Benutzer:Methodios/Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. Stadt Dresden./S. 348.

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Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


Die Gestalten sind im Allgemeinen etwas kurz gerathen, die Schritte sind

schwerfällig, die Bewegungen weit ausladend, die Glieder und Köpfe meist zu

gross für den Rumpf, Verzeichnungen fehlen nicht. Aber jedenfalls handelt es

sich um ein sehr bedeutendes bildnerisches Werk. Die Stimmung, die durch das

Ganze geht, das dumpfe Hintrotten dem Tode entgegen ist meisterhaft dargestellt.

Nur Wenige halten Umschau: der Domherr thut es, ohne im Fortschreiten zu

stocken, der Pfarrer im Gespräch mit dem Mönche. Der Kopf dieses, wie jener

des Papstes und des Bischofs sind von meisterhaftem Ausdruck. Ein Stocken

im Gange zeigt sich erst wieder bei dem mit besonderer Liebe dargestellten

Herzog Georg. In dessen Arm legt der ihm folgende Hofherr den seinigen, in-

dem er an der Hand den schwer gerüsteten Grafen herbeiführt. Es handelt

sich hier sichtlich um Anspielungen auf ganz bestimmte Persönlichkeiten und

Vorgänge. Sie erscheinen wie eine vor dem letzten Gange berathende Gruppe.


Fig. 231. Königliches Schloss, Georgenthor. Todtentanz, Anfang der Reihe.


Man weiss aus der Geschichte, wie Herzog Georg nach dem Hinscheiden seiner

Söhne von der Zukunft die Zerstörung seines Lebenswerkes, die Erhaltung des

kirchlichen Lebens im Sinne der alten Religion unter staatlichem Einfluss, be-

fürchtete. Ueber die Gestalt des Werkmeisters ist gestritten worden. Flechsig

bezeichnet ihn als Zimmermann, wohl seines Schurzfelles wegen. Ich möchte

dahin gestellt sein lassen, ob der Zustand des Zuges thatsächlich hier genaue

Unterscheidung der Nebendinge ermöglicht.

Der Todtentanz entstand, wie Flechsig richtig aus der Barttracht des Herzogs

Georg schliesst, zwischen 1533 und 1537, wohl nach dem Orlamündeschen

Wappen von 1534. Er wurde wahrscheinlich durch den Schlossbrand von 1701

beschädigt, bei dem Neubau entfernt und 1721 an der Neustädter Kirche, 1733

auf dem Neustädter Kirchhofe aufgestellt. 1898 wurde er abgeformt. Gipsabguss

im Museum des K. Alterthumsvereins.


Der Giebel des Georgenthores war abgetreppt und mit kleinen Consolen und

Figuren verziert.


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