Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band. | |
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„Bleib’ ich heute euch zu lange,
guter Alter, sorgt euch nicht,
denn mir ahnt es, als verlange
mich der Himmel vor Gericht;
So die Nonne, und begehrt
knieend drauf des Greises Segen,
und empfängt ihn, geht, und kehrt –
Nie zurück! – Die Nacht sank nieder,
Clara kehrte noch nicht wieder,
und der Alte harrte noch,
und die Sorge läßt ihm nimmer
und die Ahnung nimmer Ruh,
eilet er dem Felsen zu.
Und da sieht er an der Eiche
ihren Schleier aufgehängt,
und im Grase ihre Leiche,
„Ha, ihr Ahnen ward erfüllet!
seufzt der Greis im stillen Schmerz.
Ihre Leiden sind gestillet,
und geheilt ihr wundes Herz!“
gräbt ein Grab beim Mondenschein
in süßduft’ger Linden Mitte,
betet still und scharrt sie ein. –
Bald die Kunde davon schallte
und der Felsen in dem Walde
ward der Nonnenstein genannt.
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)