Textdaten
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Autor: Albert Fränkel
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Titel: Unsere unbebauten Felder
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 64
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Beta, Heinrich: Die Bewirthschaftung des Wassers und die Ernten daraus, 1868, MDZ München
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Bearbeitungsstand
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[64] Unsere unbebauten Felder. Der Acker- und Gartenbau befindet sich bei uns in ziemlich hoher Blüthe. Jedem Stücklein Boden, selbst dem armseligsten und kärgsten, gewinnen wir bereits im Schweiße unseres Angesichtes durch Nachhülfe der Kunst und wissenschaftlichen Erkenntniß ab, was es zu geben vermag. In Bezug auf eine Ausbeutung und Bewirthschaftung des Wassers aber, das oft ergiebiger ist als der fetteste Boden, sind wir im Ganzen leider noch unwissende und unverständige Kinder, die hochwichtige Aufgaben und Pflichten ernster Männlichkeit wie eine nebensächliche Spielerei behandeln.

Und dennoch besitzen wir in unserer Nordsee ein Meer, das die Engländer längst das deutsche nennen, dessen innere Schätze sie längst durch eine besondere Commission Jahre lang haben untersuchen lassen und von dem es in dem erstatteten englischen Berichte heißt: „Das deutsche Meer ist ertragsfähiger als unser Ackerland; unsere reichsten Felder sind weniger fruchtbar an Nahrungsstoffen, als dessen Fischereigründe. Ein Morgen guten Bodens liefert etwa zwanzig Centner Getreide jährlich oder drei Centner Fleisch und Käse; aus einer eben so großen Wasserfläche mit Fischereigrund kann man dasselbe Gewicht von Nahrungsgehalt jede Woche schöpfen. Fünf Fischerboote ernteten in einer einzigen Nacht aus einer kaum fünfzig Morgen großen Fläche des deutschen Meeres den Werth von fünfzig Ochsen und dreihundert Schafen in Form von leicht verdaulichen und schmackhaften Fischen!“

Daß diese Ochsen und Schafe ohne alles Hinzuthun der Menschen, ohne alle Mühen und Kosten im Wasser entstehen und von diesem erzogen und gemästet werden, dieser ungeheure und stark in die Augen springende Vortheil hat freilich nachgerade auch den Deutschen an der Elbe, Weser und Weichsel nicht entgehen können. Anerkennenswerthe Fischereigesellschaften, die dem Meere eine Ernte abgewinnen wollen, haben sich gebildet, aber es will dies den Anstrengungen anderer Völker gegenüber doch bis jetzt nur wenig bedeuten, so lange für eine wirklich rationelle Bewirthschaftung des Meeres zur Hebung und Nutzbarmachung seiner Schätze für Hunderttausende von hungernden Magen noch nicht gesorgt ist.

Aehnlich, wenn auch hier und da etwas besser, steht es mit unserer Süßwasserfischerei. Die Klagen über eine jährlich zunehmende Verarmung der Gewässer sind begründet, Mangel an rationeller Behandlung und an Vorkehrung gegen schädliche Einflüsse sind die Ursachen. Wo Ueberfluß fein und wohlfeiles Fleisch in Masse gewonnen werden könnte, macht sich eine Abnahme sehr fühlbar bemerklich. Im Festhalten an bequemem Schlendrian überläßt man es den Fischen selbst, sich zu vermehren, ohne diese Vermehrung zu unterstützen. Kurz, Männer wie Brehm und Karl Vogt haben bis jetzt nur mit sehr geringem Erfolg mahnend, warnend und anregend auf eine für das Volkswohl und den nationalen Wohlstand so wichtige Sache hingewiesen.

Da kommt plötzlich ein Buch, das den Kampf gegen eine folgenschwere Pflichtversäumung von Neuem eröffnet. Es kommt von einem Schmerzenslager, auf dem seit Jahren ein tiefgebeugter Schriftsteller mit noch hellem Kopfe und warmem Herzen über die Verbesserung des Menschenlooses sinnt: der kranke Heinrich Beta ist es, der uns mit dieser Gabe eine ungewöhnliche Freude und Ueberraschung bereitet hat. Unter den volksthümlichen Publicisten Deutschlands war Beta überhaupt der erste, der die Aufmerksamkeit auf die großen Ernten gelenkt hat, die wir durch vernünftiges Säen und Pflügen aus unserem Reichthum an flüssigen, sich selbst befruchtenden Feldern gewinnen können, er zuerst hat auch durch seine vortrefflichen Aufsätze in der „Gartenlaube“ das Interesse für die Aquariumcultur in Deutschland angeregt und ihre Bedeutung gezeigt. Was er während eines zehnjährigen Aufenthaltes in London, der Fischstadt Europa’s, an mannigfachen Beobachtungen gesammelt, was er nachher in der Zeit der Krankheit aus emsigen Studien der vorzüglichsten Werke geschöpft, das ist in seinem soeben erschienenen umfangreichen und mit vierzig Abbildungen geschmückten Werke „Die Bewirthschaftung des Wassers“ (Leipzig und Heidelberg, Winter’sche Verlagsbuchhandlung) mit großem Fleiß verarbeitet worden.

Es ist ein unseres Wissens in solcher Weise noch nicht gebotenes, ein durchweg frisches und unterhaltendes, in hohem Grade anregendes und interessantes Buch, das uns in seinen achtundzwanzig stattlichen Abhandlungen nicht blos über alle culturgeschichtlichen und volkswirthschaftlichen, sondern auch über alle praktisch-technischen Seiten der betreffenden Frage belehrt und dessen Werth sich bezeichnend in dem Ausspruche charakterisirt: „Seit Jahren stürzt sich Mancher aus Hunger und Verzweiflung in’s Wasser, das ihn und seine Familie reichlich ernährt haben würde, und unzählige Menschen lungern und hungern auf dem Trockenen umher, ohne an die Arbeit und das Brod zu denken, das jenseits der Meeresgestade und Flußufer liegt!“

In fachwissenschaftlicher Hinsicht konnte dem Beta’schen Werke keine wirksamere Empfehlung werden, als durch ein Vorwort des berühmten Brehm, der von ihm sagt, daß es ihn in Form und Inhalt angeheimelt habe und daß namentlich die Lehrer den so reichhaltigen Stoff nicht leicht gesichteter und anschaulicher zusammengestellt finden dürften!
A. Fr.