Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Walz- und Hammerwerken

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Titel: Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Walz- und Hammerwerken.
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Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1892, Nr. 28, Seite 602–603
Fassung vom: 29. April 1892
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 3. Mai 1892
Inkrafttreten:
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(Nr. 2029.) Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Walz- und Hammerwerken. Vom 29. April 1892.

Auf Grund des §. 139a der Gewerbeordnung in der Fassung des Gesetzes, betreffend Abänderung der Gewerbeordnung, vom 1. Juni 1891 (Reichs-Gesetzbl. S. 261), hat der Bundesrath die nachstehenden

Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Walz- und Hammerwerken

erlassen:

I.

Die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Metall-, Walz- und Hammerwerken, welche mit ununterbrochenem Feuer betrieben werden, unterliegt folgenden Beschränkungen:
1. Arbeiterinnen dürfen bei dem unmittelbaren Betriebe der Werke nicht beschäftigt werden;
2. Kinder unter vierzehn Jahren dürfen in den Werken überhaupt nicht beschäftigt werden.

II.

Für die Beschäftigung der jungen Leute männlichen Geschlechts treten die Beschränkungen des §. 136 der Gewerbeordnung mit folgenden Maßgaben außer Anwendung:
1. Vor Beginn der Beschäftigung ist dem Arbeitgeber für jeden Arbeiter das von einem Arzte, der von der höheren Verwaltungbehörde zur Ausstellung solcher Zeugnisse ermächtigt ist, auszustellende Zeugniß einzuhändigen, nach welchem die körperliche Entwickelung des Arbeiters eine Beschäftigung in dem Werke ohne Gefahr für die Gesundheit zuläßt. Der Arbeitgeber hat mit dem Zeugnisse in gleicher Weise, wie mit dem Arbeitsbuche (§. 107 der Gewerbeordnung) zu verfahren.
2. Die Arbeitsschicht darf einschließlich der Pausen nicht länger als zwölf Stunden, ausschließlich der Pausen nicht länger als zehn Stunden dauern. Die Arbeit muß in jeder Schicht durch Pausen in der Gesammtdauer von mindestens einer Stunde unterbrochen sein. Unterbrechungen der Arbeit von weniger als einer viertel Stunde Dauer kommen auf die Pausen nicht in Anrechnung. Eine der Pausen muß mindestens eine halbe Stunde dauern und zwischen das Ende der vierten und den Anfang der siebenten Arbeitsstunde fallen.
Die Gesammtdauer der Beschäftigung darf innerhalb einer Woche ausschließlich der Pausen sechszig Stunden nicht überschreiten.
Bei Tag- und Nachtbetrieb muß wöchentlich Schichtwechsel eintreten. Bei Betrieben mit täglich zwei Schichten darf für junge Leute [603] die Zahl der in die Zeit von achteinhalb Uhr Abends bis fünfeinhalb Uhr Morgens fallenden Schichten (Nachtschichten) wöchentlich nicht mehr als sechs betragen.
3. Zwischen zwei Arbeitsschichten muß eine Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden liegen. Innerhalb dieser Ruhezeit ist eine Beschäftigung mit Nebenarbeiten nicht gestattet.
4. An Sonn- und Festtagen darf die Beschäftigung nicht in die Zeit von sechs Uhr Morgens bis sechs Uhr Abends fallen. In die Stunden vor oder nach dieser Zeit darf an Sonntagen die Beschäftigung nur dann fallen, wenn vor Beginn oder nach Abschluß der Arbeitsschicht den jungen Leuten eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens vierundzwanzig Stunden gesichert bleibt.
5. Während der Pausen für die Erwachsenen dürfen junge Leute nicht beschäftigt sein.

III.

Die Bestimmungen des §. 138 der Gewerbeordnung finden in Walz- und Hammerwerken (I) mit folgenden Maßgaben Anwendung:
1. Das in den Fabrikräumen auszuhängende Verzeichniß der jugendlichen Arbeiter ist in der Weise aufzustellen, daß die in derselben Schicht Beschäftigten je eine Abtheilung bilden.
2. Das Verzeichniß braucht eine Angabe über die Pausen nicht zu enthalten. Statt dessen ist dem Verzeichniß eine Tabelle beizufügen, in welche während oder unmittelbar nach jeder Arbeitsschicht Anfang und Ende der darin gewährten Pausen eingetragen wird. Die Tabelle muß bei zweischichtigem Betriebe mindestens über die letzten vierzehn Arbeitsschichten, bei dreischichtigem Betriebe mindestens über die letzten zwanzig Arbeitsschichten Auskunft geben. Der Name desjenigen, welcher die Eintragungen bewirkt, muß daraus zu ersehen sein.
3. In Räumen, in welchen junge Leute nach Maßgabe der Vorschriften unter II beschäftigt werden, muß neben der nach §. 138 Absatz 2 auszuhängenden Tafel eine zweite Tafel ausgehängt werden, welche in deutlicher Schrift die Bestimmungen unter I und II wiedergiebt.

IV.

Vorstehende Bestimmungen haben auf die Dauer von zehn Jahren Gültigkeit.
Sie treten am 1. Juni 1892 in Kraft und an Stelle der in der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 23. April 1879 (Centralbl. für das Deutsche Reich S. 303) verkündeten Bestimmungen.
Berlin, den 29. April 1892.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers.

von Boetticher.