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Und wenn sie schwollen dann von eigner Größe:
So stach ich ihres Stolzes Blatter auf
Sie starben spurlos, Wasserblasen gleich.
Ich stoße Memmen bin zum Sitz der Ehre,
Indeß der wackre Kriegsmann neben steht,
Entblößten Haupts und nackt. Die Narben höhnt,
Wer nie dem Krieg ins Angesicht geschaut.
Der Tugend Haupt trägt eine Narrenkappe;
Gelahrheit werf ich auf die Gasse; Witz
Bekleid’ ich spärlich, schmücke tausend Klötze
Mit seidnem Flitterstaat; und aus den Rücken
Der Esel lass’ ich andre Esel reiten.
Es macht mir Spaaß, wenn so die Affenwelt
Solch Vieh mit plumpem Götzendienst verehrt.
Das thut Fortuna, und wenn dies geschehn,
Sitzt sie, und lacht, wenn diese fluchend stöhnen,
Und andre ihren Ruf anbetend krönen.
Mönch. Du wahrer Mittelpunkt des weiten Balls,
Du heilige Gebieterin des Schicksals,
Nur deine Herlichkeit preist unsre Zunge!
Die übrigen. Wir preisen einzig Deine Herlichkeit!
Zweiter König. Geschminkte Buhlerin! Mit Honiglächeln
Erschlossest Du des Himmels Thore, riefst,
Geht ein! Kaum hatten wir den Glanz erblickt,
Hast du uns Höllentief hinab geschickt.
Alle Könige. Verwünscht für immer, immer sei Dein Name!
Fortuna. Wie süß tönt Euer Heulen in mein Ohr!
(Sie steigt vom Wagen.) Weg! Steht jetzt auf!
          (Sie zeigt auf Fortunatus).
Blickt hin, da liegt ein Kerl.
Um Euch zu kränken, will ich diesen Bettler
Weit über der Gedanken Flug erheben.
Ihr spielt, und laßt des Wohlklangs Schwingungen
Hin säuseln durch des Ohres Schneckengang
Mit heilgem Ton, daß jeder Sinn erstarrt,
Erweckt vor unsrer lichten Gegenwart.
     (Die Musik spielt ein Zeit lang. Fortunatus erwacht).

(Der Schluß folgt).




Leben, Literatur und Kunst.

Zu Ende Februars, sagten die Zeitungen, sollen sich gegen 150 evangelische Geistliche in Hanau versammeln, um sich über die Vereinigung der beyden protestantischen Confessionen zu besprechen. (Was ist daraus gewordene?). -

Man soll einer neuen Schrift von Schleiermacher, das Werk der Vereinigung beyder protestantischen Confessionnen berührend, entgegen sehen. Sie wird den Gegnern derselben in den Weg treten, und von entschieden practischem Einfluß seyn, denn wem vertraute man wohl lieber, wo es der Wahrheit gilt im Leben. - Es ist doch gefragt worden, ob das diesmalige Reformations-Jubiläum mit gleich lebendiger Theilnahme, als die früheren gefeyert werden würde und könnte; nachher ist von einer anderen Seite dieses gradezu bestritten, ja unsere Begehung des Festes eine mit ihrem Gegenstande unzusammenhängende, ihm selbst widersprechende genannt worden. Wenn wir den ersten eine weniger alle Classen und Stände durchdringende Feyer gleich zu-, den letzteren einiges, beym besten Willen, doch Unüberlegtes, - eigentlich aber der dem Augenblick eigenen Verwirrung in den leitenden äußeren Verhältnissen anheim fallend - preis-geben müssen, so behaupten wir dessen ungeachtet eine diesem Jubiläum zu Theil gewordene ganz eigenthümlich segensvoll würdige Feyer: dahin zählen wir denn auch die über die Vereinigung der beyden Partheyen (Confessionen) angeregte Partheyung; in ihr zeigt sieh, wir meinen, der abgesprochene „Ernst in der Erforschung (und Bewahrung) des Dogma's, mit der Gleichgültigkeit gegen die äußere kirchliche Form“ wieder, gleichzeitig aber wird jene höhere Sehnsucht nach dem Wesen über alle Form hinaus auch laut; und schon um der bloßen Wahrheit willen, thaten noch andere Recht, darauf zu dringen, daß das gefühlte Nichtvorhandenseyn eines Unterschiedes, zur vollen Vereinigung dadurch gesteigert, ausgesprochen werde. - Wohin die fortgesetzt belebte Bewegung der einschlagenden Fragen am Ende, wenn man die Majorität im Auge behält, führen wird, läßt sich wohl voraussehen, doch halten wir, eben weil für die voraussichtbar verbleibende Minorität durch jene in diesen Dingen am wenigsten etwas mitentschieden wird, für naturgemäß, daß so lange nichts anticipirt werde. - Sichtbarlich aber läßt sich die Beschuldigung des Indifferentismus schon jetzt zurückweisen.

Thierischer Magnetismus. In Nr. 13. hatten wir die neueste Verordnung, über Einschränkung der magnetischen Curen nachgetragen, dabei die weitere Fortwirkung des von Preußen gegebenen Beispiels in Deutschland behauptet; jetzt haben wir schon eine ähnliche zu erwähnen; In Kurhessen nehmlich sind unterm 16ten Januar gleichfalls allen Nichtärzten diese Curen bei nahmhafter Strafe untersagt, und deren Anwendung nur den gewählten und zur Praxis überall legitimirten Aerzten gestattet. Unserer dort angedeuteten Meinung über die Verfügungen dieser Art entsprechend, schließen wir, - daß auch hier vorausgehende Ereignisse die Vorsicht der Behörde in Anspruch genommen haben mögen, aus einem spätern Artikel in der Kasselschen politischen Zeitung, wonach in der Nähe von Marburg kürzlich ein nervenkrankes Bauermädchen als magnetisch-hellsehende mit angeblichen Profezeihungen und ärztlichen Rathschlägen viel Aufsehen erregt hat. Selbst als schon von Seiten der dortigen Deputation des Obersanitäts-Collegii die Sache für Betrug, Muthwill u.s.w. erkannt worden, mußte doch noch durch fernere obrigkeitliche Maaßregeln dem großen Zulauf ein Ende gemacht werden! - Wie aber auch die rein wissenschaftliche Bemühung für die Lehre des th. M. einiger Sorglichkeit nun Raum geben muß, haben wir zunächst Gelegenheit zu berühren, auch gedenken wir wohl einmal des einstimmig warnenden Rufs aus weit anderem Sinn und Munde.

- ur.
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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_084.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)