Zedler:Tiepolo, Thiepolo, Theupoli, oder Tiepoli

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Band: 44 (1745), Spalte: 80–84. (Scan)

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Tiepolo, Thiepolo, Theupoli, oder Tiepoli, eine von den allerältesten edlen Familien zu Venedig. Sie hat 2 Dogen hervor gebracht. Der erste, Nahmens Giacomo oder Jacob, wurde im Jahr Christi 1229 an Peter Ziani Stelle zum XLIII in solcher Würde erhoben, welche er auch gantzer 20 Jahr behalten hat. Er und Regnier Dandalo hatten bey der Wahl jeder zwantzig Stimmen zur Hertzoglichen Würde, welcher Zwiespalt auch fast zwey Monate lang daurete, bis die Sache durch das Looß endlich zum Vortheil des ersteren ausfiel, weßhalben man auch, um dergleichen Unfall in Zukunfft zu verhüten, die Zahl der Wehlenden bis auf ein und viertzig vermehret hat. Er nöthigte beydes Candien und Zara, welche rebelliret hatten, sich wieder zu unterwerffen. So stritte er auch wider die von Ferrara, ingleichen wider den Tyrannen Azzolinus, welcher sich Meister von Padua, Verona und andern Städten gemacht hatte. Dabey war er ein grosser Rechts-Gelehrter, und reformirte den Venetianischen Codicem. Sonst ist auch dieses von ihm zu mercken, daß unter seiner Regierung durch ihn die Dominicaner zuerst in Venedig eingeführet worden. Die Venetianer hielten es zu seiner Zeit mit denen Städten in der Lombardey, welche wider den Kayser Friedrich aufgestanden waren, und sandten daher seinen Sohn, welchem das Commando aufgetragen wurde, denenselben mit einigen Krigs-Völckern zu Hülffe; er wurde aber von dem Kayser geschlagen, gefangen, und ihm nebst einigen andern Häuptern der Aufrührer der Kopff abgeschlagen. Der Kayser von Constantinopel Balduin der II, muste damahls, weil er im Jahr 1248 von dem Griechischen Kayser Johann Ducas ungemein gedruckt wurde, die Lantze, damit Christus war gestochen worden, den Schwamm, damit man ihn soll geträncket haben, und ein Stücke vom Creutze Christi nach Venedig zum Unterpfande schicken, und dadurch einen Succurs suchen, welchen er auch auf diese Weise von der Republick erhielt, und durch dessen Beyhülffe derer Griechischen Feinde glücklich entlediget ward. Im Jahr [81] 1249 aber legte Jacob Tiepolo von freyen Stücken die Hertzogliche Würde nieder, welche, nachdem sie darauf von Marino Morisini und von Reniero Zeno 19 Jahr verwaltet worden, seinem Sohne, Lorenzo oder Lorentz Tiepolo 1268 aufgetragen, und er dadurch zum XLVIsten Venetianischen Hertzog erkohren ward. Derselbe hatte sich den Weg dazu gebahnet, indem er unter dem vorigen Hertzoge wider die Genueser einen herrlichen und zwar den ersten Sieg wieder dieselbige erlanget. Dieses geschahe im Jahr 1253. Er als damahliger Admiral gebrauchte die List, und ließ von weiten Laternen auf dem Meere präsentiren. Weil nun die Genueser meyneten, das wäre ein Succurs aus Candia, so verlohren sie allen Muth und wurden geschlagen, so daß die Venetianer damahls 2000 Gefangene bekamen. Nicht weniger war dieser Venetianische Admiral Tiepolo glücklich in de andern Schlacht bey Taprano in Sicilien, in welcher die Genueser vier und zwantzig Galeeren, funffzehn hundert Todte und sechs und zwantzig tausend Gefangene einbüssen und zurücklassen musten. Diese herrlichen Siege also machten, daß die Genueser in dem angezogenen 1668 Jahre kein Bedencken trugen, ihn zu ihrem Dogen von der Republick zu erwehlen, worauf er hernachmahls mit denen Genuesern einen Stillstand auf fünff Jahre schloß, darauf noch einen kurtzen, aber glücklichen Krieg wieder die von Bologna führete, und endlich im Jahr 1275 dieses Zeitliche gesegnete. Als nach ihm Jacob Contarein und Johann Dandolo bis 1289 regieret hatten, wolte das Volck zu Venedig durchaus Jacoben Tiepolo zum Hertzog haben. Er selbst aber, weil er nicht gesonnen war, solche Würde anzunehmen, begab sich aus der Stadt, so lange, bis man Petern Gradonigo erwehlet hatte. Als nun dieser Doge die bisherige Regierungs-Art vollkommen in eine Aristocratie verwandelt, und das gemeine Volck, welches bisher viel bey der Hertzoglichen Wahl zu sagen gehabt, gäntzlich davon ausschloß, nahm des letzterwehnten Jacobs Tiepolo Sohn Nahmens Bajamond oder Bayamund, dessen Mutter aus dem Königl. Hause von Cypern entsprossen war, daher Anlaß, mit Zuziehung einiger andern edlen Familien, nehmlich derer Quirini, Badoari und Barozzi, wie auch sehr vieler Gemeinen, welche mit der neuen Verordnung nicht zufrieden waren 1310 eine gefährliche Verschwörung anzuspinnen, deren Endzweck war, den Doge und den Senat zu ermorden, worauf Bayamond selbst sich zum Haupt der Venetianischen Republick aufwerffen wolte. Denn weil er reich und gutthätig oder vielmehr freygebig war, hatte er sich mit leichter Mühe viel gute Freunde machen, und sehr viel Adeliche in eine Zusammenverschwörung einflechten können, die allerseits den Entschluß fasseten, den Hertzog zu ermorden, und die Regierungs-Form zu verändern. Unter denselben befanden sich so gar einige, die von den Haupt-Intriguen nicht einmahl recht informiret waren; allein Bayamund ließ denselben Tag, als er seine Absicht ausführen wolte, aussprengen, man wolle ihn ermorden; worauf alle seine Freunde und Anhänger nicht ermangelten, sich in seinem Hausse einzufinden. Tiepolo hatte eine grosse [82] Standarte zu einem Zeichen vor seine Bundesgenossen machen lassen, mit welcher er sich an der Spitze derselben nach den St. Marcus-Platz begab. Allein eine alte Frau, welche bey Anhörung dieses Tumults zum Fenster hinaus sehen wolte, stieß zum Unglück einen schweren steinernen Mörsel herunter, welcher den Standarten-Träger traf, und den Kopff zerschmetterte. Das Niederfallen verursachte ein solches Schrecken unter den Verschwornen, daß viele, welche hinten standen, vermeyneten, daß dieses durch ihre Feinde verursachet und Tiepolo umgebracht worden, weswegen sie die Flucht ergreiffen musten, wiewohl andere auch solches verursachtes Schrecken, und die daher gerührte Flucht solcher Zusammenverschwornen einem eben damahls vor Ausübung ihres Vorhabens entstandenen grausamen Ungewitter zuschreiben, welches bey ihnen von solcher Würckung soll gewesen seyn, das sie geglaubet, die Natur schiene selbst einen Abscheu vor ihrer Meuterey zu haben. Justinian in Hist. Venet. schreibt: Tiepolo wäre bereits mit den Seinigen, ehe dieses Unglück mit dem Standarten-Träger vorgegangen, von dem Adel von St. Marcus-Platze zurück getrieben worden. Hierauf wurden einige wenige ergriffen und am Leben gestrafft, die übrigen aber erwehlten eine freywillige Verbannung, ohne daß ihnen die Republick, auf die ernstliche Vorbitte des Pabsts, die Zurückkunfft erlauben wolte. Tiepolo war inzwischen nach Dalmatien gegangen, und hatte daselbt von seinen allda befindlichen Freunden, einiges Volck und Schiffe bekommen, mit welchen er den gemachten Anschlag auszuführen gedachte. Allein Grodenigo, welcher deswegen gewarnet worden, sahe sich so wohl vor, daß Tiepolo geschlagen und gefangen wurde. Darauf ward er an den Schweif eines Pferdes fest gebunden, und so lange durch die Stadt geschleppet, bis er seinen Geist aufgab. Er wurde an dem Orte, wo solches geschehen, begraben; sein Hauß bey St. Agostino wurde geschleiffet, und an dessen Stelle eine Säule mit dem Urtheile auf sein Grab gesetzt. Den Quirinischen Pallast bey Rialto verwandelte man in Fleisch-Bäncke, und zum Andencken dieser Verschwörung, pflegt noch heutiges Tages der Rath zu Venedig alle Jahre den 15 Junius die Kirche die San Vito solenniter zu besuchen, worauf der Doge die Abgesandten und Rathsherren zu tractiren schuldig ist, und dem Volcke die Maßquen-Freyheit verstattet wird; es hat auch eben diese Zusammenverschwörung verursacht, daß man das scharffe Justitz-Collegium, il consiglio di Dieci genannt, aufgerichtet. Seit dem Jahre 1310 ist dieser Zusammenverschwörung wegen nicht erlaubt gewesen, jemanden wieder aus dem Hause Tiepoli zum Hertzog zu erwehlen. Sonst ist aus dieser Familie derer Tiepolo einer, Nahmens Bartholomäus 1049 der allererste Procurator von St. Marco gewesen, von denen, welche in den ältesten Archiven erwehnet werden. Es ist auch von 1049 bis 1231, da nicht mehr als ein eintziger Procurator zu einer Zeit hat seyn können, diese Würde 1124 Marino Tiepolo ertheilt worden. In den folgenden Zeiten zählet man sonderlich folgende Procuratores aus diesem Geschlechte: 1553 Stephan, welcher unterschiedene [83] mahl die Türcken zur See geschlagen; 1570 Ludewigen, und 1576 Paulen, einen Sohn des vorgedachten Stephans. Ein anderer Lorentz Tiepolo war Venetianischer General und Gouverneur von Papho, und ein Herr von 71 Jahren, als ihn 1571 des Türckischen Kaysers Selims II General, Mustapha Bassa, nach der Eroberung des Königreichs Cypern, wegen erwiesener tapffern Gegenwehr aufhencken ließ. In eben dem letztbemeldetem Jahre 1571 schickte die Republick Antonen Tiepolo als ihren Abgesandten nach Portugall, um den König Sebastian zu einem Bündnisse wider die Türcken zu bewegen. Im Jahr 1574 brachte Paul Tiepolo, als Venetianischer Abgesandter dem Pabst Gregorius XIII die Bothschafft von dem Frieden, welchen seine Republick mit den Türcken geschlossen, womit aber der gedachte Pabst so übel zu frieden war, daß er ihn nicht einmahl vor sich lassen wolte. Hermolaus (oder wie ihn andere nennen Almoro) Tiepolo, ein Bruder des Procurators Stephans und Bruders Sohn des vor kurtzen erwehnten Lorentz Tiepolo, wurde im Jahr 1576 als General wieder die Uscoquen geschickt, welche er in ihren Raub-Nestern dergestalt einschloß, daß ein grosser Theil von ihnen Hungers sterben muste. Im Jahr 1592 ward er zum ersten mahl und 1597 zum andern mahl als General-Proveditor in Dalmatien geschickt, in welchem Jahre er auch daselbst starb. Stephan Tiepolo, ein Patricius dieses Geschlechts, und Benedictiner, scheinet zu Ausgange des 16 Jahrhunderts gelebet zu haben, von welchem der Artickel Theupolus, im XLIII Bande, p. 1289. nachzusehen ist. Im Jahr 1629. war Johann Tiepolo Patriarch zu Venedig, welcher auch die Patriarchal-Kirche auf die heutige Art bauen lassen, und 1632 verstorben ist, von welchem in dem XLIIIsten Bande der besondere Artickel Theupolus p. 1288 nachzusehen. Sehr viele andere aus diesem Hause haben sich durch Gesandschafften und andere öffentliche Aemter, oder durch Gelehrsamkeit einen Nahmen erworben, wie deren zu Ausgange des 17den und Anfange des 18den Jahrhunderts verschiedene bekannt sind: Johann Dominicus Tiepolo hat sich durch Sammlung eines kostbaren Müntz-Cabinets unsterblich gemacht. Lorentz Tiepolo hat durch die zuerst an dem Frantzösischen, hernach an dem Kayserlichen und zuletzt an dem Römischen Hofe verwalteten Gesandschafften ersprießliche Dienste geleistet. Wir können nicht gewiß sagen, ob es eben derjenige gewesen, der hernach als Procurator des St. Marcus und Vorsteher des öffentlichen Bücher-Saals zu Venedig den 12 April des verwichenen 1742sten Jahres mit Tode abgegangen, welcher sich um die gelehrte Welt nicht wenig verdient gemacht. Unterdessen kan von Johann Dominicus Tiepolo, von Lorentz Tiepolo, und dessen Bruder Friederich nachgelesen werden, was wir in dem XLIII Bande bey dem Artickel Lorentz Theupolo p. 1288 aufgezeichnet haben. Das Haus derer von Tiepolo theilet sich eigentlich in drey Linien wie sich denn auch diese drey Familien durch drey besondere Wappen unterscheiden. Eine Familie vom Hause Tiepolo führet Blau mit einem Castell von [84] drey Thürnen von Silber. Die andere führet Blau, mit einer Wickel-Binde von Silber, so in die Form eines Hertzoglichen Huts gewunden. Die dritte führet vierfältig. In dem ersten und letzten Roth, mit einem ausgebreiteten Adler von Silber. In dem andern und dritten Blau mit drey silbernen Thürnen. Im Hertzen ein blaues Oval-Schildlein, mit der silbernen Wickel-Binde, so in die Form eines Hertzoglichen Huts gewunden, woraus gar will gemuthmasset werden, daß sie vor Alters über einige Oerter in Levante die Ober-Herrschafft gehabt, weil dergleichen Haupt Zierrath nur vor Printzen erlaubt gewesen. Andr. Morosini Hist. Venet. Paul Morisini Hist. Reip. Venet. Amel. de la Houss. Hist. du Gouvern. de Venise p. 27. 88. 174. 183. 474. 523. 524. 532. ingleichen remarq. sur l' examen de la lib. de Venise p. 100. ingleichen Hist. des Uscoques. p. 38. Palatii Fasti Ducal. Nani Hist. Reip. Venet. Jannot de Rep. Venet. St. Didier de la Ville & Repub. de Venise p. 110. Nouvel. Relat. de Venise. Allgem. Chron. IV Bande, p. 161. und p. 163. V Bande, p. 230 u. ff. Wagenseils Adriatischer Löw p. 154 u. ff. Ricauts Ottomannische Pforte P. I.