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Herzoge, Grafen und Edeln, doch so, dass das Grafenamt nicht zum durchgreifenden Scheidungsmomente wurde, ein blosser Edler sich auch auf der Stufe der Grafen behaupten konnte. Dass der Graf eines andern Grafen Mann sein durfte, wird der frühern Entwicklung fremd gewesen sein; finden wir später vereinzelt das Verhältniss, so dürfte es daraus zu erklären sein, dass auch minder mächtige Edle hie und da ein Grafenamt erlangten und nun ihre von andern Grafen gegen Mannschaft erhaltenen Benefizien nicht auflassen mochten.[1] Begründete in Sachsen das vom Könige geliehene Grafenamt allerdings die erste fürstliche Stufe, so hat die Grafschaft in andern Ländern sich als ausschlaggebendes Moment für die Gliederung nicht behauptet, obwohl im Süden die spätern Stufen der Fürsten, Hochfreien und Mittelfreien in der Regel noch dem Herzoge, Grafen und einfachen Edelherrn entsprechen.

Dieser Zustand einer dreifachen Lehnsgliederung unter dem Könige, einer Folge von vier Heerschilden, wie er sich im zehnten Jahrhunderte bestimmter gestaltet haben wird, entspricht nun auch den Angaben der Chronisten des eilften Jahrhunderts. So wenn Wippo im J. 1024 dem Könige huldigen lässt omnes episcopi, duces et reliqui principes, milites primi, milites gregarii, quin ingenui omnes;[2] oder wenn Bruno zum J. 1076 erzählt, wie die Herzoge Otto und Welf sich den Friedenskuss reichten, und fortfährt: Similiter pacis oscula dederunt ordinis secundi sive tertii partis utriusque milites.[3]

Neben der vom Könige ausgehenden Kette von Lehnsverbindungen finden wir nun aber eine zweite dadurch begründet, dass Bischöfe und Aebte in derselben Weise, wie König und weltliche Grosse, Vasallen annehmen. Die hervorragende Stellung aber, welche die geistlichen Fürsten in der spätern Ordnung einnahmen, kommt ihnen in den früheren Jahrhunderten noch nicht zu. Edelherren scheinen allerdings schon früh in einem solchen Verhältnisse nichts Erniedrigendes gesehen zu haben und

eben so wenig mochte der Gemeinfreie, wo er neben jenen eine

  1. Vgl. oben S. 156.
  2. Mon. Germ. 13, 251.
  3. Mon. Germ. 7, 364.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_224.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)