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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

wurde zur Bestätigung an den Jülicher Herzog nach Hambach geschickt, worauf man die beiden Frauen verbrannte. Die Rechnung weist ausser den Ansätzen für den Unterhalt und die Löhnung des Henkers mehrere Posten für Folterwerkzeuge auf: Seil, Kerzen und andere Gerätschaften, Ketten, Klammern und Haken.[1] Wein und Brot (Weggen) nebst den Schanzen und dem trocknen Holze für den Scheiterhaufen kamen ebenfalls in Ansatz. Ähnlich das Verfahren in spätern Fällen im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts, in denen die Anklagen vor den Schöffengerichten im Jülich-Bergischen erfolgten.[2] An keiner Stelle findet sich angedeutet, dass eine allgemeine herzogliche Verfügung die Anklagen auf Zauberei den Schöffenstühlen überwiesen,[3] oder dass man Zauberei als ein Ausnahmeverbrechen (crimen exceptum) betrachtet habe.[4] Von 1423 an hatten die Landesherren in Jülich-Berg in zahlreichen Urkunden sich verpflichtet, die Bürger bei Schöffenurteil zu lassen, sich aber bei verhängten hohen Strafen „Leib und Gut antreffend“ ein gewisses Bestätigungsrecht vorzubehalten.[5] So erklären sich die freie Wirksamkeit der Schöffenstühle und die Nachsuchung einer Bestätigung der gefällten Todesurteile.

Die zweite Periode der niederrheinischen Hexenverfolgungen in der neuern Zeit fällt mit der Regierung Herzog Wilhelms III. (1539–1592) von Jülich-Cleve-Berg zusammen. Dank der Wirksamkeit aufgeklärter Räte und eines ausgezeichneten Leibarztes (Weyer), blieb Wilhelm III. (V.), wenn nicht alles täuscht, bis zu seinem Lebensende ein Gegner des Hexenwahns. Die Bestätigung eines Todesurteils gegen eine sogenannte Hexe kann ihm nicht nachgewiesen werden; während seiner mehr als 52jährigen Regierung ruhten daher die Verfolgungen in seinem weiten Gebiete fast gänzlich. Weyers Wirksamkeit ist bekannt; der schöne Grundsatz der herzoglichen


  1. Ähnlich anderwärts. Zuweilen wurde auch Pulver (Donnerkraut), wohl zur Anzündung des Scheiterhaufens, in Rechnung gesetzt.
  2. Oft in den Rechnungen auch Ansätze für die Bewirtung der Schöffen am Tage der Verbrennung der Angeklagten.
  3. Eine solche Verfügung ist höchst wahrscheinlich niemals ergangen; es würden sich sonst wohl Hinweise auf dieselbe finden.
  4. Nach v. Wächter, Beiträge … insbesondere zur Geschichte des deutschen Strafrechts, Tübingen 1845, S. 99, rechnete man schon im 15. Jahrhundert Zauberei zu den delicta excepta, bei welchen der Richter die beschränkenden Vorschriften der Gesetze übertreten dürfe.
  5. G. von Below, Landtagsaken Jülich-Berg Bd. I, S. 117, S. 157 und S. 163.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/81&oldid=- (Version vom 1.8.2018)