Seite:Westphälische Sagen und Geschichten 113.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

man nun mit derselben zu läuten anfing, da kam mit einem furchtbaren Heulen und Geschrey der Teufel durch die Luft geflogen, holte die Glocke von dem Thurme, und warf sie eine halbe Stunde von der Stadt in die Ems, in einen tiefen Kolk, der der grundlose Kolk heißt. In diesem liegt sie noch; der Kolk ist aber so tief, daß noch kein Mensch bis auf den Grund hat fühlen können. Daß aber die Glocke noch darin ist, kann man an den vier hohen Festtagen hören; denn wenn dann des Abends in der Stadt mit allen Glocken geläutet wird, und man wirft einen Pfenning in den Kolk, so fängt auch die ungetaufte Glocke tief unten an zu läuten.

(Mündlich.)



XII.


Das Erdmännchen von Hardenstein.


Zur Zeit Kaisers Wenzeslaus lebte auf seiner jetzt verfallenen Burg Hardenstein an der Ruhr der Ritter Neveling von Hardenberg; zu diesem gesellte sich einstens ein Erdmännchen, welches sich König Goldemar nannte, und lebte lange Zeit vertraulich mit ihm auf der Burg. Der Goldemar redete mit ihm und anderen Menschen, er spielte sehr lieblich auf der Harfe, imgleichen mit Würfeln, setzte dabei Geld auf, trank Wein, und schlief oft bei Neveling in Einem Bette.

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_113.png&oldid=- (Version vom 9.9.2019)