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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

Vertrauen auf Träume, Wahrsagerei und andere vergebliche eitle Dinge setzen. So kurze, ganz allgemein gehaltene Bestimmungen bestätigen Diefenbachs Angabe, dass zum Hexenwahn die Kirche bestimmte Dogmen nicht ausgesprochen habe,[1] der spekulativen Theologie also ein ziemlich freier Spielraum bleibe. Hinsichtlich päpstlicher Erlasse, so soll angeblich in nicht weniger als 103 Bullen[2] des Zauberwesens Erwähnung geschehen. Soweit es sich übersehen lässt, hat man nur einer[3] derselben, ohne durchschlagenden Erfolg, den Charakter einer Kathedralentscheidung beizulegen versucht. Vier Bullen aus dem 16. Jahrhundert waren damals bei uns für den Hexenwahn wahrscheinlich indirekt von Bedeutung. Denn man wird kaum fehlgehen bei der Annahme, dass die dem im Rhein vielverbreiteten Werke des Trierer Weihbischofs P. Binsfeld (über die Bekenntnisse der Zauberer) dem Wortlaute nach eingereihten Bullen Alexanders VI., Leos X., Adrians VI. und Sixtus V. bei Beurteilung des Zauberwesens von kirchlicher Seite besonders in Betracht gezogen wurden. In diesen päpstlichen Erlassen kommt der Standpunkt der „Summis desiderantes“ Innocenz‘ VIII. von 1484 deutlich zum Ausdruck. Desgleichen in der Bulle Omnipotentis Dei Gregors XV. vom 20. März 1623,[4] auf die sich der Kölner Erzbischof Maximilian Heinrich in den im Jahre 1667 erschienenen Beschlüssen der Kölner Provinzialsynode von 1662 ausdrücklich bezieht.[5]

Versucht man etwas näher auf die im 16. und 17. Jalrrhundert über das Hexenwesen am Niederrhein verbreiteten kirchlichen Lehren einzugehen, so ist zunächst zu unterscheiden zwischen den in lateinischer Sprache geschriebenen theologischen Handbüchern und Agenden der Kölner Kirche, und zwischen den in deutscher Sprache abgefassten Katechismen oder katechismusähnlichen Schriften. Waren erstere für Kleriker und einen kleinen Kreis von Laien bestimmt, so dienten die Katechismen zur Belehrung der grossen Menge des Volkes. Jedenfalls sind, entsprechend den kirchlichen Vorschriften, damals bei uns zuweilen auch Predigten in Sachen des Hexenwahns gehalten worden, doch mangeln hierüber nähere


  1. A. a. O. S. 270. Ähnlich Janssen-Pastor a. a. O. Bd. VIII, S. 494, Anm. 2.
  2. Vgl. K. Binz, Doktor Johann Weyer, Berlin 1896, S. 127.
  3. Der oben besprochenen Bulle Summis desiderantes von 1484.
  4. Vgl. K. Binz a. a. O., S. 80 f.
  5. Decreta et statuta Dioecesanae Synodi Coloniens. Coloniae apud J. Busaeum. 1667, pag. 25. Vgl. unten S. 201.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)