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hätten. „Da man die Hörner und Gerippe in großer Menge daselbst findet, so häuft man sie auch an den Wegen auf, als Merkzeichen für die Reisenden zur Winterszeit, wenn Schnee das Land deckt.“ Burnes hörte von einem seltsamen Thiere, „Raß,“ das nur auf den Höhen von Pamir lebe. „Es sei größer als eine Kuh, kleiner als das Pferd, weiß mit herabhängendem Bart am Kinn und mit mächtigen Hörnern, so groß, daß diese kein Mensch aufheben könne. Liegen sie auf dem Boden, so werfen kleine Füchse in die Höhlungen ihre Jungen.“ Lieutenant Wood, der 1838 die Gegenden am oberen Oxus bereiste, berichtete: „We saw strewed in every direction numbers of horns of an astonishingly large size, belonging to an animal of a species between the goat and sheep in the steppes of Pamir. The ends of the horns projecting above the snow indicated the direction of the road.[1] (Man erinnere sich der oben mitgetheilten Wahrnehmungen Ssäwerzof’s im Thale des Ulan.) Wood brachte auch zuerst Schädel und Gehörn dieses Mouflons nach Europa; immerhin jedoch blieb es zweifelhaft, ob diese Thiergattung noch existire. Da sah der verdiente russische Naturforscher P. P. Ssemenof eine Heerde dieser Thiere zuerst an den Gletschern des Ssary-Djas in der Nähe der Riesenberge des Chan-Tengri, und konnte somit das Vorkommen derselben auch in unserer Zeit constatiren. Jetzt hat Ssäwerzof, dem die Zoologie schon so manche Bereicherung und Aufklärung verdankt, zwei vollständige Exemplare derselben heimgebracht. Die Höhe dieser Thiere beträgt im Schopf 1,22 M., die Länge 2,13 M., d. h. sie sind höher als eine Kuh und fast ebenso lang. Die spiralförmig gewundenen Hörner starren höher empor, als die Höhe des Thieres selbst beträgt, sie messen 1,40 M.; rings um den Hals legt sich eine große wogende Mähne, der Schwanz ist kurz. Die Thiere halten sich heerdenweise zusammen, nur alte Böcke leben einsam. Ihre gefährlichsten Feinde sind die Wölfe, namentlich der räuberische rothe Alpenwolf, Canis alpinus parvus, der stark im Gebirge verbreitet, aber ein so vorsichtiges Nachtthier ist, daß er bisher noch nicht erlegt werden konnte. Ovis Polii zu tödten, ist ebenfalls nicht leicht, da das Thier Wunden, die sonst tödtlich sind, zählebig übersteht. Die nördliche Grenze der Ausbreitung desselben bildet der Naryn, wenigstens hat man nördlich von diesem Flusse noch keinen Schädel unseres Mouflons aufgefunden. Die Südgrenze ist unbekannt, aber das Vorkommen dieser Species im Akssai-Thale scheint auf einen ununterbrochenen Zusammenhang großer Hochplateaux bis zum Himalayasystem hinzudeuten, denn nur auf solchen hält sich das Thier. Ssäwerzof knüpft an das Akssai-Thal


  1. Bei Humboldt, Centralasien, übers. v. Mahlmann. I, S. 590.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_158.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)