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Weiden, Dornarten (Crataegus pinaxtifida, Hippophae rhamnoides), Halimodendron argenteum, Lycium u. a. Bald nach dem Verlassen dieses Dickichts stießen die Wanderer auf einen kleinen kara-kirgisischen Aul von 4 Jurten, in dem sie aber nur Weiber und Kinder fanden, da die Männer beim ersten Wahrnehmen der Russen in das Gebirge gesprengt waren. Von den todbleichen, in Todeserwartung auf den Knieen liegenden Kirgisinnen erfuhren sie, daß die Ssara-Bagisch zum Issyk-Kul übergesiedelt seien. Es waren bis zum See nur noch 4¼ Meilen (30 Werst), der Weg dahin bequem, und so ging es rasch vorwärts, um so mehr, da man fürchtete, daß die Geflüchteten am See Alarm schlagen möchten. Nach 2 Stunden Ritt wichen die Berge noch weiter zurück, und es war der Wendepunkt des Tschu erreicht, wo der Fluß seine vorher nordöstliche Richtung plötzlich in eine westliche verwandelt. Von hier traten die Reisenden in die weite westliche Uferlandschaft des Sees hinaus, welche an dieser Stelle den Namen Kutemaldy führt. Rechts konnte man in das schöne Thal des Thian-Schan hineinblicken, aus welchem der Oberlauf des Tschu, der Koschkar, hervorströmt. Beim Austreten aus diesem Thale empfängt der Fluß den Namen Tschu, strömt noch eine Zeitlang in NNO dem See zu, getrennt von ihm durch einen niedrigen Doppel-Höhenzug, bis dieser sich völlig abplattet, tritt dann in die Uferniederung selbst ein und macht hier plötzlich, an einer etwas geneigten Ebene entlang fließend, die Schwenkung nach Westen, die ihn in das Gebirge und weiter in den Engpaß von Buam führt. Die Distanz vom Wendepunkte des Flusses bis zum See beträgt etwa 1–1½ Meilen, 7–10 Werst. Auf dieser Strecke liegt ein kleiner Sumpf, genährt, wie es scheint, vom durchsickernden Wasser des Tschu, und aus diesem Sumpfe fließt zum See ein Wasserlauf ab, der, wie seine Umgebung, Kutemaldy heißt und zuletzt so dürftig wird, daß er mehr einem Aryk (einem künstlichen Bewässerungsgraben) gleicht.

Darauf reducirt sich, wenigstens jetzt, der von den früheren Geographen[1] angenommene Zusammenhang des Tschu mit dem Issyk-Kul.

Als Ssemenof sein Reitthier von der Winkelspitze des Tschu hinweg zum See wandte, war er überrascht von dem Anblicke, der sich darbot. Vor ihm erstreckte sich in unabsehbare Ferne der blaue Spiegel des See’s, rechts erhob sich am Südufer des Sees die gigantische Reihe der Berggipfel des Himmelsgebirges, die mit glänzender Schneehülle umkleidet waren. In der breiten Uferlandschaft und an den Abhängen der Vorberge des Himmelsgebirges

Anmerkungen

  1. s. C. Ritter, Erdkunde v. Asien, Bd. 1, S. 395–398, vgl. S. 388.
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Verschiedene: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Vierter Band. Dietrich Reimer, Berlin 1869, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_IV.djvu/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)