Mark für das Hektoliter Alkohol.
Vor dem 1. Oktober 1908 betriebsfähig hergerichtete Kleinbrennereien sind für eine Jahreserzeugung von nicht mehr als 10 Hektoliter, die im § 41 bezeichneten Brenner sind für eine Jahreserzeugung von nicht mehr als 50 Liter Alkohol, [672] nach dem 30. September 1908 betriebsfähig hergerichtete Kleinbrennereien, die in einem Betriebsjahre nicht mehr als 30 Liter Alkohol erzeugen, sind für diese Jahreserzeugung von der Betriebsauflage befreit.
Die in den §§ 42, 43 vorgesehene Betriebsauflage wird ermäßigt:
1. für die vor dem 1. Oktober 1908 betriebsfähig hergerichteten Brennereien mit einer Jahreserzeugung
von mehr als 10, aber nicht mehr als 50 Hektoliter Alkohol auf ein Zehntel,
von mehr als 50, aber nicht mehr als 100 Hektoliter Alkohol auf zwei Zehntel,
von mehr als 100, aber nicht mehr als 200 Hektoliter Alkohol auf drei Zehntel,
von mehr als 200, aber nicht mehr als 300 Hektoliter Alkohol auf acht Zehntel;
2. für die vor dem 1. Oktober 1908 betriebsfähig hergerichteten Brennereien, die ausschließlich Roggen, Weizen, Buchweizen, Hafer oder Gerste verarbeiten, bei einer Jahreserzeugung von mehr als 300, aber nicht mehr als 600 Hektoliter auf acht Zehntel;
3. für landwirtschaftliche Genossenschaftsbrennereien, die als solche bereits vor dem 1. April 1895 bestanden haben, für den Umfang des damaligen Betriebs auf acht Zehntel.
Die im § 43 unter Nr. 2 vorgesehene Erhöhung findet auch statt, soweit der Betrieb vom 16. September bis einschließlich 15. Juni 8½ Monate überschreitet.
Die im § 43 unter Nr. 4 vorgeschriebene Erhöhung tritt auch bei solchen vor dem 1. Juli 1895 betriebsfähig hergerichteten Rübenstoff- und Zellstoffbrennereien ein, die ein Kontingent nicht erhalten haben, soweit ihre Erzeugung der besonderen Brennsteuer nach § 43a Abs. 5 des bisher geltenden Branntweinsteuergesetzes unterlegen hat.
Geht eine dieser Brennereien zur Erzeugung von Hefe über, so wird von dem betreffenden Betriebsjahr ab die Alkoholmenge, welche der um 3 Mark erhöhten Betriebsauflage nicht unterliegt, um die Hälfte gekürzt.

§ 48. Überbrand.

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Für den außerhalb des Durchschnittsbrandes (§§ 61 ff.) hergestellten Branntwein (Überbrand) erhöht sich die auf Grund der §§ 42, 43 und 45 bis 47 für die einzelne Brennerei berechnete Betriebsauflage um fünf Zehntel, jedoch
1. bei den gewerblichen Brennereien mindestens auf 22 Mark, [673]
2. bei den übrigen Brennereien, mit Ausnahme derjenigen, welche ausschließlich Wein, Weinhefe, Weintrester, Zwetschen oder Kirschen verarbeiten, mindestens auf 18 Mark,
3. während der Monate, in denen eine Brennerei mit Hefenerzeugung betrieben wird, mindestens auf 25 Mark
für das Hektoliter Alkohol.
Wird der Durchschnittsbrand auf Grund des § 69 gekürzt, so erhöht sich die Betriebsauflage für den Überbrand für jedes Hundertteil, um das gekürzt wird, auf die Dauer der Kürzung um 1 Mark, jedoch im ganzen um nicht mehr als 6 Mark für das Hektoliter Alkohol.
Kleinbrennereien und die im § 41 bezeichneten Brenner haben eine Betriebsauflage von 0,20 Mark für das Liter Alkohol zu entrichten, soweit sie Branntwein herstellen, der dem höheren Verbrauchsabgabensatz unterliegt.

§ 50. Fälligkeit.

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Die Betriebsauflage ist zu entrichten, sobald die erzeugte Alkoholmenge in der Brennerei amtlich festgestellt (§§ 97, 98) oder die abgabenpflichtige Alkoholmenge berechnet ist (§ 15).
Zur Entrichtung der Betriebsauflage ist der Brennereibesitzer verpflichtet. Eine Stundung findet nicht statt.

§ 52. Verwaltung und Verwendung der Betriebsauflage.

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Die Einnahmen aus der Betriebsauflage sind für sich zu verwalten und nach Maßgabe der §§ 54 ff. zu verwenden.
Für die Erhebung und Verwaltung der Betriebsauflage wird eine besondere Vergütung nicht gewährt.

§ 54. Vergütung der Betriebsauflage.

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Aus den Einnahmen an Betriebsauflage und dem daraus angesammelten Geldbestande (§ 59) werden für vollständig vergällten, für den mit anderen Mitteln als Essig unvollständig vergällten und für ausgeführten Branntwein Vergütungen gezahlt. [674]
Der Vergütungssatz für vollständig vergällten Branntwein ist doppelt so hoch zu bemessen wie für den mit anderen Mitteln als Essig unvollständig vergällten Branntwein. Im Falle der Ausfuhr soll der Vergütungssatz den Satz für unvollständig vergällten Branntwein nicht übersteigen; sofern indessen im Ausland eine höhere Vergütung gewährt wird, kann er nach näherer Bestimmung des Bundesrats für die Dauer dieser Begünstigung entsprechend erhöht werden.
Die Vergütungssätze sind vom Bundesrate mindestens einmal im Jahre nachzuprüfen und gegebenenfalls dergestalt zu erhöhen oder zu ermäßigen, daß die Ausgaben nicht über die verfügbaren Geldmittel hinausgehen.
Für das Betriebsjahr 1909/10 werden die Vergütungssätze für vollständig vergällten Branntwein auf 18 Mark und für unvollständig vergällten Branntwein auf 9 Mark festgesetzt.
Der Bundesrat wird ermächtigt, den Vergütungssatz für vollständig vergällten Branntwein zu gewähren:
1. für Branntwein, der zur Herstellung von Bleiweiß und essigsauren Salzen mit einem anderen Mittel als Essig unvollständig vergällt wird;
2. bei der Ausfuhr von Likör und aus Zwetschen oder Kirschen hergestelltem Branntwein in Flaschen bis zu einem Liter oder in Fässern bis zu 100 Liter Raumgehalt.
Bei der Ausfuhr von Trinkbranntweinen aus dem freien Verkehre sowie von Erzeugnissen, zu deren Herstellung Branntwein, auch unvollständig vergällter Branntwein, verwendet worden ist, kann nach näherer Bestimmung des Bundesrats eine Vergütung aus der Betriebsauflage in gleicher Höhe wie bei der Ausfuhr von Branntwein gewährt werden.
Für Branntwein, der unter amtlicher Überwachung durch Verdunstung oder sonst durch natürliche Einflüsse verloren geht, kann nach näherer Bestimmung des Bundesrats eine Vergütung in derselben Höhe wie für vollständig vergällten Branntwein gewährt werden.
Aus den Einnahmen an Betriebsauflage kann ein Geldbestand angesammelt werden, der 40 Millionen Mark nicht überschreiten soll. Die näheren Bestimmungen trifft der Bundesrat. [675]
Die in den §§9, 18 und im siebenten Abschnitte hinsichtlich der Branntweinverbrauchsabgabe gegebenen Vorschriften sind auf die Betriebsauflage entsprechend anzuwenden.

Vierter Abschnitt. Durchschnittsbrand.

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§ 61. 1. Bestehende Brennereien. Regelmäßiges Verfahren.

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Für die vor dem 1. Oktober 1907 betriebsfähig hergerichteten gewerblichen Hefebrennereien wird die ihren Betriebsumfang darstellende Jahresmenge nach dem Durchschnitte der von ihnen in den Betriebsjahren 1902/03 bis 1906/07 erzeugten Alkoholmengen ermittelt und nach Minderung um 10 Hundertteile als Durchschnittsbrand festgesetzt.
Bei solchen am Kontingente beteiligten Brennereien, welche Rübenstoffe verarbeiten, und bei den vor dem 1. Juli 1895 betriebsfähig hergerichteten Brennereien dieser Art, die am Kontingente nicht beteilt sind, wird der Durchschnittsbrand in Höhe derjenigen Menge abzüglich 10 Hundertteile festgesetzt, welche diese Brennereien bisher auf Grund der Vorschriften des § 43a Abs. 5 des bisher geltenden Branntweinsteuergesetzes als der besonderen Brennsteuer nicht unterliegend herstellen durften.
Für alle übrigen vor dem 1. Oktober 1907 betriebsfähig hergerichteten Brennereien, mit Ausnahme der Kleinbrennereien, wird die ihren Betriebsumfang darstellende Jahresmenge nach dem Durchschnitte der von ihnen in den Betriebsjahren 1897/98 bis 1906/07 erzeugten Alkoholmengen unter Weglassung der höchsten und der geringsten Jahresziffer, auf Antrag unter Weglassung der beiden höchsten und der beiden geringsten Jahresziffern, ermittelt und, soweit nicht in den §§ 62ff. Ausnahmen vorgesehen sind, als Durchschnittsbrand festgesetzt.
Jahre, in denen ein Betrieb nicht stattgefunden hat, bleiben in den Fällen des Abs. 1 und 3 außer Ansatz.
Für landwirtschaftliche Brennereien, die an den Betriebseinschränkungen der Mehrzahl der Brennereien in den Betriebsjahren 1902/03 und 1906/07 teilgenommen haben, werden bei Berechnung des Durchschnittsbrandes (§ 61) die erzeugten Alkoholmengen dieser beiden Jahre mit einer Erhöhung um je 10 Hundertteile in Ansatz gebracht.

§ 63. Veranlagung.

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Für landwirtschaftliche, vor dem 1. Oktober 1907 betriebsfähig hergerichtete Brennereien,
1. deren wirtschaftliche Lage durch Verringerung oder Vergrößerung der regelmäßig beackerten oder sonst landwirtschaftlich genutzten Fläche [676] während der Betriebsjahre 1897/98 bis 1906/07 eine wesentliche Veränderung erfahren hat, oder
2. die erst nach dem 30. September 1897 betriebsfähig hergerichtet worden sind,
ist die den Durchschnittsbrand darstellende Jahresmenge nach dem Umfang ihrer Betriebseinrichtungen unter Berücksichtigung der beackerten oder sonst landwirtschaftlich genutzten Fläche und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse sowie des Betriebsumfanges anderer auf Grund der Vorschriften in den §§ 61, 62 am Durchschnittsbrande zu beteiligender Brennereien nach Anhörung von zwei Sachverständigen aus den Kreisen der Besitzer landwirtschaftlicher Brennereien zu ermitteln. Im Falle der Vergrößerung der Ackerfläche erfolgt die Veranlagung nur auf Antrag. Der Durchschnittsbrand soll die Jahresmenge nicht überschreiten, die durchschnittlich in den Jahren, in denen ein Betrieb stattgefunden hat, erzeugt worden ist.
Eine wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Lage der Brennerei ist nur in den Fällen anzunehmen, in denen eine solche bei der Veranlagung zum Kontingent in den Jahren 1902/03 oder 1907/08 berücksichtigt worden ist. Die Grundsätze für die Veranlagung bestimmt der Bundesrat.
Für Brennereien, denen auf Grund des bisher geltenden Branntweinsteuergesetzes ein Kontingent zugeteilt ist, wird der Durchschnittsbrand mindestens in Höhe dieses Kontingents festgesetzt.
Bei den nach dem 30. September 1902 betriebsfähig hergerichteten landwirtschaftlichen Brennereien soll der Durchschnittsbrand über 1.400 Hektoliter Alkohol nicht hinausgehen.
Für gewerbliche Brennereien, die ihren Betrieb erst nach dem 30. September 1905, aber vor dem 1. Oktober 1908 aufgenommen haben, wird der Durchschnittsbrand unter Berücksichtigung ihrer gewerblichen Anlagen und ihres Gewerbebetriebs sowie des für andere gewerbliche Brennereien festgesetzten Durchschnittsbrandes nach Anhörung von Sachverständigen aus den Kreisen der Besitzer gewerblicher Brennereien festgesetzt.
Ergeben sich für einzelne Brennereien aus der Bemessung des Durchschnittsbrandes nach den Vorschriften in den §§ 61 bis 65 besondere Härten, so kann der Bundesrat zu ihrer Beseitigung eine Erhöhung des Durchschnittsbrandes vom 1. Oktober 1911 ab eintreten lassen. Der Gesamtbetrag der Erhöhungen darf 50.000 Hektoliter Alkohol nicht übersteigen; auch dürfen nur Anträge berücksichtigt werden, die vor dem 1. Oktober 1910 bei der zuständigen Verwaltungsbehörde eingegangen sind. [677]
Der Bundesrat wird ermächtigt, für die nach dem 30. September 1907, aber vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes betriebsfähig hergerichteten Brennereien aus Gründen der Billigkeit einen Durchschnittsbrand festzusetzen. Gründe der Billigkeit sind in der Regel nicht als vorliegend zu erachten, wenn die Verträge über den Bau des Brennereigebäudes sowie über die Lieferung der erforderlichen Maschinen und Brenngeräte erst nach dem 31. März 1908 rechtsverbindlich abgeschlossen oder wenn das Brennereigebäude erst nach dem 30. September 1908 fertiggestellt oder die Maschinen und Brenngeräte erst nach diesem Tage geliefert worden sind.
Der Durchschnittsbrand wird in den Fällen der §§ 61 bis 67 ohne zeitliche Begrenzung festgesetzt.
Der Bundesrat kann unter Berücksichtigung der angesammelten Branntweinbestände und des Verbrauchs an Branntwein im Vorjahre festsetzen, um wieviel Hundertteile der Durchschnittsbrand der einzelnen Brennereien für die Dauer des Betriebsjahrs zu erhöhen oder unbeschadet des Kontingents zu kürzen ist.

§ 70. 2. Neu entstehende Brennereien.

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Nach dem 30. September 1907 betriebsfähig hergerichtete Brennereien haben, unbeschadet eines auf Grund der §§ 65, 67 für sie festgesetzten Durchschnittsbrandes, für allen außerhalb des Kontingents (§§ 24 ff.) hergestellten Branntwein die Betriebsauflage für den Überbrand (§ 48) zu entrichten. Sofern indessen der gemäß §§ 61 bis 67 festgesetzte Durchschnittsbrand auf Grund des § 69 in den einzelnen Jahren über 100 Hundertteile hinaus erhöht wird, nehmen sie an der Erhöhung in demselben Verhältnisse teil, wie die älteren Brennereien.

§ 71. Wechsel im Betriebe.

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Landwirtschaftliche Brennereien und Obstbrennereien, die zum gewerblichen Betrieb übergehen, verlieren ihren Durchschnittsbrand zur Hälfte.

§ 72. Vergällungspflicht.

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Vollständig zu vergällen ist:
1. bei den Brennereien, die Hefe nach dem Würzeverfahren herstellen, derjenige Teil ihrer Erzeugung, welcher über 35 Hundertteile des Durchschnittsbrandes hinausgeht;
2. bei den übrigen Brennereien derjenige Teil der Erzeugung, welcher über 70 Hundertteile des Durchschnittsbrandes hinausgeht. [678]
Bei den am Kontingente beteiligten Brennereien ist jedoch mindestens der Branntwein von der Vergällungspflicht freizulassen, der innerhalb des Kontingents erzeugt worden ist.
Bei den Brennereien, die ihr Erzeugnis ganz oder zum überwiegenden Teil zu gebrauchsfertigem Trinkbranntweine von nicht mehr als 50 Hundertteilen Alkoholgehalt verarbeiten und selbst vertreiben, ist auf Antrag an Stelle der nach Abs. 1 oder 2 freibleibenden Alkoholmengen der Branntwein von der Vergällungspflicht freizulassen, der einer Alkoholmenge gleichkommt, welche von diesen Brennereien selbst im Durchschnitte der Betriebsjahre 1903/04 bis 1907/08 nachweislich zu Trinkbranntwein weiter verarbeitet und vertrieben worden ist. Anträge dieser Art dürfen nur berücksichtigt werden, wenn sie vor dem 1. Juli 1910 gestellt worden sind.
Die Vergällungspflicht gilt in den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 als erfüllt, wenn der vergällungspflichtige Branntwein ausgeführt oder wenn nachgewiesen wird, daß eine gleiche Menge Branntwein, die der Vergällungspflicht nicht unterlag, vollständig vergällt oder ausgeführt worden ist. Als Ausfuhr von Branntwein gilt nach näherer Bestimmung des Bundesrats auch die Ausfuhr von Erzeugnissen, zu deren Herstellung Branntwein verwendet worden ist.
Von der Vergällungspflicht befreit ist Branntwein
1. aus Brennereien mit einer Jahreserzeugung von nicht mehr als 100 Hektoliter Alkohol;
2. aus Obstbrennereien:
3. aus Brennereien, die ausschließlich Roggen, Weizen, Buchweizen, Hafer oder Gerste verarbeiten und nicht Hefe nach dem Würzeverfahren herstellen.
Die näheren Bestimmungen trifft der Bundesrat; er wird ermächtigt, die von der Vergällungspflicht befreite Branntweinmenge in den Fällen des Abs. 1 zu erhöhen oder herabzusetzen.

Fünfter Abschnitt. Überwachung der Branntweinerzeugung.

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§ 73. Anzeige über die Brenn- und Wiengeräte.

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Die Anfertigung, der Erwerb und der Besitz von Brenn- oder Wiengeräten ist der Verwaltungsbehörde anzuzeigen, soweit dies nicht schon auf Grund der bisherigen Vorschriften geschehen ist.

§ 74. Anmeldung der Brennerei.

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Wer eine Branntweinbrennerei errichten will, hat die Baupläne, bevor mit ihrer Ausführung begonnen wird, der Verwaltungsbehörde vorzulegen. Die [679] Verwaltungsbehörde bestimmt bei Verschlußbrennereien insbesondere, welche baulichen Einrichtungen zur Sicherung der Verbrauchsabgabe nach Maßgabe der §§ 82 bis 88 getroffen werden sollen. Diese Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn der Umbau einer Brennerei beabsichtigt wird. Für Abfindungsbrennereien können Ausnahmen zugelassen werden.
Spätestens vierzehn Tage vor der erstmaligen Eröffnung des Betriebs einer Brennerei hat der Brennereibesitzer, soweit dies nicht schon auf Grund der bisherigen Vorschriften geschehen ist, der Verwaltungsbehörde die Brennereiräume und die mit der Brennerei in Verbindung stehenden oder unmittelbar an sie angrenzenden Räume unter Einreichung eines Grundrisses sowie die Brennvorrichtungen, die Gefäße, in denen der Branntwein bis zu seiner Abnahme (§ 97) aufbewahrt wird, die Meßuhren sowie die Maischbottiche unter Angabe ihrer Stellung und auf Verlangen der Verwaltungsbehörde auch den Einzelraumgehalt der Gefäße nach Litern schriftlich anzumelden.
Der Bundesrat wird ermächtigt, Erleichterungen zuzulassen und für Abfindungsbrennereien noch andere Geräte der Anmeldepflicht zu unterwerfen.

§ 76. Vermessung und Bezeichnung der Brennereigeräte.

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Die angemeldeten Gefäße können amtlich vermessen und gestempelt werden; sie sind vom Brennereibesitzer nach näherer Anordnung der Verwaltungsbehörde mit einer Nummer und der Angabe des Raumgehalts zu versehen. Diese Bezeichnung ist gehörig zu erhalten und nötigenfalls zu erneuern.

§ 77. Aufbewahrung der Brennereigeräte.

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Die angemeldeten Brennereigeräte sind in den Brennereiräumen an den im Grundrisse dafür angegebenen Plätzen aufzubewahren. Die Verwaltungsbehörde kann Ausnahmen zulassen.

§ 78. Veränderungen im Gerätestande.

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Besitzer von Brennereien dürfen anmeldepflichtige Brennereigeräte, andere Personen dürfen Brenn- und Wiengeräte weder ganz noch teilweise aus den Händen geben, bevor sie der Verwaltungsbehörde den Empfänger angezeigt und eine Bescheinigung hierüber erhalten haben.
Sollen angemeldete Brennereigeräte an einem anderen Platze aufgestellt oder geändert werden oder kommen anmeldepflichtige Brennereigeräte in Zugang, so hat der Brennereibesitzer dies der Verwaltungsbehörde anzuzeigen. Gleiche Anzeige ist erforderlich über jede Änderung in Ansehung der angemeldeten Räume. [680]

§ 80. Wechsel im Besitze der Brennerei.

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Jeder Wechsel im Besitz einer Brennerei ist der Verwaltungsbehörde binnen einer Woche vom neuen und in den Fällen freiwilliger Besitzübertragung auch vom bisherigen Besitzer anzuzeigen.

§ 81. Außergebrauchsetzen von Geräten.

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Maischgeräte und Brennvorrichtungen dürfen für die Zeit, für die sie nicht zum Brennereibetrieb angemeldet sind, amtlich gegen Benutzung gesichert oder durch Anordnung der Verwaltungsbehörde außer Gebrauch gesetzt werden.

§ 82. Sicherung gegen heimliche Entnahme von Branntwein.

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In den Brennereien sind nach näherer Anordnung der Verwaltungsbehörde mit den Brennvorrichtungen in fester Verbindung stehende Sammelgefäße aufzustellen, in die der gesamte gewonnene Branntwein geleitet wird, sowie alle sonstigen Einrichtungen zu treffen, welche die Verwaltungsbehörde zur Sicherung gegen heimliche Ableitung oder Entnahme von alkoholhaltigen Dämpfen oder Branntwein für erforderlich erachtet.
Die Räume zur Aufstellung der Sammelgefäße müssen den Anforderungen der Verwaltungsbehörde entsprechen. Der Zugang muß mit Vorrichtungen zur Anlegung von amtlichen Kunstschlössern versehen sein.
In Fällen, in denen geeignete Räume zur Aufstellung von Sammelgefäßen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten eingerichtet werden können, sind auf Anordnung der Verwaltungsbehörde zuverlässige mit der Brennvorrichtung in fester Verbindung stehende Meßuhren statt der Sammelgefäße aufzustellen.
Die Meßuhren sollen die Menge des aus der Brennvorrichtung fließenden Branntweins und des darin enthaltenen Alkohols fortlaufend anzeigen oder die Menge des Branntweins anzeigen und die spätere amtliche Ermittelung der Stärke durch Zurückbehaltung von Proben ermöglichen.
Die Verwaltungsbehörde kann die Aufstellung von Sammelgefäßen und zugleich von Meßuhren verlangen; sie kann die Mindestmenge des zur Abfertigung vorzuführenden Alkohols (§§ 97, 98) im voraus bindend festsetzen. [681]
Die Brennvorrichtungen, Sammelgefäße und Meßuhren sowie die sie verbindenden Rohrleitungen und die Sammelgefäßräume sind amtlich so zu sichern, daß alkoholhaltige Dämpfe oder Branntwein nicht heimlich abgeleitet oder entnommen werden können.
Der Bundesrat wird ermächtigt, für Brennereien, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes der Abfindung unterlegen haben, sowie für neu entstehende Obstbrennereien Anordnungen zu treffen, die von den Vorschriften der §§ 82 bis 87 abweichen.
Die Verwaltungsbehörde kann den Betrieb einer Brennerei untersagen, solange die nach §§ 82 bis 88 erforderlichen amtlichen Sicherungen nicht getroffen und die amtlichen Anordnungen in dieser Hinsicht nicht befolgt sind.
Der Brennereibesitzer ist verpflichtet, die Brennerei auf seine Kosten den §§ 82 bis 88 entsprechend herzurichten und in einem diesen Vorschriften entsprechenden Zustande zu erhalten.

§ 91. Kosten der Anschaffung von Sammelgefäßen.

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Für die vor dem 1. Oktober 1908 entstandenen Brennereien, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes der Abfindung unterlegen haben, sowie in den Fällen des § 86 werden die Kosten der erstmaligen Anschaffung von Sammelgefäßen, Meßuhren, Überrohren und Kunstschlössern aus der Reichskasse erstattet.
Der Bundesrat wird ermächtigt, in den Fällen des § 91 aus Gründen der Billigkeit auch die Kosten der auf Verlangen der Verwaltungsbehörde ausgeführten baulichen Änderungen bis zur Hälfte auf die Reichskasse zu übernehmen, sofern die Änderungen innerhalb zweier Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgeführt werden.

§ 93. Maischbottiche und Nebengeräte.

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In den Verschlußbrennereien unterliegt die Einrichtung der Maischbottiche keinen Beschränkungen, auch dürfen außer den Maischbottichen andere Geräte zur Bereitung und Aufbewahrung von Maische ohne Beschränkung auf eine bestimmte Zahl, Größe oder Beschaffenheit und ohne besondere Erlaubnis benutzt werden. [682]

§ 94. Betriebsanmeldung.

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Die Eröffnung des Betriebs einer Brennerei ist der Hebestelle im voraus anzumelden. Die Anmeldung ist von der Hebestelle zu prüfen und, wenn dabei sich nichts zu erinnern findet, zu genehmigen.
Soll der Betrieb geändert, nach Ablauf des angemeldeten Zeitraums fortgesetzt oder nach einer Pause wieder aufgenommen werden, so ist eine neue Betriebsanmeldung in gleicher Weise einzureichen.
Die näheren Bestimmungen über Form, Inhalt, Aufbewahrung und Befolgung der Betriebsanmeldung sowie über die Einmaischungs-, Gär- und Brennfristen (Abtriebszeiten) trifft der Bundesrat, indessen sollen in Verschlußbrennereien die Behandlung der Maische in den Bottichen und Maischbehältern sowie die Gärfristen keinen Beschränkungen unterliegen.

§ 95. Betriebsunterbrechung; Verschluß- und Geräteverletzung.

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Wird der Brennereibetrieb unterbrochen oder ein amtlicher Verschluß oder einer derjenigen Teile der Brennereigeräte einschließlich der Sammelgefäße und der Meßuhr verletzt, aus denen alkoholhaltige Dämpfe oder Branntwein heimlich abgeleitet oder entnommen werden können, oder tritt eine Störung im Gange der Meßuhr ein, so hat der Brennereibesitzer dies alsbald der Verwaltungsbehörde anzuzeigen.
Ist durch die Verletzung ein Zugang zu dem Alkohol ermöglicht oder die regelmäßige Tätigkeit der Meßuhr beeinflußt worden, so hat die Verwaltungsbehörde die erforderlichen Maßnahmen zu treffen; äußerstenfalls kann sie anordnen, daß der Brennereibetrieb vorübergehend eingestellt wird. Das Gleiche gilt bei jeder anderen in der regelmäßigen Tätigkeit der Meßuhr eintretenden Störung.

§ 97. Branntweinabnahme.

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Soweit nicht im § 15 Ausnahmen vorgesehen sind, ist die Alkoholmenge des erzeugten Branntweins in der Brennerei amtlich festzustellen und der Branntwein abzufertigen (Branntweinabnahme). Der Branntwein bleibt unter amtlicher Überwachung, bis er abgabenfrei gelassen (§ 3) oder bis die Verbrauchsabgabe gezahlt oder gestundet ist.
Bleibt in den Fällen, in denen eine Meßuhr benutzt wird oder die Mindestmenge des zur Abfertigung vorzuführenden Alkohols festgesetzt worden ist, die bei der Branntweinabnahme vorgefundene Alkoholmenge hinter der Anzeige der [683] Meßuhr oder hinter der auf Grund dieser Anzeige festgestellten Alkoholmenge oder hinter der festgesetzten Mindestmenge zurück und ist eine Entnahme von Branntwein ausgeschlossen, so bleibt die Fehlmenge abgabenfrei.

§ 99. Amtliche Aufsicht.

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Die Beamten sind befugt, eine Brennerei, sobald sie zum Betrieb angemeldet ist, zu jeder Zeit, sonst von Morgens 6 bis Abends 9 Uhr zu besuchen. Die Brennerei muß ihnen zu diesem Zwecke sogleich geöffnet werden. Die Zeitbeschränkung fällt weg, wenn Gefahr besteht. Die Befugnis erstreckt sich auf alle angemeldeten sowie auf diejenigen Räume, in welchen Brennereigeräte oder Teile von außer Gebrauch gesetzten Brennereigeräten oder zum Brennereibetriebe bestimmte nichtmehlige Stoffe aufbewahrt werden.
Solange in der Brennerei gearbeitet wird oder jemand sich darin befindet, müssen die Zugänge zu ihr sowie zum Brennereigrundstück unverschlossen und unbehindert sein. Die Verwaltungsbehörde kann Ausnahmen zulassen.
Innerhalb der der amtlichen Aufsicht unterliegenden Räume dürfen keine Maßnahmen getroffen werden, welche die Ausübung der Aufsicht hindern oder erschweren.
Der Brennereibesitzer hat den Beamten jede für die amtliche Aufsicht oder zu statistischen Zwecken erforderliche Auskunft über den Betrieb zu erteilen und für die zum Zwecke der Aufsicht und Abfertigung stattfindenden Amtshandlungen die nötigen Vorkehrungen zu treffen, die Gerätschaften zu stellen und die erforderlichen Hilfsdienste zu leisten.
Den Oberbeamten sind die Bücher und Schriftstücke über die Herstellung des Branntweins und bei landwirtschaftlichen Brennereien über den Wirtschaftsbetrieb auf Erfordern zur Einsicht vorzulegen.
Ist der Brennereibesitzer wegen Hinterziehung bestraft worden, so kann die Brennerei besonderen Aufsichtsmaßnahmen unterworfen werden.
Die Kosten fallen dem Brennereibesitzer zur Last; die Einziehung erfolgt gegebenenfalls nach den Vorschriften über das Verfahren für die Beitreibung der Zölle und mit dem Vorzugsrechte der letzteren. [684]

§ 104. Betriebsleiter.

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Brennereibesitzer, die den Betrieb nicht selbst leiten, haben der Verwaltungsbehörde diejenigen Personen zu bezeichnen, die als Betriebsleiter in ihrem Namen zu handeln befugt sind.
Die im § 102 und § 103 Abs. 1 für den Brennereibesitzer gegebenen Vorschriften gelten auch für den Betriebsleiter.

§ 105. Reinigungsanstalten und Lager.

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Die Vorschriften in den §§ 99 bis 104 sind auf die amtliche Überwachung der Branntweinreinigungsanstalten und Branntweinlager unter amtlichem Mitverschlusse sinngemäß anzuwenden.

Sechster Abschnitt. Besondere Vorschriften.

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§ 106. Einfuhr aus dem Auslande.

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Der Eingangszoll für den Doppelzentner beträgt vom 10. Juli 1909 ab:
für Branntwein aller Art einschließlich des Weingeistes, für Arrak, Rum, Kognak und versetzte Branntweine sowie für Mischungen von Weingeist mit Äther und Lösungen von Äther in Weingeist
1. in Fässern
a) Likör 350 Mark,
b) anderen Branntwein 275 Mark,
2. in anderen Behältnissen 350 Mark;
für Äther aller Art, einfache und zusammengesetzte, auch Kognaköl (Weinbeeröl)
1. in Fässern 275 Mark,
2. in anderen Behältnissen 350 Mark;
für äther- oder weingeisthaltige Riechmittel (Parfümerien) und Schönheitsmittel (kosmetische Mittel, zum Beispiel Haarfärbemittel sowie Haut- und andere Verschönerungsmittel); für äther- oder weingeisthaltige Kopf-, Mund- und Zahnwässer; für wohlriechende oder zur Verbreitung von Wohlgeruch dienende äther- oder weingeisthaltige Auszüge (Essenzen, Extrakte, Tinkturen) und Wässer; für wohlriechenden Essig 400 Mark;
für Essigsäure, auch kristallisiert (Eisessig), und Essigsäureanhydrid bei einem Gewichte der unmittelbaren Umschließung nebst Inhalt
von mindestens 20 Kilogramm 42 Mark,
von weniger als 20 Kilogramm 78 Mark. [685]
Der Bundesrat wird ermächtigt, die im Abs. 1 vorgesehenen Zollsätze
für Branntwein usw.
1. in Fässern
a) Likör von 350 bis auf 300 Mark,
b) anderen Branntwein von 275 bis auf 225 Mark,
2. in anderen Behältnissen von 350 bis auf 300 Mark,
für Äther usw. auch Kognaköl
1. in Fässern von 275 bis auf 225 Mark,
2. in anderen Behältnissen von 350 bis auf 300 Mark,
für äther- oder weingeisthaltige Riech- und Schönheitsmittel, Kopf-, Mund- und Zahnwässer, wohlriechende usw. Auszüge und Wässer, wohlriechenden Essig von 400 bis auf 350 Mark
vom 10. Juli 1909 ab herabzusetzen.

§ 107. Branntweinhandel.

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Die Verwendung von Branntweinschärfen ist untersagt. Die Bestimmungen, die hierüber vom Bundesrate getroffen werden, sind dem Reichstage mitzuteilen.
Unter der Bezeichnung Kornbranntwein darf nur Branntwein feilgehalten werden, der ausschließlich aus Roggen, Weizen, Buchweizen, Hafer oder Gerste hergestellt ist.
Der Bundesrat wird ermächtigt:
1. den Kleinhandel mit vergälltem Branntwein abweichend von den Vorschriften des § 33 der Gewerbeordnung zu regeln;
2. zu bestimmen, daß beim Kleinhandel mit vergälltem Branntweine die Alkoholstärke durch Aushang in der Verkaufsstelle ersichtlich gemacht wird.
Vollständig vergällter Branntwein darf im Kleinhandel nur in Behältnissen von 50, 20, 10, 5 und einem Liter Raumgehalte feilgehalten werden, die verschlossen und mit einer Angabe des Alkoholgehalts versehen sind.

§ 110. Essigsäureverbrauchsabgabe.

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Essigsäure, die im Inland aus Holzessig oder essigsauren Salzen gewonnen ist, unterliegt einer in die Reichskasse fließenden Verbrauchsabgabe, die 0,30 Mark für das Kilogramm wasserfreier Säure beträgt. Die Verbrauchsabgabe ist durch Abfertigung festzustellen und vom Hersteller zu entrichten, sobald die Essigsäure die Erzeugungsstätte verläßt. [686]
Der Hersteller darf Essigsaure nur an den dazu angemeldeten Stätten lagern, behandeln und verpacken.
Von der Verbrauchsabgabe befreit bleibt nach näherer Bestimmung des Bundesrats Essigsäure, die ausgeführt oder zu gewerblichen Zwecken verwendet wird. Gewerbtreibende, die Essigsäure ausschließlich zu gewerblichen Zwecken oder für die Ausfuhr herstellen, sind nur insoweit einer amtlichen Überwachung zu unterwerfen, als diese notwendig ist, um sicherzustellen, daß Essigsäure nicht zu Genußzwecken verwendet wird.
Die §§ 7 Abs. 1, 8, 9, 18, 20, 22, 23, 94, 99 bis 104, 145, 148, 155 sind nach näherer Bestimmung des Bundesrats sinngemäß anzuwenden, und zwar die §§ 22, 145 mit der Maßgabe, daß die Übergangsabgabe und die Nachsteuer je 0,30 Mark für das Kilogramm wasserfreier Essigsäure betragen und daß Essigsäure in Mengen von nicht mehr als 10 Kilogramm wasserfreier Säure im Besitze von Gewerbtreibenden und Haushaltungsvorständen sowie Essigsäure zu gewerblichen Zwecken von der Nachsteuer befreit bleibt.

Siebenter Abschnitt. Strafvorschriften.

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A. Branntweinverbrauchsabgabe.

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§ 111. Hinterziehung.

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Wer es unternimmt, dem Reiche die Branntweinverbrauchsabgabe vorzuenthalten, macht sich der Hinterziehung schuldig.
Der Tatbestand des § 111 wird insbesondere dann als vorliegend angenommen:
1. wenn ohne die vorgeschriebene, von der Hebestelle genehmigte Betriebsanmeldung oder an anderen Tagen, in anderen Räumen oder unter Benutzung von anderen Brennvorrichtungen als den in der genehmigten Betriebsanmeldung angegebenen, Branntwein hergestellt wird;
2. wenn für Abfindungsbrennereien (§§ 15 bis 17) vorgeschriebene Brennbücher nicht oder unrichtig geführt werden;
3. wenn alkoholhaltige Dämpfe oder Branntwein unbefugt abgeleitet oder entnommen werden;
4. wenn über den unter amtlicher Überwachung stehenden Branntwein unbefugt verfügt wird. [687]
Der Hinterziehung wird es gleichgeachtet:
1. wenn in einer abgefundenen Brennerei ohne die vorgeschriebene, von der Hebestelle genehmigte Betriebsanmeldung oder an anderen Tagen, in anderen Räumen oder unter Benutzung von anderen Geräten als den in der genehmigten Betriebsanmeldung angegebenen, oder unter Verwendung nicht angemeldeter Stoffe eine Einmaischung vorgenommen oder Maische zubereitet oder aufbewahrt wird;
2. wenn Brennvorrichtungen, die durch amtliche Sicherungen oder durch Anordnungen der Verwaltungsbehörde außer Gebrauch gesetzt worden sind, unbefugt in Betrieb genommen werden;
3. wenn ein auf Grund der §§ 82 bis 88 oder der dazu erlassenen Verwaltungsbestimmungen angelegter amtlicher Verschluß oder einer derjenigen Teile der Brennereigeräte einschließlich der Branntweinsammelgefäße und der Meßuhr, aus denen alkoholhaltige Dämpfe oder Branntwein abgeleitet oder entnommen werden können, unbefugt verletzt wird;
4. wenn in einer Brennerei, in der eine Meßuhr aufgestellt ist, Handlungen vorgenommen werden, die ihre regelmäßige Tätigkeit zu stören geeignet sind, oder eine Meßuhr, die unrichtig zeigt, fortbenutzt wird;
5. wenn jemand Branntwein, von dem er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß in Beziehung auf ihn eine Hinterziehung verübt worden ist, erwirbt oder in Verkehr bringt.
Wird in den Fällen der §§ 112, 113 festgestellt, daß eine Vorenthaltung der Abgabe nicht stattgefunden hat oder nicht beabsichtigt worden ist, so tritt nur eine Ordnungsstrafe nach § 130 ein.

§ 115. Strafmaß.

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Wer eine Hinterziehung begeht, wird mit einer Geldstrafe in Höhe des vierfachen Betrags der Abgabe, mindestens aber in Höhe von zehn Mark für jeden einzelnen Fall bestraft. Außerdem ist die Abgabe nachzuzahlen.
Die Strafe wird, wenn eine Brennvorrichtung unbefugt in Betrieb genommen worden ist, nach der Alkoholmenge berechnet, die bei unausgesetztem Betriebe während der dem Zeitpunkte der Entdeckung vorhergegangenen drei Monate damit gewonnen werden konnte, sofern nicht nachgewiesen wird, daß die Brennvorrichtung in einem größeren oder einem geringeren Umfange benutzt worden ist. [688]
Sind alkoholhaltige Dämpfe oder Branntwein unbefugt abgeleitet oder entnommen oder ist die Meßuhr absichtlich gestört worden, so werden die Verbrauchsabgabe und die Strafe in der Art berechnet, daß für die dem Zeitpunkte der Entdeckung vorhergehenden drei Monate der ununterbrochene Bestand der Ableitung, Entnahme oder Störung angenommen wird, sofern nicht eine andere Dauer oder eine größere Hinterziehung nachgewiesen wird.
Neben der Geldstrafe ist gegen den Täter und den Teilnehmer zusätzlich auf eine Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre zu erkennen.
Soweit der Betrag der vorenthaltenen Abgabe nicht festgestellt werden kann, tritt eine Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark ein.
Liegt eine Übertretung vor, so werden die Beihilfe und die Begünstigung mit Geldstrafe bis zu hundertfünfzig Mark bestraft.

§ 120. Strafverschärfung beim Rückfalle.

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Im Falle der Wiederholung der Hinterziehung nach vorausgegangener Bestrafung werden die in den §§ 115 bis 118 angedrohten Strafen verdoppelt.
Jeder fernere Rückfall zieht Gefängnis bis zu zwei Jahren nach sich, doch kann, unbeschadet der Vorschrift des § 117, nach richterlichem Ermessen mit Berücksichtigung aller Umstände und der vorangegangenen Fälle auf Haft oder auf Geldstrafe nicht unter dem Doppelten der für den ersten Rückfall vorgesehenen Geldstrafe erkannt werden.
Die Rückfallstrafe tritt ein, auch wenn die frühere Strafe nur teilweise verbüßt oder ganz oder teilweise erlassen ist, sie bleibt dagegen ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlasse der früheren Strafe bis zur Begehung der neuen Straftat drei Jahre verflossen sind.

§ 121. Strafe der Erwirkung einer Vergünstigung.

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Die Vorschriften über die Hinterziehung sind auf die Erwirkung einer Steuerbefreiung, Steuervergütung oder Steuervergünstigung sinngemäß anzuwenden, sofern die Befreiung, Vergütung oder Vergünstigung überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrage zu beanspruchen war. Der zu Ungebühr empfangene Betrag ist zurückzuzahlen. [689]

§ 122. Strafen für Brennereibesitzer und Brennereileiter.

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Der Besitzer einer Brennerei, in der alkoholhaltige Dämpfe oder Branntwein unbefugt abgeleitet oder entnommen werden oder die Meßuhr absichtlich gestört ist, wird als solcher mit Geldstrafe von fünfzig bis zu fünfhundert Mark bestraft.
Werden in einer Brennerei aus besonderen Anlagen bestehende heimliche Vorrichtungen getroffen, um alkoholhaltige Dämpfe oder Branntwein abzuleiten oder zu entnehmen oder die Meßuhr zu stören, so verfällt der Brennereibesitzer als solcher in eine Geldstrafe von fünfhundert bis zu fünftausend Mark.
Wird in einer Brennerei ein amtlicher Verschluß oder einer derjenigen Teile der Brennereigeräte (§ 113 Nr. 3), aus denen alkoholhaltige Dämpfe oder Branntwein abgeleitet oder entnommen werden können, unbefugt verletzt, so trifft den Brennereibesitzer als solchen eine Geldstrafe von fünfundzwanzig bis zu zweihundertfünfzig Mark.
Brennereibesitzer, die den Betrieb nicht selbst leiten, können die Übertragung der ihnen gemäß §§ 122 bis 124 obliegenden strafrechtlichen Verantwortlichkeit auf den Betriebsleiter (§ 104) bei der Verwaltungsbehörde beantragen. Falls der Antrag genehmigt wird, geht die strafrechtliche Verantwortlichkeit, unbeschadet der im § 131 vorgesehenen Vertretungsverbindlichkeit des Brennereibesitzers, auf den Betriebsleiter über. Die Genehmigung ist jederzeit widerruflich.
Die Strafe in den Fällen der §§ 122 bis 124 tritt nur dann ein, wenn festgestellt ist, daß die Zuwiderhandlung mit Willen oder Wissen des Brennereibesitzers, in den Fällen des § 125 nur dann, wenn festgestellt ist, daß die Zuwiderhandlung mit Willen oder Wissen des Betriebsleiters verübt worden ist.
Werden Brennereibesitzer wegen einer Hinterziehung verurteilt, die durch unangemeldete Branntweinbereitung, durch unbefugte Ableitung oder Entnahme von alkoholhaltigen Dämpfen oder Branntwein (§ 112 Nr. 1, 3) oder durch absichtliche Störung der Meßuhr begangen ist, so kann ihnen nach Rechtskraft der Entscheidung von der obersten Landesfinanzbehörde untersagt werden, das Brennereigewerbe jemals selbst wieder auszuüben oder durch andere zu ihrem Vorteil ausüben zu lassen. [690]

§ 128. Strafe der unterlassenen Anmeldung der Brenn- oder Wiengeräte.

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Wer Brenn- oder Wiengeräte anfertigt, erwirbt oder an andere Personen überläßt, ohne der Verwaltungsbehörde die vorgeschriebene Anzeige gemacht zu haben, wird mit einer Geldstrafe von zehn bis zu dreitausend Mark bestraft.

§ 129. Strafe der Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen über den Branntweinhandel.

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Wer den Vorschriften des § 107 oder den vom Bundesrate dazu erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt, wird von der zuständigen Polizeibehörde mit einer Geldstrafe von zehn bis zu zehntausend Mark bestraft.

§ 130. Ordnungsstrafen.

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Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes sowie die dazu erlassenen und öffentlich oder den Beteiligten bekanntgemachten Verwaltungsbestimmungen werden, sofern sie nicht nach §§ 115 ff. mit einer besonderen Strafe bedroht sind, mit einer Ordnungsstrafe von einer bis zu dreihundert Mark geahndet.

§ 131. Haftung für andere Personen.

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Inhaber der nach Maßgabe dieses Gesetzes unter amtlicher Überwachung stehenden Betriebe und Lagereinrichtungen (§§ 18 bis 20) haften für die von ihren Verwaltern, Geschäftsführern, Gehilfen und sonstigen in ihrem Dienste oder Lohne stehenden Personen sowie von ihren Familien- oder Haushaltungsmitgliedern verwirkten Geldstrafen und Kosten des Strafverfahrens, sowie für die nachzuzahlende Verbrauchsabgabe im Falle des Unvermögens der eigentlich Schuldigen, wenn nachgewiesen wird:
1. daß die Zuwiderhandlung mit ihrem Willen oder Wissen verübt ist, oder
2. daß sie bei Auswahl und Anstellung der Verwalter, Geschäftsführer, Gehilfen und sonstigen in ihrem Dienste oder Lohne stehenden Personen oder bei Beaufsichtigung dieser sowie der bezeichneten Hausgenossen nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns zu Werke gegangen sind.
Wird weder das eine noch das andere nachgewiesen, so haften sie für die Verbrauchsabgabe, auch soweit sie nicht ohnehin zu deren Entrichtung verpflichtet sind.
Als Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns (§ 131 Nr. 2) gilt insbesondere die Anstellung oder Beibehaltung eines wegen Branntweinsteuerdefraudation [691] im Sinne des bisher geltenden Branntweinsteuergesetzes oder wegen Hinterziehung bereits bestraften Verwalters, Geschäftsführers oder Gewerbegehilfen, falls nicht die oberste Landesfinanzbehörde die Anstellung oder Beibehaltung genehmigt hat.
Läßt sich die Geldstrafe von dem Schuldigen nicht beitreiben, so kann die Verwaltungsbehörde davon absehen, den für die Geldstrafe Haftenden in Anspruch zu nehmen, und die an die Stelle der Geldstrafe tretende Freiheitsstrafe an dem Schuldigen vollstrecken lassen.

§ 134. Zwangsmaßregeln.

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Neben der Festsetzung von Ordnungsstrafen kann die Verwaltungsbehörde die Beobachtung der auf Grund dieses Gesetzes getroffenen Anordnungen durch Androhung und Einziehung von Geldstrafen bis zu fünfhundert Mark erzwingen, auch, wenn eine vorgeschriebene Einrichtung nicht getroffen wird, diese auf Kosten der Pflichtigen herstellen lassen. Die Einziehung der hierdurch erwachsenen Auslagen und der Geldstrafen erfolgt nach den Vorschriften über das Verfahren für die Beitreibung der Zölle und mit dem Vorzugsrechte der letzteren.

§ 135. Umwandelung der Geldstrafe in Freiheitsstrafe.

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Bei der Umwandelung der nicht beizutreibenden Geldstrafen in Freiheitsstrafen darf die Freiheitsstrafe bei einer Hinterziehung im ersten Falle sechs Monate, im ersten Rückfall ein Jahr und im ferneren Rückfalle zwei Jahre, bei einer mit Ordnungsstrafe bedrohten Zuwiderhandlung sowie in den Fällen des § 134 drei Monate nicht überschreiten. Im Falle des § 118 bleibt ein Fünftel der Geldstrafe bei der Umwandlung außer Betracht.

§ 136. Strafverjährung.

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Die Strafverfolgung von Hinterziehungen verjährt in drei Jahren, von den mit Ordnungsstrafe belegten Zuwiderhandlungen in einem Jahre.
Die Strafverfolgung auf Grund der Vorschriften der §§ 122 bis 126 verjährt zugleich mit dem Eintritte der Verjährung gegen den eigentlichen Täter.
Die Geldstrafen fallen dem Staate zu, von dessen Behörden die Strafentscheidung erlassen worden ist. [692]

§ 138. Strafverfahren.

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In Ansehung des Verwaltungsstrafverfahrens, der Strafmilderung und des Erlasses der Strafe im Gnadenwege sowie in Ansehung der Strafvollstreckung kommen, abgesehen von den Fällen des § 129, die Vorschriften zur Anwendung, nach denen sich das Verfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze bestimmt.
Im Falle des § 118 ist von dem Betrage der Geldstrafe der fünfte Teil an Stelle des nicht festgestellten Abgabenbetrags an die Reichskasse abzuführen.
Ein im Strafverfahren eingegangener Geldbetrag ist zunächst auf die Verbrauchsabgabe und sodann auf die Betriebsauflage zu verrechnen.

B. Essigsäureverbrauchsabgabe.

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Wer es unternimmt, dem Reiche die Essigsäureverbrauchsabgabe (§ 110 Abs. 1) vorzuenthalten, macht sich der Hinterziehung schuldig.
Der Hinterziehung wird es gleichgeachtet, wenn jemand Essigsäure, von der er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß in Beziehung auf sie eine Hinterziehung verübt worden ist, erwirbt oder in Verkehr bringt.
Wird in den Fällen des § 142 festgestellt, daß eine Vorenthaltung der Abgabe nicht stattgefunden hat oder nicht beabsichtigt worden ist, so tritt nur eine Ordnungsstrafe nach § 130 ein.
Im übrigen finden die Vorschriften in den §§ 115, 118 bis 121, 131, 133 bis 140 Anwendung.

Achter Abschnitt. Übergangsvorschriften.

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§ 144. Nachsteuer.

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Branntwein, der sich am 1. Oktober 1909 unter Steuerkontrolle befindet, unterliegt, soweit er nicht auf Grund des § 3 abgabenfrei gelassen wird, außer den nach dem bisher geltenden Branntweinsteuergesetz auf ihm ruhenden Abgaben [693] einer Nachsteuer von 0,35 Mark für das Liter Alkohol. Die Nachsteuer ist zu entrichten, sobald der Branntwein in den freien Verkehr tritt.
Hat abgabenfrei abgelassener Branntwein der Maischbottichsteuer unterlegen, so wird diese mit 0,16 Mark für das Liter Alkohol vergütet.
Branntweine aller Art und Branntweinfabrikate unterliegen, sofern sie sich beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im freien Verkehre befinden und nicht nachweislich zu den im § 106 angegebenen Sätzen verzollt worden sind, nach näherer Bestimmung des Bundesrats einer Nachsteuer von 0,35 Mark für das Liter Alkohol.
Von der Nachsteuer befreit ist Branntwein des freien Verkehrs im Besitze von Gewerbtreibenden, die die Erlaubnis zum Ausschänken von Branntwein oder zum Kleinhandel mit Trinkbranntwein haben, in Mengen von nicht mehr als 20 Liter, im Besitze von anderen Haushaltungsvorständen in Mengen von nicht mehr als 10 Liter Alkohol.
Von der Nachsteuer befreit ist aller Branntwein, der auf Grund der bisher geltenden Vorschriften von der Verbrauchsabgabe befreit war.
Die Nachsteuer kann ohne Sicherheitsbestellung auf sechs Monate gestundet werden. Die Vorschriften in den §§ 8, 9, 23 und im siebenten Abschnitt unter A sind auf die Nachsteuer sinngemäß anzuwenden.

§ 149. Kürzung der Einzelkontingente.

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Die im Betriebsjahr 1907/08 festgesetzten Kontingente werden, wenn sie über 100.000 Liter hinausgehen, unbeschadet der Vorschriften im § 25, vom 1. Oktober 1913 ab um ein Zwanzigstel, jedoch nicht unter den Betrag von 100.000 Liter herabgesetzt. Bei landwirtschaftlichen Genossenschaftsbrennereien, die als solche bereits am 1. April 1895 bestanden haben, beträgt die Kürzung nur ein Vierzigstel.

§ 150. Vollständig vergällter Branntwein.

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Der Bundesrat wird ermächtigt, für die Durchführung der Vorschrift im § 109 eine Frist bis zum 1. Oktober 1910 zu bewilligen. [694]
Die zum Feilhalten vollständig vergällten Branntweins vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im Gebrauche befindlichen Gefäße dürfen bis zum 30. September 1912 weiterbenutzt werden, sofern sie verschlossen werden können (§ 109).

§ 151. Kürzung des Durchschnittsbrandes.

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Der Durchschnittsbrand (§§ 61 ff.) wird für das Betriebsjahr 1909/10 um 14 Hundertteile gekürzt, jedoch nicht unter das Kontingent der Brennerei herabgesetzt. Die Betriebsauflage für den Überbrand erhöht sich gemäß § 48 Abs. 2.

§ 152. Besondere Betriebsauflage.

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Von dem in der Zeit vom 15. bis einschließlich 30. September 1909 erzeugten Branntweine wird nebm den bestehenden Branntweinsteuern eine besondere Betriebsauflage von 6 Mark für das Hektoliter Alkohol erhoben. Auf diese Betriebsauflage finden die §§ 43b und 43d des bisher geltenden Branntweinsteuergesetzes Anwendung. Die Einnahmm sind dem im § 59 bezeichneten Geldbestande zuzuführen.
Der in Kleinbrennereien und von den im § 41 bezeichneten Brennern zum niedrigeren Verbrauchsabgabensatze des bisher geltenden Branntweinsteuergesetzes erzeugte Branntwein unterliegt dieser besonderen Betriebsauflage nicht.
Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes vertragsmäßige Bestimmungen über Lieferung von Essigsäure (§ 110 Abs. 1) bestehen, ist der Abnehmer verpflichtet, dem Lieferer einen Zuschlag zum Preise in Höhe der auf die gelieferte Menge fallenden Verbrauchsabgabe zu zahlen, wenn dem nicht ausdrückliche Vertragsbestimmungen entgegenstehen.

Neunter Abschnitt. Schlußvorschriften.

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Die Vorschriften im § 26 könnm nur mit Zustimmung der Königreiche Bayern und Württemberg und des Großherzogtums Baden geändert werden.

§ 155. Vereinbarungen mit anderen Staaten.

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Der Reichskanzler kann unter Zustimmung des Bundesrats wegen Herbeiführung einer den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechenden Behandlung des Branntweins in den dem Zollgebiet angeschlossenen Staaten und Gebietsteilen, [695] wegen Überweisung der Einnahmen für den im gegenseitigen Verkehr übergehenden Branntwein oder wegen Begründung einer Gemeinschaft mit den fremden Regierungen Vereinbarungen treffen.

§ 156. Inkrafttreten des Gesetzes.

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Dieses Gesetz tritt, unbeschadet der Vorschriften in den §§ 106, 152, mit dem 1. Oktober 1909 in Kraft. Gleichzeitig treten die bisher geltenden Gesetze über die Besteuerung des Branntweins und über die Steuerfreiheit des Branntweins zu gewerblichen Zwecken außer Geltung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin im Schloß, den 15. Juli 1909.
(L. S.)  Wilhelm.

  von Bethmann Hollweg.