Topographia Palatinatus Rheni: Heydelberg

Topographia Germaniae
Heydelberg (heute: Heidelberg)
<<<Vorheriger
Herxheim
Nächster>>>
Heydelsheim
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1645, S. 37–47.
Heidelberg in Wikisource
Heidelberg in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[37]
Heydelberg / Haidelberg.

Es ligt diese der Untern-Pfaltz Hauptstadt / im Craichgöw / und also noch in Schwaben / und theilt der Neckar allhie Francken / und Schwaben / also daß Schwaben disseits / und Francken jenseit deß Neckars / und der Brücken / nemblich zur Rechten liget; wie Chytraeus in orat. de Graichgoea, und Freherus part. 2. Origin. Palat. melden. Theils führen den Namen her von den Heyden; theils von den Bergen / mit welchen diese Stadt umbgeben / theils anderswoher; die meisten aber von den Heidelbeeren / so alda auf dem Geißberg / und hinter dem Schloß / in grosser Menge / wachsen / daher sie diesen Orth Myrtillorum montem, und Myrtilletum, heissen; und ist von den Alten allhie erzehlt worden / daß sie auff dem Stadt Rathhauß allda / in der Stadt altem Fahnen / ein Wasser Jungfräulein / auff einem Haidelbeerberg stehend / gesehen: wie hievon weitläuffiger beym gedachten Frehero part. 1. Origin. Palat. c. 9. zu lesen. Es ist diese Stadt / mit ihrer Gegend / von frischer gesunder Lufft / so durch das Berg- und Neckerthal durchwehet / und davon gereiniget wird. An beederseits Gebürgen hat es Weinwachs; gegen Abend / und Mittag / Geträid; gegen Morgen / und Nord im Odenwald / Holtz / und Schnabelweid; gegen Mittag im Craichgöw / Fische im Neckarstrom / und Viehe in derselben Gegend. Es hat allerley lustige Spatziergäng / und gegen Abend ein Ebne; sonsten aber ist sie / wie gemeldt / mit ziemlichen Bergen / und Wälden / gleichsam umbringet. Die Stadt an ihr selbsten ist den Römern / und Francken / als die erst hernach erbaut worden / nicht; aber wol die Berg / Castell / Warten etc. darauff / bekandt gewesen / und kan man nicht wissen / wer Haidelberg erbaut habe. Das findet man / daß Käysers Friderici I. Bruder Cunradus, so von ihme dem Käyser die Pfaltz bekommen / und An. 1192. gestorben / und im Closter Schönaw / ein Meil von Heydelberg begraben worden ist / zu Heydelberg gewohnt hat. Daß zuvor die Pfaltzgrafen nicht hie oben / sondern zu Bacharach / und besser unten / dem Rhein / und Mosel zu / ihre Wohnungen gehabt haben. Besagten Cunradi Tochter Agnes hatte Pfaltzgraf Heinrichen / Hertzog Heinrichen deß Löwen zu Sachsen / Sohn / der gestorben An. 1213. [38] und auch zu Schönaw begraben worden / dessen Tochter / auch Agnes genant / Hertzog Othen auß Bäyern / Hertzog Ludwigs Sohn / geheuratet hat / und ist ferners die Pfaltz beständig bey dem Hauß Bäyern geblieben. Anno 1225. ist Heydelberg / vom Bischoff zu Wormbs / besagtem Ludovico / Hertzogen in Bäyern / deß gedachten Othen Vattern / und der Agnes Schwähern / zum Lehen angesetzt worden / da Otho die Agnes allbereit zum Weib hatte: Und ward ihme Hertzog Ludwigen geliehen / das Castrum in Heidelberg, cum Burgo ipsius castri, et comitia Stalbohel, wie die Lateinische Wort lauten. Daher in einer kurtzen Chronic der Stadt Heydelberg / die beym Frehero part. 2. Orig. Palat. c. 20. zu finden / am 101. Blat stehet; Im Jahr 1225. hat Hertzog Ludwig in Bäyern / Pfaltzgraf Othen von Wittelspach Sohn / vom Käyser Friederichen die Pfaltz am Rhein erlangt / das Castell / und Städtlein Heydelberg / und die Graffschafft Stalbühel / von dem Bischoff / und Capitul zu Wormbs / für sich / und seinen Sohn Othen / und die Pfaltzgräfin Agnes / sein Eheweib / von neuem zu Lehen empfangen. Besihe den I. Theil solcher Originum, am 10. Capitel. Was aber theils unter dem Namen Stalbühel verstehen / davon wird unten bey Neckarsgemünd gesagt werden. Anno 1392. hat Pfaltzgraf Ruprecht der Aeltere Heydelberg erweitert / und das nechst dabey gelegene Dorff Bergheim / so schon um Käyser Carls deß Grossen Zeiten gestanden / jetzt aber davon nichts / dann ein Mühl / übrig / darzu genommen / so die neue Stadt / jetzo die Speyerer Vorstadt genant / wird; das Dorff lassen abgehen / auch die Pfarrkirch / so sonst gen Bergheim gehört / jetzo zu S. Peter / hinein gesetzt / auch mit Zehenden / und andern Renten / begabt. Es seynd allhie zu sehen 1. das Augustiner Closter / so schon gestanden / da entweder Heydelberg nur ein Fischers Dorff / oder doch sonsten ein geringer Flecken war / und ist zu der H. Jungfrau in der Wüsten genant worden. Ist nachmals vom Pabst Paulo III. und Iulio III. wie auch Churfürst Friderico II. der Universität allhie / mit seinen Zinsen / einverleibt worden. 2. Der Minoriten / oder Franciscaner / so erstlich ausser der Stadtmauer / bey dem Oberthor / da man zum Neckar zugehet / gestanden / hernach von Churfürsts Friderici I. deß Siegreichen / Mutter / einer Hertzogin aus Savoia / in die Stadt versetzt worden; darinn Er Churfürst Friederich mit dieser Grabschrifft ruhet: Fridericus. Bavariae. Dux. Comes. Rheni. Palatinus. Sacri. Romani. Imperii. Elector. Salus. Patriae. Praedonum. Fulmen. Treis. Illustres. Hostes. vicit. Principatum. auxit. Et. Pie. Vivis. excessit. Anno Christi. 1476. Pridie. Idus. Decembris. Fuit. Ejus. vitae. socia. Virtus. Gloria. Mortis. Comes. 3. Der Dominicaner / oder Prediger / in der Vorstadt / so von jetztgemeldter Hertzogin auß Savoja / Frau Mechtild / umbs Jahr ungefehr 1450. gestifftet / und begabet; aber hundert Jahr hernach / von Pfaltzgraf Friederich Churfürsten / mit Päbstlichem consens, wieder abgeschafft worden / dergestalt / daß der Spital zu Heydelberg / so damals auff dem neuen Marckt gestanden / wegen gewisser / und wichtiger Ursachen / allda abgebrochen / und an statt deß Prediger Klosters / in die Vorstadt gesetzt / der reiche Spital nachmals genant / die Renten deß Klosters / und deß vorigen Spitals / zusammen geschossen worden; davon theils dem neuen reichen Spital zum Besten kommen / theils aber nach Hoff zur Capellmeisterey / oder Sängerey / gewendet / und vom Pabst darzu weiter verordnet worden das Kloster Mariä Pfort / S. Wilhelmi Ordens / Mäyntzer Bistumbs / mit der angehörigen Capell Windsbach / daß die Renten dieser Capellen auff die 350. Ducaten jährlich geloffen. Dieselbe Hoff Capell ist vom Churfürst Ruperto Anno 1346. gestifftet worden / und stehet in gedachtes Pabsts Iulij III. Bulla, daß diß die erste Capellmeisterey in Teutschland gewesen. 4. Das Stifft zu Ehren deß H. Geistes / auff dem Marckt / so Käyser Rupertus / damals noch Pfaltzgraf / gestifftet / und reichlich mit Einkommen begabet / darinn auch Er / mit vielen andern Chur- und Fürstlichen Personen / im Chor / begraben ligt: Und ist allda sonderlich Churfürsts Oth Heinrichs monument, von weisem und schwartzem Marmor / und Alabastrinen Bildern / zu betrachten / daran das Wahrzeichen zwo Hände einander bey den Haaren haltende. Und allhie in dem obern Theil dieser Kirchen ist vorhin [39] die durch gantz Europa berühmbte Bibliothec gewesen / von welcher Josephus Scaliger lib. 4. epistol. 434. an Janum Gruterum, den gewesten derselben Verwahrer / am 794. Blat / also geschrieben: Indicem Bibliothecae vestrae sedulò legi. Locupletior est, et meliorum librorum quàm Vaticana; daß sie nemblich viel mehrere / und bessere Bücher / als die Päpstisch Vaticanische zu Rom / habe. Dann nicht allein der Herr Ulrich Fugger / Freyherr zu Kirchberg / und Weissenhorn / der Anno 1584. gestorben / und in dieser Kirche begraben ligt / dem Churfürsten / Pfaltzgrafen / sein stattliche Bibliothec verschafft; sondern es ist auch deß Klosters Lorsch / herrlicher Bücher Schatz / und / wie vermuthlich / auch endlich der Rest von der Sponheimischen Bibliothec / von Creutzenach / (als alda / wie Freherus in seiner Ubereigungs Schrifft deß ersten Theils der Trithemischen Schrifften meldet / solcher umbs Jahr 1601. noch verwahrlich gehalten worden) hieher kommen: Was aber allein das besagte Kloster Sponheim vor herrliche Bücher in grosser Menge gehabt / davon ist deß Trithemii, gewesten Abbts daselbsten / Epistel / an Joannem Damium Curtensium, Anno 1507. und Iohannis Dauraclusij Brieff / an Nicolaum Hamerium Emelaum, Anno 1515. geschrieben / zu lesen; welcher Trithemius meldet / daß er keck sagen dörffe / daß in gantz Teutschland kein solche Bibliothec / als die gedachte Spanheimische / seye / in welcher so viel seltzame / und gar alte Bücher / von allerhandt Wissenschafften; auch unterschiedlicher Sprachen / als der Hebräischen / Griechischen / Lateinischen / Caldäischen / Arabischen / Indianischen / Reussischen / Tartarischen / Italiänischen / Frantzösischen / Böhmischen / und andern / so wol getruckten / als auff Pergament geschriebenen / zu finden. Und werden auch sonder Zweiffel / von andern Orthen / und auß unterschiedlichen Klöstern dieses Landes / die besten Bücher hieher auff Heydelberg gebracht / und solche stätigs mit neuen Büchern vermehret worden seyn. D. Johannes Schmidt schreibet in seiner dritten Predigt von der Buchtruckerey / zu Straßburg Anno 1640. gehalten / von solcher Heydelbergischen Liberey also: Die Mutter aller Bibliothecken / nicht nur in Teutschland / sondern auch in vielen andern Landen / und Königreichen / so zu Heydelberg / im obern Theil der Kirchen zum H. Geist gestanden / ist theils geraubt / theils sonst verderbt worden: Ein Schatz / so nicht zu schätzen: Ein Schatz / welchen das Römische Reich nicht mehr zu wegen bringen wird. Allein die manuscripta, oder geschriebene Bücher / hat man in die achtzig tausend Cronen werth geachtet. Summa sie hat mit Ehren den Namen geführt; optimus Germaniae literatae thesaurus. Diese Mutter Bibliothec / sag ich / ist hin; die theuren manuscripta guten Theils zerrissen / und verderbt / auch gar / wie man berichtet / den Pferden in Ställen unterstreuet / daß also davon in Ewigkeit nichts mehr zu hoffen / worüber viel gelehrte Leuthe noch diesen Tag lamentiren. Ist eine ohnfehlbare Anzeigung grossen Zorns Gottes gewesen / welchen der Mißbrauch solches Schatzes / wo er auch gesteckt / oder wie er mag vorgangen seyn / verursacht. So viel D. Schmidt. Was Johann Angelius von Werdenhagen part. 2. de Rebus publicis Hanseaticis, cap. 21. fol. 147. der letzten edition in fol. hievon / und wider die Vorsteher solcher Bibliothec / welche die geschriebene herrliche Bücher / so daselbst gewesen / dem gantzen Teutschland zum Besten / vorhero in den Truck hätten geben sollen / schreibet / das ist bey ihme daselbst zu lesen. Was vor Religionen in den obbeschriebenen Kirchen innerhalb hundert Jahren getrieben worden / davon haben wir oben etwas / zu Eingang dieses Tractats / gesagt; wird auch unten ein mehrers hievon zu melden seyn.

Nach den Kirchen seynd die Collegia der Hohen Schul allhie zu sehen / so aber finstere Leßstuben haben / und alt seyn / und hat allein das Collegium Casimirianum etwas Ansehens. Nathan Chytraeus in deliciis variorum in Europa Itiner. p. 400. sagt / daß im Eingang deß Auditorii Theologici diese Reimen stehen:

Hanß von Laudebach ist mein Nahm /
     Die erste Bücher druckt ich zu Rom /
Bitt vor mein Seel / Gott gibt dir Lohn /
     Starb 1514. auff Sanct Steffan.

Wann aber besagte Hohe Schul gestifftet worden / sind die Scribenten nicht eine Meynung / [40] in deme theils solche Fundation ins Jahr 1376. theils ins 1387. setzen; theils / daß der Anfang darzu 40. Jahr zuvor gemacht worden seye / sagen. Der Stiffter / Churfürst Pfaltzgraf Ruprecht hat sie nach der Parisischen regulirt, und ist der erste Rector, und Professor, Marsilius von Ingen / ein vornehmer Theologus, und Philosophus, von Paris hieher beruffen / gewesen / den theils für einen Engelländer; theils einen Italiäner / theils für einen Teutschen halten / so alhie den 15. Augusti / Anno 1394. gestorben. Und haben hernach viel vornehme Leuth allhie gelehret / darunter auch Rudolphus Agricola, Münsterus, Herman. Buschius, Jacobus Micyllus, Xylander, Hartmannus, ab Eppingen, Paulus Cisnerus, Donellus, Pacius, Godofredus, Franciscus Iunius, Tremollius, Melissus, Posthius, Smetius, Erastus Freherus, Hippol. à Collibus, Ianus Gruterus, etc. gewest seyn. Pabst Bonifacius IX. hat sie herrlich begabet / und durch eine Bullam derselben 12. Praebenden vermacht / als 4. zu Wormbs. 2. zu Newhausen. 3. zu Speyer. 2. zu Wimpfen im Thal / und 1. zu Moßbach: Und solches zum höchsten / bey sonderlicher Straff deß Banns / verwahret / und bevestiget. So haben Pabst Paulus III. und Iulius III. ihr das gantze Stifft Cell bey Wormbs / von Fürchten / Wein / und Geld / reich / und 9. Clöster / mit allen ihren Gefällen / Einkommen / und Gerechtigkeiten / vermacht / geschenckt / und einverleibt; und zwar / auff beschehen Vorbitt und Hülf Churfürsts Friderici II. die Sechste / als das gedachte Stifft; Item / das Jungfrau Closter S. Lamprecht bey Neustadt / Deimbach / Meidasch / und Münsterdreiß bey Alzey / das Antoniter Hauß zu Alzey in der Stadt / eigentumblich / zu ihrem neuen fisco, damit die Professores ihren ehrlichen Unterhalt hätten: Die andere 4. Klöster / als das Augustiner zu Heydelberg / das halbe Augustiner Kloster zu Alzey / ein Jungfrau- und ein Manns Kloster / Lixheim[WS 1] / und Craffthal / hinter Elsaß-Zabern / bey Pfaltzburg / dergestalt / daß diese vier / und ihr Einkommen / zu einem Collegio Sapientiae, darin 60. oder 70. Studenten erhalten würden / solten angewendet werden. Umb das Jahr 1300. etlich und neuntzig / hat Pfaltzgraf Ruprecht Churfürst / deß vorigen Ruperti Vetter / und Bruders Sohn / die Juden zu Heydelberg außgetriben / und ihre 11. Häuser der Universität eigenthumblich geschenckt; wie auch 5. Gärten; Item / etwas an dem Zoll zu Bacharach / und was ihme vom Zoll zu Käyserswerth heimgefallen war / mit 2000. Goldgülden zu lösen / übergeben. Dieses Pfaltzgrafen Sohn / Käyser Ruprecht / hat dieser Hohen Schul / neben andern Wolthaten / drey jura Patronatus, oder geistliche Lehen / geschenckt; als die Pfarrkirch zu S. Peter zu Heydelberg / S. Jacobs zu Würtzburg / und S. Laurentij zu Altorff. Bey seines Sohns / Churfürst Ludwigs deß Bartigen Regirung / ist ein solcher Lärmen zwischen der Hoffbursch / denen auch die Burger beygestanden / und den Studenten / entstanden / daß diese unter die Dächer / und in die Winckel / sich haben verkriechen müssen; so aber durch den Churfürsten gestillt worden. Folgends unter dem Churfürsten Philippo, in dem Pfaltz Bäyerischen Krieg; Item / wegen der Frag / ob die H. Jungfrau Maria in Sünden / oder ohne Sünden / empfangen worden; Item zwischen den Realisten / und Nominalisten / hatte diese Hohe Schul auch Anstöß / und gab es Schlägereyen / und blutige Köpff. Anno 1587. war grosser Lärmen zwischen den Burgern / und Studenten allhie / der Privilegien halber / so man folgends den Studenten-Krieg genant / und ist die Universität / etwas zerstöbert worden; hat auch sonsten mehrere Anstöß / sonderlich letztlich im Böhmischen Krieg / gehabt. Es hat aber Anno 1622. General Tilly derselben all ihr Recht / Freyheiten / Rent- und Einkommen / zu erhalten versprochen; wie er dann auch gethan; und sind 2. Professores Iuris, einer der Artzney / und vier der Philosophy, neben einem Syndico, Collectore, und Pedello, allda verblieben und haben ihrer Stipendien in die vier Jahr lang genossen. Und obwoln publici Actus Lectionum, Disputationum, Promotionum, wegen Mangel der Studenten / nicht fortgangen; so haben sie doch mit den Iuribus, und dem Einkommen der Universität / solche zu erhalten / und den Consistorial-Sachen / genug zu thun gehabt; und das ihrige dabey gethan. Vierzehen Tag / nach Einnehmung der Stadt / hat Herr Stadthalter / den Rectorem, Professores, und alle der Universität [41] Angehörige / nach Hoff / Ihr. Käys. May. die Huldigung zu leisten erfordert; welches sie anfangs geweigert; weil diese Hohe Schul / von dero Anfang hero im Brauch gehabt / daß sie keinem eintrettenden Pfaltzgrafen / Churfürsten / gelobt / oder geschworen; sondern demselben allein / doch mit einer geringen unterthänisten Verehrung / Glück gewünschet / und denselben vor ihren gnädigsten Herrn und <tta>Patronum, erkennet; auch umb gnädigsten Schutz / und Schirm unterthänigst angesucht / damit auch die Pfaltzgrafen / Churfürsten / gnädigst zu frieden gewesen; aber in besagtem ein tausend sechs hundert zwey und zwanzigsten Jahr / weilen man diese Weigerung für einen Ungehorsamb / und Rebellion halten wollen / musten sie den Eyd ablegen. Dieses nun hat also gewähret / biß daß man Anno 1627. die Uncatholische Professores nicht mehr gelitten / sondern die Universität / biß auff das Jahr ein tausend sechs hundert zwanzig und neun / cassirt, doch also / daß ein Verwalter / und Collector derselben verblieben. In besagtem neun und zwanzigsten Jahr ist sie wieder auff Catholisch auffgericht worden / da dann innerhalb dritthalb Jahren in allen Faculteten wieder gelesen / und sehr viel Promotiones Iuris, und etliche in der Medicin / vorgangen; auch ziemlich / und vornehme Studenten wieder herbey kommen / biß sie abermals durch das Schwedische Wesen verjagt worden: Wie ein daselbst geweßter Professor, dieses / was hie oben gesagt / in seinen Schrifften auffgezeichnet hinterlassen hat.

Von weltlichen Gebäuen ist allhie insonderheit / das Schloß zu sehen / von welchem oberwehnter Professor zu Heydelberg also schreibet: Das Schloß allhie belangende / so ist solches an dem Orth hinter dem jetzigen Schloß / das alt Schloß genant / auff einem Theil deß Geißbergs gestanden / welches vom Donner / und Schlag / so in viel Tonnen Pulver gefallen / gantz zerschmettert und die Stein hin und wieder in die Stadt / auch / wie vermuthlich / in den Neckar geworffen worden seynd. Darauff Pfaltzgraf Churfürst Ludwig der Sechste / vor hundert / und etliche Jahren / ein neu Schloß angefangen zu bauen / an dem Ort / da das jetzige stehet / und erstlich auff dem Jettenbühl / da jetzo der neue Bau / von Pfaltzg. Churf. Friederich dem Vierdten auffgerichtet / stehet. Gedachter Pfaltzgraff Ludwig Churfürst / hat auch damals den grossen / runden / dicken Thurn gebaut / so noch alda ein Zierd / und Vestung deß Schloß / deßgleichen wenig in Teutschland / welchen nachmals Pfaltzgraf Churfürst Friederich der Fünffte / biß fast in die Mitte mit dem Dach abgehoben / und durch ein sonderlichen Meister / und Kunststuck / (wie die Innschrifft außweiset) erhöhet / und also hencken lassen / daß die greuliche Last / ohn ein eintzige Seul / (dann die vorige Seul hat man herauß gethan / daran das gantze Stul- und Dachwerck hienge) / gleichsamb von sich selbst in der Lufft / oder an einem Magnet / durch Schwibbogen / schwebet / allda es innwendig ein schön Echo gibt / daß wann zween gegen einander über stehen an der Wand / und der eine / so heimlich redet / daß er auch von dem nächstbeystehenden nicht kan verstanden werden / er gleichwol von dem / so gegen über an der Wand stehet / kan verständlich gehört werden / da sie doch über die zwanzig Schuch von einander stehen. Vast vierzig Jahr / nach ermeldtem Pfaltzgraf Ludwigen / hat Pfaltzgraf Ott Heinrich / Churfürst mitten im Schloß / gegen Auffgang der Sonnen / einen Königlichen Pallast / mit stattlich außgehauenen steinern Bildern / grossen lustigen Sälen / und sehr füglich in einander gerichten Gemachen / erbauet; deren aber das Obertheil folgender Zeit / und neulich verbronnen. Wiederumb vierzig Jahr hernach / hat Pfaltzgraf Churfürst Friederich der Vierdte / gegen Mitternacht / einen neuen stattlichen Bau / mit deßgleichen künstlich außgehauenen steinern Bildern / der Pfaltzgrafen Churfürsten / und Königen / von Grund auff von Stein gesetzt / darunter auch das grosse Faß / so bey ein hundert dreyssig und drey Fuder Weins hält / in einem sonderlichen Gewölb / verwahret wird. Letztlich hat Pfaltzgraf Churfürst Friederich der Fünffte / umb das Jahr ein tausend sechs hundert und sechzehen / das Schloß mit einem Königlichen Garten / von außländischen Gewächsen / mit sonderlicher Kunstordnung / vornemlich aber mit Brunnen- und Wasserwerck / auch Wasser Music, herrlich / und berühmbt gemacht; [42] so aber durch dieses Kriegswesen etwas zerfallen. Und so viel sagt dieser Professor hievon. Darzu wir noch dieses / auß andern / thun wollen / daß dieses Schloß ein herrlich vestes Gebäu ziemlich hoch von der Stadt gelegen / und dahero das Außsehen in dieselbe / und auff das umbligend Land / sonderlich gegen Speyer werts / da sich die Ebne anfahet / desto schöner / und anmüthiger / ist. Der runde Thurn ist 32. Schritt weit / und die Mauren 16. Schuch dick / und können darinn hundert Tische stehen: Und hält besagter Freherus part. 1. Orig. Palat. c. 10. dafür / daß / nach dem Thurn zu Bourges in Franckreich / kein grösserer gefunden werden solle. Zu dem erwehnten Faß ist ein Stiege von 27. Staffeln / und alsdann ein kleines Brücklein hinauff / zu gehen. Es sollen zu den 24. grossen eisernen Reiffen / die herumb seyn. 122. Centner Eisen seyn gebraucht worden. Und fasset solches 132. Fuder / 3. Ohmen / und 3. Viertel; und hält 1. Fuder 10. Ohmen / 1. Ohm aber 48. Maß / so sich fast mit den Oesterreichischen Massen vergleichen. Das Wahrzeichen ist eine Nachteule / ein Aff / und ein Löw / ohne Zungen. Und ist solches so hoch / daß einer mit einem Rennspieß auffrecht darinn stehen könte. Das Zeughauß / und der Marstall / seynd auch zu sehen; wie auch die Cantzley / ausserhalb deß Schlosses / welche Pfaltzgraf Fridericus Victoriosus, als sie seiner Zeit verbronnen / folgends stattlich wieder erbauet / auch das Hoffgericht allhie / angerichtet hat / deme alle deß Fürsten Leuthe unterworffen / und an welches von allen Orten appelirt wird; auch die Frembde davon / ausser einer grossen Summa Geldes / an das Cammergericht zu Speyer nicht provociren. Was aber den obangedeuten Hoff- und Lustgarten / so / noch der Zeit / ziemlicher massen / in baulichem Wesen / erhalten werden solle / anbelangt; so ist davon Anno 1620. ein eygen Buch in Fol. durch den Werckmeister Salomon von Caus / in den Truck gegeben worden: Darauß wir folgendes entlehnen wollen. Es ligt das Schloß ohngefehr auff die 300. Schuch dem perpendicul, und Bleygewicht nachgemessen / höher / als die Stadt. Und weil der Berg / daran das Schloß stehet / noch viel höher gehet / hat sich damals kein grössere Ebne / als ohngefehr 200. Schuch in der Vierung / allernächst beym Schloß befunden; deßwegen die vorige Churfürsten ihren Lustgarten unten am Gebürg / in der Vorstadt / haben machen lassen: Fridericus König in Böheim aber hat sich entschlossen / nächst am Schloß / ein weiten Platz / zu einem neuen / und grossen Lustgarten ebnen zu lassen / auff welchen kleinen geebneten Platz ein Garte / mit unterschiedlichen Absätzen / wie sichs nach der Hänge deß Bergs geschickt / gestellt worden / mit überauß grosser Mühe / so man in Ab- und Wegbrechen der Felsen / weil der gröste Theil deß Bergs fast lauter vest auff einander gelegene Felsen daselbst herumb ist / hat haben müssen; weil sehr wenig Adern / und Vortheil zum Sprengen / und Durchbrechen / darinn gewesen. Ist / der Kriegsläuffe halber / zwar nicht gantz / wie man vorgehabt / absolvirt worden. Der Garten aber war allbereit schön / darinn unter andern ein Pomerantzen Garte / da es dreyssig grosse Pomerantzen-Bäum / jeden ohngefehr fünff und zwanzig Schuch hoch / und der andern mittelmässigen / und kleinen ohngefehr in die vier hundert gehabt hat. Und seynd die grossen Anno ein tausend sechs hundert neunzehen / bey die sechzig Jahr alt gewesen / welche man alle in der Grösse / wie sie sind / mit Wurtzel / und Erden / in sonderbaren darzu gemachten Kästen / auß dem obgedachten alten Herrn Garten / in der Vorstadt / nicht ohne grosse Mühe / und Arbeit / den Berg hinauff / in diesen neuen Lustgarten geführet hat. Und ist das Pomerantzen Hauß / das man alle Jahr umb S. Michaels Tag / auffgeschlagen / in der Länge 200. in der Breite 32. Schuch / und ein Gebäu von Holtzwerck gewesen / so mit vier Oefen / den gantzen Winter über eingewärmt blieben; darfür aber ein Gebäu von gehauenen Steinen hat kommen sollen; also / daß man zu Winterszeit nur den Dachstul darauff / und die Fenster darein / zu setzen gehabt hätte. Der Blumengarte hatte sechzig Schuch in der Länge / und zwey hundert in der Breite. Hat einen kleinen Weyer / darein sich alles Gewässer / so auß den Gärten kompt / versamblet. Es hatte allerley Brünn / (Item) unterschiedliche / und mancherley lustige Wasserkünste / welche wann man sie allesambt springen hat sehen

[T17]


[43] wollen / man wol eine Stund damit zugebracht hat. Der gröste Theil an diesem Werck war allbereit verfertigt; aber die Music noch nicht. Hat ein grosse Grotten / und Weyher dabey; Item Fischbehalter / und kleinere Grotte, etc. Und so viel sagt gedachter Werckmeister / von seinem Herrn / und dem Werck. Wann man vom Schloß herab in die Stadt will / so gehet man bey der obgedachten Cantzley vorüber. Es gehet über den Neckar ein künstliche Brücke / deren auch P. Bertius, in Beschreibung dieser Stadt gedencket. Das Wahrzeichen ist gewesen / und vielleicht noch / ein alter Aff / von welchem diese Reimen gemacht worden:

Was thustu mich hie angaffen?
     Hastu nicht gesehen den alten Affen
Zu Heydelberg / sieh dich hin und her /
     Da findestu wol meines gleichen mehr.

Es ist besagter Neckar der Römer Waffen lang befreyet blieben. Der erste auß den Römischen Käysern war Probus, welcher / wie Vopiscus schreibet / nach dem Er die Alemanner / in Germania prima, überwunden / die vorige Gräntzen überschritten / und was von Teutschen übrig gewesen / über den Neckar / und die Elb / getrieben / und die neue Römische Gräntz biß dahin gesetzt / und was zwischen dem Rhein / und dem Neckar ist / als gemach zu einer Provintz gemacht; und an solchem Neckarfluß allerhand Vestungen auffgebauet / darein Er seine Besatzungen gelegt: Unter den letzteren Käysern ist hernach auch Gratianus gar über den Neckar kommen / und hat die Alemanner disseit Rheins / mit Schwerd / und Feuer verfolgt; zu welcher Zeit / da dieser Theil von Teutschland den Römern unterwürffig gewesen / auch ein Castell / und Römische Besatzung auff dem Berg zur Rechten an dem Neckar allhie / so man umb das mittere Alter Abrinsberg geheissen / jetzt aber den Heiligen Berg genennet / gewest zu seyn / vor gewiß gehalten wird. Besihe ein mehrers von dieser Stadt beym gemeldten Frehero d. part. 1. Orig. c. d. 9. et 10.

Es haben sich allhie viel Sachen zugetragen / deren allbereit oben etliche erzehlt worden / und davon in dem auch oben erwehnten eignen dieser Stadt kleinen Chronico, und bey der Beschreibung Hub. Thomae Leodii, von deß Churfürsten Friderici II. Lebenslauff / und daselbst auch von den Heydelbergischen Antiquiteten, ein mehrers zu finden. Wollen allhier nur etlicher gedencken. Es schreibet obangezogener Freherus part. 2. Origin. Palatin. fol. 102. daß Anno 1288. zu Zeiten Käysers Rudolphi, ein grosse Ergiessung deß Wassers entstanden / dergleichen von den Lebenden kein grössere nicht gesehen worden / und daß zu Heydelberg viel ertruncken / auch selbiges Jahr die Stadt verbronnen seye. In einer alten Chronic / so dieses ins 1278. Jahr referirt, stehet / daß selbiger Zeit / auff der obern Neckarbrucke / (dann damals 2. Brücken / die ander besser unten / zwischen Neuenheim / und der Bergheimer Mühlen gewesen) / als die Leuthe (ohne Zweiffel auff den besagten Heilige-Berg / dahin an den Ort / wo der Römer Vestung gestanden / König Clodovaeus, eine Kirch / soll erbaut haben / von welcher noch alt Gemäuer zu sehen) Walfahrten gegangen / mehr als 300. Menschen ersoffen seyen. Anno ein tausend vier hundert achtzig und eins / ist zu Heydelberg ein Thurnier gehalten worden. Anno ein tausend fünff hundert zwanzig und vier / haben allhie sechzehen Chur- und Fürsten / zum theil Geistlich / zum theil Weltliche / und darunter 10. Pfaltzgrafen / ein Christliche Verein / sich deß Gottslästern / und Zutrinckens zu enthalten / auffgericht. Im Heumonat deß Jahrs ein tausend sechs hundert zwanzig und zwey starb allhie der berühmte D. David Paraeus, gerad ein paar Monat zuvor / ehe die Stadt / von den Bäyerischen eingenommen worden ist. Der Italiäner Bisaccioni schreibet / daß Anno ein tausend sechs hundert dreyssig und zwey deß Schlosses allhie schönster Theil abgebronnen seye. Den 1. Julij / Neuen Calenders Anno 1622. ist General Graf von Tilly / mit seiner unterhabenden Armee / auff jenseit deß Neckars / von der Bergstrassen hergeruckt / und hat sein Quartier in dem nächsten Flecken Handsuschheim genommen / und hierauff die äusserste Schantz auff dem H. Berg eingenommen / und darauß viel Mußqueten Schüß auff die Wäll / und in die Stadt / aber ohne Würckung / gethan; daher er wollen bey Neuenheim / auf einem Bühel / über den Weingarten auß groben Stücken / die Stadt beschiessen / so auch dieselbe [44] ruinirt hätte / wann ihme auß dem Schloß mit Schiessen nicht begegnet worden wäre. Daher er den 8. Julii auff die andere Seiten deß Neckars sich begeben / und den 20. um 11. Uhr Mittags / vor der Stadt / am Geißberg / an zweyen Orthen herüber sich gethan / nemlich beym Trutz Bäyer / und dann hinter dem alten Schloß / oben am Cammerwald / über der Klingen. Den 25. haben sie oben auff dem Berg / vorm Fasanengarten / angefangen zu approchiren, und Lauffgräben zu machen: Nachmittag aber an der kleinen redouten oben über dem alten Schloß / das Affennest genant / doch vergeblich / angesetzt / bald darauff mit groben Stücken / vom Geißberg herab / die Stadt / und das alte Schloß so beschiessen angefangen; und also die Belagerung continuirt, und den 6. Sept. N. C. ein Stuck auf den höchsten Gipfel deß Geißbergs / über dem Trutz Käyser / (so nicht jetzo / in diesem Wesen / sondern längst zuvor / bey die 150. Jahr / von Pfaltzgraf Churfürsten Friderico I. weil er viel Krieg gefürt / und vom Käyser Friederichen dem Vierdten in die Acht erklärt war / aufferbaut / und Trutz Käyser genant; aber damaln Anno 1622. über wenig Tag / nach Eroberung der Stadt / geschleifft worden ist) gebracht / damit täglich in die Vorstädt / und Aussenwerck / geschossen. Den 16. geschahe der Generalsturm: und haben unterdessen die 6. Bäyerische Compagnien, so den Trutz-Bäyer gestürmet / und überwältigt / sich von oben herein / an den Thurn / unten am Geißberg / vor der Speyrer Pforten / gemacht; Andere aber von unten herauff sich demselben genähert / belagert / und erobert / auch auff der Ebne die Wäll an der Speyrer Pforten erstiegen / und endlich / wegen starcken Schiessens / und weil der Widerstandt zu schwach / auch kein Entsatz vorhanden / die Vorstadt mit Sturm eingenommen. Der Gubernator hat zwar etliche an das Kelterthor zu parlamentiren, der Stadt halber / geschickt: Weil aber die von der Stadt die Thorschlüssel vergessen / und biß sie mit denselben kommen / fast ein Stundt verloffen; so hatten die Käyser- und Bäyerische unter deß / in der Vorstadt / schon alles / auch das Mittel-Thor / auffgeschlossen / und seynd also in die Stadt eingebrochen: Darauff dann / nach dem die Wachten besetzt / das Plündern in der Stadt / Däumelen / Prüglen / auch Blutvergiessung / (so meistentheils vom Außpressen deß Gelds / herkommen) etlich Tag gewähret / es auch ohne Schändung der Weiber / und Jungfrauen / nicht abgangen seyn solle. Etlich und vierzig Gebäu musten auch herhalten; so gleichwol nicht durch die Soldaten / sondern eines einzigen rachgierigen Menschen Furi / und weil darnach niemand löschen wolte / oder kunte; geschehen / und verbrann damit auch die Kirch / und das Kloster / zu den Predigern / so damals der Spital war / grösten Theils. Nach Eroberung der Stadt / auch folgender und den zehenden und zwanzigsten beschehener Auffgebung deß Schlosses / mit accord ward Herr Heinrich von Metternich / deß Ritterlichen Stiffts zu S. Peter zu Wimpfen im Thal Stadthalter / allhie zu Heydelberg / im Nahmen Käys. May. und damals Fürstl. Durchleucht in Bäyern / als Käyserlichen Commissarii / zum Stadthalter über die Stadt / und 4. Aempter / Heydelberg / Moßbach / Brettheim / und Boxberg / verordnet / noch alles unter Käys. Mäy. etc. Namen / biß Anno 1627. ein Käyserlicher Commissarius, die Burgerschafft zu Heydelberg / und in den oben gedachten vier Aemptern / ihres vorigen Eyds erlassen / und sie in neue Pflicht auff- und angenommen; in dem er gedachte vier Aempter Chur-Bäyern eygenthumb- und erblich / gegen Kriegs Unkosten / eingeraumt; und weilen sich die Unterthanen willig bequemt / so hat ihre neue Obrigkeit ihnen sehr viel / an denen / von etlichen Jahren / im gantzen Land / außstehenden Schulden / gnädigst nachgelassen. Die Religion ist ihnen biß zu derselben Zeit / von Anno 1622. und noch ein Jahr / gelassen; aber nachmals seynd sie fort und fort zur Catholischen Religion / auch endlich ernstlich angehalten / oder außzuziehen / gebotten worden; da dann etliche der Bürger (dann andere / so in Diensten waren / allbereit Anno 1621. und 22. außgezogen / und haben auch die Professores der Universität lieber die Stadt mit dem Rucken ansehen / dann sich zu der Catholischen Religion accommodiren wollen) sich hinweg begeben haben. Die übrige / so geblieben / haben sich zwar äusserlich accommodirt; aber nachmals Anno 1633. gleich nach der andern Eroberung der Stadt / hat sich das Hertz /

[T19]

[45] und wie Ernst es ihnen vorhin gewest seye / sehen lassen. Es hat aber im besagten Jahr der Schwedische Obrist Leutenant Abel Moda, mit etlichem Volck / den 5. und 15. May / deß Morgens frühe / umb 3. Uhr / sich der Stadt / durch Behändigkeit / ohne Verlust einiges Manns / bemächtigt. Die im Schloß hatten es erst gegen 4. Uhr erfahren / darauf das Schiessen bald angangen; also daß denselben Tag auff die 7. Tonnen Pulver verschossen worden. Vierzehen Tag hernach / nemlich den 24. May / hat Pfaltzgraf Christian von Birckenfeld etc. etliche Regimenter zu Fuß / beneben dem Leib Regiment zu Pferdt / vor die Stadt ins Feld gestellt / zwey Schottische über den Berg / nach dem Wolffsbrunnen zu / die andere in die Stadt / und auff die Posten hinter dem alten Schloß verordnet. Er / der Herr Pfaltzgraf / und die Schotten / namen ihr Quartier auff der Wiesen beym Wolffshauß; und haben also zur Belagerung geschritten / in welcher / durchs hinein Schiessen ins Schloß / ausserhalb der Dächer / und Fenster / kein sonderlicher Schad geschehen; gleichwol hat man den neuen Bau / und die Kirch / daran die Pfaltzgrafen / König / und Churfürsten / in Stein außgehauen / etwas beschädigt. 4. Churfürsten getroffen / darunter Pfaltzgraf Friederich der Ander in der Mitte entzwey / und das Obergestell an der Kirchenthür eingeschossen worden. Letztlich ward die neue Schantz hinter dem Schloß wie ein Triangul / mit einem Blochhauß / hoch und wolgebaut / und darauß der Stadt ziemblicher Schade geschehen / innerhalb zwo Stunden / als man die Stuck in den Caninchen Berg / oder Fasanen-Garten / gebracht / erobert; nach welcher Schantz Eroberung die Schweden ihre Batterey im Garten / hart an dem Schloß / auffgeworffen / und haben sie auch von den andern Orten / und vom Heyligen Berg / dem Schloß zugesetzt; also daß der Commendant / ein Freyherr von Hartenberg / (so / ausser deß Stadthalters / Herren Heinrichen von Metternich / den Soldaten zu gebieten hatte) es endlich zum accord gelangen liesse / und den 26. May alten Cal. der Abzug der Chur-Bäyerischen alda geschahe. Es haben / nach solcher andern Eroberung / die Lutherischen eine Kirch / und offentliches exercitium allhie erhalten; und ist der Schwedische Reichs Cantzler selber zu S. Peter / mit einer sehr grossen Menge / bey der Predigt / und Nachtmal / gewesen: Hernach haben sie die Spital / oder Prediger-Kirch eingenommen; und haben die vor etlich Jahren außgezogene / und vertriebene Inwoner / sich auch wieder herbey gemacht. Und dieses / was von beeden Belager- und Eroberung der Stadt Heydelberg gesagt worden; hat auch der hieoben angedeute / und geweste Professor allhie / unter seinen Schrifften / hinterlassen. Umb den Eingang deß Novembris Anno 34. ward die Stadt / von den Bäyrischen / wieder bekommen / das Schloß aber hat sich dißmal ihrer erwehret / daß sie / die Bäyerischen / den 24. Novemb. abgezogen: aber hernach mit Ernst wieder kommen seyn: Wiewol solches Schloß / den 12. Decembris / durch die Frantzosen / entsetzt worden ist; und wichen die Bäyerischen / auff getroffenen Accord / auch auß der Stadt / so der Frantzosen erste Thättligkeit wider die Käyserischen / und Bäyerischen / gewesen; wie Kemnitzius sagt. Aber Anno 35. nimbt der Käyserische General Gallas die Stadt Heydelberg / wie auch Ladenburg ein / und muste sich hernach / den 18. Julii / auch das Schloß zu Heydelberg / auß Mangel der Lebensmittel / ergeben. Anno 1649. den 25. Septembris / A. C. seyn die Chur-Bäyerischen allhie / wie auch zu Mannheim / und von andern umbliegenden Schlössern auß- und abgezogen; so höchstgedacht Ihrer Churfürstl. Durchl. Herrn Pfaltzgrafen Carolo Ludovico, vermög General Reichs-Friedens / restituirt worden seyn. Hierauff ist Anno 1651. den 19. Julij / das Archivum der Hohen Schul allhie / vom D. Petro de Spina, Medico, übergeben / und solche Universität / den 1. Novemb. Anno 52. solenniter wieder eingeführt worden; wie davon in der Franckfurtischen Frühlings-Relation vom Jahr 53. p. 44. seq. zu lesen. Es ist höchsternanter Herr Carl Ludwig / Pfaltzgraf bey Rhein / deß Heil. Römischen Reichs Ertz-Schatzmeister / und Churfürst / Hertzog in Bäyern / etc. Anno 17. den 22. Decembris / gebohren worden / und hat Anno 50. den 12. Febr. A. C. dero Fürst. Beylager gehalten / mit Fräulein Charlotte, Landgräfin zu Hessen-Cassel / Anno 1627. den 20. Novembris / gebohren; von dero auch [46] Ihre Durchleucht / Anno 51. den 31. Martij / einen Jungen Herrn / Namens Carl / Anno 52. den 17. May / ein Fräulein / Elisabetha Charlotta, und Anno 53. in Augspurg / wieder ein Kind / so aber bald gestorben / bekommen haben. Im gedachten 52. Jahr / befunden sich Ihre Churfürstl. Durchl. zu Prag / und hatten / von Räthen / bey sich / Herrn Friederichen von Horen / Hofmarschallen; Herrn la Mote du Punt, Stallmeistern; Herrn von Nüdt / zu Cronenberg // Jägermeistern; Item einen Herrn von Wallbrunn / und den Herrn von Müssenbach. Anno 53. wohnten Ihre Durchl. der Wahl des Römischen Königs / Herrn[WS 2] Ferdinandi IV. in Augspurg; und darauff auch der Crönung Ihrer Königl. Mayestät / etc. in Regenspurg bey. Anno 1658. haben Ihre Churfürstl. Durchleucht der Käyserlichen Wahl und Krönung / Herrn[WS 3] Leopoldi I. in Franckfurt beygewohnet. Anno 1659. den 28. April / haben Ihre Durchleucht selbsten den ersten Stein zu einer Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Heydelberg / in beyseyn deß Chur-Printzen geleget. Anno 1671. den [WS 4] Sept. hielten Ihre Durchleucht / Herr Pfaltzgraf Carl / Chur-Printz / mit der Königlichen Dänemärckischen Princessin Fr. Wilhelmina Ernestina Beylager in Heydelberg. Ausserhalb der Stadt Heydelberg ist zu sehen. 1. der Wolffsbrunn / davon ein Geschicht erzehlet wird / daß vor etlich hundert Jahren / noch bey den Heyden / allda ein Heydnische Weissagerin / Iettha (daher der Nahm Jetthenbühel / wo das neue Schloß stehet / entsprungen) / oder Vellada, gewesen / so an demselben Ort gewohnet; und damit sie ihr ein Ansehen machte / sich gar selten habe sehen lassen; doch seye sie auff eine Zeit hinauß spatziert an das Ort / da jetzo der Wolffsbrunnen / bey dem Dorff Schlierbach / zu finden / (das damaln allenthalben eine Einöde / und Wüsteney war); allda sie dann eine Wölffin / mit ihren Jungen / angetroffen / und sie zerrissen habe; dahero dasselbe Ort / so / vor diesem Krieg / von Fischweyren / und Forellen / von Büschen / und Wasserbrunnen / sehr lustig gewesen / der Wolffsbrunnen genant worden ist. 2. Gegen diesem über / und eine halbe Meil von der Stadt / liegt der Fürstenbrunn / da im Gewäld ein Brunnenwerck / und durch die Mauren ein überauß schön frisch Wasser / und Wasserquell / entspringt. Der Brunn stehet unter einem schön gepflasterten Gewölb; darneben zween Fischteich / und Spatzierplätz / neben schönen Wiesen / darauff viel Tuchbleichen seynd / mit frischen Brunnenbächlein umbfangen / und ringsherum Waldung; daß also das gantze Werck ein schöner lustiger Medicinischer Garten / darinn allerley gute Kräuter seyn / dahin auch die Studenten herbatum gehen: An dem Bächlein seynd Mühlen / und / unter anderen / hart am Brunnen / ein Papiermühl / so ein Chur-Pfältzisch Lehen / aber unlängsten noch gar baufällig; ja alles zerfallen / und zerstört gewesen ist; weil es aber gar leichtlich wieder kan aufgerichtet werden / vielleicht wieder auffrecht jetzt stehen mag; dann deß Orts Natur / und Gelegenheit an ihm selbst bleibt. Es haben die Pfaltzgrafen Churfürsten / mit ihrem Hoff- und Cantzley Gesind; wie auch die Studenten bey der Universität / und gantze Burgerschafft / im Sommer / ihre Lust / und Kurtzweil allda gehabt; sind Abends wieder nach Heydelberg gangen; oder zwischen einem sehr lustigen Gebürg / auff dem Neckar / gefahren. 3. Ein grosse Viertel Meil über Heydelberg ligt das Closter Neuburg / so von Anselmo, dem Abbt deß Closters Lorsch / zu Ehren deß H. Apostels Bartholomaei, unter der Regul deß H. Benedicti, auffgericht; so hernach Anno 1195. auß einer Probstey / und Mönch / zu einem Jungfrauen Closter / gedachten Ordens gemacht / und folgends stattlich vom Käyser Conrado begabt worden; darinnen Frau Catharina / und Frau Brigitta / beyde Pfaltzgräfin / und weyland Aebbtissinne dieses Klosters / in Anno 1526. und 1562. begraben liegen. Und fahet sich allhie die Bergstraß an. 4. Von diesem Kloster Neuburg herabwerts / stracks gegen der Stadt Heydelberg / ist ein ziemblich hoher Berg / der Heilige Berg genant / von welchem oben gesagt worden / und auff welchem ein Stein dem Abgott Mercurio zu Ehren auffgerichtet worden seyn solle; wie dann darauff / und in der Gegend / Römische monumenta, und / noch vor etlichen Jahren / in dem

[T20]



[T21]

[47] Dörfflein Neuenheim / gegen Heydelberg über / güldene Müntz / zweyer Ducaten schwer / darauff der Römischen Käyser / und Kriegs-Obristen / Bildnuß / und Uberschrifft / gestanden / gesehen / und gefunden / und ein Stein / so vorhin in S. Stephans Kirchen auff diesem Berg gewesen / in das Schloß gesetzt worden / so 4. außgehauene Bilder / nemblich einen Adler / mit einem Lorbeer Krantz / sampt deß Feldherrn Uberschrifft; darnach ein nackendes Bild / mit Flügeln Siegzeichen auff einer Kugel; drittens den Vulcanum, sampt einem Hammer / und Zangen; und vierdtens / ein Weibsbild / so ein Schauben / hat. Nachmals seynd zwo Kirchen auff diesem Berg (den etliche den Berg Abrahams (vielleicht dem Patriarchen Abraham zu Ehren; wie Freherus part. 1. Origin. Palatin. cap. 8. will /) oder Abrinsberg / nennen) / eine / so die obere / zu Ehren / und Schutz deß Ertz-Engels Michael; (daher auch selbiger Theil deß Bergs / der Michaels Berg genant wird); die andere aber etwas hinunter / zu Ehren S. Stephani, deß ersten Märtyrers / wie auch S. Lorentzen / geweihet worden. Es ist aber folgends auß der ersten / nemblich S. Michaels-Kirch / ein Closter / Benedictiner Ordens / nach Lorsch ins Kloster gehörig / wie auch auß S. Stephan / und Lorentz-Kirchen Anno 1100. ingleichem ein Klösterlein worden; zu welchen beyden Kirchen dann / ein überauß grosse Walfarth / von vielen Orten / gewesen ist. Es seynd auff diesem Heiligen Berg wunderliche Hölinen / mit Mauren beschlossen / und wie ein Gefängnuß gemacht / zu finden; so man für Römische Gebäu achten thut. 5. Sonsten halten sich / ob Heydelberg / sonderlich gern die Reyger auff / so bey dem Neckar auf hohen Bäumen nisten / und einen angebornen Haß wider die Habich tragen / davon Münsterus lib. 5. cap. 304. zu lesen. 6. Ein Viertel Meil von Heydelberg ligt der geringe Fleck Händsuschheim / an der Bergstraß / so über die 900. Jahr alt / wie auß der Lorscher Chronic zu sehen. Hat auch ein uhraltes Adeliches Geschlecht dieses Namens allda gehabt / so vor viel hundert Jahren bekant gewesen / darauß der Letzte / bey Regierung Churfürsts Friderici IV. zu Heydelberg / auff dem Marckt / erstochen worden ist. Die Kirch allhie ist Anno 1053. von einem Abbt zu Lorsch gestifftet worden. 7. Bey dem Dorff Dossenheim ist ein stattlicher Weinwachs / so vor viel hundert Jahren berühmt gewesen / ligt ein halbe Meil von Heydelberg / an der Bergstraß. 8. Ein Meil Wegs von der Stadt / über Schrießheim / auch an der Bergstraß / ligt Schauenberg[WS 5] / so eine Vestung / oder Schloß / gewesen / Chur-Mäyntz vor Zeiten zuständig / von Thürnen / Mauren / und Gräben / ziemlich vest / das von Pfaltzgraf Friderico Victorioso, Anno 1460. eingenommen / und zerstört worden. Und hat in selbigem Krieg / darinn besagter Friederich obgesiegt / Chur-Mäyntz 30000. Goldgülden / und die Ringower 9000. Goldgülden / vermög Vertrags / geben sollen; unterdessen aber dem Pfaltzgrafen obgenante drey Mäyntzische Oerter; Item das Städtlein Pfedersheim / so auch Mäyntzisch gewesen / als ein Pfandschilling / blieben seyn; davon Trithemius in Chronico Sponheimensi, (ausser / was vom Pfandschilling Pfedersheim gesagt worden) / in diesem Jahr zu lesen ist. Von andern Orten umb Heydelberg herumb / wird unten gesagt werden. Und haben die Dörffer im Neckargöw meistentheils den Clöstern Schönaw / Neuburg / Heiligenberg / auch Lorsch / zugestanden / oder doch in die Graffschafft Ladenburg gehört.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Lixherm
  2. Vorlage: Herrn Herrn
  3. Vorlage: Herrn / Herrn
  4. Vorlage: Tag fehlt an dieser dafür freigelassenen Stelle.
  5. Vorlage: Schwabenberg