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über den schöffenbaren Freien in gewissen Dingen nicht Urtheil finden und Zeuge sein soll, gibt der Deutschenspiegel unverändert wieder, während der Schwabenspiegel, den Ausdruck Schöffenbar nicht verstehend, das auf alle freie Leute ausdehnt;[1] werden dagegen in einer andern Stelle, wo die sächsische Vorlage fehlt, ausdrücklich einmal nur Garfreie oder Semperfreie, dann wieder Semperfreie und Mittelfreie als solche ausgenommen, welche in solchen Dingen durch Genossen zu überzeugen sind,[2] so wird das doch wohl nur für ihre landrechtliche Genossenschaft sprechen können. Auch wenn es heisst, die Morgengabe des freien Herrn sei hundert, des Mittelfreien zehn, des Dienstmann fünf Mark, wenn die Kampffrist des Semperfreien auf sechs, des Mittelfreien auf vier, des Dienstmann auf zwei Wochen bestimmt wird, wenn der freie Herr dem Könige fünfzig, der Mittelfreie zwanzig, der Dienstmann zehn Pfund wettet,[3] so entspricht das immer genau der Folge der Heerschilde; nicht Abstufungen landrechtlicher Freiheit, sondern die durch den Schild bedingten Abstufungen ritterlicher Würdigkeit scheinen das Massgebende zu sein. Und wird bei der Kampffrist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie nach der Geburt verschieden bestimmt sei, so wird das in keiner Weise gegen den blos lehnrechtlichen Unterschied geltend gemacht werden dürfen; denn einmal ist ja auch der Heerschild erblich; mehr Gewicht möchte ich aber darauf legen, dass der Ausdruck genau dem Sachsenspiegel[4] folgt, wo allerdings schöffenbar Freie einerseits, Dienstmannen und andere Freie andererseits landrechtlich geschiedene Geburtsstände bilden.

Es dürfte auch auf einen Umstand hinzuweisen sein, welcher bei einem Vergleiche mit den entsprechenden Verhältnissen Sachsens ein Zerfallen des Standes der freien Herren in zwei lehnrechtliche Klassen zumal für die süddeutschen Herzogthümer von vornherein sehr naheliegend erscheinen lassen muss. In Sachsen war in früherer Zeit die Zahl derjenigen,

  1. Sächs. Ldr. 3, 19. Deutschsp. 229. Schwäb. Ldr. 278.
  2. Deutschsp. 57. Schwäb. Ldr. 64.
  3. Deutschsp. 22. 95. Schwäb. Ldr. 18. 104. 138. Vgl. Sächs. Ldr. 1, 20. 2, 3 § 2. 3, 64 § 2.
  4. Sächs. Ldr. 2,3 § 2.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_158.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)