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Seite volles und ungeschmälertes Vertrauen, als von jener des Dieners erprobter Charakter und die nimmer wankende Pflichttreue und Anhänglichkeit an seines Königs Person und Haus.

Herzberg war von der Vorsehung ausersehen, die leitende Hand in den denkwürdigen und politisch wie geschichtlich wichtigen Friedensschlüssen zwischen Rußland und Schweden 1762 und zwischen Preußen und Oesterreich und ihren beiderseitigen Verbündeten zu Schloß Hubertusburg, 1763, zu bieten, und er that dieß mit so vieler staatsmännischer Weisheit, daß sein König den nach Berlin zurückgekehrten mit den freudigen Worten entgegentrat: »Mein lieber von Herzberg, Sie haben einen guten Frieden gemacht, fast so wie ich den Krieg geführt habe, einer gegen drei!« Die sofortige Ernennung des geheimen Rathes zum Staats- und Kabinetsminister war dessen anerkennender Lohn.

Als die ewige Macht, welche die Geschicke der Völker in ihrer Hand wägt, trotz aller nationalen Widerstrebung die Theilung Polens über dieses Land verhängte, in welcher Rußland den Löwentheil und Preußen das mindeste erlangte, war es wieder Herzberg, der für seines Königs Interesse wirkte und handelte, ebenso war der große Staatsmann in den Verhandlungen über die bayrische Erbfolge thätig, und nicht minder betrieb er vor allen den Abschluß des Friedens zu Tetschen. Dem Bestreben Kaiser Joseph’s, sich den Besitz von Bayern zu gewinnen und anzueignen, wirkte Herzberg mit aller Macht seines Geistes entgegen und hatte großen Antheil am Zusammentritt des Fürstenbundes, der 1785 erfolgte und jenes Pläne und Absichten vereitelte.

Als des großen Königs Tage sich zum Ende neigten und er nur noch wenige seiner wahrhaft Getreuen um sich sehen mochte, gehörte Herzberg zu diesen wenigen auserwählten, und der sterbende König empfahl ihn vorzugsweise seinem Nachfolger auf Preußens Königsthron.

König Friedrich Wilhelm II. erfüllte gern den Willen seines unsterblichen Vorgängers, er erhob den Staatsminister von Herzberg in den Grafenstand, schmückte ihn mit dem schwarzen Adlerorden und ernannte ihn zum Curator der königl. Akademie der Wissenschaften mit Beibehaltung all seiner amtlichen Stellen und seines politischen Einflusses. Dieser letztere jedoch fand seinen Wendepunkt im Congreß zu Reichenbach, das Vertrauen war nicht mehr das alte, gewohnte. Graf Herzberg forderte und erhielt im Jahre 1791 seine Entlassung aus dem Ministerium der auswärtigen Angelegen heilen, und behielt blos die Curatel der Akademie und die Oberaufsicht über den Seidenbau in Preußen. Diesen pflegte er praktisch mit größter Vorliebe, ein ächter Vorläufer von Türck’s, und wie er für die königliche Akademie der Wissenschaften thätig blieb und bemüht war, die Zahl ihrer Mitglieder durch wackere deutsche Gelehrte zu mehren, statt einem starren Ab- und Ausschließungssysteme zu huldigen – so förderte er auch mit lebhaftem Eifer die Landeskultur, unterhielt auf seinem Gute Britz bei Berlin eine Musterlandwirthschaft und verwendete höchst bedeutende Summen seines eigenen Vermögens auf den Seidenbau. Auch dem Schulwesen lenkte er lebhaften Antheil zu, ließ Schulhäuser erneuern, beschenkte die Lehrer, und war auch als Schriftsteller auf dem staatsmännischen Literaturfelde thätig. Dennoch trieb sein patriotisches Gefühl ihn an, zu einer Zeit, 1793, in wichtiger Staatsangelegenheit Rath ertheilen zu wollen, den er jedoch mehrfach zurückgewiesen sah. Er machte die Erfahrung, der – sei es früher, sei es später – kein wahrhaft verdienter und hochbegabter Mann entgeht, mißkannt zu werden, und besaß nicht Stolz genug, die Mißkennung mit philosophischer Ruhe zu ertragen, er grämte sich über dieselbe und starb. Von den 70 Jahren seines thätigen, ruhm- und ehrenvollen Lebens gehörte fast ein halbes Jahrhundert dem Dienst des preußischen Königshauses und Staates, und neben Rang und Titeln, Würden und Orden bewährte er den rein menschlichen und edeln Charakter, der noch ungleich schwerer als jene wiegt.