Bekanntmachung, betreffend die Geschäftsbedingungen der Produktenbörse zu Mannheim für den Zeithandel in Getreide

Gesetzestext
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Titel: Bekanntmachung, betreffend die Geschäftsbedingungen der Produktenbörse zu Mannheim für den Zeithandel in Getreide.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1909, Nr. 66, Seite 997–1000
Fassung vom: 27. Dezember 1909
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 31. Dezember 1909
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
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Quelle: Commons
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(Nr. 3699.) Bekanntmachung, betreffend die Geschäftsbedingungen der Produktenbörse zu Mannheim für den Zeithandel in Getreide. Vom 27. Dezember 1909.

Auf Grund des § 67 des Börsengesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1908 S. 215) hat der Bundesrat beschlossen, die nachstehenden Geschäftsbedingungen der Produktenbörse zu Mannheim für den Kauf oder die sonstige Anschaffung von Weizen, Roggen, Hafer oder Mais in Mengen von 50 Tonnen oder einem Vielfachen davon – die Tonne zu 1.000 Kilogramm – mit der Maßgabe zu genehmigen, daß es den Vertragschließenden gestattet ist, Vereinbarungen über die in diesen Bedingungen nicht geregelten Punkte zu treffen:

I. Zu liefern ist:
1. bei Weizen: gesunder, trockener und für Müllereizwecke gut verwendbarer Weizen mit einem Normalgewichte von 755 Gramm für das Liter, festzustellen auf der Mannheimer Börsenwage. Von der Lieferung ausgeschlossen sind: Rauhweizen, indische Weizen, Kubanka und andere ausländische Hart- (Grieß-) Weizen, ferner künstliche Mischungen von weißem und rotem (gelbem) Weizen, ebenso Mischungen von weichem [998] Weizen (Landweizen, Red-Winter, Redwalla, Semence française usw.) mit hartem Weizen (russischem, rumänischem, Kansas-Springweizen und sonstigen Laplataweizen außer Semence française );
2. bei Roggen: guter, gesunder, trockener Roggen, frei von Darrgeruch, mit einem Normalgewichte von 712 Gramm für das Liter, festzustellen auf der Mannheimer Börsenwage;
3. bei Hafer: guter, gesunder, trockener Hafer, frei von Darrgeruch, mit einem Normalgewichte von 450 Gramm für das Liter, festzustellen auf der Mannheimer Börsenwage;
4. bei Mais: guter, gesunder Mais.
II. Die Lieferung hat innerhalb des von den Parteien vereinbarten Monats nach Wahl des Verkäufers zu erfolgen.
III. Erfüllungsort ist Mannheim.
Die zu liefernde Ware ist anzudienen:
a) lose oder gesackt in Lagerhäusern, welche am Rheinstrom oder an den Hafenkanälen von Mannheim und Ludwigshafen a. Rh. sich befinden;
b) lose in Schiffen, welche innerhalb der Hafengebiete von Mannheim und Ludwigshafen a. Rh. liegen und zugänglich sind.
IV. Es darf nur eine Ware geliefert werden, die vor der Erklärung der Lieferungsbereitschaft (Andienung), frühestens aber an dem der Andienung vorhergehenden Werktage, von drei von der Handelskammer in Mannheim für die in Frage kommenden Waren ernannten und beeidigten Sachverständigen untersucht und als lieferbar befunden worden ist.
Bei der Untersuchung der Ware und Festsetzung eines Mehr- oder Minderwerts sind Beschaffenheit und Naturalgewicht zu berücksichtigen.
Ergibt sich auf Grund dieser Untersuchung ein Mehr- oder Minderwert bis zu 2 Mark für die Tonne, so ist der Käufer zur Abnahme unter Vergütung des Mehrwerts oder Abzug des Minderwerts verpflichtet. Ein Mehrwert über 2 Mark für die Tonne ist nicht zu vergüten. Bei einem Minderwerte von mehr als 2 Mark für die Tonne ist die Ware nicht lieferbar.
V. Die Andienung hat in Posten von je 50 Tonnen schriftlich unter Beifügung einer Bescheinigung über die Lieferbarkeit zu erfolgen und muß dem Käufer an einem Werktag bis 11½ Uhr Mittags zugestellt sein. Endet diese Lieferzeit an einem Sonn- oder Feiertage, so muß die Andienung spätestens an dem vorhergehenden Werktag erfolgen. Die Andienung kann an Dritte weitergegeben werden. Die Weitergabe muß unverzüglich erfolgen. Die Umlaufzeit der Andienung endet am Andienungstage Nachmittags 2 Uhr.
Der Verkäufer ist verpflichtet, jeden einzelnen Posten von einer Stelle zu liefern. Die Ware ist innerhalb von 6 Tagen, einschließlich des Tages der [999] Andienung, Zug um Zug gegen Zahlung abzunehmen. Endet die Frist an einem Sonn- oder Feiertage, so muß die Abnahme spätestens am vorhergehenden Werktag erfolgen.
Das Andienungsschreiben und die Bescheinigung der Sachverständigen müssen enthalten:
bei Lieferung vom Schiffe:
1. das Datum,
2. den Namen des Schiffes und des Schiffers sowie die Räume, in denen die Ware sich befindet,
3. den Standort des Schiffes;
bei Lieferung vom Speicher:
1. das Datum,
2. die genaue Bezeichnung des Postens nach Lagerraum und Menge.
Der Empfänger hat die Kosten der Übergabe und Abnahme der Ware zu tragen, insoweit sie die angemessenen Sätze nicht überschreiten. Etwaige Mehrkosten fallen dem Verkäufer zur Last. Über die Angemessenheit entscheidet in Streitfällen der Vorstand der Mannheimer Produktenbörse.
Der Verkäufer hat das Recht, 5 Prozent mehr oder weniger zu liefern. Ergibt sich bei einem Posten ein Fehlgewicht von mehr als 5 Prozent, so kann die Abnahme abgelehnt werden. Die Ablehnung muß jedoch innerhalb der vertragsmäßigen Abnahmefrist erklärt werden. Ein Mehr- oder Mindergewicht wird zum Preise des Abnahmetags, falls jedoch die Abnahme nach Ablauf der vertragsmäßigen Frist von 6 Tagen erfolgt, zum Preise des letzten Tages der Abnahmefrist berechnet.
VI. Im Falle des Verzugs darf der nicht säumige Teil die Annahme der Leistung nicht ablehnen, ohne dem säumigen Teile eine angemessene Frist zur Bewirkung der Leistung zu bestimmen.
VII. Stellt der eine Teil seine Zahlungen ein, so hat der andere Teil, unabhängig von der bedungenen Lieferzeit, unverzüglich, spätestens aber einen Tag, nachdem er hiervon Kenntnis erhielt oder Kenntnis haben mußte, ohne vorherige Androhung die Zwangsregulierung vorzunehmen. Die Zwangsregulierung erfolgt nach seiner Wahl im ganzen oder in Teilen, entweder durch Kauf oder Verkauf oder durch Verrechnung. Der Kauf oder Verkauf hat an der Börse zu Mannheim für die bedungene Lieferzeit durch einen Kursmakler zu erfolgen. Die Verrechnung erfolgt auf Grund des am Tage der Zwangsregulierung für die bedungene Lieferzeit an der Börse zu Mannheim amtlich festgestellten Preises oder, wenn mehrere Preise festgestellt sind, des Mittelpreises. Der bei der Zwangsregulierung sich ergebende Preisunterschied ist sofort fällig. An Zinsen [1000] sind vom Tage der Zwangsregulierung bis zum ersten Tage der vertragsmäßigen Lieferzeit 5 Prozent zu vergüten. Auch im Falle der Verrechnung sind die üblichen Maklergebühren und die sonstigen Unkosten zu vergüten, welche bei Kauf oder Verkauf entstanden sein würden.
VIII. Als Feiertage gelten die staatlich anerkannten allgemeinen Feiertage, die beiden jüdischen Neujahrstage und der Versöhnungstag, in bezug auf die Abnahmefrist jedoch nur die staatlich anerkannten allgemeinen Feiertage.
Berlin, den 27. Dezember 1909.
Der Reichskanzler.

Im Auftrage:
Richter.