Bekanntmachung, betreffend das Bahnpolizei-Reglement für die Eisenbahnen im Norddeutschen Bunde

Gesetzestext
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Titel: Bekanntmachung, betreffend das Bahnpolizei-Reglement für die Eisenbahnen im Norddeutschen Bunde.
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes Band 1870, Nr. 24, Seite 461 - 480
Fassung vom: 3. Juni 1870
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 8. Juli 1870
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(Nr. 523.) Bekanntmachung, betreffend das Bahnpolizei-Reglement für die Eisenbahnen im Norddeutschen Bunde. Vom 3. Juni 1870.

In Ausführung des Artikels 43. der Verfassung des Norddeutschen Bundes hat der Bundesrath das nachfolgende

Bahnpolizei-Reglement
für die
Eisenbahnen im Norddeutschen Bunde

beschlossen:

I. Zustand, Unterhaltung und Bewachung der Bahn.

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Die Bahn muß fortwährend in einem solchen baulichen Zustande gehalten werden, daß dieselbe ohne Gefahr und, mit Ausnahme der in Reparatur befindlichen Strecken, mit der im §. 25. festgestellten größten zulässigen Geschwindigkeit befahren werden kann. Diejenigen Strecken, welche nicht mit der größten zulässigen Geschwindigkeit befahren werden dürfen, sind als solche durch bestimmte, vom Zuge aus sichtbare Signale zu bezeichnen.
Strecken, welche wegen Ausführung von Auswechselungen, Reparaturen, geöffneter Drehbrücke etc. oder aus sonstigem Grunde unfahrbar sind, müssen in genügender Entfernung von den betreffenden Stellen und während der ganzen Dauer der Unfahrbarkeit, auch wenn kein Zug erwartet wird, durch Haltesignale abgeschlossen werden.
Sämmtliche Geleise, auf denen Züge bewegt werden, müssen fortwährend in solcher Breite freigehalten werden, daß mindestens das auf beigefügtem Blatte dargestellte Normalprofil des lichten Raumes für die freie Bahn, beziehungsweise für die Bahnhöfe, vorhanden ist. [462]
Es sind Vorkehrungen zu treffen, daß die Stellung derjenigen Weichen, welche außerhalb der Bahnhöfe liegen, in einer Entfernung von 300 Metern zu erkennen ist.
Die Weichen, welche nicht zu den Bahnhöfen gehören, müssen, so lange sie nicht bewacht sind, verschlossen gehalten werden.
Bei beweglichen Brücken sind Einrichtungen zu treffen, welche die richtige Stellung der im §. 1. gedachten Absperresignale für die Dauer der Unfahrbarkeit sichern.
In den Hauptgeleisen für durchgehende Züge sind Drehscheiben und Schiebebühnen mit versenkten Geleisen unzulässig.
Einfriedigungen müssen da angelegt werden, wo die gewöhnliche Bahnbewachung nicht hinreicht, um Menschen oder Vieh vom Betreten der Bahn abzuhalten.
Zwischen der Eisenbahn und Wegen, welche unmittelbar neben derselben in gleicher Ebene oder höher liegen, sind Schutzwehren erforderlich. Als solche werden auch Gräben mit Seitenaufwurf angesehen.
Die Uebergänge in gleicher Ebene mit der Bahn sind mit starken, leicht sichtbaren Barrièren in angemessener Entfernung von der Mitte des nächsten Bahngeleises zu versehen.
Für den Abstand der geöffneten Barrièrenflügel von den Geleisen sind die Bestimmungen des §. 2. zu beachten.
Zugbarrièren sind auf Uebergänge für wenig frequente Straßen zu beschränken und müssen von den bedienenden Wärtern, deren Standpunkt nicht über 600 Meter von der Barriere entfernt sein darf, übersehen werden können.
Die Zugbarrièren müssen auch mit der Hand geöffnet und geschlossen werden können. Jeder Uebergang mit Zugbarrièren erhält eine Glocke, mit welcher vor dem Niederlassen der Sperrbäume zu läuten ist.
Die Bahn muß so lange bewacht werden, als noch Züge oder einzelne Lokomotiven zu erwarten stehen.
Die Uebergangs-Barrièren sind 3 Minuten vor Ankunft des Zuges zu schließen. Ausnahmen werden durch die Eisenbahnverwaltung beziehungsweise Aufsichtsbehörde besonders festgestellt.
Die Barrièren von Privatwegen, welche nicht besonders bewacht werden, sind unter Verschluß zu halten (cfr. §. 56.).
Im Dunkeln sollen, so lange die Barrièren geschlossen sind, die Uebergänge von Chausseen und Kommunalstraßen erleuchtet sein. Dasselbe gilt von sämmtlichen Zugbarrièren. [463]
Auf den Bahnhöfen sind bei Dunkelheit eine halbe Stunde vor der Ankunft, beziehungsweise Abfahrt der Züge, welche Personen befördern, die Perrons und Anfahrten zu erleuchten.
Sämmtliche Bahnstrecken müssen durch die Wärter bei Tage mindestens dreimal und bei Dunkelheit, sowie auf Tunnelstrecken, soweit es thunlich ist, vor jedem Zuge revidirt werden.
Bei der Revision ist insbesondere auch auf die Dienstfähigkeit der Weichen zu achten.
Die Bahn ist mit Abtheilungszeichen zu versehen, welche bei Tage vom Zuge aus deutlich zu erkennen sind, und Entfernungen von ganzen und 1/100 Meilen angeben.
An den Wechselpunkten der Gefälle sind Neigungszeiger aufzustellen, an denen die Neigungen der Bahn deutlich erkennbar zu bezeichnen, auch die Längen der betreffenden Strecken anzugeben sind.
Zwischen zusammenlaufenden Schienensträngen ist ein Markirzeichen anzubringen, welches die Grenze angiebt, wie weit in jedem Bahngeleise Fahrzeuge vorgeschoben werden können, ohne den Durchgang derselben auf dem anderen zu hindern.
In angemessener Entfernung vor den Wegeübergängen in gleicher Ebene mit der Bahn sind Warnungstafeln aufzustellen, welche zugleich die Stelle des Weges bezeichnen, wo Fuhrwerke, Reiter und Viehheerden anhalten müssen, wenn die Barrieren geschlossen sind.

II. Einrichtung und Zustand der Betriebsmittel.

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Die Betriebsmittel sollen fortwährend in einem solchen Zustande gehalten werden, daß die Fahrten mit der größten zulässigen Geschwindigkeit (§. 25.) ohne Gefahr stattfinden können.
Lokomotiven dürfen erst in Betrieb gesetzt werden, nachdem sie einer technisch-polizeilichen Prüfung unterworfen und als sicher befunden sind. Die bei der Revision als zulässig erkannte Dampfspannung über den Druck der äußeren Atmosphäre, sowie der Name des Fabrikanten, die laufende Fabriknummer und das Jahr der Anfertigung müssen in leicht erkennbarer und dauerhafter Weise an der Lokomotive bezeichnet sein.
In dem Bereiche jeder Haupt-Reparaturwerkstatt ist ein offenes Quecksilber-Manometer so anzubringen, daß der Dampfraum geheizter Lokomotiven durch ein kurzes Ansatzrohr damit in Verbindung gebracht werden kann, um die Richtigkeit der Belastung der Sicherheitsventile, resp. die Richtigkeit der Federwagen und Manometer an den Lokomotiven zu prüfen. [464]
Ueber die von den Lokomotiven zurückgelegten Wege sind Register zu führen. Jede Lokomotive ist von Zeit zu Zeit einer gründlichen Revision zu unterwerfen. Die erste Revision hat zu erfolgen, wenn die Lokomotive einen Weg von höchstens 10.000 Meilen, jede folgende, nachdem sie höchstens weitere 8000 Meilen zurückgelegt hat, niemals später jedoch als nach je 3 Jahren, sowie nach jeder größeren Kesselreparatur. Bei Gelegenheit dieser Revision, welche sich auf alle Theile der Lokomotiven erstrecken muß, ist der Dampfkessel vom Mantel zu entblößen und mittelst einer Druckpumpe zu probiren.
Hinsichtlich der bei diesen Proben anzuwendenden Größe des Druckes wird bestimmt, daß die Prüfung für eine Dampfspannung von nicht mehr als fünf Atmosphären Ueberdruck mit dem zweifachen Betrage der zulässigen Maximal-Dampfspannung von mehr als fünf Atmosphären mit einem Drucke, welcher die zulässige Maximal-Dampfspannung um fünf Atmosphären übersteigt, stattfinden soll. Für diejenigen Lokomotiven, welche bei dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen bereits vorhanden sind, verbleibt es bei dem Maximaldruck, welcher bei der ersten Prüfung Anwendung gefunden hat.
Kessel, welche bei dieser Probe ihre Form bleibend ändern, dürfen in diesem Zustande nicht wieder in Dienst genommen werden.
Höchstens 8 Jahre nach Inbetriebstellung der Lokomotive muß eine innere Revision des Kessels vorgenommen werden, bei welcher die Siederohre zu entfernen sind. Nach mindestens je 6 Jahren ist diese Revision zu wiederholen.
Ueber die Lokomotivrevisionen sind Verhandlungen aufzunehmen, in denen die Ergebnisse zu verzeichnen sind.
Jede Lokomotive muß versehen sein:
1) mit mindestens zwei zuverlässigen Vorrichtungen zur Speisung des Kessels, welche unabhängig von einander in Betrieb gesetzt werden können, und von denen jede für sich während der Fahrt im Stande sein muß, das zur Speisung erforderliche Wasser zuzuführen. Eine dieser Vorrichtungen muß außerdem geeignet sein, beim Stillstande der Lokomotive den Wasserstand im Kessel auf der normalen Höhe zu erhalten;
2) mit mindestens zwei von einander unabhängigen Vorrichtungen zur zuverlässigen Erkennung der Wasserstandshöhe im Innern des Kessels. Bei einer dieser Vorrichtungen muß die Höhe des Wasserstandes vom Stande des Führers ohne besondere Proben fortwährend erkennbar und eine in die Augen fallende Marke des Normalwasserstandes angebracht sein;
3) mit wenigstens zwei vorschriftsmäßigen Sicherheitsventilen, von welchen das eine so eingerichtet sein soll, daß die Belastung desselben nicht über das bestimmte Maaß gesteigert werden kann. Die Belastung dieser Sicherheitsventile ist derartig einzurichten, daß denselben eine vertikale Bewegung von 3 Millimetern möglich ist;
4) mit einer Vorrichtung (Manometer), welche den Druck des Dampfes zuverlässig und ohne Anstellung besonderer Proben fortwährend erkennen läßt. Auf den Zifferblättern der Manometer muß die größte zulässige Dampfspannung durch eine in die Augen fallende Marke bezeichnet sein;
5) mit einer Dampfpfeife. [465]
Jede Lokomotive muß mit Bahnräumern, sowie mit einem verschließbaren, an den Feuerkasten dicht anliegenden Aschkasten und mit einer Vorrichtung versehen sein, durch welche der Auswurf glühender Kohlen aus dem Schornstein wirksam verhütet wird.
Tender-Lokomotiven und Tender müssen mit kräftigen, leicht zu handhabenden Bremsen versehen sein.
Alle in fahrplanmäßigen Zügen gehende Wagen sollen auf Federn ruhen, mit elastischen Zugapparaten und an beiden Enden mit elastischen Buffern versehen sein.
Sämmtliche Räder müssen mit Spurkränzen versehen sein.
Die Stärke schmiedeeiserner und stählerner Radreifen muß bei Lokomotiven und Tendern mindestens 22 Millimeter betragen, bei Wagen können schmiedeeiserne Radreifen bis auf 19 Millimeter, stählerne bis auf 16 Millimeter abgenutzt werden.
Sicherheitsketten müssen auf beiden Enden jedes Wagens angebracht und so befestigt sein, daß sie im Zustande der vollen Belastung desselben beim freien Herabhängen noch 50 Millimeter von der Obersfläche der Schienen entfernt bleiben.
In jedem Zuge müssen außer den Bremsen am Tender oder an der Lokomotive so viele kräftig wirkende Bremsvorrichtungen angebracht sein, daß bei Steigungen der Bahn
bei Personenzügen, bei Güterzügen,
bis einschließlich 1/500       der 8. Theil, der 12. Theil,
bis einschließlich 1/300       der 6. Theil, der 10. Theil,
bis einschließlich 1/200       der 5. Theil, der 8. Theil,
bis einschließlich 1/100       der 4. Theil, der 7. Theil,
bis einschließlich 1/60       der 3. Theil, der 5. Theil,
bis einschließlich 1/40       der 2. Theil, der 4. Theil,
der Räderpaare gebremset werden kann. Gemischte Züge, welche mit der Geschwindigkeit der Personenzüge fahren, sind hierbei als Personenzüge zu behandeln.
Für Bahnstrecken mit stärkeren Steigungen als 1/40 sind für das Bremsen der Züge von den Aufsichtsbehörden besondere Vorschriften zu erlassen.
Die Thüren der Personenwagen, welche sich an den Langseiten befinden, sind nur auf ihren Außenseiten mit Vorrichtungen zum Oeffnen zu versehen, und zwar haben diese Thüren einen doppelten Verschluß, worunter ein Vorreiber, zu erhalten. [466]
Das Innere der Personenwagen ist während der Fahrt in der Dunkelheit angemessen zu erleuchten. Diese Anordnung findet auch auf Tunnels, zu deren Durchfahrung 3 Minuten oder mehr gebraucht werden, Anwendung.
Die Personen- und bedeckten Güterwagen sind mit den erforderlichen Vorrichtungen zur Anbringung der Signallaternen zu versehen.
Alle mit leicht feuerfangenden Gegenständen beladenen Güterwagen müssen mit einer sicheren Bedeckung versehen sein, soweit nicht Ausnahmen durch das Betriebsreglement gestattet sind.
Sämmtliche Wagen sind, nachdem sie 3000 bis 4000 Meilen durchlaufen haben, resp. selbst bei geringerer Länge des zurückgelegten Weges nach längstens je zwei Jahren einer periodischen Revision zu unterwerfen, bei welcher die Achsen, Lager und Federn abgenommen werden müssen.
Jeder Wagen muß Bezeichnungen erhalten, aus welchen zu ersehen ist:
a) die Eisenbahn, zu welcher er gehört;
b) die Ordnungsnummer, unter welcher er in den Werkstätten und Revisionsregistern geführt wird;
c) das eigene Gewicht, einschließlich Achsen und Räder;
d) das größte Ladegewicht, mit welchem er belastet werden darf;
e) das Datum der letzten Revision.
In jedem Zuge sollen diejenigen Geräthschaften vorhanden sein, vermittelst welcher die während der Fahrt an dem Zuge vorkommenden Beschädigungen thunlichst beseitigt und die Weiterfahrt möglich gemacht werden kann.

III. Einrichtungen und Maaßregeln für die Handhabung des Betriebes.

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Jede Station muß eine Uhr erhalten, welche nach der mittleren Zeit des Ortes gestellt ist. Auf größeren Bahnhöfen müssen die Zeitangaben sowohl von dem Zugänge zu denselben, als von den Zügen bei Tage wie auch im Dunkeln erkennbar sein.
Die Zugführer, Lokomotivführer, Bahnmeister und Bahnwärter müssen im Dienst beständig eine richtig gehende Uhr bei sich tragen.
Auf doppelgleisigen Bahnstrecken sollen die Züge immer das in ihrer Richtung rechts liegende Geleise befahren. [467]
Ausnahmen von dieser Regel sind nur bei Geleissperrungen nach vorgängiger Verständigung der benachbarten Stationen gestattet.
Für die Doppelstrecken in den Bahnhöfen sind Abweichungen von dieser Bestimmung unter Verantwortlichkeit des Vorstehers der Station zulässig.
Das Schieben der Züge durch Lokomotiven ist untersagt, wenn sich nicht eine arbeitende Maschine an der Spitze des Zuges befindet. Für langsame Rückwärtsbewegungen des Zuges in Nothfällen oder auf den Bahnhöfen und bei Arbeitszügen findet diese Bestimmung keine Anwendung, wenn die Geschwindigkeit 20 Minuten die Meile nicht übersteigt.
Bei Zügen mit Lokomotiven an der Spitze ist das Nachschieben zulässig:
a) beim Ersteigen stark geneigter Bahnstrecken;
a) bei Ingangbringung der Züge in den Stationen.
Mehr als 200 Achsen sollen in keinem Eisenbahnzuge gehen. Solche Züge, in welchen auch Personen befördert werden, sollen nicht über 150 Achsen stark sein.
Die Fahrt der Lokomotive mit dem Tender voran ist bei fahrplanmäßigen Zügen nur in Ausnahmefällen, bei Arbeitszügen und bei Güterzügen zwischen den Stationen und benachbarten gewerblichen Etablissements, sowie auf Bahnhöfen dann gestattet, wenn die Fahrgeschwindigkeit nicht mehr als höchstens 20 Minuten die Meile beträgt.
Kein Personenzug darf vor der im Fahrplan angegebenen Zeit von einer Station abfahren.
Die Abfahrt darf nicht erfolgen, bevor alle Wagenthüren geschlossen sind und das für die Abfahrt bestimmte Signal gegeben ist.
Züge, wohin auch leer gehende Lokomotiven zu rechnen, dürfen einander nur in Stationsdistanz folgen. Nöthigenfalls sind zu dem Behuf Signal-Zwischenstationen anzulegen.
An solchen Zügen, welchen andere, nicht fahrplanmäßige nachfolgen, ist dies zu signalisiren.
Die größte Fahrgeschwindigkeit, welche auf keiner Strecke der Bahn überschritten werden darf, wird bei Steigungen von nicht über 1:200 und Krümmungen von nicht weniger als 1000 Meter Radius:
für Schnellzüge auf 5 Minuten,
für Personenzüge auf 6 Minuten,
für Güterzüge auf 10 Minuten
pro Meile festgesetzt; auf stärker geneigten oder mehr gekrümmten Strecken muß diese Geschwindigkeit angemessen verringert werden. [468]
Langsamer muß gefahren werden:
a) wenn Menschen, Thiere oder andere Hindernisse auf der Bahn bemerkt werden;
b)beim Uebergang über Drehbrücken;
c) wenn das Signal zum Langsamfahren gegeben wird.
In allen diesen Fällen muß so langsam gefahren werden, als die Umstände zur Vorbeugung einer möglichen Gefahr es erfordern.
Bei der Einfahrt aus Haupt- in Zweigbahnen und umgekehrt, sowie überhaupt bei dem Uebergange aus einem Geleise in das andere, muß so langsam gefahren werden, daß der Zug auf einer Länge von 150 Meter zum Stillstand gebracht werden kann.
Bei Kurier-, Schnell- und Extrazügen, bei denen die im §. 25. angegebene höchste Fahrgeschwindigkeit zur Anwendung kommen soll, müssen sich die Betriebsmittel in einem vorzugsweise tüchtigen Zustande befinden. Außerdem müssen:
a) die Fahrzeuge unter sich, sowie mit dem Tender so fest gekuppelt sein, daß sämmtliche Zug- und Bufferfedern etwas angespannt sind;
b) die im §. 13. vorgeschriebene Zahl der Bremsen um eine vermehrt sein;
c) achträdrige Wagen sich nicht darin befinden.
Die Kurier- und Schnellzüge, sowie die Extrazüge der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften haben Behufs besonders pünktlicher Beförderung überall den Vorrang vor den anderen Zügen.
Einzelne Wagen mit Eilgut, welche etwa in die Schnellzüge eingestellt werden möchten, dürfen höchstens mit 2/3 der normalmäßigen Ladungsfähigkeit belastet weiden.
Die Beförderung von Gütern mit den Personenzügen ist nur unter folgenden Bedingungen zulässig:
a) das Auf- und Abladen von Gütern, ebenso wie das An- und Abschieben von Güterwagen darf niemals Veranlassung zur Verlängerung des Aufenthalts auf den Stationen sein, insofern nicht als sicher angenommen werden kann, daß die entstehende Verspätung durch rascheres Fahren innerhalb der festgesetzten Geschwindigkeitsgrenzen bis zur nächsten Station wieder beseitigt werden wird;
b) die Mitnahme von Güterwagen darf eine Verlängerung der planmäßigen Fahrzeit nicht herbeiführen;
c) die Passagiere der Personenzüge dürfen durch die Mitbeförderung von Gütern in keiner Weise belästigt werden. [469]
Wenn es im Interesse des Lokalverkehrs wünschenswerth erscheint, kann mit den Güterzügen auch Personenbeförderung stattfinden; jedoch darf deshalb keine Beschleunigung der Güterzüge eintreten.
Jeder Zugführer hat einen Stundenzettel zu führen, in welchem die Abgangs- und Ankunftszeiten auf den einzelnen Haltepunkten genau zu verzeichnen sind.
Bei Bildung eines jeden Zuges muß sorgfältig darauf gehalten werden, daß die im §. 13. vorgeschriebene Anzahl von Bremsen sich in selbigem befinden und daß letztere im Wesentlichen gleichmäßig vertheilt sind. Bei stärkeren Steigungen als 1 zu 200 soll der letzte Wagen eine Bremse haben.
Bevor der Zug die Abgangsstation verläßt, ist derselbe zu revidiren und darauf zu achten, daß die Wagen unter sich und der Tender mit dem nächstfolgenden Wagen fest verkuppelt, die Sicherheitsketten eingehangen, die Verbindung zwischen den Schaffnersitzen und der Dampfpfeife hergestellt, die einzelnen Wagen thunlichst gleichmäßig belastet, die nöthigen Fahrsignale und Laternen angebracht und die Bremsen vorschriftsmäßig vertheilt sind. Diese Revision ist unterwegs bei jeder Veränderung in der Zusammensetzung des Zuges und so oft der Aufenthalt es gestattet, zu wiederholen.
In den Personenzügen müssen die Zughaken so weit zusammengezogen sein, daß die Federbuffer der Wagen im Zustande der Ruhe sich berühren. In gemischten Zügen sind Wagen mit ungewöhnlicher Kuppelung nicht unmittelbar vor und unmittelbar hinter die Personenwagen zu stellen.
In jedem zur Beförderung von Passagieren bestimmten Zuge muß mindestens Ein Wagen ohne Passagiere zunächst auf den Tender folgen. Bei der den Postwagen zu gebenden Stellung ist auf die Bedürfnisse des Postdienstes möglichste Rücksicht zu nehmen; die Verwendung des Postwagens als Schutzwagen ist thunlichst zu vermeiden.
Extrazüge dürfen nicht befördert werden, wenn die Bahn nicht vollständig bewacht, der Zug den Bahnwärtern nicht vorher signalisirt und der nächsten Station ordnungsmäßig gemeldet ist.
Arbeitszüge dürfen nur auf bestimmte Anordnung der mit der Leitung des Betriebes betrauten verantwortlichen oberen Beamten resp. deren Vertretern und in fest abgegrenzten Zeiträumen auf der Bahn fahren. [470]
Die Vorsteher der beiden angrenzenden Stationen müssen von der Bewegung solcher Züge Kenntniß erhalten. Letzteres gilt auch von einzelnen Materialien-Transportwagen und Draisinen, welche durch Menschenkräfte bewegt werden. Dieselben müssen von einem verantwortlichen Beamten begleitet sein.
Mindestens ¼ Stunde vor der fahrplanmäßigen Ankunft der Züge muß das betreffende Bahngeleis von Arbeitszügen, Lokomotiven und einzelnen Wagen geräumt sein. Ausnahmen sind nur auf Bahnhöfen und zwar auch nur in dem Falle statthaft, daß diese durch Haltesignale gegen das Einfahren ankommender Züge gesichert sind. Arbeitszüge und einzelne Lokomotiven werden wie die ordentlichen Züge signalisirt.
Schneepflüge oder Wagen zum Brechen des Glatteises dürfen nicht vor die Lokomotiven fahrplanmäßiger Züge gestellt werden. Wo das Bedürfniß eintritt, werden diese Schneepflüge oder Wagen dem Zuge in entsprechendem Abstände mit besonderen Maschinen vorausgeschickt.
Fest mit der Zuglokomotive verbundene Schneepflüge, welche nicht auf besonderen Rädern gehen, sind zulässig.
Ohne Erlaubniß der dazu bevollmächtigten Beamten darf außer den durch ihren Dienst dazu berechtigten Beamten Niemand auf der Lokomotive mitfahren.
Bei angeheizten Lokomotiven soll, so lange sie vor dem Zuge halten oder in Ruhe stehen, der Regulator geschlossen, die Steuerung in Ruhe gesetzt und die Tenderbremse angezogen sein. Die Lokomotive muß dabei stets unter spezieller Aufsicht stehen.
Die auf den Bahnhöfen stehenden Wagen sind durch Vorlagen, Bremsen etc. so festzustellen; daß sie durch Wind nicht in Bewegung gesetzt werden können.
Jeder im Dunkeln sich bewegende Zug, sowie jede einzeln fahrende Lokomotive muß vorn mit zwei in der Richtung der Fahrt weit leuchtenden Laternen und hinten mit mindestens Einer nach rückwärts roth leuchtenden Schlußlaterne versehen sein.
Am Schlusse eines jeden im Dunkeln stehenden Zuges ist außerdem ein dem Lokomotivführer und dem Zugpersonal sichtbares, nach hinten und nach vorn leuchtendes Laternensignal anzubringen.
Bei Bewegung der Lokomotiven auf Bahnhöfen genügt die Anbringung einer Laterne mit weißem Licht an jedem Ende der Lokomotive beziehungsweise am Tender.
Auch Draisinen und Materialien-Transportwagen (§. 35.) auf freier Bahn müssen im Dunkeln angemessen beleuchtet sein. [471]
Auf der Bahn müssen folgende Signale gegeben werden können:
1) die Bahn ist fahrbar,
2) der Zug soll langsam fahren,
3) der Zug soll still halten,
und zwar soll im Dunkeln das Signal
ad 1. durch weißes Licht,
ad 2. durch grünes Licht,
ad 3. durch rothes Licht,
gegeben werden.
Die Zugführer, Schaffner und Bremser müssen das Signal zum Halten an den Lokomotivführer geben können.
Die Lokomotivführer müssen folgende Signale geben können:
1) Achtung geben,
2) Bremsen anziehen,
3) Bremsen loslassen.
Der Dienst mit dem elektromagnetischen Telegraphen wird nach besonderer von der Eisenbahnverwaltung resp. Aufsichtsbehörde erlassenen Instruktion gehandhabt; es müssen durch denselben Depeschen von Station zu Station gegeben und sämmtliche Wärter zwischen je 2 Stationen von dem Abgänge der Züge benachrichtigt werden können.
Die Signale
1) der Zug geht nicht ab,
2) es soll eine Hülfslokomotive kommen,
dürfen nicht mittelst optischer, sondern müssen mittelst elektrischer Telegraphen erfolgen.
Zum Herbeirufen von Hülfslokomotiven müssen die Züge mit portativen Apparaten versehen oder an geeigneten Stellen elektrische Apparate aufgestellt sein.
Nicht fahrplanmäßige Züge oder einzelne Lokomotiven müssen in der Regel durch ein Signal an dem in der einen oder anderen Richtung zunächst vorhergehenden Zuge den Bahnwärtern, Arbeitern und den in Seitenbahnen haltenden Zügen zur Nachachtung angekündigt werden.
Kann eine solche Signalisirung nicht stattfinden, so dürfen nicht fahrplanmäßige Züge oder einzelne Lokomotiven nur abgelassen werden, wenn eine bezügliche Verständigung der beiden betreffenden Stationen stattgefunden hat, und die Wärter vorher von dem Abgang derselben durch den elektromagnetischen Telegraphen zeitig benachrichtigt sind. [472]
Die jedesmalige Stellung der Weichen der Bahnhöfe muß, mindestens in den Hauptgeleisen, dem Lokomotivführer auf 150 Meter Entfernung kenntlich sein. Die dazu dienenden Zeichen müssen durch die Bewegung der Weichenzungen gestellt werden.
Vor der Ankunft und vor der Abfahrt eines jeden Zuges ist nachzusehen, ob die Bahnstränge, welche derselbe zu durchlaufen hat, frei und die betreffenden Weichen richtig gestellt sind.
Für die Weichen in den Hauptgeleisen ist eine normale Stellung als Regel vorzuschreiben.
Zu den Hauptgeleisen sind alle diejenigen Geleise zu rechnen, welche in Ausführung des fahrplanmäßigen Fahrdienstes von Bahnzügen durchfahren, resp. benutzt werden.
Die Stellung der Ausgußröhren der Wasserkrahne soll im Dunkeln kenntlich gemacht sein.
Das Begleitpersonal darf während der Fahrt nur Einem Beamten untergeordnet sein, welcher als vorzugsweise verantwortlich für die Ordnung und Sicherheit des Zuges stets derart placirt sein muß, daß er den ganzen Zug übersehen, die Bahnsignale erkennen und mit dem Lokomotivführer in Verbindung treten kann. Dasselbe gilt bezüglich der Placirung auch von den Schaffnern und Bremsern, soweit diesen die Beaufsichtigung des Zuges resp. die Bedienung der Bremsen obliegt. Zur Verständigung zwischen Zugpersonal und Lokomotivführer soll bei allen Zügen eine mit der Dampfpfeife der Lokomotive oder mit einem Wecker an der Lokomotive verbundene Zugleine resp. geeignete andere Vorrichtung angebracht sein, welche bei Personenzügen über den ganzen Zug, bei gemischten Zügen mindestens über alle Personenwagen und bei Güterzügen mindestens bis zum wachthabenden Fahrbeamten geführt sein muß.
Bei Unfällen und wenn sonst aus irgend einer Veranlassung Züge auf der Bahn stehen bleiben oder halten müssen, die fahrplanmäßig ihren Lauf fortzusetzen hätten, müssen in der Richtung, aus welcher andere Züge sich möglicherweise nähern könnten, sichere Maaßregeln getroffen werden, durch welche solche Züge zeitig genug von dem Orte, wo der Zug anhält, in Kenntniß gesetzt werden.
Jede Weiche, gegen deren Spitze fahrplanmäßige Züge fahren, muß während des Durchgangs des Zuges entweder verschlossen gehalten werden oder von einem Weichensteller bedient sein. [473]
Den Weichenstellern vor der Einfahrt in größere Stationen und an den Zweigbahnen, sowie an den auf freier Bahn belegenen Ausweichungen, ebenso den auf der Fahrt befindlichen Lokomotivführern, Heizern und Bremsern dürfen Geschäfte, durch welche die sorgfältige Wahrnehmung ihrer Funktionen beeinträchtigt werden könnte, nicht aufgetragen oder gestattet werden.
Die Führung der Lokomotiven darf nur solchen Führern übertragen werden, welche wenigstens ein Jahr lang in einer mechanischen Werkstatt gearbeitet haben und nach mindestens einjähriger Lehrzeit durch eine, von dem Maschinenmeister und einem technischen Betriebsbeamten abzuhaltende Prüfung und durch Probefahrten ihre Befähigung nachgewiesen haben.
Die Heizer müssen mit Handhabung der Lokomotiven mindestens soweit vertraut sein, um dieselbe erforderlichen Falls still- oder zurückstellen zu können.

IV. Bestimmungen für das Publikum.

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Die Eisenbahnreisenden müssen den allgemeinen Anordnungen nachkommen, welche von der Bahnverwaltung Behufs Aufrechthaltung der Ordnung beim Transport der Personen und Effekten getroffen werden und haben den dienstlichen Aufforderungen der mit Uniform oder Dienstabzeichen versehenen oder eine besondere Legitimation führenden Bahnpolizei-Beamten (§. 72.) unweigerlich Folge zu leisten.
Das Planum der Bahn, die dazu gehörigen Böschungen, Dämme, Gräben, Brücken und sonstigen Anlagen dürfen nur von den in der Ausübung ihres Dienstes befindlichen Forstschutz-, Zoll- und Steuer-, und Polizeibeamten und den Beamten der Staatsanwaltschaften betreten werden; dem Publikum ist das Ueberschreiten der Bahn nur an den zu Ueberfahrten oder Uebergängen bestimmten Stellen gestattet, so lange die letzteren nicht durch Barrièren oder Einfriedigungen verschlossen sind, und ist dabei jeder unnöthige Verzug zu vermeiden.
Das eigenmächtige Eröffnen oder Ueberschreiten der Barrièren oder sonstigen Einfriedigungen ist untersagt.
Mit Ausnahme des Chefs der Militair- und Polizeibehörden, die am Orte des Bahnhofs ihren Sitz haben, der Staatsanwälte, der exekutiven Polizei- und der in der Ausübung ihres Dienstes befindlichen Post-, Telegraphen-, Forstschutz-und Zoll- und Steuerbeamten, darf Niemand ohne Erlaubnißkarte die Bahnhöfe und die dazu gehörigen Gebäude (Dienstlokale) außerhalb derjenigen Räume betreten, welche ihrer Bestimmung nach dem Publikum geöffnet sind.
Die Festungskommandanten, Fortifikationsoffiziere und Fortifikationsbeamten, welche durch ihre Uniform als solche kenntlich sind, stehen den Militair- und Polizeichefs insofern gleich, als es ihnen gestattet ist, den Bahnkörper und die Bahnhöfe innerhalb des Festungsrayons zu betreten. [474]
Die Wagen, welche Reisende zur Bahn bringen, oder daher abholen, müssen auf den Vorplätzen der Bahnhöfe an den dazu bestimmten Stellen auffahren.
Die Ueberwachung der Ordnung auf den für diese Wagen bestimmten Vorplätzen, soweit dies den Verkehr mit Reisenden und deren Gepäck betrifft, steht den Bahnpolizei-Beamten zu; insofern in dieser Beziehung nicht besondere Vorschriften Anderes bestimmen.
Das Hinüberschaffen von Pflügen, Eggen und anderen Geräthen, sowie von Baumstämmen und anderen schweren Gegenständen über die Bahn darf, sofern solche nicht getragen werden, nur auf Wagen oder untergelegten Schleifen erfolgen.
Für das Betreten der Bahn und der dazu gehörigen Anlagen durch Vieh ist derjenige verantwortlich, welcher die ihm obliegende Aufsicht über dasselbe vernachlässigt.
Das Uebertreiben von größeren Viehheerden über die Bahnübergänge darf zehn Minuten vor dem erwarteten Eintreffen eines Zuges nicht mehr stattfinden.
Privatübergänge dürfen nur von den Berechtigten unter den von der Eisenbahnverwaltung vorgeschriebenen Bedingungen benutzt werden.
So lange die Ueberfahrten geschlossen sind, müssen Fuhrwerke, Reiter, Treiber von Viehheerden, bei den aufgestellten Warnungstafeln halten. Dasselbe gilt für den Fall, daß die Glocken an den mit Zugbarrièren versehenen Uebergängen ertönen. Fußgänger dürfen sich den verschlossenen Barrièren nähern, dieselben aber nicht öffnen.
Alle Beschädigungen der Bahn und der dazu gehörigen Anlagen, mit Einschluß der Telegraphen, sowie der Betriebsmittel nebst Zubehör, ingleichen das Auflegen von Steinen auf das Planum, oder das Anbringen sonstiger Fahrhindernisse sind verboten, ebenso die Erregung falschen Alarms, die Nachahmung von Signalen, die Verstellung von Ausweichevorrichtungen und überhaupt die Vornahme aller, den Betrieb störenden Handlungen.
Es ist verboten, feuergefährliche und solche Gegenstände, wodurch andere Transportgegenstände oder die Transportmittel selbst beschädigt werden könnten, in den Personen- oder Gepäckwagen mitzuführen, oder in den Güterwagen ohne Anzeige zu versenden. [475]
Rücksichtlich der Versendung von Chemikalien und feuergefährlichen Gegenständen verbleibt es bei den besonderen hierüber erlassenen Bestimmungen des Betriebsreglements.
Geladene Gewehre dürfen unter keinerlei Umständen mitgenommen werden; das Zugpersonal ist befugt, vor dem Einsteigen die von den Reisenden geführten Schießgewehre zu untersuchen.
Das Tabackrauchen ist in allen Wagenklassen gestattet, in der ersten Klasse jedoch nur unter Zustimmung aller in denselben Koupés Mitreisenden. In den Wagen der zweiten und wo thunlich auch der dritten Klasse müssen Koupés für Nichtraucher vorhanden sein.
Hunde und andere Thiere dürfen von den Reisenden in den Personenwagen nicht mitgeführt werden; dasselbe gilt von solchen Gepäckstücken, durch welche die Mitreisenden belästigt werden können.
Trunkene Personen dürfen zum Mitfahren nicht zugelassen werden. Sind solche bereits in die Wagen gelangt, so werden sie aus diesen ausgewiesen; ein Gleiches findet statt, wenn sie in den Wartesälen oder auf den Bahnhöfen und Haltestellen betroffen werden. Dergleichen Personen haben keinen Anspruch auf den Ersatz des etwa gezahlten Personengeldes.
Wer die vorgeschriebene Ordnung nicht beobachtet, sich den Anordnungen der Bahnpolizei-Beamten nicht fügt, oder sich unanständig benimmt, wird gleichfalls zurückgewiesen und ohne Anspruch auf den Ersatz bes gezahlten Personengeldes von der Mit- und Weiterreise ausgeschlossen.
Sichtlich kranke und solche Persone, welche durch ihre Nachbarschaft den Mitreisenden augenscheinlich lästig werden würden, dürfen nur dann zur Mitfahrt zugelassen werden, wenn ein besonderes Koupé für sie gelöst wird. Anderen Falls wird beim Ausschluß von der Fahrt etwa gezahltes Fahrgeld ihnen zurückgegeben.
Das Einsteigen in einen bereits in Gang gesetzten Zug, der Versuch, sowie die Hülfeleistung dazu, ingleichen das eigenmächtige Oeffnen der Wagenthüren oder Aussteigen, während der Zug sich noch in Bewegung befindet, ist verboten. [476]
Wer im Eisenbahnzuge ohne gültiges Fahrbillet betroffen wird, hat für die ganze von ihm zurückgelegte Strecke, und wenn die Zugangsstation nicht sofort unzweifelhaft nachgewiesen wird, für die ganze, vom Zuge zurückgelegte Strecke das Doppelte des gewöhnlichen Fahrpreises, mindestens aber den Betrag von 2 Thalern zu entrichten. Derjenige Reisende jedoch, welcher in einen Personenwagen einsteigt und gleich beim Einsteigen unaufgefordert dem Schaffner oder Zugführer meldet, daß er wegen Verspätung kein Billet mehr habe lösen können, hat, wenn er überhaupt noch zur Mitfahrt zugelassen wird, worauf er keinen Anspruch hat, einen um 10 Sgr. erhöhten Fahrpreis zu zahlen. Wer die sofortige Zahlung verweigert, kann ausgesetzt werden und bleibt die gerichtliche Einziehung der erwähnten Beträge der Verwaltung vorbehalten.
Die Uebertretung oder Nichtbefolgung der in den §§. 51 – 60. und 66. enthaltenen Bestimmungen wird mit einer, von den zuständigen Behörden festzusetzenden Geldstrafe bis zu 10 Thalern, im Unvermögensfalle mit Verhältnißmäßiger Gefängnißstrafe geahndet, sofern nicht nach den allgemeinen gesetzlichen Strafbestimmungen eine härtere Strafe verwirkt ist.
Die zur Ausübung der Bahnpolizei berufenen und verpflichteten Eisenbahnbeamten (§. 72.) sind ermächtigt, jeden Uebertreter der obigen Vorschriften, welcher unbekannt ist und sich über seine Person nicht auszuweisen vermag, oder letzteren Falls nicht eine der angedrohten Strafe entsprechende angemessene Kaution erlegt, deren Höhe jedoch das Maximum der Strafe in keinem Falle übersteigen darf, wenn er bei der Ausführung der strafbaren Handlung oder gleich nach derselben betroffen oder verfolgt wird, vorläufig zu ergreifen und festzunehmen.
Enthält die strafbare Handlung ein Verbrechen oder Vergehen, so kann sich der Schuldige durch eine Kautionsbestellung der vorläufigen Ergreifung und Festnahme nicht entziehen.
Jeder Festgenommene ist ungesäumt an die nächste Polizeibehörde resp. an den Staats- oder Polizei-Anwalt abzuliefern.
Im Falle einer Festnahme ist den Bahnpolizei-Beamten gestattet, die festgenommenen Personen durch Mannschaften aus dem auf der Eisenbahn befindlichen Arbeitspersonale in Bewachung nehmen und an den Bestimmungsort abliefern zu lassen. In diesem Falle hat der Bahnpolizei-Beamte eine mit seinem Namen und mit seiner Dienstqualität bezeichnete Festnehmungskarte mitzugeben, welche vorläufig die Stelle der aufzunehmenden Kontraventionsverhandlung vertritt, welche in der Regel an demselben Tage, an dem die Kontravention konstatirt wurde, spätestens aber am Vormittage des folgenden Tages an die Polizeibehörde oder den kompetenten Staats- oder Polizei-Anwalt eingesendet werden muß. [477]
Ein Abdruck der §§. 51 – 71. dieses Reglements muß in jedem Passagierzimmer ausgehängt, und ferner auf jedem Bahnhofe ein dem Publikum zugängliches Beschwerdebuch ausgelegt sein.

V. Bahnpolizei-Beamte.

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Zur Ausübung der Bahnpolizei sind zunächst berufen und verpflichtet folgende Eisenbahnbeamte:
1) der Betriebsdirektor, beziehungsweise der Ober-Ingenieur,
2) der Ober-Betriebsinspektor,
3) die Betriebsinspektoren und die Betriebskontroleure,
4) die Eisenbahnbaumeister, beziehungsweise Abtheilungsbaumeister und Ingenieure,
5) die Bahnmeister und die Ober-Bahnwärter,
6) die Bahn- und Hülfsbahnwärter,
7) der Bahnkontroleur,
8) die Stationsvorsteher, beziehungsweise Bahnhofsinspektoren,
9) die Stationsaufseher,
10) die Stationsassistenten,
11) die Weichensteller,
12) die Zugführer, Packmeister und Schaffner,
13) die Portiers und Nachtwächter.
Die Bahnpolizei-Beamten müssen bei Ausübung ihres Dienstes die vorgeschriebene Dienstuniform resp. das festgestellte Dienstabzeichen tragen, oder mit einer Legitimation versehen sein.
Allen im §. 72. genannten Bahnpolizei-Beamten, welche in der zur Sicherung des Betriebes erforderlichen Anzahl angestellt werden müssen, sind von der Eisenbahnverwaltung über ihre Dienstverrichtungen und ihr gegenseitiges Dienstverhältniß schriftliche oder gedruckte Instruktionen zu ertheilen.
Alle zur Ausübung der Bahnpolizei berufenen Beamten müssen mindestens 21 Jahre alt und unbescholtenen Rufes sein, lesen und schreiben können und die sonst zu ihrem besonderen Dienst erforderlichen Eigenschaften besitzen.
Die Bahnpolizei-Beamten werden von der kompetenten Behörde vereidet.
Sie treten alsdann in Beziehung auf die ihnen übertragenen Dienstverrichtungen dem Publikum gegenüber in die Rechte der öffentlichen Polizeibeamten. [478]
Die Bahnpolizei-Beamten haben dem Publikum gegenüber ein besonnenes, anständiges und, soweit die Erfüllung der ihnen auferlegten Dienstpflichten es zuläßt, möglichst rücksichtsvolles Benehmen zu beobachten und sich insbesondere jedes herrischen und unfreundlichen Auftretens zu enthalten.
Unziemlichkeiten sind von ihren Vorgesetzten streng zu rügen und nöthigenfalls durch Ordnungsstrafen zu ahnden.
Diejenigen Bahnpolizei-Beamten, welche sich als zur Ausübung ihres Dienstes ungeeignet zeigen, müssen sofort von der Verrichtung polizeilicher Funktionen entfernt werden.
Die Bahnverwaltung ist verbunden, über jeden Bahnpolizei-Beamten Personalakten anzulegen und fortzuführen.
Die Amtswirksamkeit der Bahnpolizei-Beamten erstreckt sich ohne Rücksicht auf den ihnen angewiesenen Wohnsitz auf die ganze Bahn und die dazu gehörigen Anlagen, und ferner noch so weit, als solches zur Handhabung und Aufrechthaltung der für den Eisenbahnbetrieb erlassenen oder noch zu erlassenden Polizeiverordnungen erforderlich ist.
Die Staats- und Gemeinde-Polizeibeamten sind verpflichtet, auf Ersuchen der Bahnpolizei-Beamten dieselben in der Handhabung der Bahnpolizei zu unterstützen. Ebenso sind die Bahnpolizei-Beamten verbunden, den übrigen Polizeibeamten bei der Ausübung ihres Amts innerhalb des im vorhergehenden Paragraphen bezeichneten Gebiets Assistenz zu leisten, soweit es die den Bahnbeamten obliegenden besonderen Pflichten zulassen.

VI. Beaufsichtigung.

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Die Aufsicht über die Ausführung der im Vorstehenden zur Sicherung des Betriebes gegebenen Vorschriften liegt
a) bei den unter Staatsverwaltung stehenden Eisenbahnen den Eisenbahn-Direktionen,
b) bei den unter Privatverwaltung stehenden Privateisenbahnen dem obersten Betriebsdirigenten, beziehungsweise den Eisenbahndirektionen und den von den einzelnen Bundesregierungen eingesetzten Aufsichtsorganen ob. [479]

VII. Schlußbestimmung.

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Vorstehendes Reglement tritt mit dem 1. Januar 1871. auf allen im Norddeutschen Bunde belegenen Bahnen in Kraft.
Dasselbe wird durch das Bundesgesetzblatt und außerdem durch die Bundesregierungen, unter Aufhebung aller gegenwärtig bestehenden Spezialreglements, in geeigneter Weise publizirt.
Die von den Bundesregierungen beziehungsweise Eisenbahnverwaltungen erlassenen Ausführungsbestimmungen sind dem Bundeskanzler-Amte mitzutheilen.
Berlin, den 3. Juni 1870.
Der Kanzler des Norddeutschen Bundes.

In Vertretung:
Delbrück.

Anlage: Normal-Profil des lichten Raumes

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