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ging in den Tempel, um Verzeihung zu erflehen. Er betete so ernstlich, daß nach drei Tagen die Kranken wieder gesund waren. Und auch die Froschprinzessin stellte sich wieder ein, und beide lebten glücklich und vergnügt zusammen wie zuvor.

Die junge Frau aber saß den ganzen Tag da, nur beschäftigt mit Putz und Schminke, und kümmerte sich nicht um weibliche Handarbeit. So mußte denn für die Kleider des Siä Kung-Schong immer noch seine Mutter sorgen.

Eines Tages war die Mutter ärgerlich und sprach: „Mein Sohn hat eine Frau, und doch hängt die ganze Arbeit noch an mir. Anderswo dient die Schwiegertochter der Schwiegermutter. Bei uns muß die Schwiegermutter ihre Schwiegertochter bedienen.“

Die Prinzessin hörte das zufällig. Aufgeregt kam sie herein und fing an: „Hab ich es etwa schon daran fehlen lassen, wie es sich gehört, des Morgens und des Abends nach Euch zu sehen? Was mir abgeht, ist nur, daß ich nicht aus Liebe zum schnöden Geld mir selbst alle Mühsal aufladen mag.“ Die Mutter antwortete kein Wort. Sie weinte nur still vor sich hin ob der erlittenen Beschämung.

Ihr Sohn kam dazu und bemerkte die Tränenspuren seiner Mutter. Er drang in sie nach dem Grund und erfuhr, was sich begeben. Er machte zornig seiner Frau Vorwürfe. Die machte Einwände und wollte ihr Unrecht nicht zugeben. Schließlich sprach Siä: „Besser keine Frau haben als eine, die ihrer Schwiegermutter keine Freude macht! Was kann mir der alte Frosch schließlich tun, wenn ich ihn böse mache, als daß er Unglück schickt und mir das Leben nimmt?“ So verstieß er abermals seine Frau.

Die Prinzessin verließ das Haus und ging weg. Am andern Tage brach im Wohnhaus Feuer aus, das auf mehrere Gebäude übersprang; Tische, Betten, alles war verbrannt.

Siä ergrimmte darob, ging in den Tempel, um sich zu beklagen: „Eine Tochter aufziehen, die ihren Schwiegereltern

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_321.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)