Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken. Vom 1. Februar 1895

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Titel: Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1895, Nr. 3, Seite 5 - 7
Fassung vom: 1. Februar 1895
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 4. Februar 1895
Inkrafttreten:
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(Nr. 2208.) Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken. Vom 1. Februar 1895.

Auf Grund des §. 139a der Gewerbeordnung hat der Bundesrath die nachstehenden

Bestimmungen über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken

erlassen:

I.

Auf Steinkohlenbergwerken, deren Betrieb auf achtstündige Schichten eingerichtet ist, treten die Beschränkungen des §. 136 Absatz 1 und 2 der Gewerbeordnung für diejenigen jugendlichen Arbeiter männlichen Geschlechts über vierzehn Jahre, welche über Tage mit den unmittelbar mit der Förderung der Kohlen zusammenhängenden Arbeiten beschäftigt sind, mit folgenden Maßgaben außer Anwendung:
1. Die Beschäftigung darf nicht vor fünf Uhr Morgens beginnen und, wo in zwei Tagesschichten gearbeitet wird, nicht nach elf Uhr Abends schließen; keine Schicht darf länger als acht Stunden dauern.
Die Beschäftigung darf am Tage vor Sonn- und Festtagen um vier Uhr Morgens beginnen und, wo in zwei Tagesschichten gearbeitet wird, am nächsten Werktage um ein Uhr Nachts schließen.
2. Zwischen zwei Arbeitsschichten muß den jugendlichen Arbeitern eine Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden gewährt werden.
3. Zwischen den Arbeitsstunden müssen den jugendlichen Arbeitern an jedem Arbeitstage eine oder mehrere Pausen in der Gesammtdauer von mindestens einer Stunde gewährt werden; von diesen müssen zwei mindestens je eine Viertelstunde oder drei mindestens je zehn Minuten betragen. Während der Pausen darf den jugendlichen Arbeitern eine Beschäftigung im Betriebe nicht gestattet werden. [6]

II.

Auf Steinkohlenbergwerken dürfen jugendliche Arbeiter männlichen Geschlechts über vierzehn Jahre in höchstens sechsstündigen Schichten unter Wegfall der im §. 136 Absatz 1 Satz 3 der Gewerbeordnung vorgeschriebenen Pause mit ihren Kräften angemessenen Arbeiten über Tage beschäftigt werden, sofern die Art des Betriebes an sich Unterbrechungen der Beschäftigung mit sich bringt.
Wegen des Beginns und des Schlusses dieser Beschäftigung und wegen der zwischen zwei Arbeitsschichten zu gewährenden Ruhezeit gelten die Bestimmungen unter I Ziffer 1 und 2.

III.

In der bei I und II bezeichneten Art dürfen jugendliche Arbeiter nur beschäftigt werden, wenn durch das Zeugniß eines von der höheren Verwaltungsbehörde zur Ausstellung solcher Zeugnisse ermächtigten Arztes nachgewiesen ist, daß die körperliche Entwickelung des Arbeiters die für denselben in Aussicht genommene und genau anzugebende Beschäftigung auf dem Werke ohne Gefahr für seine Gesundheit zuläßt. Das ärztliche Zeugniß ist vor Beginn der Beschäftigung dem Arbeitgeber auszuhändigen, welcher es zu verwahren, auf amtliches Verlangen vorzulegen und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem jugendlichen Arbeiter beziehungsweise dessen gesetzlichen Vertreter wieder auszuhändigen hat.

IV.

Auf Arbeitsstellen, wo jugendliche Arbeiter nach Maßgabe der Vorschriften unter Nr. I, II und III beschäftigt werden, muß neben der nach §. 138 Absatz 2 der Gewerbeordnung auszuhängenden Tafel eine zweite Tafel ausgehängt werden, welche in deutlicher Schrift die Bestimmungen unter I, II und III wiedergiebt.
Die höhere Verwaltungsbehörde kann einzelne Betriebe, in denen jugendliche Arbeiter nach Maßgabe der Vorschriften unter I beschäftigt weiden, auf Antrag von der Angabe des Beginns und Endes der Pausen in der nach §. 138 der Gewerbeordnung zu erstattenden Anzeige und von der entsprechenden Angabe in dem Aushange für solche im Einzelnen namhaft zu machende Beschäftigungszweige entbinden, bei denen nach der Art der Arbeit regelmäßig mindestens Arbeitsunterbrechungen von der unter I 3 bestimmten Dauer eintreten. Diese schriftlich zu ertheilende Genehmigung ist jederzeit widerruflich.
Die höhere Verwaltungsbehörde hat über die Betriebe, die auf Grund der Bestimmung im vorstehenden Absatz von der Angabe des Beginns und Endes der Pausen in der nach §. 138 der Gewerbeordnung zu erstattenden Anzeige und von der entsprechenden Angabe in dem Aushänge entbunden worden sind, nach dem anliegenden Muster ein Verzeichniß zu führen. Ein Auszug aus diesem Verzeichnisse, der das abgelaufene Kalenderjahr umfaßt, ist bis zum 1. Februar jedes Jahres durch die Landes-Centralbehörde dem Reichskanzler vorzulegen. [7]

V.

Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem Tage ihrer Bekanntmachung an die Stelle der durch die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 17. März 1892 (Reichs-Gesetzbl. S. 328) verkündeten Bestimmungen über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken. Sie haben bis zum 1. April 1902 Gültigkeit.
Berlin, den 1. Februar 1895.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers.

von Boetticher.


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