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Die Parabel geht dem Beispiel zur Seite: denn sie ist nur ein erdichteter Fall aus der menschlichen Geschichte, der sich also zwischen Dichtung und Wahrheit in der Mitte verliert. Was fehlet also beiden, dem Beispiel und der Parabel am Ueberzeugenden der äsopischen Fabel? Das Hauptstück der letztern, die innere Nothwendigkeit der Sache selbst fehlt ihnen, durch welche sich eine Fabel vom Beispiel, von der Parabel und von allen andern Dichtungen auszeichnet. Ein Beispiel erläutert; aber es zwinget, es überzeugt nicht. Eine Parabel macht wahrscheinlich; aber auch ihr fehlt der Punkt der innern Gewißheit, der hier entscheidet. Andre Dichtungen können empfehlen; die Fabel allein dringet unausweichlich, weil sie uns die innere Nothwendigkeit der zu beginnenden Handlung oder des Erfahrungssatzes anschauend zeiget.

Und wodurch zeigt sie dies? Eben durch den Charakter der Wesen, die sie handeln läßt;

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_165.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)