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besonders zum letzten und hartnäckigen Rückhalte aller Schilderhebungen befähigt und begünstigt und es dazu bestimmt, die letzten Entscheidungen auszufechten; seine Geschichte ist eine fortlaufende Kette solcher oft ruhmreichen, aber auch ebenso traurigen Episoden, die es oft jahrelang als letzte Lagerschanze der kriegführenden Parteien von aller Verbindung mit dem In- und Auslande ablösten. Seine geographische Lage aber, wie andererseits der alte Neid und Groll einer alten, einst befehlenden, nun zur Unterthänigkeit einer Provinzialstadt herabgesunkenen Kapitale gegen die herrschende Hauptstadt erwecken und nähren das Gelüste einer Abtrennung von dem abhängigen Verhältnisse und bisherigen Verbande und der Gründung eines neuen selbständigen Staates aus den Provinzen, die es als Hafenstadt und Schlüssel der Lagune hinter sich hat. Erst vor kurzer Zeit ist es wiederum aus einer langen Lokaldiktatur und Absperrung aus dem Weltverkehr befreit worden. In dem Unabhängigkeitskriege blieb es ebenfalls am längsten im Besitze der Spanier, die erst im Jahre 1823 aus den tapfer vertheidigten Festungswerken abzogen; die Einwohnerzahl sank durch die Leiden des Krieges auf die Hälfte herab und ist seitdem in Folge der periodischen Occupationen einer immer schwankenden Bewegung ausgesetzt. Die Mehrzahl der Kaufleute Maracaibo’s sind, wie an den übrigen Hafenplätzen, Deutsche, denen auch hier die bedeutendsten Häuser gehören. Ueber die Handelsbewegung der neuesten Zeit sind keine allgemeinen Berichte vorhanden, da die Bürgerkriege seit dem Jahre 1857 keine Zusammenstellung der statistischen Verzeichnisse wegen des beständigen Wechsels der Ministerien gestatteten. Im Jahre 1844–45 betrug der Durchschnittswerth der Einfuhr 1,156,759 Pesos, – 394 pCt. mehr, als zehn Jahre vorher; der Werth der Ausfuhr 1,076,892 Pesos, – 272 pCt. mehr, als zehn Jahre vorher; Zolleinkünfte gingen ein: 331,955 Pesos; der Kaffeexport betrug 88,400 Quintales; Kakaoexport 894,542 Pfund; Rinderhäute wurden verladen 52,407 Stück; in den Hafen liefen 204 Seeschiffe mit 28,702 Tonnen Gehalt ein; 495 Küsten- und Stromfahrzeuge kreuzten die Lagune[1].

Der Handelsverkehr zwischen den beiden benachbarten Republiken Venezuela und Neu-Granada beschränkt sich nur auf die Grenzstädte und auf den Handel zwischen Maracaibo und dem Thale von Cúcuta auf dem Wege der Lagunen- und Flußschiffahrt; die Küstenhäfen aber stehen in keiner Verbindung mit einander; es giebt zwischen ihnen keine andere Berührungslinie als über die westindischen



  1. Kurze Notizen über die Lage des Handels von Maracaibo im Jahre 1866 finden sich im: Preuß. Handelsarchiv. 1867. S. 596.
    Red.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 428. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_428.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)