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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

Im allgemeinen endigten die Hexenprozesse nur selten mit Freisprechung. Viele Richter, so berichtet Fr. von Spee, gaben nur sehr ungern die der Zauberei Angeklagten los, weil sie auf deren Ergreifung übereifrig bedacht gewesen waren. Und der Henker glaubte, man würde seiner Kunst misstrauen, falls es ihm nicht gelänge, durch Folterungen ein Bekenntnis zu erzwingen. Ausserdem war vielfach Gewinnsucht wegen der Aussicht auf einen Anteil an der Hinterlassenschaft des Verurteilten mit im Spiele.[1] Einige Fälle, in denen die Verhandlungen zu Gunsten des Angeklagten schlossen, werden in den Regiminal-Protokollen erwähnt. In Brühl gab man im August 1617 die wegen Zauberei verhaftete Klapperhilgen, nachdem sie drei Folterungen überstanden hatte, frei. Sie wurde „ohne einige Relegation gegen gewöhnliche Urfehde“[2] entlassen, dabei indes beschlossen, ihr Treiben zu beobachten und bei neuen Anzeichen aufs neue die Untersuchung gegen sie zu eröffnen. Noch milder ging es im August 1594 in Bonn her, wo es einfach hiess: Weil die Aussagen eigentlich nichts auf Zauberei Bezügliches enthalten, sind auf gewöhnliche Urfehde hin die Weiber freizulassen. In den wenigen übrigen Füllen aber traf die Angeklagten selbst nach überstandener Tortur die harte Strafe der Landesverweisung, wobei man ihnen, je nach Umständen, die Unterhaltungskosten während der Untersuchungshaft entweder in Anrechnung brachte oder erliess.[3] Vergebens bat im April 1630 ein Bonner Bürger, dass seiner wegen Zauberei des Landes verwiesenen Frau die Rückkehr gestattet werde. Die Räte antworteten ablehnend unter Hinweis darauf, dass ein Gerichtsbeschluss vorliege und nur dem Kurfürsten das Begnadigungsrecht zustehe. Die zahllosen Fälle, in denen die der Zauberei Angeklagten das Todesurteil traf, boten zuweilen den kurfürstlichen Räten Anlass zu Entscheidungen. So fragte man aus Andernach im Jahre 1629 an, ob den Verurteilten die Kommunion gereicht werden dürfe. Die Antwort lautete, dass dies in den benachbarten Gebieten, wie auch in Westfalen gebräuchlich sei. Bussfertigen könne das Sakrament gespendet werden, sie würden dadurch vor der Verzweiflung


  1. F. von Spee, Cautio criminal. p. 163 sqts.
  2. Urfehde war die eidliche Bekräftigung der Sühne zwischen dem Urheber einer Verletzung und dem Verletzten.
  3. Linn 1605 Juni 10, Ahrweiler 1609 September ff.; Andernach 1616 Februar 8 ein Fall von Landesverweisung nach Widerruf des in der Folterung gemachten Bekenntnisses. K. R. P.
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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/72&oldid=- (Version vom 1.8.2018)