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Die vorübergehende Wache versetzte sie in Angst, daher schmiegte sie sich dichter an den Baumstamm und verbarg sich möglichst im Schatten.

Wußte sie doch, was ihr bevorstand, wenn die Polizei sie hier so zerlumpt und allein im Gebüsche sitzen sah.

Die Kälte durchschauerte ihr dermaßen den Körper, daß ihr die Zähne klapperten. Um dies zu verhindern, preßte sie die Finger auf den Mund, aus dem ihr schon der Speichel floß.

Fast ohnmächtig vor Hunger, hätte sie jetzt einige Jahre ihres Leben gegeben für ein Stückchen Brot.

So kauerte sie schon eine ganze Weile, als sie plötzlich vor einem hohen Schatten zusammenschrak, der vor ihr auftauchte.

Dies war ein hageres, zerlumptes Weib mit zerzaustem Haar und abschreckendem Gesichtsausdruck. Nur zwei Reihen prächtiger Zähne blinkten hervor unter den Lippen, so blutarm und so welk wie der ganze Körper, soweit er unter den Lumpen sichtbar war.

„Was willst du hier, du Nachtgespenst?“ flüsterte sie mit heiserer Stimme. „Scher dich fort von hier; das ist mein Platz!“

„Erlaubt mir, ein wenig auszuruhen“, erwiderte Käthe, sich mit größter Anstrengung halb erhebend. „Den Baum werd’ ich Euch nicht anbeißen. Ich bin krank; sobald mir besser wird, geh ich meiner Wege.“

„Wenn du krank bist, geh ins Spital und versperr

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/356&oldid=- (Version vom 1.8.2018)