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Gung Gung ward besiegt. Da stieß er in seinem Grimm mit seinem Kopfe gegen den Berg Unvollkommen und starb.

Dadurch zerbrach einer der Pfeiler des Himmels, und der Himmel neigte sich nach Nordwesten. Die Erde aber fiel in der Gegend der entstehenden Öffnung im Südosten in die Tiefe. Da schmelzte Nü Wa fünffarbige Steine, um den Himmel wieder auszubessern. Sie nahm die Beine einer Riesenschildkröte und stellte sie als die vier Pole des Himmels auf.

Die Sintflut aber leitete sie ab nach der Stelle, wo die Erde in die Tiefe gesunken war. Darum ist noch bis auf den heutigen Tag der Nordwestwind so kalt und fließen alle Ströme nach Südosten in das große Meer.

Sie ordnete auch die Musik. Dann starb sie, und es wurden ihr Tempel gebaut.

Einstmals kam der Tyrann Dschou-Sin vom Hause Yin am Neujahrstage in den Tempel der Göttin Nü Wa, um dort zu opfern. Es erhob sich aber ein Wind, und der Vorhang vor dem Götterbild wurde beiseite geweht. Da sah der Herrscher das goldene Antlitz der Göttin. Er ward entzündet von unheiliger Liebe zu ihr, schrieb ein Gedicht an die Wand und ging nach Hause.

Die Göttin Nü Wa aber ergrimmte sehr. Sie befahl dem neunschwänzigen Fuchs, sich in das schöne Mädchen Dagi zu verwandeln, um so den Herrscher zu bestricken und sein Reich zugrunde zu richten.

Zu jener Zeit hatte nämlich der Tyrann Dschou-Sin einen Befehl ergehen lassen an alle seine Vasallen, ihm schöne Mädchen darzubringen. Er hatte einen Günstling, der redete ihm vor, daß der Graf Su Hu eine Tochter habe, namens Dagi, die ihresgleichen an Schönheit nirgend finde. Der Herrscher befahl nun dem Su Hu, sie darzubringen. Der wußte keinen andern Rat, sondern machte sich auf, die Tochter in das Schloß zu begleiten. Auf halbem Wege nächtigten sie in einer Herberge. Da erregte

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_052.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)