Stunden der Andacht/Eine Mutter, deren Kinder sie ernähren

« Eine Wittwe, die unmündige Kinder hat Stunden der Andacht Um Lebensunterhalt »
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Gebet einer Mutter, deren Kinder sie ernähren.

„Ich gieße meinen Geist auf deinen Samen
und meinen Segen auf deine Sprößlinge.”
 (Jes. 7, 8.)

Ich lobe und preise dich, mein Gott und Herr, der du so huldvoll über mich waltest. Du hast mich begnadigt mit dem höchsten Lebensgut, mich begabt mit guten und treuen Kindern, die mich umgeben mit Liebe und Herzlichkeit, mir ihre zärtlichste Sorgfalt und Zuvorkommenheit widmen, und in den Tagen meines Alters, die nicht mehr geeignet sind zur Thätigkeit und zum Erwerbe, wo die Hände laß werden, die Füße nicht mehr fort wollen und die Ruhe so wohl und so Noth thut, haben sie es übernommen, für mich zu schaffen und zu erwerben, was ich bedarf, und durch ihren Fleiß und ihre Betriebsamkeit einen ruhigen sorglosen Abend meiner Lebenstage mir zu bereiten. O mein Gott, wenn aus jedem Mutterherzen fromme Gebete für ihrer Kinder Wohl emporsteigen, wie sollte nicht erst mein Bitten und Beten um das Wohlergehen meiner Kinder, die so treu und ergeben sind, heiß und inbrünstig sein! O möge der tausendfache Segen, den mein dank- und liebeerfülltes Herz vor dir, Allvater, über sie ergießt, die unerschöpfliche Fülle deiner Gnade über sie herabrufen. Segne, Allgütiger, ihr kindliches Streben, segne ihren Fleiß und Beruf, ihren Erwerb und Verkehr, laß wohlgelingen Alles, was sie beginnen, und stehe ihnen bei im Kampfe gegen die Anfechtungen und Anfeindungen des Lebens und gegen die Versuchungen und Verlockungen zur Sünde. Schenke ihnen ein langes und glückliches Dasein, umstrahlt von deiner Huld und deinem Wohlgefallen; halte fern von ihnen Krankheit und Ungemach, und gewähre ihnen die volle Lebenslust und Lebenskraft zum Lohne so frommer, so treuer Kindesliebe, welcher du deinen überschwänglichen Gottessegen hast verheißen; Seligkeit im Jenseits und langes glückliches Leben auf Erden.

Mich aber, Allvater, laß Gnade finden in deinen Augen, daß ich niemals durch Krankheit und Gebrechlichkeit ihnen zur Last falle, [105] nie durch einen mürrischen und unzufriedenen Sinn, durch Gereiztheit und Empfindlichkeit ihnen ihre Pflicht erschwere. Gib, daß ich vielmehr stets im Stande sei, durch Heiterkeit und Rüstigkeit zu ihrem Nutzen, zur Erheiterung und Verschönerung ihres Lebens beizutragen, und durch erfahrenen Sinn und weisen Rath ihre Wohlfahrt zu fördern. Erhöre und gewähre, Allgütiger, mein Flehen und erhalte mir dieses schönste Glück einer Mutter, den treuen Sinn und die fromme, sorgsame Liebe meiner Kinder. Amen.