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gleich, ob sie noch ässen oder nicht. Der Teufel aber holte eine Schüssel mit Eisenkörnern herbei und verzehrte dieselben. Rollerbselein vermochte nichts davon zu essen. Nachdem sich der Teufel so gestärkt hatte, führte er seinen Schwager auf den Boden des Schlosses, wo der Kampf stattfinden solle; der Boden war aber ein Bleiboden.

Nun schritten sie zum Kampf. Der Teufel ergriff seinen Gegner, hob ihn in die Höhe und warf ihn darauf mit solcher Gewalt nieder, dass derselbe bis an die Knöchel in den Bleiboden einsank. Aber mit gewaltiger Kraft zog Rollerbselein seine Füsse aus dem Blei heraus, ergriff den Teufel, hob ihn in die Höhe, dann warf er den Teufel nieder, dass er bis an die Kniee im Blei versank. Als sich der Teufel wieder frei gemacht hatte, schleuderte er seinerseits Rollerbselein bis an das Knie hinein in das Blei. Aber Rollerbselein raffte sich auf und warf nun den Teufel mit solcher furchtbaren Kraft nieder, dass er bis an die Brust im Blei versank. Da konnte sich der Teufel nicht so leicht wieder heraus arbeiten. Schnell aber war Rollerbselein zu seinem Schwert gesprungen, hatte dasselbe ergriffen und wollte damit dem Teufel den Garaus machen. Dieser bat aber in seiner Angst für sein Leben dasjenige der sechs Brüder an. Da nun Rollerbselein gar nicht wusste, wo diese waren, ebenso seine Schwester ihren Kerker nicht kannte, so ging Rollerbselein auf den Vergleich ein.

Nachdem der Teufel sich wieder frei gearbeitet hatte, führte er auch Rollerbselein nach dem geheimen Verliess, in welchem seine Brüder schmachteten. Aber wie sahen dieselben aus! Das Zeug hing ihnen in Fetzen vom Leibe, und da der Teufel nur soviel Essen in das Verliess hinab geworfen hatte, dass sie nicht verhungerten, so waren die Brüder hinfällig und schwach, dass sie kaum stehen und gehen konnten. Rollerbselein wurde darüber wütend und wollte den Teufel dafür zu Leibe gehen, aber dieser sagte, er werde die Brüder wieder so gesund und kräftig machen, wie sie vorher gewesen waren, auch sollten sie die schönste neue Kleidung haben. Er führte seine Schwäger auch sogleich in ein Zimmer, wo sie die schönste Kleidung fanden. Dann ging der Teufel voran durch viele Zimmer im Schlosse: im siebenundzwanzigsten Zimmer standen zwei Kufen. Der Teufel sagte, wer das Wasser aus der einen Kufe trinke, der werde sehr stark, während das Wasser aus der anderen Kufe schwach mache. Aber der Teufel hatte die Kufen falsch angegeben; schon wollten die Brüder das Wasser aus der Kufe trinken, welches stark machen sollte, aber in Wirklichkeit das schwach machende Wasser enthielt, da kam die Schwester herbei geeilt. Dieselbe hatte an der Unruhe im Schlosse gemerkt, dass sich etwas besonderes zutragen müsse. Sie war von Zimmer zu Zimmer gelaufen und gerade noch zur rechten Zeit gekommen, um das Unheil zu verhüten, denn sie wusste um das Wasser Bescheid, weil sie dem Teufel öfter davon hatte holen müssen. Sie rief den Brüdern zu, von welchem Wasser sie trinken sollten. Diese thaten das und wurden nun ungeheuer stark. Da sie aber der Teufel hatte betrügen wollen, so wurden sie noch wütender auf den Teufel, als sie schon gewesen waren, fielen über denselben her und zwangen ihn, von dem Wasser

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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_085.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)