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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Da stehn sie tief betroffen still,

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das Unglück keines künden will;

     es möchte wohl der Schrecken
     den Alten niederstrecken.

Sie stehen eine lange Zeit.
     „Was soll, das muß geschehen!

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Kommt, stillt die Thränen, bergt das Leid,

     ich will voran euch gehen!“
so redet mit erzwungner Ruh
den Andern Berthold jammernd zu,
     und tritt mit schwankem Schritte

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     zum Alten in die Hütte.


Weh, was wird Vater Kilian
     zu dem Berichte sagen?
Scheu sah die Schluchzenden er an,
     und wagte nicht zu fragen,

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bis daß er, ha, sein Kind vermißt!

„Gertrude? Sagt, was mit ihr ist?“
     Doch keines will es wagen,
     die Wahrheit ihm zu sagen.

„Wo ist mein Kind? Sprecht, wo sie ist!

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     Wagt nicht, mich zu bethören.“

Da spricht Berthold: „Hilf Jesu Christ!
     Ihr müßt’s doch einmal hören.
Eu’r Kind – ’s wird wohl verloren seyn, –
ein Nixenkönig zog’s hinein.“

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     Stracks stürzte ohne Oden

     der Alte todt zu Boden.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 066. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_066.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)