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§7 Bearbeiten

Schlagworte: Stolz und Religion

Vor allen Andern ist aber der Stolz bei Denen unerträglich, die auf Religion Anspruch machen, und unter Diesen vornehmlich bei Dienern der Religion; denn Religion und Stolz sind einander ganz widersprechende Dinge.

§8 Bearbeiten

Schlagworte: Offenbarung, Klärus,

Solche heilsame Worte als diese: „Seid lehrhaft, freundlich gegen Jedermann, lasset einen Jeden reden,“ [234] nach der Gabe Gottes, die in ihm ist. Wenn aber ein Anderer, der da sizt, eine Offenbarung hat, so schweige der Erstere. Seid nicht als Solche, die über das Erbe Gottes herrschen; sondern seid sanftmüthig und deumüthig; bereit Andern die Füße zu waschen, wie Jesus seinen armen Jüngern die Füße wusch;“[2] solche treffende Worte werden von Einigen, die sich zu der Geistlichkeit rechnen, als unanwendbare, veraltete Vorschriften betrachtet, und es wird heutiges Tages fast für Kelzerei gehalten, wenn man sie daran erinnert; ja, man zeigt sich dadurch, ihrer Meinung nach, nur als einen Feind der Kirche. Denn ihr Stolz hat sie nun schon so weit gebracht, daß sie sich selbst als die Kirche, und das Volk etwa nur als die Vorhalle derselben betrachten.


§10 Bearbeiten

Schlagworte: Eitelkeit

Ein kleiner Haufen kalter Erde schließt nun den Leichnam des Mannes ein, dessen hochfahrende Gedanken keine Grenzen kannten. Seine zarte Person, der — vielleicht noch vor Kurzem — kein Ort und keine Gesellschaft gut genug war, muß sich jetzt in dem engen Raume einer kleinen finstern Höhle behelfen und sich die Gesellschaft der geringsten Geschöpfe gefallen lassen, der Würmer nämlich, denen sie bald zur Speise dienen soll. So nehmen die Stolzen und Prachtliebenden ein gleiches Ende mit allen Andern; jedoch mit dem Unterschiede, daß sie von den Ueberlebenden weniger bedauert werden, und im Sterben eine furchtbare und peinvolle Aussicht in die Ewigkeit haben. Denn so wenig den Stolzen seine vornehme Abkunft vor dem Tode schüzen kann, eben so wenig ist auch sein Geschlechtsregister vermögend, ihn vor dem Gerichte zu schützen, daß ihn nach dem Tode erwartet. Die schauerliche Stunde des Hinscheidens löst alle seine Titel und Ehrenzeichen in ein Nichte auf, und keine irdische Macht, weder Reichthum noch Hoheit oder Ansehn, ist vermögend, ihn zu erretten oder in Schuz zu nehmen. „Wie der Baum fällt, so wird er liegen,“ und wie der Tod den Menschen verläßt, so findet ihn das Gericht.

§11 Bearbeiten

Schlagworte: Erlösung

Aber ach! wie kann man nun einem so elenden Ende vorbeugen? Was für ein Mittel giebt es gegen diese bejammernswerthe Abweichung und Entfernung von der Demuth, Sanftmuth und ächten Frömmigkeit, von jenem heiligen Leben der Gläubigen in den ersten und reinsten Jahrhunderten des Christenthumes, und von der göttlichen Kraft, die sich so fühlbar und augenscheinlich sowohl in ihrem mächtigen Predigen, als auch in ihrem musterhaften Betragen bewies? Wahrlich kein anderes, als daß man zu dem Zeugnisse des Geister; Jesu in sich selbst einkehre, und in seinem heiligen Lichte den Zustand seinen eigenen Herzens untersuche, und prüfe, in wiefern man ihm ähnlich sei oder nicht; und daß man zu diesem Zwecke die in den Urkunden der heiligen Schrift enthaltenen Lehren und Beispiele mit genauer Aufmerksamkeit betrachte. Christus führte einst selbst die Klage, „daß daß Licht in die Welt gekommen sei; daß aber die Menschen die Finsterniß mehr als das Licht liebten, weil ihre Werke böse wären.“ Willst du nun ein Kind Gottes seyn; ein Gläubiger, der an Christum glaubt; so muß du erst ein Kind des Lichte werden. Du mußt deine Werke an das Licht in deinem Innern bringen, und sie bei dieser heiligen Lampe deiner Seele prüfen. Denn es ist daß Licht des Herrn, das dir deinen Stolz und deine Annraßung zu erkennen giebt, und dich über das Vergnügen, welchen du an den eitlen Moden und Gebräuchen der Welt findest, ins Geheim bestraft. Wahre Religion ist Seldstverleugnung; ja, und auch Verleugnung aller selbsterwählten Religion und eigenwilligen Frömmigkeit. Sie ist ein starkes Band der Seele, welches die Menschen zu einem heiligen Leben verbindet, das zur Glückseligkeit führt. Denn dadurch gelangen sie zum Anschauen Gottes wie Jesus sagt: „Selig sind die, welche reines Herzenösfindz denn sie werden Gott schauen.“

Schlagworte: Leidensbereitschaft

So mußt auch du deinen Willen dem heiligen Gesetze und Lichte Christi in deinem Herzen unterwerfen, und um der Belohnung willen, die er dir vorhält, sein Kreuz erdulden und die Schande desselben nicht achten. Alle möchten gern mit Christo sich freuen, aber Wenige wollen mit ihm oder um seinentwillen leiden. Viele sind bereit, an seinem Tische Theil zu nehmen; Wenigen aber gefällt seine Enthaltsamkeit. Seiner Austeilung des Brodes wollen sie nachfolgen; aber den Kelch seiner Todezangst lassen sie stehen. Dieser ist ihnen zu bitter, als daß sie ihn trinken mochten. — Manche erheben seine Wunder, und ärgern sich doch an der Schwäch seines Kreuzes. Darum höre, o ’Mensch! Was er zu deinem Heile für dich that, das mußt auch du aus Liebe zu ihm thun. Du mußt dich demüthigen, und es dir gefallen lassen, um seinetwillen Verachtung zu leiden, damit du ihn: wahrhaft nachfolgen könnest;